×

Wir verwenden Cookies, um LingQ zu verbessern. Mit dem Besuch der Seite erklärst du dich einverstanden mit unseren Cookie-Richtlinien.


image

Märchen der Völker — Don Quixote, Märchen der Völker — Don Quixote: XV. Die Gefangene am Flusse Ebro

Märchen der Völker — Don Quixote: XV. Die Gefangene am Flusse Ebro

Nach dem Kampf mit dem König der Wüste setzten Don Quixote

und Sancho Pansa ihre Reise weiter fort und gelangten an den Fluß Ebro.

Der Edle ritt langsam und grübelnd am Ufer dahin,

war in sich gekehrt und schwieg sich gegen Sancho Pansa aus,

als er plötzlich eine Barke bemerkte, die am Stamme eines Baumes befestigt war.

Er gab seinem Knappen den Befehl,

Rosinante und den Esel an einen beliebigen Ast anzubinden

und sich mit ihm in den Nachen einzuschiffen.

Mitten auf dem See brach er sein düsteres Schweigen:

„Wisse, daß diese Zauberbarke mich abruft,

einer bedrängten Dame zu Hilfe zu kommen!“ —

„Herr trauriger Ritter!“ platzte Sancho Pansa heraus,

„Wenn das nicht eine neue Tollheit von Euch ist,

so will ich einen Demijohn Tinte trinken.

Die Barke ist keineswegs verhext, sondern ist ein gewöhnliches Fischerfahrzeug!“

Don Quixote wurde ernstlich böse:

„Nochmals sage ich: Schweig! Sei versichert, phantasieloser Plebejer,

daß ich Dich ohne Umstände ins Wasser werfen werde,

wenn Du in deinem Unglauben verharrst!“ —

Indessen glitt die Barke gemäch- lich in der Mitte des Stromes dahin.

Auf einmal entdeckte Don Quixote einige große Schiffsmühlen,

die in der Mitte des Flusses standen. —

„Sieh dahin, Freund!“ rief er mit lebhafter Stimme,

„Da ist die Burg, in der die bedrängte Dame meiner harrt

und nach Erlösung seufzt!“ —

„Es sind einfach ein paar ordentliche Schiffsmühlen!“

rief Sancho Pansa ärgerlich. —

„Nochmals schweig, Sancho! Ich bin meiner Sache gewiß!“

Mit diesen Worten zog der Ritter sein Schwert und fing an,

mit diesem in der Luft herumzufuchteln.

Mittlerweile hatten die Müller den Ritter mit seinem Knappen im Kahn entdeckt.

Sie waren mit Mehl über und über bestäubt

und sahen mit ihren weißen Haaren wunderlich aus.

„Ihr Schöpse!“ schrien die Müller, „wohin wollt Ihr denn eigentlich,

wollt Ihr mit Gewalt von den Mühlrädern zerschmettert werden?“ —

„Haaaaa! siehst Du dort, Sancho, die weißen feindlichen Gespenster?

Sieh, was für Gesichter und Grimassen diese Scheusale schneiden! –

Aber wartet, ich will Euch Mores lehren, Ihr Halunken!

Gebt ohne Zögern die Gefangene heraus,

die Ihr in Eurer Burg eingekerkert haltet!

Wißt, daß ich Don Quixote von la Mancha bin, der fahrende Löwenritter,

der Ritter von der traurigen Gestalt, der Schirm und Schild aller Bedrängten!“

Die Müller hörten das Geschrei und hielten ihre langen Stangen bereit,

den Kahn zurückzudrängen, der bereits in den Strudel und in die Strömung geriet,

die mit furchtbarer Schnellig- keit den Mühlrädern zuschoß.

Don Quixote aber schlug mit seinem Schwerte auf die Stangen der Müller los,

so daß der Nachen umschlug und seine Insassen kopfüber in den Strom stürzten.

Don Quixote schwamm wie eine bleierne Ente

und von seinem Knappen war auch nur ein schäumender Strudel zu sehen.

Die Müller kamen herbeigesprungen,

fischten die beiden Flußräuber aus dem schlammigen Wasser heraus

und zogen sie wie ein paar gebadete Pudel ans sichere Land.

Kaum hatte der eiserne Ritter die Augen wieder geöffnet,

fragte er in grobem Tone nach der gefangenen Dame. —

„Wen meint Ihr denn eigentlich, Ihr alberner Mensch?!“

lachten die Müller im Chor. —

„Komm Sancho!“ sagte Don Quixote zu seinem klitschenassen Knappen.

„Es wäre eine Torheit, sich mit solchem Gesindel weiter einzulassen.

So viel merke ich schon, daß hier Zauberer im Spiele sind.

Mag Gott der Dame helfen, ich kümmere mich um nichts mehr! —

Man befördere mich zum anderen Ufer;

ich habe Sehnsucht nach meiner Rosinante!“


Märchen der Völker — Don Quixote: XV. Die Gefangene am Flusse Ebro Tales of the Peoples - Don Quixote: XV. The Prisoner on the River Ebro Contes des peuples - Don Quichotte : XV La prisonnière de l'Èbre Сказки народов - Дон Кихот: XV. Узник на реке Эбро Казки народів - Дон Кіхот: XV. В'язень на річці Ебро

Nach dem Kampf mit dem König der Wüste setzten Don Quixote After the fight with the King of the Desert, Don Quixote

und Sancho Pansa ihre Reise weiter fort und gelangten an den Fluß Ebro. and Sancho Panza continued their journey and reached the River Ebro.

Der Edle ritt langsam und grübelnd am Ufer dahin, The noble knight was riding slowly along the bank,

war in sich gekehrt und schwieg sich gegen Sancho Pansa aus, lost in his thoughts, without exchanging a word with Sancho Panza,

als er plötzlich eine Barke bemerkte, die am Stamme eines Baumes befestigt war. when he suddenly noticed a barque tied to the trunk of a tree.

Er gab seinem Knappen den Befehl, He ordered his squire

Rosinante und den Esel an einen beliebigen Ast anzubinden to tie Rosinante and the donkey to some branch or other

und sich mit ihm in den Nachen einzuschiffen. and to come on board the boat with him.

Mitten auf dem See brach er sein düsteres Schweigen: When they had left the riverbank, he broke the gloomy silence:

„Wisse, daß diese Zauberbarke mich abruft, "I must tell you that this magic vessel has been sent

einer bedrängten Dame zu Hilfe zu kommen!“ — to bring me to a lady who is in distress!" —

„Herr trauriger Ritter!“ platzte Sancho Pansa heraus, "Knight of the Sad Countenance!" said Sancho Panza without thinking,

„Wenn das nicht eine neue Tollheit von Euch ist, "If that isn't another crazy idea of yours,

so will ich einen Demijohn Tinte trinken. I will eat my hat or drink half a pint of ink.

Die Barke ist keineswegs verhext, sondern ist ein gewöhnliches Fischerfahrzeug!“ The barque is not enchanted but a perfectly ordinary fishing boat!"

Don Quixote wurde ernstlich böse: Don Quixote became really angry:

„Nochmals sage ich: Schweig! Sei versichert, phantasieloser Plebejer, "Again I say: silence! Rest assured, you dull pleb devoid of imagination

daß ich Dich ohne Umstände ins Wasser werfen werde, that I shall throw you into the water without further ado,

wenn Du in deinem Unglauben verharrst!“ — if you persist in your disbelief!" —

Indessen glitt die Barke gemäch- lich in der Mitte des Stromes dahin. Meanwhile the boat was drifting along in a leisurely fashion in mid-stream.

Auf einmal entdeckte Don Quixote einige große Schiffsmühlen, All at once Don Quixote discovered some large ship mills,

die in der Mitte des Flusses standen. — located in the middle of the river. —

„Sieh dahin, Freund!“ rief er mit lebhafter Stimme, "Behold, my friend!" he cried in excitement,

„Da ist die Burg, in der die bedrängte Dame meiner harrt "That is the castle in which the persecuted lady is waiting for me

und nach Erlösung seufzt!“ — pining for her release!" —

„Es sind einfach ein paar ordentliche Schiffsmühlen!“ "They are nothing other than a pair of ordinary ship mills!"

rief Sancho Pansa ärgerlich. — cried Sancho Panza in annoyance. —

„Nochmals schweig, Sancho! Ich bin meiner Sache gewiß!“ "I command you again to keep silent, Sancho! I am quite sure of this!"

Mit diesen Worten zog der Ritter sein Schwert und fing an, With these words the knight drew his sword and began,

mit diesem in der Luft herumzufuchteln. to make wild passes in the air with it.

Mittlerweile hatten die Müller den Ritter mit seinem Knappen im Kahn entdeckt. Meanwhile the millers had discovered the knight and his squire in the boat.

Sie waren mit Mehl über und über bestäubt They were covered from head to toe with a coating of flour

und sahen mit ihren weißen Haaren wunderlich aus. and looked strange with their white hair.

„Ihr Schöpse!“ schrien die Müller, „wohin wollt Ihr denn eigentlich, "You idiots!" shouted the millers, "where are you going?

wollt Ihr mit Gewalt von den Mühlrädern zerschmettert werden?“ — Do you want to be thrown against the mill-wheels and dashed to pieces?" —

„Haaaaa! siehst Du dort, Sancho, die weißen feindlichen Gespenster? "Ahaaaa! Sancho, do you see those hostile white fiends over there?

Sieh, was für Gesichter und Grimassen diese Scheusale schneiden! – Look at what terrible faces these scarecrows are making! --

Aber wartet, ich will Euch Mores lehren, Ihr Halunken! Wait till I teach you manners, you rogues!

Gebt ohne Zögern die Gefangene heraus, Hand over without delay the prisoner you have incarcerated in your fortress!

die Ihr in Eurer Burg eingekerkert haltet!

Wißt, daß ich Don Quixote von la Mancha bin, der fahrende Löwenritter,

der Ritter von der traurigen Gestalt, der Schirm und Schild aller Bedrängten!“

Die Müller hörten das Geschrei und hielten ihre langen Stangen bereit,

den Kahn zurückzudrängen, der bereits in den Strudel und in die Strömung geriet,

die mit furchtbarer Schnellig- keit den Mühlrädern zuschoß.

Don Quixote aber schlug mit seinem Schwerte auf die Stangen der Müller los,

so daß der Nachen umschlug und seine Insassen kopfüber in den Strom stürzten.

Don Quixote schwamm wie eine bleierne Ente

und von seinem Knappen war auch nur ein schäumender Strudel zu sehen.

Die Müller kamen herbeigesprungen,

fischten die beiden Flußräuber aus dem schlammigen Wasser heraus

und zogen sie wie ein paar gebadete Pudel ans sichere Land.

Kaum hatte der eiserne Ritter die Augen wieder geöffnet,

fragte er in grobem Tone nach der gefangenen Dame. —

„Wen meint Ihr denn eigentlich, Ihr alberner Mensch?!“

lachten die Müller im Chor. —

„Komm Sancho!“ sagte Don Quixote zu seinem klitschenassen Knappen.

„Es wäre eine Torheit, sich mit solchem Gesindel weiter einzulassen.

So viel merke ich schon, daß hier Zauberer im Spiele sind.

Mag Gott der Dame helfen, ich kümmere mich um nichts mehr! —

Man befördere mich zum anderen Ufer;

ich habe Sehnsucht nach meiner Rosinante!“ I must get back to my Rosinante!"