×

Wir verwenden Cookies, um LingQ zu verbessern. Mit dem Besuch der Seite erklärst du dich einverstanden mit unseren Cookie-Richtlinien.


image

Sherlock Holmes - Der Hund der Baskervilles, Drittes Kapitel - Das Problem - 02

Drittes Kapitel - Das Problem - 02

Holmes dachte eine kleine Weile nach; dann sagte er:

»In klare Worte gefaßt, liegt also die Sache so: Nach Ihrer Meinung ist eine höllische Macht am Werk und macht Dartmoor zu einem gefährlichen Aufenthaltsort für einen Baskerville. So denken Sie doch?«

»Jedenfalls möchte ich so weit gehen, zu sagen, daß einige Anzeichen vorhanden sind, es könnte so sein.«

»Ganz recht. Aber so viel ist doch sicher: Wenn Ihre Annahme, daß übernatürliche Kräfte im Spiel seien, richtig ist, so könnten diese dem jungen Mann in London ebenso leicht Böses antun wie in Devonshire. Einen Teufel mit örtlich beschränkter Macht, die etwa nur in einem bestimmten Kirchspiel gilt, den kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Sie nehmen die Sache etwas scherzhaft, Herr Holmes; Sie würden das wohl nicht tun, wenn Sie mit diesen Dingen in persönliche Berührung kämen. Wenn ich Sie recht verstehe, so meinen Sie also, der junge Mann werde in Devonshire ebenso sicher sein wie in London. In fünfzig Minuten kommt er. Was würden Sie mir empfehlen?«

»Ich empfehle Ihnen, werter Herr, eine Droschke zu nehmen, Ihren Hund abzurufen, der an meiner Haustür kratzt, und zum Waterloo-Bahnhof zu fahren, um Sir Henry Baskerville abzuholen.«

»Und dann?«

»Und dann werden Sie ihm durchaus nichts sagen, bis ich mir über die Sache klar geworden bin.«

»Wie lange brauchen Sie, um sich darüber klar zu werden?«

»Vierundzwanzig Stunden. Morgen früh um zehn, Herr Doktor Mortimer, werde ich Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mich hier aufsuchen wollen, und es wird mir in meinen Plänen eine wesentliche Hilfe sein, wenn Sie Sir Henry Baskerville mitbringen.«

»So werde ich's machen, Herr Holmes.« Er kritzelte die Verabredung auf seine Manschette und rannte in seiner sonderbaren, zerstreuten Art aus der Tür. Oben an der Treppe rief Holmes ihn aber zurück.

»Nur noch eine Frage, Herr Doktor. Sie sagen, vor Sir Charles Baskervilles Tod hätten mehrere Leute das Gespenst auf dem Moor gesehen?«

»Ja, drei.«

»Sah jemand es nachher?«

»Ich habe durchaus nichts davon gehört.«

»Danke. Guten Morgen.«

Holmes setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Sein ruhiger Blick voll innerer Befriedigung zeigte an, daß er eine Aufgabe vor sich sah, die er als seiner würdig erachtete.

»Gehst du aus, Watson?«

»Ja, das heißt, wenn ich dir helfen kann …«

»Nein, mein lieber Freund; erst wenn es zu handeln gilt, wende ich mich an dich um Hilfe. Na, dieser Fall ist prachtvoll, in mancher Hinsicht geradezu einzigartig. Wenn du bei Bradleys Laden vorbeikommst, willst du ihm, bitte, sagen, er möchte mir ein Pfund von seinem stärksten Schnittabak zuschicken? Danke. Es wäre recht gut, wenn du's so einrichten könntest, daß du nicht vor Abend zurückkommst. Dann würde es mir viel Vergnügen machen, unsere Ansichten über das höchst interessante Problem von heute früh zu vergleichen.«

Ich wußte, Abgeschlossenheit und Einsamkeit waren meinem Freund sehr notwendig in jenen Stunden schärfster Denkarbeit, in denen er jedes Beweisteilchen nach seiner Wichtigkeit maß, verschiedene Theorien gegen einander abwog und sich klar darüber wurde, welche wesentlich und welche unbedeutend waren. Ich verbrachte daher den Tag in meinem Klub und kam erst abends zur Bakerstraße zurück. Es war fast neun Uhr, als ich wieder unser Wohnzimmer betrat.

Als ich die Tür öffnete, war mein erster Gedanke, es sei Feuer ausgebrochen, denn das Zimmer war so voll Qualm, daß kaum das Licht der auf dem Tisch stehenden Lampe hindurchschien. Als ich jedoch im Zimmer war, erkannte ich, daß ich mich geirrt hatte; es war nur der beizende Rauch starken Tabaks, der mir die Kehle zuschnürte, so daß ich husten mußte. Durch den Dunst hindurch sah ich in undeutlichen Umrissen die Gestalt von Sherlock Holmes, der mit seiner schwarzen Tonpfeife zwischen den Lippen, mit seinem Hausrock bekleidet, sich's in einem Lehnstuhl bequem gemacht hatte. Mehrere Papierrollen lagen um ihn herum.

»Hast du dich erkältet, Watson?« fragte er.

»Nein, es ist diese vergiftete Luft.«

»Hm, nun da du davon sprichst, so glaube ich selber, sie ist wirklich ziemlich dick.«

»Dick?! … Sie ist unerträglich!«

»Dann mach doch das Fenster auf. Du bist, wie ich bemerke, den ganzen Tag in deinem Klub gewesen?«

»Bester Holmes!«

»Habe ich recht?«

»Gewiß, aber wie …?«

Er lachte über mein verblüfftes Gesicht.

»Du hast so eine entzückende Unschuld an dir, Watson. Es ist ein wahres Vergnügen für mich, meine schwachen Fähigkeiten ein bißchen an dir zu üben. Ein Herr geht an einem trüben, regnerischen Tag aus. Am Abend, als er zurückkommt, sieht er aus wie aus dem Ei gepellt; Hut und Stiefel sind noch tadellos glänzend. Also ist er den ganzen Tag an einem Ort gewesen. Intime Freunde hat er nicht. Wo kann er also gewesen sein? Ist es nicht selbstverständlich?«

»Allerdings, ziemlich selbstverständlich.«

»Die Welt ist voll von selbstverständlichen Dingen, auf die kein Mensch je achtet. Wo, glaubst du, bin ich gewesen?«

»Ebenfalls den ganzen Tag zu Hause.«

»Im Gegenteil, ich war in Devonshire.«

»Im Geiste?«

»Ganz recht. Mein Leib ist in diesem Lehnstuhl geblieben und hat, wie ich mit Bedauern bemerke, in meiner Abwesenheit zwei große Kannen Kaffee und eine unglaubliche Menge Tabak vertilgt. Als du weg warst, ließ ich mir von Stamford die Generalstabskarte von diesem Teil des Moores besorgen, und mein Geist hat den ganzen Tag über jenem Erdenfleck geschwebt. Ich schmeichle mir, ich könnte dort jetzt meinen Weg allein finden.«

»Die Karte ist wohl in großem Maßstab gehalten?«

»In sehr großem.« Er rollte eins von den Blättern auf und breitete es auf seinem Knie aus. »Hier hast du die Gegend, um die es für uns geht. Da in der Mitte ist Baskerville Hall.«

»Das mit dem Wald rund herum?«

»Ganz recht. Ich nehme an, daß die Taxusallee, obwohl sie nicht unter diesem Namen auf der Karte eingetragen ist, sich in dieser Richtung erstreckt; wie du siehst, ist rechts davon das Moor. Dieser kleine Häuserklumpen ist das Dörfchen Grimpen, wo unser Freund Dr. Mortimer sein Hauptquartier hat. In einem Kreis mit einem Radius von fünf Meilen sind, wie du siehst, nur ein paar ganz weit verstreute Gebäude vorhanden. Hier ist Lafter Hall, wovon in der Geschichte die Rede war. Da ist ein Haus eingezeichnet, das vielleicht der Wohnsitz des Naturforschers ist – Stapleton ist sein Name, wenn ich mich recht erinnere.

Dann hier zwei Moorbauernhäuser, High Tor und Foulmir. Dann in einer Entfernung von vierzehn Meilen das große Zuchthaus von Princetown. Zwischen diesen weit verstreuten Punkten und rund um sie herum erstreckt sich das trostlose, unbelebte Moor. Dies also ist der Schauplatz, auf dem sich die Tragödie abgespielt hat und sich vielleicht mit unserer Hilfe weiter entwickeln wird.«

»Es muß eine schaurige Gegend sein.«

»Ja, sie paßt zu einem großen Verbrechen. Wenn der Teufel je den Wunsch hätte, sich in menschliche Angelegenheiten einzumischen …«

»Du neigst also selber zu einer übernatürlichen Erklärung?«

»Des Teufels Werkzeuge können wohl von Fleisch und Blut sein, nicht wahr? Wir müssen von zwei Fragen ausgehen: Erstens, ob überhaupt ein Verbrechen begangen wurde; zweitens, worin bestand das Verbrechen, und wie wurde es vollbracht? Natürlich, wenn Dr. Mortimers Vermutung richtig ist, wenn wir es mit Mächten zu tun haben, die außerhalb der gewöhnlichen Naturgesetze stehen, so hat unsere Suche ein Ende. Aber wir haben die Pflicht, alle anderen Hypothesen bis zu Ende zu verfolgen, ehe wir diese eine gelten lassen. Wenn's dir recht ist, so können wir wohl das Fenster wieder schließen. Es ist sonderbar genug, aber ich finde, eine konzentrierte Atmosphäre hilft mit zum konzentrieren der Gedanken. Ich bin noch nicht so weit, daß ich zum Zweck des Nachdenkens in eine Kiste krieche, allerdings wäre das die logische Verwirklichung meiner Überzeugungen … Hast du dir mal den Fall durch den Kopf gehen lassen?«

»Ja, ich habe den Tag über viel daran gedacht. Der Fall ist sehr dazu angetan, einem den Kopf zu verwirren.«

»Ja, er ist von ganz eigener Art. Er bietet etliche außerordentliche Punkte: die Veränderung der Fußspuren zum Beispiel. Wie erklärst du dir diesen Umstand?«

»Mortimer sagte, der Mann sei in jenem Teil der Allee auf den Fußspitzen gegangen.«

»Er sprach nur nach, was ein Dummkopf bei der Untersuchung gesagt hatte. Warum sollte ein Mann auf den Fußspitzen die Allee hinuntergehen?«

»Was war's also?«

»Er rannte, Watson – rannte voller Verzweiflung, rannte in Todesangst, rannte, bis ihn der Herzschlag traf, und er tot auf sein Antlitz fiel.«

»Er rannte – vor was denn?«

»Da liegt unser Problem. Gewisse Anzeichen sprechen dafür, daß er vor Angst die Besinnung verloren hatte, schon ehe er zu laufen anfing.«

»Wie kannst du das sagen?«

»Ich setze voraus, daß die Ursache seines Schreckens über das Moor auf ihn zukam. Wenn dies der Fall war – und alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür – so konnte nur ein Mann, der den Verstand verloren hat, vom Haus weglaufen, anstatt darauf zu. Wenn man die Aussage des Zigeuners als wahr annimmt, so rannte er, nach Hilfe schreiend, gerade in die Richtung, wo Hilfe am allerwenigsten zu erwarten war. Und weiter, auf wen wartete er in jener Nacht, und warum wartete er auf ihn in der Taxusallee anstatt in seinem Haus?«

»Du glaubst, er wartete auf jemand?«

»Der Mann war ältlich und kränklich. Es läßt sich wohl begreifen, daß er abends einen Spaziergang zu machen pflegte, aber der Boden war naß und die Nacht rauh. Ist es natürlich, daß er fünf oder zehn Minuten lang auf derselben Stelle stand, wie Doktor Mortimer mit mehr Beobachtungsgabe, als ich ihm zugetraut hätte, aus der Zigarrenasche folgerte?«

»Aber er ging doch jeden Abend aus.«

»Ich halte es für unwahrscheinlich, daß er jeden Abend an der Moorpforte gewartet hat. Im Gegenteil, die Zeugen haben bekundet, daß er das Moor vermied. An jenem Abend wartete er. Es war der Abend vor seiner Abreise nach London. Das Ding nimmt Gestalt an, Watson. Es kommt Zusammenhang hinein. Darf ich dich bitten, mir meine Geige herüberzureichen? Wir wollen alles weitere Nachdenken über die Angelegenheit bis morgen früh verschieben; dann werden uns ja Doktor Mortimer und Sir Henry Baskerville mit ihrem Besuch zu Hilfe kommen.«

Drittes Kapitel - Das Problem - 02 Third chapter - The problem - 02 Capítulo tres - El problema - 02 Chapitre 3 - Le problème - 02 Hoofdstuk drie - Het probleem - 02 Capítulo Três - O problema - 02 Глава третья - Проблема - 02 Üçüncü Bölüm - Sorun - 02 Розділ третій - Проблема - 02

Holmes dachte eine kleine Weile nach; dann sagte er:

»In klare Worte gefaßt, liegt also die Sache so: Nach Ihrer Meinung ist eine höllische Macht am Werk und macht Dartmoor zu einem gefährlichen Aufenthaltsort für einen Baskerville. "Put in plain words, then, the matter lies thus: In your opinion, there is an infernal power at work, making Dartmoor a dangerous abode for a Baskerville. So denken Sie doch?«

»Jedenfalls möchte ich so weit gehen, zu sagen, daß einige Anzeichen vorhanden sind, es __könnte__ so sein.«

»Ganz recht. Aber so viel ist doch sicher: Wenn Ihre Annahme, daß übernatürliche Kräfte im Spiel seien, richtig ist, so könnten diese dem jungen Mann in London ebenso leicht Böses antun wie in Devonshire. But this much is certain: If your assumption that supernatural forces are involved is correct, they could just as easily do evil to the young man in London as in Devonshire. Einen Teufel mit örtlich beschränkter Macht, die etwa nur in einem bestimmten Kirchspiel gilt, den kann ich mir gar nicht vorstellen.«

»Sie nehmen die Sache etwas scherzhaft, Herr Holmes; Sie würden das wohl nicht tun, wenn Sie mit diesen Dingen in persönliche Berührung kämen. Wenn ich Sie recht verstehe, so meinen Sie also, der junge Mann werde in Devonshire ebenso sicher sein wie in London. In fünfzig Minuten kommt er. Was würden Sie mir empfehlen?«

»Ich empfehle Ihnen, werter Herr, eine Droschke zu nehmen, Ihren Hund abzurufen, der an meiner Haustür kratzt, und zum Waterloo-Bahnhof zu fahren, um Sir Henry Baskerville abzuholen.«

»Und dann?«

»Und dann werden Sie ihm durchaus nichts sagen, bis ich mir über die Sache klar geworden bin.«

»Wie lange brauchen Sie, um sich darüber klar zu werden?«

»Vierundzwanzig Stunden. Morgen früh um zehn, Herr Doktor Mortimer, werde ich Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie mich hier aufsuchen wollen, und es wird mir in meinen Plänen eine wesentliche Hilfe sein, wenn Sie Sir Henry Baskerville mitbringen.« Tomorrow morning at ten, Doctor Mortimer, I shall be much obliged if you will call on me here, and it will be of considerable assistance to me in my plans if you will bring Sir Henry Baskerville with you."

»So werde ich's machen, Herr Holmes.« Er kritzelte die Verabredung auf seine Manschette und rannte in seiner sonderbaren, zerstreuten Art aus der Tür. Oben an der Treppe rief Holmes ihn aber zurück.

»Nur noch eine Frage, Herr Doktor. Sie sagen, vor Sir Charles Baskervilles Tod hätten mehrere Leute das Gespenst auf dem Moor gesehen?«

»Ja, drei.«

»Sah jemand es nachher?« "Did anyone see it after?"

»Ich habe durchaus nichts davon gehört.«

»Danke. Guten Morgen.«

Holmes setzte sich wieder auf seinen Stuhl. Sein ruhiger Blick voll innerer Befriedigung zeigte an, daß er eine Aufgabe vor sich sah, die er als seiner würdig erachtete. His calm gaze, full of inner satisfaction, indicated that he saw a task before him that he considered worthy of him.

»Gehst du aus, Watson?«

»Ja, das heißt, wenn ich dir helfen kann …« "Yes, that is, if I can help you ..."

»Nein, mein lieber Freund; erst wenn es zu handeln gilt, wende ich mich an dich um Hilfe. "No, my dear friend; it is only when action is needed that I turn to you for help. Na, dieser Fall ist prachtvoll, in mancher Hinsicht geradezu einzigartig. Well, this case is magnificent, in some respects downright unique. Wenn du bei Bradleys Laden vorbeikommst, willst du ihm, bitte, sagen, er möchte mir ein Pfund von seinem stärksten Schnittabak zuschicken? If you stop by Bradley's store, will you please tell him to send me a pound of his strongest cut tobacco? Danke. Es wäre recht gut, wenn du's so einrichten könntest, daß du nicht vor Abend zurückkommst. It would be good if you could arrange it so that you don't come back before evening. Dann würde es mir viel Vergnügen machen, unsere Ansichten über das höchst interessante Problem von heute früh zu vergleichen.«

Ich wußte, Abgeschlossenheit und Einsamkeit waren meinem Freund sehr notwendig in jenen Stunden schärfster Denkarbeit, in denen er jedes Beweisteilchen nach seiner Wichtigkeit maß, verschiedene Theorien gegen einander abwog und sich klar darüber wurde, welche wesentlich und welche unbedeutend waren. Ich verbrachte daher den Tag in meinem Klub und kam erst abends zur Bakerstraße zurück. Es war fast neun Uhr, als ich wieder unser Wohnzimmer betrat.

Als ich die Tür öffnete, war mein erster Gedanke, es sei Feuer ausgebrochen, denn das Zimmer war so voll Qualm, daß kaum das Licht der auf dem Tisch stehenden Lampe hindurchschien. When I opened the door, my first thought was that a fire had broken out, because the room was so full of smoke that the light from the lamp on the table barely shone through. Als ich jedoch im Zimmer war, erkannte ich, daß ich mich geirrt hatte; es war nur der beizende Rauch starken Tabaks, der mir die Kehle zuschnürte, so daß ich husten mußte. Durch den Dunst hindurch sah ich in undeutlichen Umrissen die Gestalt von Sherlock Holmes, der mit seiner schwarzen Tonpfeife zwischen den Lippen, mit seinem Hausrock bekleidet, sich's in einem Lehnstuhl bequem gemacht hatte. Through the haze I saw in indistinct outlines the figure of Sherlock Holmes, who, with his black clay pipe between his lips, dressed in his housecoat, had made himself comfortable in an armchair. Mehrere Papierrollen lagen um ihn herum.

»Hast du dich erkältet, Watson?« fragte er.

»Nein, es ist diese vergiftete Luft.«

»Hm, nun da du davon sprichst, so glaube ich selber, sie ist wirklich ziemlich dick.«

»Dick?! … Sie ist unerträglich!«

»Dann mach doch das Fenster auf. Du bist, wie ich bemerke, den ganzen Tag in deinem Klub gewesen?«

»Bester Holmes!« "Best Holmes!"

»Habe ich recht?«

»Gewiß, aber wie …?«

Er lachte über mein verblüfftes Gesicht.

»Du hast so eine entzückende Unschuld an dir, Watson. Es ist ein wahres Vergnügen für mich, meine schwachen Fähigkeiten ein bißchen an dir zu üben. It is a real pleasure for me to practice my weak skills a little on you. Ein Herr geht an einem trüben, regnerischen Tag aus. A gentleman goes out on a gloomy, rainy day. Am Abend, als er zurückkommt, sieht er aus wie aus dem Ei gepellt; Hut und Stiefel sind noch tadellos glänzend. In the evening, when he comes back, he looks like he's come out of the woodwork; his hat and boots are still immaculately shiny. Also ist er den ganzen Tag an einem Ort gewesen. Intime Freunde hat er nicht. Wo kann er also gewesen sein? So where could he have been? Ist es nicht selbstverständlich?«

»Allerdings, ziemlich selbstverständlich.«

»Die Welt ist voll von selbstverständlichen Dingen, auf die kein Mensch je achtet. Wo, glaubst du, bin ich gewesen?«

»Ebenfalls den ganzen Tag zu Hause.«

»Im Gegenteil, ich war in Devonshire.«

»Im Geiste?« "In spirit?"

»Ganz recht. Mein Leib ist in diesem Lehnstuhl geblieben und hat, wie ich mit Bedauern bemerke, in meiner Abwesenheit zwei große Kannen Kaffee und eine unglaubliche Menge Tabak vertilgt. Als du weg warst, ließ ich mir von Stamford die Generalstabskarte von diesem Teil des Moores besorgen, und mein Geist hat den ganzen Tag über jenem Erdenfleck geschwebt. When you were gone, I had Stamford get me the Ordnance Survey map of that part of the moor, and my mind has been hovering over that patch of earth all day. Ich schmeichle mir, ich könnte dort jetzt meinen Weg allein finden.« I flatter myself I could find my way there on my own now."

»Die Karte ist wohl in großem Maßstab gehalten?« "The map is probably on a large scale?"

»In sehr großem.« Er rollte eins von den Blättern auf und breitete es auf seinem Knie aus. "In very large." He rolled up one of the leaves and spread it on his knee. »Hier hast du die Gegend, um die es für uns geht. "Here you have the area that we're all about. Da in der Mitte ist Baskerville Hall.« There in the middle is Baskerville Hall."

»Das mit dem Wald rund herum?« "The one with the forest all around?"

»Ganz recht. Ich nehme an, daß die Taxusallee, obwohl sie nicht unter diesem Namen auf der Karte eingetragen ist, sich in dieser Richtung erstreckt; wie du siehst, ist rechts davon das Moor. Dieser kleine Häuserklumpen ist das Dörfchen Grimpen, wo unser Freund Dr. Mortimer sein Hauptquartier hat. In einem Kreis mit einem Radius von fünf Meilen sind, wie du siehst, nur ein paar ganz weit verstreute Gebäude vorhanden. Hier ist Lafter Hall, wovon in der Geschichte die Rede war. Here is Lafter Hall, which was talked about in the story. Da ist ein Haus eingezeichnet, das vielleicht der Wohnsitz des Naturforschers ist – Stapleton ist sein Name, wenn ich mich recht erinnere.

Dann hier zwei Moorbauernhäuser, High Tor und Foulmir. Dann in einer Entfernung von vierzehn Meilen das große Zuchthaus von Princetown. Then at a distance of fourteen miles the great penitentiary of Princetown. Zwischen diesen weit verstreuten Punkten und rund um sie herum erstreckt sich das trostlose, unbelebte Moor. Between and around these widely scattered points stretches the desolate, inanimate moor. Dies also ist der Schauplatz, auf dem sich die Tragödie abgespielt hat und sich vielleicht mit unserer Hilfe weiter entwickeln wird.« So this is the scene where the tragedy has played out and may continue to unfold with our help."

»Es muß eine schaurige Gegend sein.« "It must be a scary place."

»Ja, sie paßt zu einem großen Verbrechen. "Yes, it fits a major crime. Wenn der Teufel je den Wunsch hätte, sich in menschliche Angelegenheiten einzumischen …« If the devil ever desired to interfere in human affairs ..."

»Du neigst also selber zu einer übernatürlichen Erklärung?« "So you're leaning towards a supernatural explanation yourself?"

»Des Teufels Werkzeuge können wohl von Fleisch und Blut sein, nicht wahr? "The devil's tools can be flesh and blood, can't they? Wir müssen von zwei Fragen ausgehen: Erstens, ob überhaupt ein Verbrechen begangen wurde; zweitens, worin bestand das Verbrechen, und wie wurde es vollbracht? We must start from two questions: First, whether a crime was committed at all; second, what did the crime consist of, and how was it accomplished? Natürlich, wenn Dr. Mortimers Vermutung richtig ist, wenn wir es mit Mächten zu tun haben, die außerhalb der gewöhnlichen Naturgesetze stehen, so hat unsere Suche ein Ende. Of course, if Dr. Mortimer's assumption is correct, if we are dealing with forces outside the ordinary laws of nature, then our search has come to an end. Aber wir haben die Pflicht, alle anderen Hypothesen bis zu Ende zu verfolgen, ehe wir diese eine gelten lassen. But we have the duty to pursue all other hypotheses to the end before we allow this one to stand. Wenn's dir recht ist, so können wir wohl das Fenster wieder schließen. If it's all right with you, I guess we can close the window again. Es ist sonderbar genug, aber ich finde, eine konzentrierte Atmosphäre hilft mit zum konzentrieren der Gedanken. It is strange enough, but I find that a concentrated atmosphere helps to concentrate the thoughts. Ich bin noch nicht so weit, daß ich zum Zweck des Nachdenkens in eine Kiste krieche, allerdings wäre das die logische Verwirklichung meiner Überzeugungen … Hast du dir mal den Fall durch den Kopf gehen lassen?« I am not yet to the point of crawling into a box for the purpose of reflection, however, that would be the logical realization of my beliefs ... Have you given the case any thought?"

»Ja, ich habe den Tag über viel daran gedacht. "Yes, I thought about it a lot throughout the day. Der Fall ist sehr dazu angetan, einem den Kopf zu verwirren.« The case is very capable of making your head spin."

»Ja, er ist von ganz eigener Art. "Yes, he is of his own kind. Er bietet etliche außerordentliche Punkte: die Veränderung der Fußspuren zum Beispiel. It offers a number of extraordinary points: the change in footprints, for example. Wie erklärst du dir diesen Umstand?«

»Mortimer sagte, der Mann sei in jenem Teil der Allee auf den Fußspitzen gegangen.«

»Er sprach nur nach, was ein Dummkopf bei der Untersuchung gesagt hatte. "He was just parroting what some fool had said at the inquest. Warum sollte ein Mann auf den Fußspitzen die Allee hinuntergehen?«

»Was war's also?« "So what was it?"

»Er rannte, Watson – rannte voller Verzweiflung, rannte in Todesangst, rannte, bis ihn der Herzschlag traf, und er tot auf sein Antlitz fiel.« "He ran, Watson - ran in desperation, ran in fear of death, ran until the heartbeat struck him, and he fell dead on his face."

»Er rannte – vor was denn?«

»Da liegt unser Problem. Gewisse Anzeichen sprechen dafür, daß er vor Angst die Besinnung verloren hatte, schon ehe er zu laufen anfing.« Certain indications suggest that he had lost his senses from fear even before he began to run."

»Wie kannst du das sagen?«

»Ich setze voraus, daß die Ursache seines Schreckens über das Moor auf ihn zukam. "I presume that the cause of his fright came to him across the moor. Wenn dies der Fall war – und alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür – so konnte nur ein Mann, der den Verstand verloren hat, vom Haus weglaufen, anstatt darauf zu. Wenn man die Aussage des Zigeuners als wahr annimmt, so rannte er, nach Hilfe schreiend, gerade in die Richtung, wo Hilfe am allerwenigsten zu erwarten war. Und weiter, auf wen wartete er in jener Nacht, und warum wartete er auf ihn in der Taxusallee anstatt in seinem Haus?« And further, who was he waiting for that night, and why was he waiting for him in Taxus Alley instead of his house?"

»Du glaubst, er wartete auf jemand?«

»Der Mann war ältlich und kränklich. Es läßt sich wohl begreifen, daß er abends einen Spaziergang zu machen pflegte, aber der Boden war naß und die Nacht rauh. It can be understood that he used to go for a walk in the evening, but the ground was wet and the night was rough. Ist es natürlich, daß er fünf oder zehn Minuten lang auf derselben Stelle stand, wie Doktor Mortimer mit mehr Beobachtungsgabe, als ich ihm zugetraut hätte, aus der Zigarrenasche folgerte?« Is it natural that he should have stood in the same place for five or ten minutes, as Doctor Mortimer, with more powers of observation than I would have credited him with, deduced from the cigar ash?"

»Aber er ging doch jeden Abend aus.«

»Ich halte es für unwahrscheinlich, daß er jeden Abend an der Moorpforte gewartet hat. Im Gegenteil, die Zeugen haben bekundet, daß er das Moor vermied. An jenem Abend wartete er. Es war der Abend vor seiner Abreise nach London. Das Ding nimmt Gestalt an, Watson. The thing is taking shape, Watson. Es kommt Zusammenhang hinein. Darf ich dich bitten, mir meine Geige herüberzureichen? Wir wollen alles weitere Nachdenken über die Angelegenheit bis morgen früh verschieben; dann werden uns ja Doktor Mortimer und Sir Henry Baskerville mit ihrem Besuch zu Hilfe kommen.« Let us postpone all further thought on the matter until tomorrow morning; then, after all, Doctor Mortimer and Sir Henry Baskerville will come to our aid with their visit."