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Rainer Maria Rilke: Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge, 11. September, rue Toullier - 005

11. September, rue Toullier - 005

Es ist lächerlich. Ich sitze hier in meiner kleinen Stube, ich, Brigge, der achtundzwanzig Jahre alt geworden ist und von dem niemand weiß. Ich sitze hier und bin nichts. Und dennoch, dieses Nichts fängt an zu denken und denkt, fünf Treppen hoch, an einem grauen Pariser Nachmittag diesen Gedanken:

Ist es möglich, denkt es, daß man noch nichts Wirkliches und Wichtiges gesehen, erkannt und gesagt hat? Ist es möglich, daß man Jahrtausende Zeit gehabt hat, zu schauen, nachzudenken und aufzuzeichnen, und daß man die Jahrtausende hat vergehen lassen wie eine Schulpause, in der man sein Butterbrot ißt und einen Apfel? [726]

Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweisheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? Ist es möglich, daß man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat, so daß sie aussieht wie die Salonmöbel in den Sommerferien?

Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß die ganze Weltgeschichte mißverstanden worden ist? Ist es möglich, daß die Vergangenheit falsch ist, weil man immer von ihren Massen gesprochen hat, gerade, als ob man von einem Zusammenlauf vieler Menschen erzählte, statt von dem Einen zu sagen, um den sie herumstanden, weil er fremd war und starb?

Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß man glaubte, nachholen zu müssen, was sich ereignet hat, ehe man geboren war? Ist es möglich, daß man jeden einzelnen erinnern müßte, er sei ja aus allen Früheren entstanden, wüßte es also und sollte sich nichts einreden lassen von den anderen, die anderes wüßten? Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß alle diese Menschen eine Vergangenheit, die nie gewesen ist, ganz genau kennen? Ist es möglich, daß alle Wirklichkeiten nichts sind für sie; daß ihr Leben abläuft, mit nichts verknüpft, wie eine Uhr in einem leeren Zimmer –?

Ja, es ist möglich.

[727]

Ist es möglich, daß man von den Mädchen nichts weiß, die doch leben? Ist es möglich, daß man »die Frauen« sagt, »die Kinder«, »die Knaben« und nicht ahnt (bei aller Bildung nicht ahnt), daß diese Worte längst keine Mehrzahl mehr haben, sondern nur unzählige Einzahlen?

Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß es Leute giebt, welche »Gott« sagen und meinen, das wäre etwas Gemeinsames? – Und sieh nur zwei Schulkinder: es kauft sich der eine ein Messer, und sein Nachbar kauft sich ein ganz gleiches am selben Tag. Und sie zeigen einander nach einer Woche die beiden Messer, und es ergiebt sich, daß sie sich nur noch ganz entfernt ähnlich sehen, – so verschieden haben sie sich in verschiedenen Händen entwickelt. (Ja, sagt des einen Mutter dazu: wenn ihr auch gleich immer alles abnutzen müßt. –) Ach so: Ist es möglich, zu glauben, man könne einen Gott haben, ohne ihn zu gebrauchen?

Ja, es ist möglich.

Wenn aber dieses alles möglich ist, auch nur einen Schein von Möglichkeit hat, – dann muß ja, um alles in der Welt, etwas geschehen. Der Nächstbeste, der, welcher diesen beunruhigenden Gedanken gehabt hat, muß anfangen, etwas von dem Versäumten zu tun; wenn es auch nur irgend einer ist, durchaus nicht der Geeignetste: es ist eben kein anderer da. Dieser junge, belanglose Ausländer, Brigge, wird sich fünf Treppen hoch hinsetzen müssen und schreiben, Tag und Nacht. ja er wird schreiben müssen, das wird das Ende sein:[728]

Zwölf Jahre oder höchstens dreizehn muß ich damals gewesen sein. Mein Vater hatte mich nach Urnekloster mitgenommen. Ich weiß nicht, was ihn veranlaßte, seinen Schwiegervater aufzusuchen. Die beiden Männer hatten sich jahrelang, seit dem Tode meiner Mutter, nicht gesehen, und mein Vater selbst war noch nie in dem alten Schlosse gewesen, in welches der Graf Brahe sich erst spät zurückgezogen hatte. Ich habe das merkwürdige Haus später nie wiedergesehen, das, als mein Großvater starb, in fremde Hände kam. So wie ich es in meiner kindlich gearbeiteten Erinnerung wiederfinde, ist es kein Gebäude; es ist ganz aufgeteilt in mir; da ein Raum, dort ein Raum und hier ein Stück Gang, das diese beiden Räume nicht verbindet, sondern für sich, als Fragment, aufbewahrt ist. In dieser Weise ist alles in mir verstreut, – die Zimmer, die Treppen, die mit so großer Umständlichkeit sich niederließen, und andere enge, rundgebaute Stiegen, in deren Dunkel man ging wie das Blut in den Adern; die Turmzimmer, die hoch aufgehängten Balkone, die unerwarteten Altane, auf die man von einer kleinen Tür hinausgedrängt wurde: – alles das ist noch in mir und wird nie aufhören, in mir zu sein. Es ist, als wäre das Bild dieses Hauses aus unendlicher Höhe in mich hineingestürzt und auf meinem Grunde zerschlagen.

Ganz erhalten ist in meinem Herzen, so scheint es mir, nur jener Saal, in dem wir uns zum Mittagessen zu versammeln pflegten, jeden Abend um sieben Uhr. Ich habe diesen Raum niemals bei Tage gesehen, ich erinnere mich nicht einmal, ob er Fenster hatte und wohin[729] sie aussahen; jedesmal, so oft die Familie eintrat, brannten die Kerzen in den schweren Armleuchtern, und man vergaß in einigen Minuten die Tageszeit und alles, was man draußen gesehen hatte. Dieser hohe, wie ich vermute, gewölbte Raum war stärker als alles; er saugte mit seiner dunkelnden Höhe, mit seinen niemals ganz aufgeklärten Ecken alle Bilder aus einem heraus, ohne einem einen bestimmten Ersatz dafür zu geben. Man saß da wie aufgelöst; völlig ohne Willen, ohne Besinnung, ohne Lust, ohne Abwehr. Man war wie eine leere Stelle. Ich erinnere mich, daß dieser vernichtende Zustand mir zuerst fast Übelkeit verursachte, eine Art Seekrankheit, die ich nur dadurch überwand, daß ich mein Bein ausstreckte, bis ich mit dem Fuß das Knie meines Vaters berührte, der mir gegenübersaß. Erst später fiel es mir auf, daß er dieses merkwürdige Benehmen zu begreifen oder doch zu dulden schien, obwohl zwischen uns ein fast kühles Verhältnis bestand, aus dem ein solches Gebaren nicht erklärlich war. Es war indessen jene leise Berührung, welche mir die Kraft gab, die langen Mahlzeiten auszuhalten. Und nach einigen Wochen krampfhaften Ertragens hatte ich, mit der fast unbegrenzten Anpassung des Kindes, mich so sehr an das Unheimliche jener Zusammenkünfte gewöhnt, daß es mich keine Anstrengung mehr kostete, zwei Stunden bei Tische zu sitzen; jetzt vergingen sie sogar verhältnismäßig schnell, weil ich mich damit beschäftigte, die Anwesenden zu beobachten.

11. September, rue Toullier - 005 September|| September 11, rue Toullier - 005 11 de septiembre, rue Toullier - 005 9月11日、トゥーリエ通り - 005 11 de setembro, rue Toullier - 005 11 september, rue Toullier - 005 11 Eylül, rue Toullier - 005

Es ist lächerlich. ||ridiculous It's ridiculous. Ich sitze hier in meiner kleinen Stube, ich, Brigge, der achtundzwanzig Jahre alt geworden ist und von dem niemand weiß. I sit here in my little room, I, Brigge, who has turned twenty-eight years old and no one knows about. Ich sitze hier und bin nichts. I sit here and am nothing. Und dennoch, dieses Nichts fängt an zu denken und denkt, fünf Treppen hoch, an einem grauen Pariser Nachmittag diesen Gedanken: |yet||||||||||stairs|||||Parisian||| And yet, this nothing begins to think and thinks, five flights up, on a grey Parisian afternoon this thought:

Ist es möglich, denkt es, daß man noch nichts Wirkliches und Wichtiges gesehen, erkannt und gesagt hat? |||||||||real||||||| Is it possible, it thinks, that one has not yet seen, recognized, and said anything real and important? Ist es möglich, daß man Jahrtausende Zeit gehabt hat, zu schauen, nachzudenken und aufzuzeichnen, und daß man die Jahrtausende hat vergehen lassen wie eine Schulpause, in der man sein Butterbrot ißt und einen Apfel? |||||||||||||record|||||millennia||pass||||school break|||||buttered bread|||| Is it possible that one has had millennia to look, reflect, and record, and that one has let the millennia pass like a school break where one eats one's sandwich and an apple? [726]

Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

Ist es möglich, daß man trotz Erfindungen und Fortschritten, trotz Kultur, Religion und Weltweisheit an der Oberfläche des Lebens geblieben ist? ||||||inventions||advancements|||||world wisdom|||surface|||| Is it possible that despite inventions and progress, despite culture, religion, and worldly wisdom, one has remained on the surface of life? Ist es möglich, daß man sogar diese Oberfläche, die doch immerhin etwas gewesen wäre, mit einem unglaublich langweiligen Stoff überzogen hat, so daß sie aussieht wie die Salonmöbel in den Sommerferien? ||||||||||after all|||||||||covered||||||||living room furniture|||summer holidays Is it possible that one has even covered this surface, which would have been something at least, with an incredibly boring material, so that it looks like the living room furniture in the summer vacation?

Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

Ist es möglich, daß die ganze Weltgeschichte mißverstanden worden ist? |||||||misunderstood|| Is it possible that the whole world history has been misunderstood? Ist es möglich, daß die Vergangenheit falsch ist, weil man immer von ihren Massen gesprochen hat, gerade, als ob man von einem Zusammenlauf vieler Menschen erzählte, statt von dem Einen zu sagen, um den sie herumstanden, weil er fremd war und starb? |||||||||||||masses|||||||||gathering|||||||||||||stood around||||||died Is it possible that the past is wrong because we always spoke of its masses, as if we were telling of a gathering of many people, instead of saying of the One around whom they stood, because he was a stranger and died?

Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

Ist es möglich, daß man glaubte, nachholen zu müssen, was sich ereignet hat, ehe man geboren war? ||||||catch up|||||happened||||| Is it possible that one believed to have to catch up on what happened before one was born? Ist es möglich, daß man jeden einzelnen erinnern müßte, er sei ja aus allen Früheren entstanden, wüßte es also und sollte sich nichts einreden lassen von den anderen, die anderes wüßten? |||||||||||||||originated||||||||convince||||||| Is it possible that one would have to remind each individual that they have emerged from all the past, would know it, and should not let themselves be influenced by others who know something different? Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

Ist es möglich, daß alle diese Menschen eine Vergangenheit, die nie gewesen ist, ganz genau kennen? ||||||people|||||||exactly|| Is it possible that all these people know a past that has never been, very precisely? Ist es möglich, daß alle Wirklichkeiten nichts sind für sie; daß ihr Leben abläuft, mit nichts verknüpft, wie eine Uhr in einem leeren Zimmer –? |||||realities||||||||runs|||connected|||||||room Is it possible that all realities are nothing to them; that their lives pass by, unconnected to anything, like a clock in an empty room -?

Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

[727] [727]

Ist es möglich, daß man von den Mädchen nichts weiß, die doch leben? Is it possible that one knows nothing about the girls who are still alive? Ist es möglich, daß man »die Frauen« sagt, »die Kinder«, »die Knaben« und nicht ahnt (bei aller Bildung nicht ahnt), daß diese Worte längst keine Mehrzahl mehr haben, sondern nur unzählige Einzahlen? |||||||||||||||||||realize||||||plural||||||deposit Is it possible that one says "the women", "the children", "the boys" and does not suspect (with all education does not suspect) that these words have long since no more plural, but only innumerable singulars?

Ja, es ist möglich.

Ist es möglich, daß es Leute giebt, welche »Gott« sagen und meinen, das wäre etwas Gemeinsames? ||||||give|||||||||common Is it possible that there are people who say 'God' and mean that it is something common? – Und sieh nur zwei Schulkinder: es kauft sich der eine ein Messer, und sein Nachbar kauft sich ein ganz gleiches am selben Tag. And|see|||schoolchildren||||||||||neighbor|||||||| - And look at two schoolchildren: one buys a knife, and his neighbor buys an identical one on the same day. Und sie zeigen einander nach einer Woche die beiden Messer, und es ergiebt sich, daß sie sich nur noch ganz entfernt ähnlich sehen, – so verschieden haben sie sich in verschiedenen Händen entwickelt. |||||||||||it|results|||||||quite|||||||||||| And after a week, they show each other the two knives, and it turns out that they only vaguely resemble each other now - they have developed so differently in different hands. (Ja, sagt des einen Mutter dazu: wenn ihr auch gleich immer alles abnutzen müßt. |||||||||always|||wear down| Yes, another mother says: if you always have to use everything until it wears out. –) Ach so: Ist es möglich, zu glauben, man könne einen Gott haben, ohne ihn zu gebrauchen? |||||||||||||||use -) Oh, is it possible to believe that you can have a god without using him?

Ja, es ist möglich. Yes, it is possible.

Wenn aber dieses alles möglich ist, auch nur einen Schein von Möglichkeit hat, – dann muß ja, um alles in der Welt, etwas geschehen. |||||||||semblance||||||||||||| If, however, all of this is possible, even just a semblance of possibility – then, by all means, something must happen. Der Nächstbeste, der, welcher diesen beunruhigenden Gedanken gehabt hat, muß anfangen, etwas von dem Versäumten zu tun; wenn es auch nur irgend einer ist, durchaus nicht der Geeignetste: es ist eben kein anderer da. |next best||||unsettling|||||||||missed|||if||||any|||at all|||most suitable|||||| The next best person, the one who has had this unsettling thought, must begin to do something about what has been neglected; even if they are in no way the most suitable: there is simply no one else around. Dieser junge, belanglose Ausländer, Brigge, wird sich fünf Treppen hoch hinsetzen müssen und schreiben, Tag und Nacht. ||meaningless|foreigner|||||||sit|||||| This young, insignificant foreigner, Brigge, will have to sit down five flights of stairs and write, day and night. ja er wird schreiben müssen, das wird das Ende sein:[728] yes he will have to write, that will be the end:[728]

Zwölf Jahre oder höchstens dreizehn muß ich damals gewesen sein. twelve|||at most|||||| I must have been twelve or at most thirteen at that time. Mein Vater hatte mich nach Urnekloster mitgenommen. |||||Urnekloster|taken (with) My father had taken me to Urnekloster. Ich weiß nicht, was ihn veranlaßte, seinen Schwiegervater aufzusuchen. |||||caused||father-in-law|to visit I don't know what prompted him to visit his father-in-law. Die beiden Männer hatten sich jahrelang, seit dem Tode meiner Mutter, nicht gesehen, und mein Vater selbst war noch nie in dem alten Schlosse gewesen, in welches der Graf Brahe sich erst spät zurückgezogen hatte. |||||||||||||||||||||||||||||||only||withdrawn| The two men had not seen each other for years, since my mother's death, and my father had never been to the old castle where Count Brahe had retired late. Ich habe das merkwürdige Haus später nie wiedergesehen, das, als mein Großvater starb, in fremde Hände kam. I have never seen the strange house again, which passed into strange hands when my grandfather died. So wie ich es in meiner kindlich gearbeiteten Erinnerung wiederfinde, ist es kein Gebäude; es ist ganz aufgeteilt in mir; da ein Raum, dort ein Raum und hier ein Stück Gang, das diese beiden Räume nicht verbindet, sondern für sich, als Fragment, aufbewahrt ist. ||||||childlike|worked||find again||||||||divided||||||||||||||||||||||||fragment|stored| As I find it in my childishly elaborated memory, it is not a building; it is completely divided within me; here a room, there a room, and a piece of hallway here, which does not connect these two rooms, but is kept for itself as a fragment. In dieser Weise ist alles in mir verstreut, – die Zimmer, die Treppen, die mit so großer Umständlichkeit sich niederließen, und andere enge, rundgebaute Stiegen, in deren Dunkel man ging wie das Blut in den Adern; die Turmzimmer, die hoch aufgehängten Balkone, die unerwarteten Altane, auf die man von einer kleinen Tür hinausgedrängt wurde: – alles das ist noch in mir und wird nie aufhören, in mir zu sein. |||||||scattered|||||||||fussiness|themselves|settled||||round-built|stairs||||||||||||||||hung||||alcoves||||||||pushed out||||||||||||||| In this way, everything is scattered within me - the rooms, the staircases that settled down with such great care, and other narrow, round staircases in whose darkness one walked like the blood in the veins; the tower rooms, the high-hung balconies, the unexpected balconies one was pushed out onto from a small door: - all of that is still within me and will never cease to be within me. Es ist, als wäre das Bild dieses Hauses aus unendlicher Höhe in mich hineingestürzt und auf meinem Grunde zerschlagen. |||||||||||||plunged in||on|||shattered It is as if the image of this house had crashed into me from an infinite height and shattered on my bottom.

Ganz erhalten ist in meinem Herzen, so scheint es mir, nur jener Saal, in dem wir uns zum Mittagessen zu versammeln pflegten, jeden Abend um sieben Uhr. |gathered||||||||||||||||||to||used to||||| The only thing that has been preserved in my heart, it seems to me, is the room where we used to gather for lunch, every evening at seven o'clock. Ich habe diesen Raum niemals bei Tage gesehen, ich erinnere mich nicht einmal, ob er Fenster hatte und wohin[729] sie aussahen; jedesmal, so oft die Familie eintrat, brannten die Kerzen in den schweren Armleuchtern, und man vergaß in einigen Minuten die Tageszeit und alles, was man draußen gesehen hatte. |||||||||||||||||||||||||||||||||sconces||||||||||||||| I never saw this room in the daytime, I do not even remember whether it had windows and where[729] they looked; every time the family entered, the candles burned in the heavy arm-lights, and one forgot in a few minutes the time of day and all that one had seen outside. Dieser hohe, wie ich vermute, gewölbte Raum war stärker als alles; er saugte mit seiner dunkelnden Höhe, mit seinen niemals ganz aufgeklärten Ecken alle Bilder aus einem heraus, ohne einem einen bestimmten Ersatz dafür zu geben. ||||assume|vaulted||||||||||||||||enlightened|||||||||||||| This high, I suppose, vaulted room was stronger than anything; it sucked all the images out of you with its darkening height, with its corners never quite cleared up, without giving you a definite substitute for them. Man saß da wie aufgelöst; völlig ohne Willen, ohne Besinnung, ohne Lust, ohne Abwehr. ||||dissolved|||||awareness||||defense One sat there as if dissolved; completely without will, without reflection, without desire, without defense. Man war wie eine leere Stelle. One was like an empty space. Ich erinnere mich, daß dieser vernichtende Zustand mir zuerst fast Übelkeit verursachte, eine Art Seekrankheit, die ich nur dadurch überwand, daß ich mein Bein ausstreckte, bis ich mit dem Fuß das Knie meines Vaters berührte, der mir gegenübersaß. |||||devastating|||||nausea|caused|||seasickness||||by that|overcame||||||||||||||||||was sitting across I remember that this annihilating state first almost made me nauseous, a kind of seasickness that I only overcame by stretching out my leg until my foot touched my father's knee, who was sitting across from me. Erst später fiel es mir auf, daß er dieses merkwürdige Benehmen zu begreifen oder doch zu dulden schien, obwohl zwischen uns ein fast kühles Verhältnis bestand, aus dem ein solches Gebaren nicht erklärlich war. |later|fell|||on||||strange|behavior||||||tolerate|||||||cool||existed|||||behavior||| Only later did it strike me that he seemed to understand or at least tolerate this strange behavior, although there was an almost cool relationship between us from which such behavior could not be explained. Es war indessen jene leise Berührung, welche mir die Kraft gab, die langen Mahlzeiten auszuhalten. It||meanwhile|||touch|||||||||endure Meanwhile, it was that quiet touch that gave me the strength to endure the long meals. Und nach einigen Wochen krampfhaften Ertragens hatte ich, mit der fast unbegrenzten Anpassung des Kindes, mich so sehr an das Unheimliche jener Zusammenkünfte gewöhnt, daß es mich keine Anstrengung mehr kostete, zwei Stunden bei Tische zu sitzen; jetzt vergingen sie sogar verhältnismäßig schnell, weil ich mich damit beschäftigte, die Anwesenden zu beobachten. ||||cramp-like|enduring|||||||adaptation||||||||uncanny||gatherings||||||effort|||||||||||||relatively||||||observed||attendees|| And after a few weeks of spasmodic endurance, with the almost unlimited adaptation of the child, I had become so accustomed to the uncanniness of those gatherings that it no longer cost me any effort to sit at the table for two hours; now they even passed relatively quickly, because I occupied myself with observing those present.