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SWR, 1-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé (1)

1-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé (1)

1-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé

"Morgen wird in der Gemeinde bekannt gegeben, dass du ab morgen kein Mitglied mehr bei den Zeugen Jehovas bist."

"Bedeutet ab morgen darf mit dir keiner mehr sprechen."

"Deine Mutter nicht, dein Vater nicht, Geschwister nicht, deine Tanten, deine Onkel."

Mein großer Sohn, mit dem war ich im Urlaub und er sagte dann:

"Mama, vier Tage, vier Flaschen Wein."

Also und dann hab ich angefangen, das zu verstecken vor ihm.

Es war dann für mich der untrügliche Beweis, dass sie mir meine Seele stehlen möchte, um mich zu ersetzen oder umzubringen.

Es hört sich im Nachhinein immer an wie Science-Fiction oder Fantasy oder nach Horrorbuch.

Aber es war für mich in dieser Phase absolut Realität.

Und meine Mutter hat mir dann in aller Ruhe, aber doch sehr fremd geantwortet:

"Roman sitzt in Kolumbien wegen des Verdachts auf Drogenschmuggel in Untersuchungshaft."

Ich sagte: "Ja. Geh jetzt endlich, du darfst nicht mal hier sein."

"Geh und lass mich in Ruhe."

Und dann hat er mich ... mit dem Messer ... gestochen.

(Lockere Musik)

Herzlich willkommen im "Nachtcafé", schön, dass Sie da sind!

Danke schön!

Danke schön!

Wir alle fürchten uns vor diesem Gefühl, ausgeliefert zu sein.

Wie leicht können wir in solche Situationen geraten?

Und was brauchen wir, um uns zu befreien?

"In die Fänge geraten", das ist heute unser Thema im "Nachtcafé".

Und ich freue mich sehr auf diese Gäste:

Aufgewachsen in einer Familie, die den Zeugen Jehovas angehört, war diese Weltanschauung für Sie lange Zeit Normalität, Alexander Gutbrod.

Doch je älter Sie wurden, desto stärker zweifelten Sie und fühlten sich als schwuler Mann in den strengen Strukturen lebendig begraben.

Sie wagten ihr Coming-Out mit extremen Folgen.

Herzlich willkommen, Herr Gutbrod!

Sie, Loredana Galeoto, glaubten, die Liebe gefunden zu haben.

Doch stattdessen waren Sie über 27 Jahre in einer gewalttätigen Beziehung gefangen.

Drohungen, Misshandlungen und Stalking bestimmten Ihren Alltag.

Und als Ihnen endlich der Schritt in die Freiheit gelang, hätten Sie diesen fast mit Ihrem Leben bezahlt.

Schön, dass Sie heute hier sind, Loredana Galeoto.

Herzlich willkommen!

Die Geschichte Ihres Stiefvaters, Alexander Lappi, klingt wie ein Thriller:

Er hatte geglaubt, das große Los gezogen zu haben.

Doch statt das versprochene Geld in Empfang zu nehmen, fand er sich in den Fängen Krimineller wieder.

Wegen Drogenschmuggels ist der 63-Jährige nun unter widrigsten Bedingungen in einem kolumbianischen Gefängnis inhaftiert.

Wie Sie für ihn kämpfen, davon berichtet Alexander Lappi.

Herzlich willkommen!

Sie, Sabine Sitte, sind keiner Person in die Fänge gegangen, sondern einem Stoff, dem Alkohol.

Über Jahrzehnte nahm die Flasche unbemerkt immer größeren Raum in Ihrem Leben ein.

Lange war Verdrängen und Verstecken Ihre Strategie, erst vor wenigen Jahren gestanden Sie sich Ihre Sucht ein.

Doch eine Garantie für ein Loskommen gibt es nicht, sagen Sie.

Herzlich willkommen, Sabine Sitte.

(Applaus)

Mit 16 Jahren hörten Sie, Anna Kunze, zum ersten Mal Stimmen, obwohl Sie ganz alleine zu Hause waren.

Diagnose: Paranoide Schizophrenie.

Sie mussten lernen, die Stimmen in Ihrem Kopf zu akzeptieren.

Sie haben ihnen mittlerweile sogar Namen gegeben.

Wie groß ihr Einfluss auf Ihre Entscheidungen ist, das erzählt uns Anna Kunze.

Und wir begrüßen Dr. Christian Firus in unserer Runde.

Als Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie wissen Sie, welche Traumata durch Unfreiheit ausgelöst werden können.

Aber auch, wie sich Betroffene befreien und wieder zu seelischer Gesundheit und Selbstbestimmung finden können.

Herzlich willkommen an Christian Firus und an die gesamte Runde.

Herzlich willkommen!

Herr Gutbrod, Sie sind hineingeboren in eine Familie, die den strenggläubigen Zeugen Jehovas angehörten.

Wie haben Sie das als Kind empfunden?

Bei mir war es so, meine Großeltern sind kurz nach dem Krieg zu den Zeugen Jehovas gekommen.

Das heißt, die sind von mütterlicherseits, väterlicherseits gleichzeitig in diesen Glauben gekommen.

Das heißt, meine Eltern wurden reingeboren, ich wurde reingeboren.

Für mich war das einfach so ganz normal.

Also wie bei "Findet Nemo" ein Fisch, der in ein Aquarium geschmissen wird, denkt, dass ist die natürliche Welt, das ist die Realität und später eben feststellt, dass es nicht so ist.

Wie eng war das Verhältnis zu Ihren Eltern?

Wie würden Sie das beschreiben?

Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meinen Eltern, weil ich hab fünf Geschwister, ich bin der Jüngste, wir sind drei Jungs, drei Mädels.

Und meine Geschwister waren immer meine besten Freunde.

Es war so ein großes Familienleben, ich hab sehr viele Onkel, Tanten, Neffen, Nichten.

Wir sind eine Großfamilie, alle bei den Zeugen Jehovas, durch die Großeltern bedingt, und eben auch einen sehr großen Freundeskreis über die Gemeinde, über dieses ganze Leben, was die Zeugen Jehovas weltweit haben.

Also, wenn Sie Ihre Familie ansprechen, wann haben Sie gemerkt, dass in Ihrer Familie vieles anders ist als in anderen Familien?

Ich hab das schon in der Grundschule eben sehr hart gemerkt.

Was heißt das?

Kein Weihnachten, keinen Geburtstag feiern, also alle christlichen Feste.

Wir durften keine Freundschaften mit Schulkameraden schließen.

Es war einfach so, wenn's Kuchen in der Schule gab, dann mussten wir den Kuchen ablehnen, wir durften keinen Kuchen essen.

das wäre eine Beteiligung an dem Fest Satans gewesen, wie Zeugen Jehovas das sehen. Das heißt, man wurde sehr früh sehr stark manipuliert, dass man eben nicht viel wirklich hatte, um sich zu freuen.

Also keine festen Freunde ist das eine, aber hat das bedeutet, dass Sie zum Außenseiter geworden sind?

Ich war immer ein Außenseiter. - Immer ein Außenseiter.

In der Grundschule war es so, man durfte keine Freundschaften schließen.

Später war es in den weiterführenden Schulen und auch sonst so, also man hat nach außen hin keine Freundschaften geschlossen.

Dann, man durfte nie was mitmachen.

Man wusste nie, wie ist es, im Club zu sein?

Ich war bis zu meinem 28. Lebensjahr noch nie feiern.

Ich hatte bis zu meinem 28. Lebensjahr nicht einmal Geburtstag gefeiert.

Weil das Draußen ist das Böse, oder warum waren Sie da nie?

Genau das war eine ganz klare Linie.

Sie wachsen so auf, dass Sie wissen, bei den Zeugen Jehovas, der nächste Tag könnte so sein, dass die Welt untergeht.

Also, das Leben ist von Zeugen Jehovas nur von Tag zu Tag, da diese Welt böse ist, die geht unter.

Sie müssen es nur noch bis zum nächsten Jahr schaffen, bis zur nächsten Woche.

Wenn die Erlösung kommt, das Paradies, dann regnet es Feuer vom Himmel.

Und Sie leben einfach nur von Zeit zu Zeit, dass Sie das gerade noch so erreichen.

Wenn Sie einen Fehler machen, was droht Ihnen dann?

Droht dann auch Bestrafung nach innen?

So eng wie die Beziehung auch war zu allen?

Also diese Manipulation, diese Gehirnwäsche, beginnt eben schon im Kindesalter, dass Sie Comics gezeigt bekommen, dass wenn Sie einen Film angucken, wo es um Gewalttätigkeit geht, um irgendwelche Hexen, dann werden Sie Ihr ewiges Leben verlieren.

Sie wachsen so auf, wenn Sie eine Zigarette rauchen würden, würden Sie sterben, wenn Sie dies machen und jenes machen, sind eben die Konsequenzen immer so, dass Sie alles verlieren.

Und es wurde uns von Anfang an beigebracht, dass, wenn Sie eben nicht so funktionieren, wie Sie zu funktionieren haben, werden Sie Ihr ganzes Leben verlieren.

Das heißt Mutter, Vater, Geschwister, Freunde, Verwandte, lebenslänglich.

Und dieser Druck ist, wenn man vielleicht sagt: "Eigentlich hätte ich gerne Karriere gemacht", Sie dürfen nicht, die Konsequenz hält Sie einfach davon zurück, zu sagen, ich bleib da drin.

Auf der einen Seite Druck, auf der anderen Seite aber auch Angst, oder?

Es ist sehr viel Angst, weil Sie ja nicht perfekt sind.

Sie machen ja immer irgendwas falsch. Also, mal haben Sie einen falschen Gedanken, bei Zeugen Jehovas wird schon der Gedanke bestraft.

Das heißt, es ist ein absolutes Zwangsverhalten da, irgendwie um diese Verbote rum zu schippern.

Und am Ende ist es einfach so, dass Sie immer Angst haben zu sterben, etwas falsch gemacht zu haben oder dass Ihnen nicht vergeben wird.

Es ist ein Unterschied, ob ich in eine Familie hineingeboren werde, die so einer Sekte angehört oder ob meine Eltern irgendwann, wenn ich zehn oder 15 bin, zu einer Sekte beitragen ... beitreten?

Ist das ein Unterschied?

Ja, das ist ein großer Unterschied, weil wir aus der Bindungsforschung gut belegen können, dass die ersten 1.000 Tage, die ersten drei Jahre, die wichtigsten sind, auch was die Gehirnentwicklung anbelangt.

Und dass auch dann die Kindheit letztlich ja noch davon geprägt ist, dass der Kosmos, in dem ich lebe, die Familie ist.

Erst dann mit Schule beginnt das dann so allmählich, lerne ich vielleicht andere Kontexte kennen, komm mal zu Freunden, wenn das überhaupt erlaubt ist und stelle dann fest, es kann auch anders sein.

Das frage ich mich gerade, Sie haben ja gesagt, das ist so ein bisschen wie "Findet Nemo", das ist Ihr Element gewesen.

Also merke ich überhaupt, dass ich unfrei bin, wenn ich die Freiheit gar nicht kenne?

Das ist eine spannende Frage.

Es ist sicherlich so, dass das Unbewusste es merkt.

Also, was wir heute aus der Neurobiologie wissen, ist, dass Angst neurozeptiv, das heißt, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen, aufgenommen wird.

Unsere Mandelkerne im Gehirn verarbeiten das und behalten das.

Also Angst ist extrem wirksam, und das prägt.

Das heißt, wenn da ... es braucht bloß so ein Gedanke, wie Sie das eindrucksvoll belegt haben, geäußert werden: "Hoffentlich denkst du nichts Falsches", und die Alarmzentrale schaltet hoch und verursacht Angst, wahrscheinlich auch noch viele Jahre später.

Welche Haltung haben die Zeugen Jehovas zu Homosexualität?

Ja, es ist so, dass es Homo- sexualität prinzipiell nicht gibt.

Es ist auch so, dass homosexuell, wenn man so ist, vom Teufel höchstpersönlich besessen ist, weil man einer Leidenschaft nachgeht, die es einfach nicht gibt. Und wenn man diese Leidenschaft hat, dann ist man pervers, so wird man erzogen.

Das heißt, es gibt gar keine Möglichkeit zu sagen, das ist eine natürliche Orientierung.

Das wird begründet mit der Bibel, es werden Textpassagen aus dem Hebräischen und Griechischen falsch übersetzt.

Da gibt es Stellen, wo nicht Homosexualität drinsteht, sondern Missbrauch von Kindern ist verboten.

So, Zeugen Jehovas übersetzen das mit Homosexualität.

Also, es wird ein Bild erschaffen, dass es keine natürliche Neigung ist.

Die gibt es nicht und wenn man so ist, muss man so oder so sterben.

Wann haben Sie festgestellt, gespürt, dass Sie schwul sind?

Ich denke, unterbewusst merkt man das relativ früh.

Man verdrängt es sofort.

Ich habe das tatsächlich bis zu meinem 27. Lebensjahr verdrängen können, habe mit eine eine Frau kennengelernt, habe die Frau geheiratet.

War immer der Meinung, dass ich vielleicht bisexuell bin, aber wenn da ein bisschen was wäre, das schaffe ich.

Ich habe eine Frau geheiratet.

Aber dieses Unterbewusste, das gearbeitet hat und dass man sich nicht mal zugestanden hat, jemanden attraktiv zu finden vom gleichen Geschlecht, so war das bei mir, sogar dieses Gefühl wurde unterdrückt.

Weil Sie ja immer sich gefragt haben: Ist was Böses in mir, wenn ich das zulasse sozusagen?

Weil ich wusste, wenn das so ist, werde ich mein ganzes Leben verlieren, ich werde sterben, ich werde alles verlieren, und das bedeutet meinen sozialen Tod, meinen ewigen Tod.

Es ist ein unglaublicher Druck, damit zurechtzukommen, wenn man einfach feststellt, da ist irgendwas, aber es darf nicht rauskommen.

Und wenn es rauskommt, dann ist es einfach dramatisch.

Die Frau, die Sie geheiratet haben, war das eine Zeugin Jehovas?

Es war eine Zeugin Jehovas. - War da Liebe auch im Spiel?

Es war mit Sicherheit freundschaftliche Liebe.

Wir haben uns sehr gut verstanden, haben uns zwei Jahre gedatet, verlobt, geheiratet, hatten in der Hochzeitsnacht dann natürlich erst Sex, weil vorher ist es nicht erlaubt.

Es ist dann einfach dieser Punkt gekommen, wir waren freundschaftlich glücklich, aber ich hatte irgendwann ein Burnout, weil ich emotional einfach leer war, weil ich alle meine Gefühle abgespalten habe.

Haben Sie ihr gegenüber das auch nicht offengelegt, dass es da auch eine Anziehungskraft gibt?

Ich war immer ganz ehrlich in meinen Beziehungen.

Als wir uns vier Wochen gedatet hatten, habe ich zu ihr gesagt: "Hör mal zu, ich habe das Gefühl, da ist irgendwas." "Ich könnte mir vorstellen, dass ich vielleicht bisexuell bin, aber ich weiß es nicht."

"Aber es sollte für unsere Ehe kein Problem sein, weil ich bin ja mit Sicherheit 99 Prozent oder 95 Prozent heterosexuell."


1-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé (1) 1-Get caught | SWR Night Café (1)

1-In die Fänge geraten | SWR Nachtcafé

"Morgen wird in der Gemeinde bekannt gegeben, dass du ab morgen kein Mitglied mehr bei den Zeugen Jehovas bist." "Tomorrow it will be announced in the congregation that as of tomorrow you will no longer be a member of Jehovah's Witnesses."

"Bedeutet ab morgen darf mit dir keiner mehr sprechen." "Means from tomorrow no one can speak to you anymore."

"Deine Mutter nicht, dein Vater nicht, Geschwister nicht, deine Tanten, deine Onkel."

Mein großer Sohn, mit dem war ich im Urlaub und er sagte dann: My older son, I was on vacation with him and he then said:

"Mama, vier Tage, vier Flaschen Wein." "Mom, four days, four bottles of wine."

Also und dann hab ich angefangen, das zu verstecken vor ihm. So and then I started hiding that from him.

Es war dann für mich der untrügliche Beweis, dass sie mir meine Seele stehlen möchte, um mich zu ersetzen oder umzubringen. It was then for me the unmistakable proof that she wants to steal my soul to replace me or to kill me.

Es hört sich im Nachhinein immer an wie Science-Fiction oder Fantasy oder nach Horrorbuch. In retrospect, it always sounds like science fiction or fantasy or a horror book.

Aber es war für mich in dieser Phase absolut Realität. But it was absolutely reality for me at this stage.

Und meine Mutter hat mir dann in aller Ruhe, aber doch sehr fremd geantwortet: And then my mother answered me calmly, but very strangely:

"Roman sitzt in Kolumbien wegen des Verdachts auf Drogenschmuggel in Untersuchungshaft." "Roman is in custody in Colombia on suspicion of drug smuggling."

Ich sagte: "Ja. Geh jetzt endlich, du darfst nicht mal hier sein." Go now, you don't even have to be here."

"Geh und lass mich in Ruhe." "Go and leave me alone."

Und dann hat er mich ... mit dem Messer ... gestochen. And then he stabbed me... with the knife.

(Lockere Musik) (loose music)

Herzlich willkommen im "Nachtcafé", schön, dass Sie da sind!

Danke schön!

Danke schön!

Wir alle fürchten uns vor diesem Gefühl, ausgeliefert zu sein. We all fear that feeling of being at the mercy of others. Hepimiz başkalarının merhametine kalmış olma hissinden korkarız.

Wie leicht können wir in solche Situationen geraten? How easily can we get into such situations?

Und was brauchen wir, um uns zu befreien?

"In die Fänge geraten", das ist heute unser Thema im "Nachtcafé". "Getting caught" is our topic today in the "night café".

Und ich freue mich sehr auf diese Gäste:

Aufgewachsen in einer Familie, die den Zeugen Jehovas angehört, war diese Weltanschauung für Sie lange Zeit Normalität, Alexander Gutbrod.

Doch je älter Sie wurden, desto stärker zweifelten Sie und fühlten sich als schwuler Mann in den strengen Strukturen lebendig begraben. But the older you got, the more doubts you had and as a gay man you felt buried alive in the strict structures. Ancak yaşınız ilerledikçe daha fazla şüphe duyuyor ve katı yapılar içinde eşcinsel bir erkek olarak diri diri gömüldüğünüzü hissediyorsunuz.

Sie wagten ihr Coming-Out mit extremen Folgen. They dared to come out with extreme consequences.

Herzlich willkommen, Herr Gutbrod!

Sie, Loredana Galeoto, glaubten, die Liebe gefunden zu haben. You, Loredana Galeoto, thought you had found love.

Doch stattdessen waren Sie über 27 Jahre in einer gewalttätigen Beziehung gefangen. But instead they were trapped in an abusive relationship for over 27 years.

Drohungen, Misshandlungen und Stalking bestimmten Ihren Alltag. Threats, abuse and stalking determined their everyday life.

Und als Ihnen endlich der Schritt in die Freiheit gelang, hätten Sie diesen fast mit Ihrem Leben bezahlt. And when you finally took the step to freedom, you almost paid for it with your life.

Schön, dass Sie heute hier sind, Loredana Galeoto.

Herzlich willkommen!

Die Geschichte Ihres Stiefvaters, Alexander Lappi, klingt wie ein Thriller: The story of your stepfather, Alexander Lappi, sounds like a thriller:

Er hatte geglaubt, das große Los gezogen zu haben. He thought he had hit the jackpot.

Doch statt das versprochene Geld in Empfang zu nehmen, fand er sich in den Fängen Krimineller wieder. But instead of receiving the promised money, he found himself in the clutches of criminals. Ancak vaat edilen parayı almak yerine kendini suçluların pençesinde buldu.

Wegen Drogenschmuggels ist der 63-Jährige nun unter widrigsten Bedingungen in einem kolumbianischen Gefängnis inhaftiert.

Wie Sie für ihn kämpfen, davon berichtet Alexander Lappi. Alexander Lappi reports on how you fight for him.

Herzlich willkommen!

Sie, Sabine Sitte, sind keiner Person in die Fänge gegangen, sondern einem Stoff, dem Alkohol. You, Sabine Sitte, didn't get caught by a person, but by a substance, alcohol.

Über Jahrzehnte nahm die Flasche unbemerkt immer größeren Raum in Ihrem Leben ein.

Lange war Verdrängen und Verstecken Ihre Strategie, erst vor wenigen Jahren gestanden Sie sich Ihre Sucht ein. For a long time, suppressing and hiding was your strategy, only a few years ago you admitted your addiction.

Doch eine Garantie für ein Loskommen gibt es nicht, sagen Sie. But there is no guarantee that you will get away, you say.

Herzlich willkommen, Sabine Sitte.

(Applaus)

Mit 16 Jahren hörten Sie, Anna Kunze, zum ersten Mal Stimmen, obwohl Sie ganz alleine zu Hause waren.

Diagnose: Paranoide Schizophrenie.

Sie mussten lernen, die Stimmen in Ihrem Kopf zu akzeptieren.

Sie haben ihnen mittlerweile sogar Namen gegeben. They even gave them names now.

Wie groß ihr Einfluss auf Ihre Entscheidungen ist, das erzählt uns Anna Kunze. Anna Kunze tells us how great her influence on your decisions is.

Und wir begrüßen Dr. Christian Firus in unserer Runde.

Als Facharzt für Psychotherapie und Psychiatrie wissen Sie, welche Traumata durch Unfreiheit ausgelöst werden können. Psikoterapi ve psikiyatri uzmanı olarak, esaretin hangi travmaları tetikleyebileceğini biliyorsunuz.

Aber auch, wie sich Betroffene befreien und wieder zu seelischer Gesundheit und Selbstbestimmung finden können.

Herzlich willkommen an Christian Firus und an die gesamte Runde.

Herzlich willkommen!

Herr Gutbrod, Sie sind hineingeboren in eine Familie, die den strenggläubigen Zeugen Jehovas angehörten.

Wie haben Sie das als Kind empfunden?

Bei mir war es so, meine Großeltern sind kurz nach dem Krieg zu den Zeugen Jehovas gekommen.

Das heißt, die sind von mütterlicherseits, väterlicherseits gleichzeitig in diesen Glauben gekommen.

Das heißt, meine Eltern wurden reingeboren, ich wurde reingeboren.

Für mich war das einfach so ganz normal.

Also wie bei "Findet Nemo" ein Fisch, der in ein Aquarium geschmissen wird, denkt, dass ist die natürliche Welt, das ist die Realität und später eben feststellt, dass es nicht so ist.

Wie eng war das Verhältnis zu Ihren Eltern?

Wie würden Sie das beschreiben?

Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meinen Eltern, weil ich hab fünf Geschwister, ich bin der Jüngste, wir sind drei Jungs, drei Mädels.

Und meine Geschwister waren immer meine besten Freunde.

Es war so ein großes Familienleben, ich hab sehr viele Onkel, Tanten, Neffen, Nichten.

Wir sind eine Großfamilie, alle bei den Zeugen Jehovas, durch die Großeltern bedingt, und eben auch einen sehr großen Freundeskreis über die Gemeinde, über dieses ganze Leben, was die Zeugen Jehovas weltweit haben.

Also, wenn Sie Ihre Familie ansprechen, wann haben Sie gemerkt, dass in Ihrer Familie vieles anders ist als in anderen Familien?

Ich hab das schon in der Grundschule eben sehr hart gemerkt.

Was heißt das?

Kein Weihnachten, keinen Geburtstag feiern, also alle christlichen Feste.

Wir durften keine Freundschaften mit Schulkameraden schließen.

Es war einfach so, wenn's Kuchen in der Schule gab, dann mussten wir den Kuchen ablehnen, wir durften keinen Kuchen essen.

das wäre eine Beteiligung an dem Fest Satans gewesen, wie Zeugen Jehovas das sehen. Das heißt, man wurde sehr früh sehr stark manipuliert, dass man eben nicht viel wirklich hatte, um sich zu freuen.

Also keine festen Freunde ist das eine, aber hat das bedeutet, dass Sie zum Außenseiter geworden sind?

Ich war immer ein Außenseiter. - Immer ein Außenseiter.

In der Grundschule war es so, man durfte keine Freundschaften schließen.

Später war es in den weiterführenden Schulen und auch sonst so, also man hat nach außen hin keine Freundschaften geschlossen.

Dann, man durfte nie was mitmachen.

Man wusste nie, wie ist es, im Club zu sein?

Ich war bis zu meinem 28. Lebensjahr noch nie feiern.

Ich hatte bis zu meinem 28. Lebensjahr nicht einmal Geburtstag gefeiert.

Weil das Draußen ist das Böse, oder warum waren Sie da nie?

Genau das war eine ganz klare Linie.

Sie wachsen so auf, dass Sie wissen, bei den Zeugen Jehovas, der nächste Tag könnte so sein, dass die Welt untergeht.

Also, das Leben ist von Zeugen Jehovas nur von Tag zu Tag, da diese Welt böse ist, die geht unter.

Sie müssen es nur noch bis zum nächsten Jahr schaffen, bis zur nächsten Woche.

Wenn die Erlösung kommt, das Paradies, dann regnet es Feuer vom Himmel.

Und Sie leben einfach nur von Zeit zu Zeit, dass Sie das gerade noch so erreichen.

Wenn Sie einen Fehler machen, was droht Ihnen dann?

Droht dann auch Bestrafung nach innen?

So eng wie die Beziehung auch war zu allen?

Also diese Manipulation, diese Gehirnwäsche, beginnt eben schon im Kindesalter, dass Sie Comics gezeigt bekommen, dass wenn Sie einen Film angucken, wo es um Gewalttätigkeit geht, um irgendwelche Hexen, dann werden Sie Ihr ewiges Leben verlieren.

Sie wachsen so auf, wenn Sie eine Zigarette rauchen würden, würden Sie sterben, wenn Sie dies machen und jenes machen, sind eben die Konsequenzen immer so, dass Sie alles verlieren.

Und es wurde uns von Anfang an beigebracht, dass, wenn Sie eben nicht so funktionieren, wie Sie zu funktionieren haben, werden Sie Ihr ganzes Leben verlieren.

Das heißt Mutter, Vater, Geschwister, Freunde, Verwandte, lebenslänglich.

Und dieser Druck ist, wenn man vielleicht sagt: "Eigentlich hätte ich gerne Karriere gemacht", Sie dürfen nicht, die Konsequenz hält Sie einfach davon zurück, zu sagen, ich bleib da drin.

Auf der einen Seite Druck, auf der anderen Seite aber auch Angst, oder?

Es ist sehr viel Angst, weil Sie ja nicht perfekt sind.

Sie machen ja immer irgendwas falsch. Also, mal haben Sie einen falschen Gedanken, bei Zeugen Jehovas wird schon der Gedanke bestraft.

Das heißt, es ist ein absolutes Zwangsverhalten da, irgendwie um diese Verbote rum zu schippern.

Und am Ende ist es einfach so, dass Sie immer Angst haben zu sterben, etwas falsch gemacht zu haben oder dass Ihnen nicht vergeben wird.

Es ist ein Unterschied, ob ich in eine Familie hineingeboren werde, die so einer Sekte angehört oder ob meine Eltern irgendwann, wenn ich zehn oder 15 bin, zu einer Sekte beitragen ... beitreten?

Ist das ein Unterschied?

Ja, das ist ein großer Unterschied, weil wir aus der Bindungsforschung gut belegen können, dass die ersten 1.000 Tage, die ersten drei Jahre, die wichtigsten sind, auch was die Gehirnentwicklung anbelangt.

Und dass auch dann die Kindheit letztlich ja noch davon geprägt ist, dass der Kosmos, in dem ich lebe, die Familie ist.

Erst dann mit Schule beginnt das dann so allmählich, lerne ich vielleicht andere Kontexte kennen, komm mal zu Freunden, wenn das überhaupt erlaubt ist und stelle dann fest, es kann auch anders sein.

Das frage ich mich gerade, Sie haben ja gesagt, das ist so ein bisschen wie "Findet Nemo", das ist Ihr Element gewesen.

Also merke ich überhaupt, dass ich unfrei bin, wenn ich die Freiheit gar nicht kenne?

Das ist eine spannende Frage.

Es ist sicherlich so, dass das Unbewusste es merkt.

Also, was wir heute aus der Neurobiologie wissen, ist, dass Angst neurozeptiv, das heißt, ohne dass wir es bewusst wahrnehmen, aufgenommen wird.

Unsere Mandelkerne im Gehirn verarbeiten das und behalten das.

Also Angst ist extrem wirksam, und das prägt.

Das heißt, wenn da ... es braucht bloß so ein Gedanke, wie Sie das eindrucksvoll belegt haben, geäußert werden: "Hoffentlich denkst du nichts Falsches", und die Alarmzentrale schaltet hoch und verursacht Angst, wahrscheinlich auch noch viele Jahre später.

Welche Haltung haben die Zeugen Jehovas zu Homosexualität?

Ja, es ist so, dass es Homo- sexualität prinzipiell nicht gibt.

Es ist auch so, dass homosexuell, wenn man so ist, vom Teufel höchstpersönlich besessen ist, weil man einer Leidenschaft nachgeht, die es einfach nicht gibt. Und wenn man diese Leidenschaft hat, dann ist man pervers, so wird man erzogen.

Das heißt, es gibt gar keine Möglichkeit zu sagen, das ist eine natürliche Orientierung.

Das wird begründet mit der Bibel, es werden Textpassagen aus dem Hebräischen und Griechischen falsch übersetzt.

Da gibt es Stellen, wo nicht Homosexualität drinsteht, sondern Missbrauch von Kindern ist verboten.

So, Zeugen Jehovas übersetzen das mit Homosexualität.

Also, es wird ein Bild erschaffen, dass es keine natürliche Neigung ist.

Die gibt es nicht und wenn man so ist, muss man so oder so sterben.

Wann haben Sie festgestellt, gespürt, dass Sie schwul sind?

Ich denke, unterbewusst merkt man das relativ früh.

Man verdrängt es sofort.

Ich habe das tatsächlich bis zu meinem 27. Lebensjahr verdrängen können, habe mit eine eine Frau kennengelernt, habe die Frau geheiratet.

War immer der Meinung, dass ich vielleicht bisexuell bin, aber wenn da ein bisschen was wäre, das schaffe ich.

Ich habe eine Frau geheiratet.

Aber dieses Unterbewusste, das gearbeitet hat und dass man sich nicht mal zugestanden hat, jemanden attraktiv zu finden vom gleichen Geschlecht, so war das bei mir, sogar dieses Gefühl wurde unterdrückt.

Weil Sie ja immer sich gefragt haben: Ist was Böses in mir, wenn ich das zulasse sozusagen?

Weil ich wusste, wenn das so ist, werde ich mein ganzes Leben verlieren, ich werde sterben, ich werde alles verlieren, und das bedeutet meinen sozialen Tod, meinen ewigen Tod.

Es ist ein unglaublicher Druck, damit zurechtzukommen, wenn man einfach feststellt, da ist irgendwas, aber es darf nicht rauskommen.

Und wenn es rauskommt, dann ist es einfach dramatisch.

Die Frau, die Sie geheiratet haben, war das eine Zeugin Jehovas?

Es war eine Zeugin Jehovas. - War da Liebe auch im Spiel?

Es war mit Sicherheit freundschaftliche Liebe.

Wir haben uns sehr gut verstanden, haben uns zwei Jahre gedatet, verlobt, geheiratet, hatten in der Hochzeitsnacht dann natürlich erst Sex, weil vorher ist es nicht erlaubt.

Es ist dann einfach dieser Punkt gekommen, wir waren freundschaftlich glücklich, aber ich hatte irgendwann ein Burnout, weil ich emotional einfach leer war, weil ich alle meine Gefühle abgespalten habe.

Haben Sie ihr gegenüber das auch nicht offengelegt, dass es da auch eine Anziehungskraft gibt?

Ich war immer ganz ehrlich in meinen Beziehungen.

Als wir uns vier Wochen gedatet hatten, habe ich zu ihr gesagt: "Hör mal zu, ich habe das Gefühl, da ist irgendwas." "Ich könnte mir vorstellen, dass ich vielleicht bisexuell bin, aber ich weiß es nicht."

"Aber es sollte für unsere Ehe kein Problem sein, weil ich bin ja mit Sicherheit 99 Prozent oder 95 Prozent heterosexuell."