TEIL 6
Als sie den Dachboden ausgemessen hatten, mußten sie
sich einen Bleistift zum Addieren besorgen. Zuerst kam
jeder auf eine andere Summe, und ich bin nicht so sicher,
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daß ihre Rechnung stimmte, selbst als beide zum gleichen
Ergebnis kamen. Sie hatten es eilig, ihre Expedition in
Angriff zu nehmen.
»Wir müssen uns ganz mucksmäuschenstill verhalten!«
befahl Polly, als sie bei der Zisterne wieder in den dunklen
Gang krochen. Weil es so eine wichtige Sache war, holte
sich jeder von ihnen eine Kerze aus Pollys Vorrat in der
Schmugglerhöhle.
Es war sehr dunkel und staubig in dem Gang, und es zog
gewaltig. Schweigend stiegen sie von Balken zu Balken,
und nur ab und zu flüsterten sie: »Jetzt müssen wir auf
gleicher Höhe mit eurem Dachboden sein«, oder: »Jetzt
haben wir etwa die Hälfte unseres Hauses hinter uns.«
Keiner stolperte, die Kerzen gingen nicht aus, und
schließlich kamen sie zu einer Stelle, wo rechts in der
Backsteinmauer eine Tür lag. Eine Klinke gab es nicht,
aber einen Riegel, so wie manchmal innen an den
Schranktüren.
»Soll ich?« flüsterte Digory.
»Wenn du dabei bist, dann bin ich auch dabei«, flüsterte
Polly. Beide spürten, daß es jetzt ausgesprochen ernst
wurde. Aber keiner von beiden wollte einen Rückzieher
machen. Digory schob mühsam den Riegel zurück, und die
Tür öffnete sich. Sie mußten blinzeln, weil es plötzlich so
hell wurde. Dann entdeckten sie zu ihrem großen
Entsetzen, daß das keine leere Dachkammer war, sondern
ein voll eingerichtetes Zimmer. Offensichtlich war keiner
da. Alles war totenstill. Pollys Neugier siegte schließlich.
Sie blies ihre Kerze aus und schlich mucksmäuschenstill in
das Zimmer hinein.
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Vom Baulichen her sah der Raum natürlich aus wie eine
Dachkammer, doch war er wie ein Wohnzimmer eingerichtet.
An den Wänden standen überall Regale voll mit
Büchern. Im Kamin prasselte ein Feuer – der Sommer war
wirklich scheußlich in diesem Jahr. Davor stand ein Sessel,
dessen hohe Rückenlehne in ihre Richtung zeigte.