30 Mieter auf 60 Quadratmetern: Hongkongs "Sargwohnungen"
Ein Korridor, rechts und links Verschläge:
In dieser Wohnung
im Hongkonger Stadtteil Mongkok
leben 30 Menschen auf rund
60 Quadratmetern.
In bitterster Armut.
Sin Yuk Lan zeigt uns ihre Box:
zwei Quadratmeter Wohnraum
für unglaubliche
270 Euro Monatsmiete.
Nachts arbeitet sie
als Altenpflegerin.
Tagsüber versucht sie in ihrem
Verschlag ein wenig Ruhe zu finden – auf einer Holzpritsche,
die zu kurz ist,
um sich auszustrecken.
Sogar ihr Essen bereitet sich
die 68-Jährige hier zu,
meistens Reis aus dem Kocher.
Eine Küche gibt es nicht.
Ich muss hier leben, weil ich mir
nichts anderes leisten kann.
Aber selbst dieser Platz ist
unglaublich teuer,
obwohl er so winzig ist.
Außerdem ist es hier tagsüber sehr heiß.
Da stellt der Vermieter immer
die Klimaanlage aus.
Die läuft nur nachts.
Aber da bin ich ja
immer bei der Arbeit.
Die meisten Bewohner
der sogenannten "Sarg-Wohnungen"
sind alleinstehend und über 60.
In einem Verschlag auf der zweiten
Ebene lebt Simon Wong.
Er ist arbeitslos und verbringt den Tag
meist vor dem Fernseher,
schaut Nachrichten oder Soaps.
Ich lebe hier schon
fast sechs Jahre.
Ich habe mich vor einiger Zeit für
eine Sozialwohnung beworben, aber
nie eine Antwort bekommen.
Einmal pro Woche stattet die
Sozialarbeiterin Sze Lai Shan
den Bewohnern einen Besuch ab.
Oft bringt sie Essen vorbei oder wie
heute Mittel gegen Bettwanzen.
Die 48-Jährige arbeitet für
eine Hilfsorganisation, die sich um
die Ärmsten der Armen kümmert.
Rund 200.000 Menschen leben
laut Schätzungen in Hongkong in den
winzigen Wohnboxen.
Hongkong ist eigentlich sehr reich.
Es gibt viele wunderschöne Gebäude,
aber wenn man hinter die Fassaden blickt,
dann sieht man die ganzen
armen Menschen, die unter
erbärmlichen Bedingungen leben.
Das sollte es in Hongkong
einfach nicht geben.
Ich finde wir müssen die Regierung
unter Druck setzen, damit sie mehr
für die Armen tut.
Und auch die Gesellschaft sollte sich besser
um sie kümmern.
Hongkong aus der Luft: Kaum eine
Stadt ist so dicht besiedelt, wie die
südchinesische Finanzmetropole.
Durch die Insellage ist
Baufläche knapp.
Die Wohnungsnot spitzt sich
immer weiter zu.
Die Stadt vereint Extreme:
Ladenflächen, wie hier im Shopping
Viertel Causeway Bay, werden zu astronomischen
Preisen vermietet.
Die Mittelschicht wird derweil immer
weiter abgehängt und muss oftmals
unter kaum vorstellbaren
Bedingungen hausen.
Allein im Stadtteil Mongkok leben
mindestens 100.000 Menschen
auf einem Quadratkilometer.
In Berlin-Mitte sind es nur knapp
10.000.
Wir begleiten Sze Lai Shan bei ihrem Besuch
in einer weiteren Wohnung.
Immobilienbesitzer würden die Not
der Menschen schamlos ausnutzen,
erzählt sie.
Je mehr Mieter sie in eine Wohnung
quetschen könnten, desto lukrativer
sei das Geschäft.
Die Folge: menschenunwürdige Zustände.
In diesem Zimmer
leben sieben Männer in Käfigen,
für umgerechnet je 200 Euro
im Monat.
All diese Männer sind alleinstehend.
Sie haben nie geheiratet.
Viele arbeiten als Putzhilfe,
haben sehr geringe Einkommen.
Sie hoffen, eine Sozialwohnung zu bekommen,
aber jetzt sind sie alt
und haben immer noch keine.
Manche haben sich aufgegeben.
Sie sagen, dass sie nur noch
auf den Tod warten.
Sze Lai Shan tröstet, versorgt
und übt Druck auf
die Hongkonger Verwaltung aus.
Ihre Forderung: Die Stadt solle
weniger Land an Immobilienfirmen
verkaufen und stattdessen
mehr in subventionierte Sozialwohnungen investieren .
Damit Menschen
wie Herr Leung und Herr Lai eine
Chance haben, auf ein Altern
in Würde.