Zu schlecht fürs Studium? Sinn und Unsinn von NC & IQ
Irgendwann hatte ich zum Beispiel in Freiburg einen Schnitt von 1,0 - mit meinen Modifizierungen.
Habe dann aber nach der ersten Bewerbung gemerkt, dass es immer noch entfernt ist vom Studienplatz.
Genau das studieren, was man möchte ist in Deutschland nicht immer möglich.
Denn: Gibt es zu viele Bewerber auf ein Studienfach gibt, dann entscheidet in den meisten Fällen
die Durchschnittsnote des Abiturs darüber, wer einen Platz bekommt und wer eben nicht.
Ich frage mich: Was sagt die Abi Note über die eigene Intelligenz eines Menschen aus
und darüber, wie geeignet man für ein Studium ist?
Du möchtest eigentlich Medizin studieren, aber Du machst es zurzeit ja nicht.
Warum nicht?
Also ich würd's gerne tun jetzt, aber ich habe mich nach dem Abi auf einen Studienplatz
beworben und da hat mein NC nicht gereicht.
Ich habe auch schon einen Medizinertest dafür gemacht, der meinen Schnitt verbessert, aber
es hat trotzdem nicht gereicht.
Dann habe ich erstmal eine Ausbildung angefangen.
Zum einen, weil ich schon gerne in die Medizin wollte, weil ich schon was machen wollte,
aber halt auch mit dem Hintergedanken, dass ich meinen Schnitt verbessere und dann noch
einen Platz kriege.
Was für einen Schnitt hattest du, wenn ich fragen darf?
1,8.
Ich hatte auch 1,8.
Ich weiß nicht, wie es bei dir in der Stufe war aber bei mir war das eigentlich einer
der besseren Schnitte.
Also hast du manchmal das Gefühl „Ok ich bin ja eigentlich einer der Leute, die eine
1 vorm Komma haben und trotzdem reicht es nicht, um in Deutschland Arzt zu werden“?
Ja genau, das trifft schon ziemlich zu.
Ich finde mein Abi gut.
Das was ich in der Schule geleistet hab, da bin ich auf jeden Fall zufrieden mit.
Ich glaube auch, dass ich intelligent bin, aber ich glaube halt auch, dass diese kleinschrittige
Notenvergabe zwischen 1,8/ 1,7/ 1,6 überhaupt nicht mehr repräsentativ ist, um auch so
kleine Veränderungen in der kognitiven Leistung von Schülern widerzugeben.
Das ist einfach nicht möglich.
Deswegen ist das Abitur einfach kein Maß dafür, wie schlau jemand ist, oder wie leistungsfähig
jemand ist.
Also glaubst du, du bist leistungsfähiger als 1,8?
Ich glaube ich bin viel diverser als 1,8.
Okay, aber irgendwie muss man die eigene Leistungsfähigkeit ja messen können.
Eine Möglichkeit dafür ist der IQ.
Oft hört man, dass der angibt, wie schlau jemand ist.
Und um herauszufinden, wie hoch mein IQ ist, also wie schlau ich vielleicht im Endeffekt
bin, habe ich einfach mal IQ-Test gegooglet und werde jetzt online einen IQ-Test machen.
Der dauert 60 Minuten.
Den Test im Netz zu finden ist das kleinste Problem.
Er ist in verschiedene Bereiche gegliedert: Man muss Formen erkennen, Bilder zuordnen
und Gleichungen lösen.
Und das ist gar nicht so einfach; Aber: nach etwa 40 Minuten bin ich fertig.
Also zur Auswertung: Ihr altersabhängiger IQ beträgt 115 – gemäß der IQ-Skala mit
Standardabweichung 15.
Also der Test ist von der Süddeutschen Zeitung gewesen.
Das ist also mein Ergebnis - 115.
In Analogien bin ich überdurchschnittlich.
Mustergruppen – durchschnittlich, aber am oberen Rand.
Gleichungen nur eine 3.
Also das scheint Ergebnis sehr sehr stark heruntergezogen zu haben, dass ich wohl in
Mathe nicht so gut bin.
Aber um jetzt herauszufinden, was so ein IQ über jemanden aussagt, treffe ich mich mal
mit jemandem, der das wirklich weiß.
Dafür spreche ich mit Eva Kalbheim, sie ist von MENSA Deutschland.
Der Verein für Hochbegabte führt professionelle und standartisierte IQ Tests durch.
Was sagt der IQ überhaupt aus über Menschen?
Der IQ ist erstmal ein Maß dafür, in welcher Form ein Mensch Informationen verarbeitet.
Es geht dabei um kognitives Verständnis, das heißt wie nehme ich Reize auf, wie verarbeite
ich Informationen, wie stelle ich Querverbindungen her, wie rufe ich das Wissen, dass ich gespeichert
habe ab und mache dann eben auch Transfer.
Das heißt in Situationen, in denen ich vor Herausforderungen stehe, die ich bisher noch
nicht kannte, wie finde ich dann Lösungen, die ganz neu sind möglicherweise.
Es gibt im Internet Tests, ich habe jetzt hier mal so einen testweise gemacht, den ich
im Netz gefunden habe.
Ich habe einfach IQ-Test gegooglet und die Auswertung sagt jetzt ich hätte einen IQ
von 115.
Ist das jetzt gut oder schlecht?
Das ist erstmal ein guter IQ.
Das heißt Sie liegen schon mal 15 IQ Punkte über der Durchschnittsbevölkerung.
Durchschnitt ist 100 und 15 ist eine sogenannte Standardabweichung.
Das heißt also eine Standardabweichung nach oben bedeutet, Sie sind schon mal ein gutes
Stück besser als der größte Teil der Bevölkerung.
Intelligenz ist verteilt als Gauß‘sche Normalkurve - Da ist also die 100 sozusagen
in der Mitte und dann flacht es zur Seite der Hochbegabung ab und da ist eben bei 130
der Cutt-Off-Wert für die besten 2%.
Das heißt also Ich bin eine Abweichung über dem Durchschnitt aber eine Abweichung unter
der Hochbegabung.
Man kann also sagen, hochbegabt bin ich auf jeden Fall schon mal nicht.
Aber was sagt ein hoher IQ jetzt über meine Noten aus?
Der IQ als Solcher und der Erfolg in der Schule oder im Leben als Solches, hängt erstmal
nicht zusammen.
Sondern es kommen viele Faktoren zusammen, die eben dazu führen, dass jemand eben tatsächlich
sein Potenzial entfalten kann.
Mir erscheint ganz wichtig, dass man tatsächlich eben doch auch Lehrer, Erzieher und Eltern
ermutigt, Kinder ganz gezielt zu fördern.
Gezielte Förderung wäre natürlich eine tolle Sache, ist aber oft nicht das Ergebnis
unseres Schulsystems.
Was aber, wenn die Noten schon so sind, wie sie sind?
Ich weiß mittlerweile, wie der Zusammenhang zwischen IQ und den Schulnoten ist.
Aber was ist der Zusammenhang zwischen Schulnoten und der Fähigkeit an einer Universität zu
studieren?
Dafür bin ich jetzt beim deutschen Hochschulverband.
Was sind da Ihre Erfahrungen zwischen Abiturnoten eines Schülers und dem Erfolg im Studium?
Kann man da einen Zusammenhang ziehen?
Nun das ist ein sehr weites Feld, was Sie ansprechen, auch eine sehr interessante Frage.
Sicherlich ist es so, dass eine Abiturnote schon ein zuverlässiger Indikator ist, ob
jemand studiengeeignet ist oder nicht.
Allerdings, und das haben Sie sicher in den Medien verfolgt, ist das Abitur immer wieder
ins Gerede gekommen.
Es hat sich sehr vieles geändert beim Abitur.
Es machen in der Zwischenzeit mehr als 50% eines Schuljahrganges in NRW ihr Abitur, so
dass das Abitur natürlich nicht mehr ein so spezifisches Auswahlkriterium geworden
ist.
Auch die Zahl der 1er Abituren nimmt zu.
Auch die Zahl der Abiturdurchschnittsnoten nimmt zu und viele Hochschullehrer beklagen,
dass sie oftmals Absolventen bekommen, die nicht über die notwendigen sprachlichen,
grammatikalischen und mathematischen Fähigkeiten verfügen.
Und da stellt sich eben die Frage, ob man zusätzlich zum Abitur, das eigentlich gestärkt
werden sollte, noch andere Auswahlverfahren hinzuzieht, um auch geeignete Bewerber zu
bekommen.
Was gäbe es da für Methoden, um genau das herauszufinden, welcher Student auf diesen
Studiengang passt?
Nun sicherlich ist nach wie vor der Abiturdurchschnitt, der einer sehr hohen Prognosefähigkeit belastet
ist, eines der wichtigsten Kriterien.
Es gibt auch andere Möglichkeiten.
Man kann überlegen, ob man einen Blick auf das Abiturzeugnis wirft und die Fächer gewichtet,
die jemand hat.
Die vielleicht besonders wichtig für ein Fach sind.
Es gibt auch die Möglichkeit von mündlichen und schriftlichen Eignungstests.
Man kann auch persönliche Auswahlgespräche führen.
Man kann auch zusätzlich besondere Qualifikationen bzw.
Berufsausbildungen oder besondere Fremdsprachenkenntnisse gewichten.
Da sind dem Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt.
Sicherlich ist zutreffend, dass es ein sehr aufwendiges Geschäft ist – aber es lohnt
sich.
Viele Hochschulen begeben sich auf diesen Weg, einige scheuen jedoch den Aufwand.
Komplexere Aufnahmeverfahren, um individuelle Talente zu erkennen.
Das fände auch Moritz gut.
Ich glaube, es gibt verschiedene Arten von Intelligenz.
Es gibt Leute, die können gut auswendig lernen, es gibt Leute die können gut komplexe Sachzusammenhänge
verstehen, aber ich glaube auch, dass es sowas gibt wie soziale- oder kreative Intelligenz.
Dass man sich eben auch gut neue Lösungsansätze erarbeiten kann.
Natürlich gibt es kein perfektes Bildungssystem, das jeden individuell fördert und allen 2,8
Millionen deutschen Studenten die besten Möglichkeiten bietet.
Trotzdem ist es wichtig, ein System auch an die Realität anzupassen und Schülern und
Studenten zu zeigen: Ihr seid mehr als eine Zahl.
Fächerspezifische Aufnahmeprüfungen und ein einheitliches Abitur könnten dabei helfen.
Was ist eure Meinung dazu, wo seid ihr vielleicht schon mal bei unserem Bildungssystem angeeckt
und wo würdet ihr sagen, wollt ihr es unbedingt behalten?
Schreibt es uns in die Kommentare, wir sehen uns beim nächsten Mal.