Der Marshall-Plan
Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen viele Teile Europas in Trümmern.
Deutschland war das Zentrum harter Auseinandersetzungen zwischen Ost und
West um die politische Orientierung und Zukunft des Kontinents. Das Land war in
vier Besatzungszonen und Berlin in vier Sektoren aufgeteilt.
Im Januar 1947 wurden die amerikanische und die britische Besatzungszone als
Bizone vereinigt. Im Juni verständigten sich die USA, Großbritannien und Frankreich darauf,
ihre drei Besatzungszonen durch die Einführung einer neuen Währung
ökonomisch zu stärken. Aus Protest verhängte der Kreml eine
Wirtschaftsblockade über Westberlin. Die Briten und Amerikaner starteten daraufhin
eine massive Luftbrückenoperation um die Westsektoren der Stadt mit dem Nötigsten
zu versorgen. Militärisch wurde die Ueberlegenheit der
in Europa stationierten sowjetischen Kräfte durch das amerikanische
Atomwaffenmonopol ausgeglichen. Der Westen war aber über die
ideologische Kraft der UdSSR und über den wachsenden Einfluss in Griechenland
und der Türkei besorgt. US-Präsident Harry Truman startete im März 1947 eine
politische Gegenoffensive. Er informierte den US-Kongress, dass es
Amerikas Aufgabe sei "die freien Völker zu unterstützen" gegen "Versuche
der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder durch Druck von außen".
Die begleitende Informationskampagne hatte zum Ziel den sowjetischen Einfluss
auf westeuropäische Parteien und Regierungen kulturell einzudämmen.
Im Juni 1947 skizzierte US- Außenminister George Marshall seinen Plan zur
Wiedererrichtung der europäischen Wirtschaft. Die Hilfe sollte in Form von
Lebensmitteln, Zuschüssen für den Kauf von Einrichtungen,
Verbesserung im Transportwesen, Investitionen und anderen geleistet werden.
Die im April 1948 angenommene Initiative wurde als Marshall-Plan oder
Programm zur Wiederaufbau der Wirtschaft in Europa bekannt. Die US- Regierung
beabsichtigte eine wirtschaftliche Erholung und politische Stabilisierung
in Europa einschließlich Großbritannien, Frankreich und Italien, die nach dem
Zweiten Weltkrieg in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren.
Frankreich organisierte eine Konferenz um den Marshall-Plan zu diskutieren.
Eingeladen waren auch Vertreter mehrerer osteuropäischer Staaten, darunter auch
die UdSSR, Bulgarien, die Tschechoslowakei, Ungarn, Polen, Rumänien und Jugoslawien.
Der Kreml lehnte den Plan allerdings als "Eingriff in die inneren Angelegenheiten souveräner Staaten" ab.
Obwohl Polen und die Tschechoslowakei
das amerikanische angebot anfänglich begrüßt hatten, wurden diese beiden
Staaten, ebenso wie Albanien, Bulgarien, Jugoslawien, Rumänien, Ungarn und Finnland,
gezwungen die Hilfe der USA abzulehnen. Am 22. September 1947 legte das Komitee
für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa den Amerikanern den Entwurf eines
Wiederaufbauplans vor. Nach einigen Monaten der Diskussion
verabschiedete der US-Kongress am 2. April 1948 einen Kredit in Höhe
von 6,8 Milliarden Dollar für die ersten 15 Monate und versprach weitere Hilfszahlungen.
Die sowjetische Nachrichtenagentur TASS kommentierte:
Die Nutznießer des Programms seien den "amerikanischen
Imperialisten" erlegen. Letzterer würden die Welt in den
Untergang führen.
Die 16 europäischen Staaten, die sich an Marshalls Programm zum
Wiederaufbau Europas beteiligten, bildeten die Organisation für Europäische
Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Während der mehr als vierjährigen
Unterstützung durch den Marshall-Plan erhielten diese Staaten 13,2 Milliarden
Dollar an amerikanischer Hilfe, teils in Form von Krediten. Im Ergebnis dieses
Wiederaufprogramms für Europa erreichte die Industrieproduktion 1952
in allen teilnehmenden Staaten mit Ausnahme des geteilten Deutschlands das Vorkriegsniveau.
Der Marshall-Plan trug spürbar zum Beginn des kalten Krieges
und der politischen Teilung Europas bei. Die Regierung der USA und des westlichen Europas kooperierten fortan wirtschaftlich und politisch eng
miteinander, so dass immer öfter von der Vereinigung Westeuropas gesprochen wurde.
Die Sowjetunion antworte mit der
Gründung des weniger effektiven Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) im östlichen Europa.
Im April 1949 wurde die amerikanisch-britische Zone zusammen mit
der französischen Besatzungszone in die Trizone umgewandelt. Im Mai 1949 hob die
UdSSR ihre Blockade Westberlins auf. Am 23. Mai 1949 wurde die
Bundesrepublik Deutschland gegründet. Am 7. Oktober 1949 folgte die Deutsche
Demokratische Republik, die von der Sozialistischen Einheitspartei
Deutschlands (SED) regiert wurde. Deutschland blieb bis zum Ende des
Kalten Krieges (1989/1990) ein geteiltes Land.