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2022 Tagesschau, tagesthemen 27.01.2022, 22:15 Uhr - Gedenken im Bundestag: Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz

tagesthemen 27.01.2022, 22:15 Uhr - Gedenken im Bundestag: Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.01.2022)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Was hier so hässlich auf die Wand geschmiert ist,

sagt leider viel über das Deutschland der Gegenwart.

Darüber, dass Beleidigungen und Attacken auf Juden

immer mehr zunehmen.

Und darüber, warum es wichtig ist,

daran zu erinnern, was heute vor 77 Jahren geschah.

Am Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz

mahnen und gedenken Politiker der Opfer des Nationalsozialismus.

Doch, um zu verstehen, was die Nazis den Menschen angetan haben,

braucht es die Stimmen derer, die diese Zeit überlebt haben.

Der Rücken spielt nicht mit.

Aber das konnte Inge Auerbacher nicht davon abhalten,

von New York nach Berlin zu reisen.

Den Toten, v.a. den toten Kindern eine Stimme zu geben,

gibt der 87-Jährigen Kraft.

Sieben ist sie, als sie mit den Eltern

ins KZ Theresienstadt deportiert wird.

Unser Spielplatz war ein faul riechender Abfallhaufen.

Hier wühlten wir stundenlang herum und hofften, einen Schatz zu finden.

Halb verfaulte Rüben und Kartoffelschalen,

bei denen man noch einen essbaren Schnitz abschneiden konnte.

Die Abgeordneten hören die Geschichte von Ruth,

dem kleinen Mädchen aus Berlin.

Ruth und ich waren wie Schwestern.

Wir versprachen, uns gegenseitig zu besuchen.

Sie nach Jebenhausen und ich nach Berlin.

Liebe Ruth,

ich bin hier in Berlin, um dich zu besuchen!

Ruth und ihre Eltern wurden ermordet in einer Gaskammer in Auschwitz.

Es bleibt das Grauen, das nicht vergeht.

Inge Auerbacher klingt nicht bitter,

aber das muss sie den Deutschen schon sagen:

Leider ist dieser Krebs wieder erwacht.

Judenhass ist in vielen Ländern, auch in Deutschland,

wieder alltäglich.

Wachsam und wehrhaft sein gegen aufkeimenden Judenhass,

niemals vergessen.

Darin erinnert auch Mickey Levy,

der Präsident des israelischen Parlaments.

Als er das Totengebet spricht, versagt ihm die Stimme.

An diesem Ort, wo die Menschheit die Grenzen des Bösen gedehnt habe,

muss das Erinnern besonders schmerzen.

Levy sucht Trost in der Umarmung

der Holocaustüberlebenden Inge Auerbacher.

Ihr gebührt das letzte Wort.

Ich schließe mit einem Herzenswunsch.

Menschenhass ist etwas Schreckliches.

Wir sind alle als Brüder und Schwestern geboren.

Mein innigster Wunsch ist die Versöhnung aller Menschen.

Sich versöhnen zu können,

heißt auch, zu wissen, was geschehen ist.

Doch es werden immer weniger, die davon erzählen können.

Deshalb machen sich Museen, Gedenkstätten, Stiftungen Gedanken,

wie wir diese Geschichten bewahren können.

Eine Idee:

Der Dialog mit dem Hologramm eines Holocaust-Überlebenden.

Was ist mit Ihrer Familie geschehen?

Leider hat von meinen engsten Angehörigen niemand überlebt.

Meine Eltern und meine Schwester, wurden an dem Tag ermordet,

an dem wir im KZ Majdanek ankamen.

Nach dem Krieg fand ich heraus:

Von den 150 Menschen aus meiner erweiterten Familie

haben vier Cousinen und Cousins überlebt.

Die Idee stammt aus den USA.

Wie die Jüngeren sich mit NS-Verbrechen auseinandersetzen

und welche Pläne es in Gedenkstätten gibt - Sebastian Grosser.

Es sind junge Menschen,

deren Fotos von einem unbeschwerten Leben erzählen.

Bevor sie Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Junge Menschen wie die Berufsschüler aus dem nahen Schwandorf.

Das ist Teil meiner Geschichte, ob ich will oder nicht.

Ich muss mich damit auseinandersetzen.

Ich muss wissen, dass so was verhindert werden kann

und nie wieder passiert.

Das Interesse der Jugendlichen ist da.

Die Frage ist: Wie geht man mit der Neugierde um?

KZ-Gedenkstätten wie Flossenbürg müssen neue Wege ausprobieren.

Zumal bald keine Zeitzeugen mehr leben.

Ehemalige Häftlinge

haben als Zeitzeugen oft große Empathie ausgelöst.

Man hat ihnen zugehört, sie waren der Beweis.

Allein, dass sie noch da saßen,

dass die Geschichte sich ereignet hat.

Dass sie durch Glück und Zufälle den Lagern entronnen sind.

Das ist ein großer Wert, der nicht ersetzbar ist.

Ein Weg, ihre Botschaft lebendig zu halten, kommt aus den USA.

In den dortigen Holocaust-Memorials

werden schon länger interaktive Hologramme verwendet.

Can you tell us something about your family?

I was extremly close to my family.

Antworten, die nachdenklich stimmen.

Doch kann es den Schrecken der Konzentrationslager

auch vermitteln?

Vielleicht auch nur der auf einem Handzettel gekritzelte Tagesablauf.

Vielleicht sagt der mehr aus als die Illusion,

einen ewigen Zeitzeugen immer befragen zu können.

Die Gedenkstätte Flossenbürg

verschließt sich dem digitalen Fortschritt aber nicht.

Auf dem Social-Media-Kanal TikTok

erzählen ehemalige KZ-Häftlinge von ihrem Schicksal.

Auch thematisch setzt die Gedenkstätte neue Schwerpunkte.

Ein Thema: In Konzentrationslagern wie Flossenbürg

wurden auch Homosexuelle verschleppt.

Wie andere Häftlinge mussten sie im Steinbruch arbeiten,

unter schlimmsten Bedingungen - bis zum Tod.

Die Berufsschüler

wollen sich speziell mit dem Thema auseinandersetzen.

Sie erarbeiten ein Theaterprojekt.

Hass gegen Homosexuelle ist auch heute noch ein Thema.

Das ist noch stark vorhanden.

Ich kenne Leute, die unter anderen Sexualitäten leben.

Die trauen sich nicht, das zu sagen,

weil sie wissen nie, von wem sie dann verachtet werden.

Es sind diese persönlichen Zugänge,

die die Nazi-Verbrechen in Erinnerung rufen.

Eine Pflicht zu einem KZ-Besuch sei nicht notwendig,

sagt der Gedenkstättenleiter.

Obwohl der Eindruck unersetzbar sei.

Jetzt ist es so eine friedliche Winterruhe,

die aber eine komische Spannung aufbaut.

'ne Spannung des Unerklärlichen, des Reinziehens, des Befremdens.

Diese Spannung kann man nur an diesen Orten erleben.

Immerhin:

In Zeiten, in der man von einer gespaltenen Gesellschaft redet,

kommen wieder mehr Besucher in KZ-Gedenkstätten wie Flossenbürg.

Anna Staroselski ist Präsidentin der jüdischen Studierendenunion.

Sie ist 27, studiert Geschichte und ist im Deutschen Bundestag

wissenschaftliche Mitarbeiterin für Linda Teuteberg (FDP).

Guten Abend, Frau Staroselski. Guten Abend.

Was denken Sie:

Sollte jeder Schüler einmal eine KZ-Gedenkstätte besucht haben?

Sollte dies gar verpflichtend sein?

Unbedingt.

Es ist besonders wichtig,

diese Schreckenserfahrung lebendig zu halten.

Ein KZ-Besuch macht das möglich.

Die Lehrkräfte müssen dafür weiter sensibilisiert werden.

70 % der 18- bis 29-Jährigen fehlt inzwischen das Basiswissen,

was der Holocaust überhaupt war, sagt eine Studie.

Was braucht es, damit sich das ändert -

jenseits des Geschichtsunterrichts?

Es ist wichtig, den persönlichen Zugang weiter auszubauen.

Wir müssen über die Geschichten der Überlebenden weiter erfahren.

Wir müssen den Fokus von den Zahlen abkehren

und in die Schicksale hineingehen.

Die Nationalsozialisten wollten den Opfern ihre Identität nehmen.

Deshalb haben sie Nummern vergeben.

Der Fokus sollte auf den persönlichen Geschichten liegen.

Jeder dritte junge Mensch in Deutschland denkt antisemitisch.

Und gerade in der Pandemie tauchen wieder alte antisemitische Muster

und Verschwörungserzählungen auf.

Erleben Sie das auch im Alltag?

Das ist sehr schmerzhaft, zu sehen,

wie antisemitische Verschwörungs- erzählungen verbreitet werden.

Sie befinden sich mittlerweile auf einem Höchststand.

Das wäre ein Auftrag an die Bildung:

Verschwörungsmythen auch in die Lehrpläne aufzunehmen.

Darüber aufzuklären, was ist antisemitisch?

Wie erleben Sie das persönlich?

Sobald man sich sichtbar als jüdisch bekennt,

ist man mit Beleidigungen konfrontiert.

Ich bin auf der Straße viel achtsamer geworden.

Ich bin vorsichtiger, worüber ich spreche.

Das ist eine Entwicklung,

die man durchgehend in der jüdischen Community feststellen kann.

Am Holocaust-Gedenktag 2021

fand die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano

in unserer Rubrik "Meinung" sehr bewegende Worte.

Hier ist ein Ausschnitt,

in dem sie erzählte, was sie besonders schmerzte.

Für uns ist es unerträglich,

wenn wieder Nazi-Parolen gebrüllt und Synagogen angegriffen werden.

Wenn Todeslisten kursieren,

wenn Rechtsextreme in Parlamenten sitzen.

Wiederholt sich die Geschichte?

Esther Bejarano am 27.01.2021.

Was geht Ihnen da durch den Kopf, Frau Staroselski?

Was sie angesprochen hat,

ist genau die Problematik des Ansatzes

im Kampf gegen Antisemitismus.

Antisemitismus kommt von rechts, von links

und aus der Mitte der Gesellschaft.

Auch aus Teilen der muslimischen Community.

Das muss erkannt und bekämpft werden.

Mit dem Einzug der AfD in die Parlamente

ist dieses Gedankengut am Puls der Demokratie festzustellen.

Die AfD ist eine Partei,

die menschenverachtendes Gedankengut toleriert.

Das ist nicht wählbar.

In einem Interview sagten Sie mal:

Juden sollten nicht die einzigen sein, die Antisemitismus bekämpfen.

Was wünschen Sie sich von der Politik, von der Gesellschaft?

Ich möchte deutlich sagen:

Es reicht nicht, diesen performativen Akt zu verüben,

in dem man sagt, wir erinnern uns.

Auf die Versprechen müssen Taten folgen.

Rechtsextreme Kontinuitäten müssen klarer in den Blick genommen werden.

Der Rechtsstaat verpflichtet sich, seine Bürger zu schützen.

In vielen jüdischen Gemeinden ist die Situation so,

dass sie selbst für die Sicherheit zahlen müssen.

In dem Jahr,

in dem wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland feiern,

sind viele jüdische Senioren von Altersarmut betroffen.

Auch Juden sollen

von einem selbstbestimmten Leben in Deutschland profitieren können.

Appelle der Präsidentin der jüdischen Studierendenunion.

Danke für Ihre Zeit. Vielen Dank.

Ihn werden wir künftig nicht mehr so oft im Bundestag reden hören.

Denn Ralph Brinkhaus verzichtet auf den Fraktionsvorsitz der Union.

Und darauf, bei der Wahl des Postens gegen Friedrich Merz anzutreten.

Das hat er heute in einem Brief an die Fraktion mitgeteilt.

Platz machen nennt man das.

Für den Parteichef, der nun wohl im Bundestag

Chef der größten Oppositionsfraktion wird.

Damit konzentriert er alle Macht bei sich.

Kristin Schwietzer, das kam jetzt holterdiepolter,

aber nicht überraschend, oder?

Das war mit Ansage.

Das hat sich im Team Merz lange angedeutet.

Erst hat Merz sich Rückendeckung abgeholt.

Zum einen bei der Mitgliederbefragung,

zum anderen beim Parteitag.

Unter vorgehaltener Hand war klar, dass es in diese Richtung geht.

In einem persönlichen Gespräch mit Brinkhaus hat er das geklärt.

Der hat das ungern freigegeben.

Jetzt zieht er sich zurück.

Es war für viele keine Frage des Ob, sondern des Wann.

Auch weil sie der Überzeugung sind,

dass Fraktionsvorsitz und Parteivorsitz in eine Hand gehören.

Das hat Ralph Brinkhaus anders gesehen.

Aber so ist jetzt die Entscheidung gefallen.

So hat Ralph Brinkhaus der Partei die nächste Schlammschlacht erspart.

Er hat der Partei die Schlammschlacht erspart

und für sich selbst eine gesichtswahrende Lösung gefunden.

Der Parteifrieden war da jetzt wichtiger.

An der Basis ist der große Wunsch, sich selbst zu disziplinieren.

Dafür waren die Wahlergebnisse auch zu eindeutig.

März wird aber auch auf die zugehen müssen,

die er mit der Entscheidung verprellt hat.

Was passiert jetzt mit Brinkhaus?

Er wird Abgeordneter bleiben, wird sich auch einbringen.

Merz wird sich noch gut an diesen Moment erinnern,

als Angela Merkel dasselbe mit ihm getan hat.

Er weiß, wie Brinkhaus sich fühlen muss.

Der hat die Arbeit sehr gern gemacht.

Er hat 85 % bekommen, als er gewählt wurde.

Friedrich Merz wird gut daran tun, Brinkhaus einzubinden.

Er braucht den Zusammenhalt in der Fraktion.

Er kann jetzt großzügig sein.

Da wird er sich einen Weg überlegen.

Einschätzungen von Kristin Schwietzer.

Hunderte Kirchenmänner,

die sich an Kindern und Jugendlichen vergangen haben.

Tausendfacher Missbrauch, Vertuschung und ein Papst,

der zugibt, nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Neben diesem Papst steht ein Kleriker,

der wegen dieses ganzen Desasters schon mal hinschmeißen wollte.

Der Münchner Kardinal Marx hat heute persönliche Fehler eingeräumt,

sich einmal mehr entschuldigt bei den Opfern.

Angekündigt, dem behäbigen Koloss Kirche

Beine machen zu wollen bei den nötigen Reformen.

Konsequenzen zog er heute nicht.

Die ziehen dafür immer mehr andere. Irene Esmann.

Seit seiner Kindheit war Karl Schencking in der Pfarrei aktiv.

Jetzt zog er einen Schlussstrich.

Er ist ausgetreten aus der Katholischen Kirche.

Es geht um die spezielle Aufbereitung der Fälle,

wie das vertuscht wird - das war der Grund.

Und der Austritt fällt mir sehr schwer.

Wie Schencking geht es seit dem Gutachten zu Missbrauch

und Vertuschung offenbar vielen.

Wir haben 1000 Kirchenaustritte bescheinigt seit letztem Donnerstag.

Wir haben einen Andrang von 1500.

Doppelt bzw. dreimal so viel wie im vergleichbaren Zeitraum.

Die Katholische Kirche hat an Ansehen verloren.

Drastisch zeigt sich das an dem Ort, an dem heute Münchens Erzbischof

erstmals ausführlich Stellung bezog und Verantwortung übernahm.

Ich sehe hier v.a. administrative und kommunikative Versäumnisse.

Ich werfe mir in einem Fall vor,

nicht aktiv auf die Betroffenen zugegangen zu sein.

Der angesprochene Fall könnte Richard Kick sein.

Als Ministrant wurde er vor über 50 Jahren

von einem Priester sexuell missbraucht.

2010 vertraute er sich Kardinal Marx an.

Kick zeigt den Brief, den er damals bekam

und zitiert Marx mit dem Versprechen:

"... dass der Schmerz derjenigen, die misshandelt wurden

im Vordergrund unserer Wahrnehmung und Aufmerksamkeit steht."

Das steht da, vom 28. April 2010.

Seitdem ist viel Zeit vergangen.

Und niemand hat sich mehr gemeldet.

Richard Kick schrieb dem Kardinal in dieser Woche einen offenen Brief.

Er fordert, dass mit den Opfern endlich anders umgegangen wird.

Und auch eine angemessene finanzielle Entschädigung.

Es gibt viele Betroffene, die finanziell schwierige Zeiten hatten,

keine Altersversorgung haben, von Hartz IV leben.

Weil sie ihr Leben nicht auf die Reihe gebracht haben.

Das, was jetzt angeboten wurde, sind allerhöchstens Almosen.

Als überfällig bezeichneten die Betroffenen eine Personalie.

Prälat Lorenz Wolf, Leiter des Kirchengerichts im Erzbistum,

lässt vorläufig alle Ämter ruhen.

Ihm werfen die Gutachter Fehlverhalten in zwölf Fällen vor.

Kardinal Marx bot seinen Rücktritt erst einmal nicht an, erklärte aber:

Ich klebe nicht an meinem Amt.

In einer synodalen Kirche

werde ich diese Entscheidung nicht mit mir alleine ausmachen.

Viel war heute die Rede von einer synodalen,

weniger hierarchischen Kirche.

Von einer Erneuerung, um den Missbrauch aufzuarbeiten.

Beim katholischen Reformprozess "Synodaler Weg"

arbeitet Gudrun Lux mit - und dämpft die Erwartungen.

Was sich ändert, ist in der Hand der Bischöfe.

Wenn wir dabei bleiben, dass wir Papiere schreiben,

wird sich nichts ändern.

Und womöglich der Exodus aus der Katholischen Kirche

nicht mehr zu stoppen sein.

Kardinal Marx und was er jetzt tun muss.

Die Meinung von Tilmann Kleinjung (BR).

Es war der katholische Buß-Ritus: der Auftritt von Kardinal Marx.

Einsicht in die persönliche Schuld, Reue und Umkehr.

Marx hat sein Versagen eingestanden.

Er hat dafür um Entschuldigung gebeten -

so aufrichtig, wie kaum ein Bischof vor ihm.

Und er hat Besserung gelobt.

Nur an Rücktritt denkt er nicht.

Ich verstehe den Ärger über diese Entscheidung.

So entsteht der Eindruck: Wir machen weiter wie bisher.

Dabei hat Kardinal Marx das Gegenteil angekündigt: Umkehr.

Er will einen Perspektivwechsel einleiten.

Nehmen wir ihn beim Wort.

Zu lange hat die Kirche den Missbrauchsskandal

aus der Perspektive der Institution betrachtet.

Nicht durch die Brille der Betroffenen.

Wenn Marx es ernst meint, hätte er die unwürdige Salami-Taktik

seines Vorvorgängers Ratzinger deutlicher kritisieren dürfen.

In den Einlassungen des 94-jährigen Ex-Papstes

scheint die alte Perspektive noch durch.

Die ist v.a. auf die Reputation der Kirche und ihrer Ämter bedacht.

Ja kein Flecken auf der weißen Soutane.

Wenn es dem Münchner Erzbischof ernst ist damit,

sich auf die Seite der Opfer zu stellen:

Dann muss er die Entschädigungspraxis der Kirche ändern.

Denn in den wenigsten Fällen

entschädigt die Kirche im Moment unbürokratisch und großzügig.

Viele Betroffene

empfinden das Verfahren als erneut traumatisierend.

Und Kardinal Marx muss sich ernsthaft auf die Suche machen nach Opfern,

auf die die Verfasser des Gutachtens noch nicht gestoßen sind.

Er muss aktiv nach denen suchen, die sich noch nicht gemeldet haben.

Die Aufarbeitung so eines Skandals nach Aktenlage ist unangemessen.

Wenden wir uns der Corona-Pandemie zu.

An den Tag, als vor zwei Jahren

bei uns die erste Infektion mit dem Coronavirus gemeldet wurde.

Seither haben wir schmerzlich erfahren,

wie verletzlich die Menschheit ist.

Und gesehen, wie schnell Impfstoffe zugelassen wurden.

Und wie Mediziner und Krankenschwestern

sich in den Kliniken um die Kranken kümmerten.

Die Zeit führte uns aber auch vor Augen,

dass die Politik die Digitalisierung im Gesundheitswesen gerne beschwört.

In Gesundheitsämtern und Krankenhäusern

bleibt das papierfreie Arbeiten aber bis heute ein Wunsch.

Das Gerät sagt Papierstau - ich freu mich.

Susanne Kneitschel

muss täglich neue Corona-Infektionen an das Gesundheitsamt melden.

Per Fax.

Die Hygienefachschwester ist im Jüdischen Krankenhaus Berlin

eigentlich für Infektionsprävention zuständig.

Doch ein großer Teil ihrer Arbeit besteht seit Monaten darin,

aus digitalen Daten analoge Faxe zu machen.

Es ist ja gar nicht mehr vorgesehen zu faxen.

Ich hab kein Faxgerät im Büro, sondern ich suche mir dann eins.

Drei Stockwerke runter, über den Krankenhauscampus

in das Patientengebäude, drei Stockwerke hoch.

Für nur eine Meldung.

Susanne Kneitschel läuft diesen Meldeweg mehrfach am Tag.

Ich habe einen Fitnesstracker.

Man soll ja immer 10.000 Schritte laufen.

Das habe ich um zwölf.

Kneitschel ist schnell, das Faxgerät nicht.

Die Meldeinformationen sind vertraulich.

Deshalb muss die Schwester auf die Faxbestätigung warten.

Ein Aufwand, der mit einem Klick, einer Mail, überflüssig wäre.

Allerdings lässt das Gesundheitsamt aufgrund von Datenschutz

Meldungen per Mail nicht zu.

So kommen jeden Tag

bis zu 1,5 Stunden zusätzliche Arbeit zusammen.

Und das seit Pandemiebeginn.

Kneitschels eigentliche Aufgabe ist eine andere.

Ich bin jeden Tag einmal auf der Intensiv

und gucke mir Patienten an.

Wir machen normale Besprechungen,

ob Patienten einen multiresistenten Erreger erworben haben

oder im Krankenhaus eine Lungenentzündung bekommen haben -

durch die Beatmung.

Diese Arbeit auf der Intensivstation

wird durch die analogen Meldungen an das Gesundheitsamt beeinträchtigt.

Kneitschel macht Überstunden.

Tatsächlich hänge ich im Moment viel Zeit hinten dran.

Aber die ITS liegt mir am Herzen, und die Zeit muss dann sein.

Und die Faxe müssen dann eben warten.

Susanne Kneitschel wartet auf mehr Digitalisierung,

auf eine Alternative zum Faxen.

Die soll allerdings erst in den nächsten Monaten kommen.

Im dritten Jahr der Pandemie.

Neben der Corona-Impfung gibt es in Europa vermutlich bald

ein weiteres medizinisches Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

Damit beginnen die Nachrichten.

Die europäische Arzneimittelagentur hat den Weg

für ein neues Anti-Covid-Medikament in der EU freigemacht.

Das erste in Tablettenform.

Die EMA empfiehlt eine Zulassung von Paxlovid.

Die Zustimmung der EU-Kommission gilt als Formsache.

Laut Gesundheitsminister Lauterbach

eignet sich Paxlovid besonders für ungeimpfte Risikopatienten.

Das Mittel des US-Herstellers Pfizer

soll schwere Verläufe nach einer Corona-Infektion verhindern.

Deutschland hat eine Million Packungen bestellt.

Facebook kann Nutzer mit älteren Mitgliedskonten nicht dazu zwingen,

im Profil ihre echten Namen zu verwenden.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs

gilt das für Registrierungen vor Ende Mai 2018.

Facebook hatte die Konten zweier Kläger gesperrt,

die Pseudonyme nutzten.

Das Netzwerk begründet seine Klarnamenpflicht damit,

dass die Hemmschwelle für Hass und Mobbing dann höher sei.

Russland hat mit Zurückhaltung

auf das Dialog-Angebot der NATO und der USA reagiert.

Außenminister Lawrow kritisierte, dass die russische Forderung

nach Sicherheitsgarantien unbeantwortet geblieben sei.

Weitere Gespräche schloss er allerdings nicht aus.

Russland fordert vom Westen

eine Garantie für ein Ende der NATO-Osterweiterung.

In einem Telefonat von US-Präsident Biden

und seinem ukrainischen Amtskollegen ging es u.a. um finanzielle Hilfen.

Die Deutsche Bank hat 2021 trotz hoher Kosten für den Konzernumbau

den höchsten Gewinn seit zehn Jahren erzielt.

Nach Angaben des Geldinstituts

lag der Nettogewinn bei 1,9 Mrd. Euro.

Einzelheiten dazu von Anja Kohl.

Alle Geschäftsbereiche, Investmentbanking,

das Firmenkunden- und Privatkundengeschäft

und die Fondstochter DWS, trugen zum Erfolg bei.

Das Investmentbanking steuert weiter den Löwenanteil zum Gewinn bei.

Bezahlt wurde dies

mit deutlich höheren Gehältern für die Investmentbanker.

Um die buhlen andere Großbanken.

1,5 Mrd. Euro haben zudem der Umbau

inklusive weiterem Abbau von Stellen gekostet.

Dennoch erzielte die Deutsche Dank einen Gewinn von knapp 2 Mrd. Euro.

Ein großer Sprung zum Vorjahr,

als der Gewinn auch schon bei 113 Mio. Euro lag.

97 % aller Kosten des Umbaus seien nun verbucht.

Heißt: Der Umbau steht vor dem Abschluss.

Nach drei Jahren Nullrunde

sollen die Aktionäre wieder eine Dividende bekommen.

Es sieht nach heiler Welt aus.

Die allerdings den Makel hat, von früher zu sein.

Skispringer auf dem Flug ins Tal.

Unten jubeln ihnen dichtgedrängt tausende Zuschauer entgegen.

Es gibt nicht viele Großschanzen in Deutschland,

im Sauerland steht die größte der Welt.

Aber wenn dort gesprungen und geflogen wird,

guckt vielleicht noch der Chef der Schneekanonen zu.

Im Ort, der sonst für manch Partysause berüchtigt war,

bleibt die Bar meist geschlossen.

Sebastian Kisters war mittendrin im nordhessischen Willingen,

um zu sehen, wie Absprung und Neustart gelingen.

Als Willingen heute aufwacht,

müssen die Menschen eigentlich traurig sein.

An der Schanze laufen letzte Vorbereitungen

fürs Weltcupspringen am Wochenende.

Tausende Zuschauer müssen aber wieder draußen bleiben.

Corona.

Wer an diesem Wintertag jedoch mit Willingern spricht,

spürt Aufbruch statt Resignation.

Sobald der Schnee geschmolzen ist, werden sie an der Schanze

die längste Hängebrücke der Welt übers Tal bauen.

Wir rechnen mit 100.000 Besuchern im Jahr.

Im Sommer etwas mehr, im Winter weniger.

Wir hoffen auf mehr Tagestouristen, aber auch mehr Übernachtungen.

Ein Blick zurück: Im April 2020 stand Willingen still.

6000 Einwohner, 10.000 Gäste-Betten, ohne Touristen.

Willingen spürte:

Wenn der Berg nicht mehr ruft, wird es still im Tal.

Vorbei - Willingen investiert.

Es kam die Grundidee, diese Brücke zu bauen.

Hier investiert kein Großinvestor.

Das sind örtliche Bürger und Unternehmer,

die ihr Geld zusammentun und investieren.

Das ist Risikokapital, aber es dient dem großen Ganzen.

Dass Touristen nach Willingen geholt werden,

dass die Gäste glücklich sind.

Ums Geldverdienen geht es erst an zweiter Stelle.

Gemeinsam für den Tourismus.

Mit den Liften am Ettelsberg ist es ähnlich.

Sie gehören 78 Gesellschaftern aus der Region.

Dieser Tage fahren nicht viele auf Willingen ab.

An Wochenenden ist mehr los.

Und dann kommt der Sommer, und die Mountainbiker.

Die Spezial-Sessel warten schon.

Wir haben an den Sesseln hinten Spangen.

Da kommen die Vorderräder der Bikes rein.

Der Radfahrer geht entspannt zum hinteren Sessel,

setzt sich rein, schaut seinem Rad hinterher.

Dann fährt er mit der zweiten Kabine hinterher

und kann oben in die 3 km Bike-Strecken starten.

Willingen und Nachbargemeinden planen weitere Mountainbike-Strecken.

Der Boom auf zwei Rädern

soll hier dauerhaft ein zu Hause finden.

Wir haben entschieden: Investieren Ja.

Aber: Wir brauchen den Sommer, das Ganzjahresgeschäft.

Dafür haben wir 15 Mio. investiert.

Da gehört der Sommer dazu, und das macht richtig Spaß.

In der nordwestlichen Ecke Hessens, im Sauerland,

schauen viele Menschen optimistisch in die Zukunft.

Auch die Gemeinde Willingen investiert

und baut für 31 Mio. Euro ein neues Hallenbad.

Baukräne wie Ausrufezeichen.

Corona? Es geht weiter!

Der letzte Sommer habe das gezeigt, erzählt der Tourismus-Chef.

Ab Juli waren wir deutlich über Vor-Corona-Niveau.

Das zeigt: Wir sind nachgefragt.

Familien, Wanderer, Aktivsportler, die Radler, die Mountainbiker:

Das sind Zielgruppen, die vermehrt Willingen wahrnehmen

und auch wiederkommen.

So der Plan.

In der Corona-Krise haben Menschen die Heimat entdeckt.

Sie sollen wiederkommen.

Willingen bereitet sich vor.

Und täglich grüßt das usselige Winterwetter.

Claudia.

Ich würde gerne Sonne pur versprechen.

Ein bisschen Sonne wird dabei sein.

In den nächsten Tagen ist die Sonne dabei.

Morgen im Norden noch am ehesten.

Der Samstag wird für die meisten trüb.

Am Sonntag 4-6 Stunden Sonne.

Das Wetter mit Nebel und Hochnebel verschwindet jetzt,

es kommen Tiefs.

Auf dem Radar sehen Sie den Regen, der aus Norden kommen.

Oberhalb von 300 Metern ist Schnee dabei.

Der Regen kam weiter nach Süden und Südosten voran.

In der Nacht einzelne Gewitter.

Sonst Schneeregen und Regen.

An der Nordsee und Ostsee kräftige Windböen.

Zum Teil Sturmböen.

Morgen beruhigt sich das ein bisschen.

Danach kommt noch ein Schwall milder Luft.

Es wird stürmisch an der Küste und auf den Bergen.

Es kann orkanartige Böen geben.

Am Sonntag auch windig mit sonnigen Abschnitten.

Die Temperaturen gehen runter.

Vielen Dank, Claudia.

Hier macht Dieter Nuhr weiter.

Das nachtmagazin mit Anna Planken meldet sich um 0.05 Uhr.

Und wir uns morgen wieder. Bis dann.

Copyright Untertitel: NDR 2022


tagesthemen 27.01.2022, 22:15 Uhr - Gedenken im Bundestag: Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz tagesthemen 27.01.2022, 22:15 - Commemoration in the Bundestag: anniversary of the liberation of the Auschwitz extermination camp tagesthemen 27.01.2022, 22:15 - Памятные мероприятия в Бундестаге: годовщина освобождения лагеря уничтожения Аушвиц

Hier ist das Erste Deutsche Fernsehen mit den tagesthemen. Here is the First German Television with the tagesthemen.

Diese Sendung wurde vom NDR live untertitelt (27.01.2022) This program was subtitled live by NDR (27.01.2022)

Heute im Studio: Caren Miosga

Guten Abend.

Was hier so hässlich auf die Wand geschmiert ist, What is so ugly smeared on the wall here,

sagt leider viel über das Deutschland der Gegenwart. unfortunately says a lot about contemporary Germany.

Darüber, dass Beleidigungen und Attacken auf Juden About the fact that insults and attacks against Jews

immer mehr zunehmen. increase more and more.

Und darüber, warum es wichtig ist, And about why it matters,

daran zu erinnern, was heute vor 77 Jahren geschah.

Am Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz

mahnen und gedenken Politiker der Opfer des Nationalsozialismus.

Doch, um zu verstehen, was die Nazis den Menschen angetan haben,

braucht es die Stimmen derer, die diese Zeit überlebt haben.

Der Rücken spielt nicht mit. The back doesn't play along.

Aber das konnte Inge Auerbacher nicht davon abhalten, But that couldn't stop Inge Auerbacher from

von New York nach Berlin zu reisen. to travel from New York to Berlin.

Den Toten, v.a. den toten Kindern eine Stimme zu geben,

gibt der 87-Jährigen Kraft.

Sieben ist sie, als sie mit den Eltern

ins KZ Theresienstadt deportiert wird.

Unser Spielplatz war ein faul riechender Abfallhaufen.

Hier wühlten wir stundenlang herum und hofften, einen Schatz zu finden.

Halb verfaulte Rüben und Kartoffelschalen,

bei denen man noch einen essbaren Schnitz abschneiden konnte.

Die Abgeordneten hören die Geschichte von Ruth,

dem kleinen Mädchen aus Berlin.

Ruth und ich waren wie Schwestern.

Wir versprachen, uns gegenseitig zu besuchen.

Sie nach Jebenhausen und ich nach Berlin. You to Jebenhausen and I to Berlin.

Liebe Ruth, dear Ruth,

ich bin hier in Berlin, um dich zu besuchen! I'm here in Berlin to visit you!

Ruth und ihre Eltern wurden ermordet in einer Gaskammer in Auschwitz.

Es bleibt das Grauen, das nicht vergeht. The horror that does not go away remains.

Inge Auerbacher klingt nicht bitter, Inge Auerbacher does not sound bitter,

aber das muss sie den Deutschen schon sagen: but she has to tell the Germans that:

Leider ist dieser Krebs wieder erwacht. Unfortunately, this cancer has resurrected.

Judenhass ist in vielen Ländern, auch in Deutschland, Hatred of Jews is widespread in many countries, including Germany

wieder alltäglich. everyday again.

Wachsam und wehrhaft sein gegen aufkeimenden Judenhass, Be vigilant and defensive against burgeoning hatred of Jews,

niemals vergessen. never forget.

Darin erinnert auch Mickey Levy, In it, Mickey Levy also recalls,

der Präsident des israelischen Parlaments.

Als er das Totengebet spricht, versagt ihm die Stimme. When he says the prayer for the dead, his voice fails.

An diesem Ort, wo die Menschheit die Grenzen des Bösen gedehnt habe, In this place where humanity has stretched the boundaries of evil,

muss das Erinnern besonders schmerzen. remembering must be particularly painful.

Levy sucht Trost in der Umarmung Levy seeks comfort in the embrace

der Holocaustüberlebenden Inge Auerbacher. Holocaust survivor Inge Auerbacher.

Ihr gebührt das letzte Wort. You have the last word.

Ich schließe mit einem Herzenswunsch. I close with a heart's desire.

Menschenhass ist etwas Schreckliches.

Wir sind alle als Brüder und Schwestern geboren.

Mein innigster Wunsch ist die Versöhnung aller Menschen.

Sich versöhnen zu können,

heißt auch, zu wissen, was geschehen ist.

Doch es werden immer weniger, die davon erzählen können.

Deshalb machen sich Museen, Gedenkstätten, Stiftungen Gedanken,

wie wir diese Geschichten bewahren können.

Eine Idee:

Der Dialog mit dem Hologramm eines Holocaust-Überlebenden.

Was ist mit Ihrer Familie geschehen?

Leider hat von meinen engsten Angehörigen niemand überlebt.

Meine Eltern und meine Schwester, wurden an dem Tag ermordet,

an dem wir im KZ Majdanek ankamen.

Nach dem Krieg fand ich heraus:

Von den 150 Menschen aus meiner erweiterten Familie

haben vier Cousinen und Cousins überlebt.

Die Idee stammt aus den USA.

Wie die Jüngeren sich mit NS-Verbrechen auseinandersetzen

und welche Pläne es in Gedenkstätten gibt - Sebastian Grosser.

Es sind junge Menschen,

deren Fotos von einem unbeschwerten Leben erzählen.

Bevor sie Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Junge Menschen wie die Berufsschüler aus dem nahen Schwandorf.

Das ist Teil meiner Geschichte, ob ich will oder nicht.

Ich muss mich damit auseinandersetzen.

Ich muss wissen, dass so was verhindert werden kann

und nie wieder passiert.

Das Interesse der Jugendlichen ist da.

Die Frage ist: Wie geht man mit der Neugierde um?

KZ-Gedenkstätten wie Flossenbürg müssen neue Wege ausprobieren.

Zumal bald keine Zeitzeugen mehr leben.

Ehemalige Häftlinge

haben als Zeitzeugen oft große Empathie ausgelöst.

Man hat ihnen zugehört, sie waren der Beweis.

Allein, dass sie noch da saßen,

dass die Geschichte sich ereignet hat.

Dass sie durch Glück und Zufälle den Lagern entronnen sind.

Das ist ein großer Wert, der nicht ersetzbar ist.

Ein Weg, ihre Botschaft lebendig zu halten, kommt aus den USA.

In den dortigen Holocaust-Memorials

werden schon länger interaktive Hologramme verwendet.

Can you tell us something about your family?

I was extremly close to my family.

Antworten, die nachdenklich stimmen.

Doch kann es den Schrecken der Konzentrationslager

auch vermitteln?

Vielleicht auch nur der auf einem Handzettel gekritzelte Tagesablauf.

Vielleicht sagt der mehr aus als die Illusion,

einen ewigen Zeitzeugen immer befragen zu können.

Die Gedenkstätte Flossenbürg

verschließt sich dem digitalen Fortschritt aber nicht. is not closed to digital progress.

Auf dem Social-Media-Kanal TikTok

erzählen ehemalige KZ-Häftlinge von ihrem Schicksal.

Auch thematisch setzt die Gedenkstätte neue Schwerpunkte.

Ein Thema: In Konzentrationslagern wie Flossenbürg

wurden auch Homosexuelle verschleppt.

Wie andere Häftlinge mussten sie im Steinbruch arbeiten,

unter schlimmsten Bedingungen - bis zum Tod.

Die Berufsschüler

wollen sich speziell mit dem Thema auseinandersetzen.

Sie erarbeiten ein Theaterprojekt.

Hass gegen Homosexuelle ist auch heute noch ein Thema.

Das ist noch stark vorhanden.

Ich kenne Leute, die unter anderen Sexualitäten leben.

Die trauen sich nicht, das zu sagen,

weil sie wissen nie, von wem sie dann verachtet werden. because you never know who will despise you.

Es sind diese persönlichen Zugänge, It is these personal approaches

die die Nazi-Verbrechen in Erinnerung rufen.

Eine Pflicht zu einem KZ-Besuch sei nicht notwendig,

sagt der Gedenkstättenleiter.

Obwohl der Eindruck unersetzbar sei. Although the impression is irreplaceable.

Jetzt ist es so eine friedliche Winterruhe, Now it's such a peaceful winter rest,

die aber eine komische Spannung aufbaut. which builds up a strange tension.

'ne Spannung des Unerklärlichen, des Reinziehens, des Befremdens. A tension of the inexplicable, of being drawn in, of being alienated.

Diese Spannung kann man nur an diesen Orten erleben. This tension can only be experienced in these places.

Immerhin: After all:

In Zeiten, in der man von einer gespaltenen Gesellschaft redet, In times when there is talk of a divided society,

kommen wieder mehr Besucher in KZ-Gedenkstätten wie Flossenbürg. more visitors come to concentration camp memorials like Flossenbürg.

Anna Staroselski ist Präsidentin der jüdischen Studierendenunion. Anna Staroselski is President of the Jewish Student Union.

Sie ist 27, studiert Geschichte und ist im Deutschen Bundestag

wissenschaftliche Mitarbeiterin für Linda Teuteberg (FDP).

Guten Abend, Frau Staroselski. Guten Abend.

Was denken Sie:

Sollte jeder Schüler einmal eine KZ-Gedenkstätte besucht haben?

Sollte dies gar verpflichtend sein?

Unbedingt.

Es ist besonders wichtig,

diese Schreckenserfahrung lebendig zu halten.

Ein KZ-Besuch macht das möglich.

Die Lehrkräfte müssen dafür weiter sensibilisiert werden.

70 % der 18- bis 29-Jährigen fehlt inzwischen das Basiswissen,

was der Holocaust überhaupt war, sagt eine Studie.

Was braucht es, damit sich das ändert -

jenseits des Geschichtsunterrichts?

Es ist wichtig, den persönlichen Zugang weiter auszubauen.

Wir müssen über die Geschichten der Überlebenden weiter erfahren.

Wir müssen den Fokus von den Zahlen abkehren

und in die Schicksale hineingehen.

Die Nationalsozialisten wollten den Opfern ihre Identität nehmen.

Deshalb haben sie Nummern vergeben.

Der Fokus sollte auf den persönlichen Geschichten liegen.

Jeder dritte junge Mensch in Deutschland denkt antisemitisch.

Und gerade in der Pandemie tauchen wieder alte antisemitische Muster

und Verschwörungserzählungen auf.

Erleben Sie das auch im Alltag?

Das ist sehr schmerzhaft, zu sehen,

wie antisemitische Verschwörungs- erzählungen verbreitet werden.

Sie befinden sich mittlerweile auf einem Höchststand.

Das wäre ein Auftrag an die Bildung:

Verschwörungsmythen auch in die Lehrpläne aufzunehmen.

Darüber aufzuklären, was ist antisemitisch?

Wie erleben Sie das persönlich?

Sobald man sich sichtbar als jüdisch bekennt, As soon as one visibly professes to be Jewish,

ist man mit Beleidigungen konfrontiert. one is confronted with insults.

Ich bin auf der Straße viel achtsamer geworden. I've become a lot more careful on the street.

Ich bin vorsichtiger, worüber ich spreche. I'm more careful about what I talk about.

Das ist eine Entwicklung, This is a development

die man durchgehend in der jüdischen Community feststellen kann. that can be consistently observed in the Jewish community.

Am Holocaust-Gedenktag 2021 On Holocaust Remembrance Day 2021

fand die Auschwitz-Überlebende Esther Bejarano found the Auschwitz survivor Esther Bejarano

in unserer Rubrik "Meinung" sehr bewegende Worte. very moving words in our "opinion" section.

Hier ist ein Ausschnitt, Here is a snippet

in dem sie erzählte, was sie besonders schmerzte. in which she told what particularly hurt her.

Für uns ist es unerträglich, It's unbearable for us

wenn wieder Nazi-Parolen gebrüllt und Synagogen angegriffen werden. when Nazi slogans are shouted again and synagogues are attacked.

Wenn Todeslisten kursieren, When death lists circulate

wenn Rechtsextreme in Parlamenten sitzen. when right-wing extremists sit in parliaments.

Wiederholt sich die Geschichte? Does history repeat itself?

Esther Bejarano am 27.01.2021. Esther Bejarano on 01/27/2021.

Was geht Ihnen da durch den Kopf, Frau Staroselski? What's going through your head, Ms. Staroselski?

Was sie angesprochen hat, what she mentioned

ist genau die Problematik des Ansatzes is precisely the problem with the approach

im Kampf gegen Antisemitismus. in the fight against anti-Semitism.

Antisemitismus kommt von rechts, von links Anti-Semitism comes from the right, from the left

und aus der Mitte der Gesellschaft. and from the middle of society.

Auch aus Teilen der muslimischen Community. Also from parts of the Muslim community.

Das muss erkannt und bekämpft werden. This must be recognized and combated.

Mit dem Einzug der AfD in die Parlamente With the entry of the AfD into parliament

ist dieses Gedankengut am Puls der Demokratie festzustellen. this body of thought can be seen at the pulse of democracy.

Die AfD ist eine Partei, The AfD is a party

die menschenverachtendes Gedankengut toleriert. that tolerates inhuman ideas.

Das ist nicht wählbar. This is not selectable.

In einem Interview sagten Sie mal: In an interview you once said:

Juden sollten nicht die einzigen sein, die Antisemitismus bekämpfen. Jews should not be the only ones fighting anti-Semitism.

Was wünschen Sie sich von der Politik, von der Gesellschaft?

Ich möchte deutlich sagen:

Es reicht nicht, diesen performativen Akt zu verüben,

in dem man sagt, wir erinnern uns.

Auf die Versprechen müssen Taten folgen.

Rechtsextreme Kontinuitäten müssen klarer in den Blick genommen werden.

Der Rechtsstaat verpflichtet sich, seine Bürger zu schützen.

In vielen jüdischen Gemeinden ist die Situation so,

dass sie selbst für die Sicherheit zahlen müssen.

In dem Jahr,

in dem wir 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland feiern,

sind viele jüdische Senioren von Altersarmut betroffen.

Auch Juden sollen

von einem selbstbestimmten Leben in Deutschland profitieren können.

Appelle der Präsidentin der jüdischen Studierendenunion.

Danke für Ihre Zeit. Vielen Dank.

Ihn werden wir künftig nicht mehr so oft im Bundestag reden hören.

Denn Ralph Brinkhaus verzichtet auf den Fraktionsvorsitz der Union.

Und darauf, bei der Wahl des Postens gegen Friedrich Merz anzutreten.

Das hat er heute in einem Brief an die Fraktion mitgeteilt.

Platz machen nennt man das.

Für den Parteichef, der nun wohl im Bundestag For the party leader, who is now probably in the Bundestag

Chef der größten Oppositionsfraktion wird. leader of the largest opposition faction.

Damit konzentriert er alle Macht bei sich. In doing so, he concentrates all his power on himself.

Kristin Schwietzer, das kam jetzt holterdiepolter, Kristin Schwietzer, that came holterdiepolter,

aber nicht überraschend, oder? but not surprising, right?

Das war mit Ansage. That was with an announcement.

Das hat sich im Team Merz lange angedeutet. That has long been indicated in the Merz team.

Erst hat Merz sich Rückendeckung abgeholt. First Merz picked up support.

Zum einen bei der Mitgliederbefragung, On the one hand in the member survey,

zum anderen beim Parteitag. on the other hand at the party congress.

Unter vorgehaltener Hand war klar, dass es in diese Richtung geht. In secret, it was clear that this was the direction to go.

In einem persönlichen Gespräch mit Brinkhaus hat er das geklärt. He clarified that in a personal conversation with Brinkhaus.

Der hat das ungern freigegeben. He was reluctant to let it go.

Jetzt zieht er sich zurück. Now he is retiring.

Es war für viele keine Frage des Ob, sondern des Wann. For many it was not a question of if, but of when.

Auch weil sie der Überzeugung sind, Also because they are convinced

dass Fraktionsvorsitz und Parteivorsitz in eine Hand gehören. that parliamentary group chairmanship and party chairmanship belong in one hand.

Das hat Ralph Brinkhaus anders gesehen. Ralph Brinkhaus saw things differently.

Aber so ist jetzt die Entscheidung gefallen. But now the decision has been made.

So hat Ralph Brinkhaus der Partei die nächste Schlammschlacht erspart. This is how Ralph Brinkhaus saved the party from the next mud fight.

Er hat der Partei die Schlammschlacht erspart He spared the party the mud fight

und für sich selbst eine gesichtswahrende Lösung gefunden. and found a face-saving solution for himself.

Der Parteifrieden war da jetzt wichtiger. Party peace was more important now.

An der Basis ist der große Wunsch, sich selbst zu disziplinieren. At the base is the great desire to discipline oneself.

Dafür waren die Wahlergebnisse auch zu eindeutig. The election results were too clear for that.

März wird aber auch auf die zugehen müssen, But March will also have to approach those

die er mit der Entscheidung verprellt hat. whom he alienated with the decision.

Was passiert jetzt mit Brinkhaus? What happens to Brinkhaus now?

Er wird Abgeordneter bleiben, wird sich auch einbringen. He will remain a member of parliament and will also get involved.

Merz wird sich noch gut an diesen Moment erinnern, Merz will remember this moment well,

als Angela Merkel dasselbe mit ihm getan hat. when Angela Merkel did the same to him.

Er weiß, wie Brinkhaus sich fühlen muss. He knows how Brinkhaus must feel.

Der hat die Arbeit sehr gern gemacht. He really liked the work.

Er hat 85 % bekommen, als er gewählt wurde. He got 85% when he was elected.

Friedrich Merz wird gut daran tun, Brinkhaus einzubinden. Friedrich Merz will do well to involve Brinkhaus.

Er braucht den Zusammenhalt in der Fraktion. He needs cohesion in the group.

Er kann jetzt großzügig sein. He can be generous now.

Da wird er sich einen Weg überlegen. Then he will think of a way.

Einschätzungen von Kristin Schwietzer. Assessments by Kristin Schwietzer.

Hunderte Kirchenmänner, hundreds of churchmen,

die sich an Kindern und Jugendlichen vergangen haben. who have abused children and young people.

Tausendfacher Missbrauch, Vertuschung und ein Papst,

der zugibt, nicht die Wahrheit gesagt zu haben.

Neben diesem Papst steht ein Kleriker,

der wegen dieses ganzen Desasters schon mal hinschmeißen wollte.

Der Münchner Kardinal Marx hat heute persönliche Fehler eingeräumt,

sich einmal mehr entschuldigt bei den Opfern. once again apologized to the victims.

Angekündigt, dem behäbigen Koloss Kirche

Beine machen zu wollen bei den nötigen Reformen. Wanting to get going with the necessary reforms.

Konsequenzen zog er heute nicht.

Die ziehen dafür immer mehr andere. Irene Esmann.

Seit seiner Kindheit war Karl Schencking in der Pfarrei aktiv.

Jetzt zog er einen Schlussstrich.

Er ist ausgetreten aus der Katholischen Kirche. He left the Catholic Church.

Es geht um die spezielle Aufbereitung der Fälle, It is about the special processing of the cases,

wie das vertuscht wird - das war der Grund.

Und der Austritt fällt mir sehr schwer.

Wie Schencking geht es seit dem Gutachten zu Missbrauch

und Vertuschung offenbar vielen.

Wir haben 1000 Kirchenaustritte bescheinigt seit letztem Donnerstag.

Wir haben einen Andrang von 1500.

Doppelt bzw. dreimal so viel wie im vergleichbaren Zeitraum.

Die Katholische Kirche hat an Ansehen verloren.

Drastisch zeigt sich das an dem Ort, an dem heute Münchens Erzbischof

erstmals ausführlich Stellung bezog und Verantwortung übernahm.

Ich sehe hier v.a. administrative und kommunikative Versäumnisse.

Ich werfe mir in einem Fall vor,

nicht aktiv auf die Betroffenen zugegangen zu sein.

Der angesprochene Fall könnte Richard Kick sein.

Als Ministrant wurde er vor über 50 Jahren

von einem Priester sexuell missbraucht.

2010 vertraute er sich Kardinal Marx an.

Kick zeigt den Brief, den er damals bekam

und zitiert Marx mit dem Versprechen:

"... dass der Schmerz derjenigen, die misshandelt wurden

im Vordergrund unserer Wahrnehmung und Aufmerksamkeit steht."

Das steht da, vom 28. April 2010.

Seitdem ist viel Zeit vergangen.

Und niemand hat sich mehr gemeldet.

Richard Kick schrieb dem Kardinal in dieser Woche einen offenen Brief.

Er fordert, dass mit den Opfern endlich anders umgegangen wird.

Und auch eine angemessene finanzielle Entschädigung.

Es gibt viele Betroffene, die finanziell schwierige Zeiten hatten,

keine Altersversorgung haben, von Hartz IV leben.

Weil sie ihr Leben nicht auf die Reihe gebracht haben.

Das, was jetzt angeboten wurde, sind allerhöchstens Almosen.

Als überfällig bezeichneten die Betroffenen eine Personalie.

Prälat Lorenz Wolf, Leiter des Kirchengerichts im Erzbistum,

lässt vorläufig alle Ämter ruhen.

Ihm werfen die Gutachter Fehlverhalten in zwölf Fällen vor.

Kardinal Marx bot seinen Rücktritt erst einmal nicht an, erklärte aber:

Ich klebe nicht an meinem Amt.

In einer synodalen Kirche

werde ich diese Entscheidung nicht mit mir alleine ausmachen. I will not make this decision on my own.

Viel war heute die Rede von einer synodalen,

weniger hierarchischen Kirche.

Von einer Erneuerung, um den Missbrauch aufzuarbeiten.

Beim katholischen Reformprozess "Synodaler Weg"

arbeitet Gudrun Lux mit - und dämpft die Erwartungen.

Was sich ändert, ist in der Hand der Bischöfe.

Wenn wir dabei bleiben, dass wir Papiere schreiben,

wird sich nichts ändern.

Und womöglich der Exodus aus der Katholischen Kirche

nicht mehr zu stoppen sein.

Kardinal Marx und was er jetzt tun muss.

Die Meinung von Tilmann Kleinjung (BR).

Es war der katholische Buß-Ritus: der Auftritt von Kardinal Marx.

Einsicht in die persönliche Schuld, Reue und Umkehr.

Marx hat sein Versagen eingestanden. Marx has admitted his failure.

Er hat dafür um Entschuldigung gebeten -

so aufrichtig, wie kaum ein Bischof vor ihm.

Und er hat Besserung gelobt.

Nur an Rücktritt denkt er nicht.

Ich verstehe den Ärger über diese Entscheidung.

So entsteht der Eindruck: Wir machen weiter wie bisher.

Dabei hat Kardinal Marx das Gegenteil angekündigt: Umkehr.

Er will einen Perspektivwechsel einleiten.

Nehmen wir ihn beim Wort.

Zu lange hat die Kirche den Missbrauchsskandal

aus der Perspektive der Institution betrachtet.

Nicht durch die Brille der Betroffenen.

Wenn Marx es ernst meint, hätte er die unwürdige Salami-Taktik

seines Vorvorgängers Ratzinger deutlicher kritisieren dürfen.

In den Einlassungen des 94-jährigen Ex-Papstes

scheint die alte Perspektive noch durch.

Die ist v.a. auf die Reputation der Kirche und ihrer Ämter bedacht.

Ja kein Flecken auf der weißen Soutane.

Wenn es dem Münchner Erzbischof ernst ist damit,

sich auf die Seite der Opfer zu stellen:

Dann muss er die Entschädigungspraxis der Kirche ändern.

Denn in den wenigsten Fällen

entschädigt die Kirche im Moment unbürokratisch und großzügig.

Viele Betroffene

empfinden das Verfahren als erneut traumatisierend.

Und Kardinal Marx muss sich ernsthaft auf die Suche machen nach Opfern,

auf die die Verfasser des Gutachtens noch nicht gestoßen sind.

Er muss aktiv nach denen suchen, die sich noch nicht gemeldet haben.

Die Aufarbeitung so eines Skandals nach Aktenlage ist unangemessen.

Wenden wir uns der Corona-Pandemie zu.

An den Tag, als vor zwei Jahren

bei uns die erste Infektion mit dem Coronavirus gemeldet wurde.

Seither haben wir schmerzlich erfahren,

wie verletzlich die Menschheit ist.

Und gesehen, wie schnell Impfstoffe zugelassen wurden.

Und wie Mediziner und Krankenschwestern

sich in den Kliniken um die Kranken kümmerten.

Die Zeit führte uns aber auch vor Augen,

dass die Politik die Digitalisierung im Gesundheitswesen gerne beschwört.

In Gesundheitsämtern und Krankenhäusern

bleibt das papierfreie Arbeiten aber bis heute ein Wunsch.

Das Gerät sagt Papierstau - ich freu mich.

Susanne Kneitschel

muss täglich neue Corona-Infektionen an das Gesundheitsamt melden.

Per Fax.

Die Hygienefachschwester ist im Jüdischen Krankenhaus Berlin The hygiene nurse is in the Jewish Hospital Berlin

eigentlich für Infektionsprävention zuständig.

Doch ein großer Teil ihrer Arbeit besteht seit Monaten darin,

aus digitalen Daten analoge Faxe zu machen.

Es ist ja gar nicht mehr vorgesehen zu faxen.

Ich hab kein Faxgerät im Büro, sondern ich suche mir dann eins.

Drei Stockwerke runter, über den Krankenhauscampus

in das Patientengebäude, drei Stockwerke hoch.

Für nur eine Meldung.

Susanne Kneitschel läuft diesen Meldeweg mehrfach am Tag.

Ich habe einen Fitnesstracker.

Man soll ja immer 10.000 Schritte laufen.

Das habe ich um zwölf.

Kneitschel ist schnell, das Faxgerät nicht.

Die Meldeinformationen sind vertraulich.

Deshalb muss die Schwester auf die Faxbestätigung warten. So the nurse has to wait for the fax confirmation.

Ein Aufwand, der mit einem Klick, einer Mail, überflüssig wäre. An effort that would be superfluous with one click, one e-mail.

Allerdings lässt das Gesundheitsamt aufgrund von Datenschutz However, the health department allows due to data protection

Meldungen per Mail nicht zu. Messages by mail not accepted.

So kommen jeden Tag So come every day

bis zu 1,5 Stunden zusätzliche Arbeit zusammen. up to 1.5 hours of additional work together.

Und das seit Pandemiebeginn. And that since the beginning of the pandemic.

Kneitschels eigentliche Aufgabe ist eine andere. Kneitschel's actual task is different.

Ich bin jeden Tag einmal auf der Intensiv I'm in intensive care once a day

und gucke mir Patienten an. and look at patients.

Wir machen normale Besprechungen, We do normal meetings

ob Patienten einen multiresistenten Erreger erworben haben whether patients have acquired a multidrug-resistant pathogen

oder im Krankenhaus eine Lungenentzündung bekommen haben - or got pneumonia in the hospital -

durch die Beatmung. through the ventilation.

Diese Arbeit auf der Intensivstation

wird durch die analogen Meldungen an das Gesundheitsamt beeinträchtigt.

Kneitschel macht Überstunden.

Tatsächlich hänge ich im Moment viel Zeit hinten dran.

Aber die ITS liegt mir am Herzen, und die Zeit muss dann sein.

Und die Faxe müssen dann eben warten.

Susanne Kneitschel wartet auf mehr Digitalisierung,

auf eine Alternative zum Faxen.

Die soll allerdings erst in den nächsten Monaten kommen.

Im dritten Jahr der Pandemie.

Neben der Corona-Impfung gibt es in Europa vermutlich bald

ein weiteres medizinisches Mittel im Kampf gegen die Pandemie.

Damit beginnen die Nachrichten.

Die europäische Arzneimittelagentur hat den Weg

für ein neues Anti-Covid-Medikament in der EU freigemacht.

Das erste in Tablettenform.

Die EMA empfiehlt eine Zulassung von Paxlovid.

Die Zustimmung der EU-Kommission gilt als Formsache.

Laut Gesundheitsminister Lauterbach

eignet sich Paxlovid besonders für ungeimpfte Risikopatienten.

Das Mittel des US-Herstellers Pfizer

soll schwere Verläufe nach einer Corona-Infektion verhindern.

Deutschland hat eine Million Packungen bestellt.

Facebook kann Nutzer mit älteren Mitgliedskonten nicht dazu zwingen,

im Profil ihre echten Namen zu verwenden.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs

gilt das für Registrierungen vor Ende Mai 2018.

Facebook hatte die Konten zweier Kläger gesperrt,

die Pseudonyme nutzten.

Das Netzwerk begründet seine Klarnamenpflicht damit,

dass die Hemmschwelle für Hass und Mobbing dann höher sei.

Russland hat mit Zurückhaltung

auf das Dialog-Angebot der NATO und der USA reagiert.

Außenminister Lawrow kritisierte, dass die russische Forderung

nach Sicherheitsgarantien unbeantwortet geblieben sei.

Weitere Gespräche schloss er allerdings nicht aus.

Russland fordert vom Westen

eine Garantie für ein Ende der NATO-Osterweiterung.

In einem Telefonat von US-Präsident Biden

und seinem ukrainischen Amtskollegen ging es u.a. um finanzielle Hilfen.

Die Deutsche Bank hat 2021 trotz hoher Kosten für den Konzernumbau

den höchsten Gewinn seit zehn Jahren erzielt.

Nach Angaben des Geldinstituts

lag der Nettogewinn bei 1,9 Mrd. Euro.

Einzelheiten dazu von Anja Kohl.

Alle Geschäftsbereiche, Investmentbanking,

das Firmenkunden- und Privatkundengeschäft

und die Fondstochter DWS, trugen zum Erfolg bei. and the fund subsidiary DWS, contributed to the success.

Das Investmentbanking steuert weiter den Löwenanteil zum Gewinn bei. Investment banking continues to contribute the lion's share of profits.

Bezahlt wurde dies

mit deutlich höheren Gehältern für die Investmentbanker.

Um die buhlen andere Großbanken.

1,5 Mrd. Euro haben zudem der Umbau

inklusive weiterem Abbau von Stellen gekostet. including further job cuts.

Dennoch erzielte die Deutsche Dank einen Gewinn von knapp 2 Mrd. Euro.

Ein großer Sprung zum Vorjahr,

als der Gewinn auch schon bei 113 Mio. Euro lag.

97 % aller Kosten des Umbaus seien nun verbucht.

Heißt: Der Umbau steht vor dem Abschluss.

Nach drei Jahren Nullrunde

sollen die Aktionäre wieder eine Dividende bekommen.

Es sieht nach heiler Welt aus.

Die allerdings den Makel hat, von früher zu sein.

Skispringer auf dem Flug ins Tal.

Unten jubeln ihnen dichtgedrängt tausende Zuschauer entgegen.

Es gibt nicht viele Großschanzen in Deutschland,

im Sauerland steht die größte der Welt.

Aber wenn dort gesprungen und geflogen wird,

guckt vielleicht noch der Chef der Schneekanonen zu.

Im Ort, der sonst für manch Partysause berüchtigt war,

bleibt die Bar meist geschlossen.

Sebastian Kisters war mittendrin im nordhessischen Willingen, Sebastian Kisters was right in the middle of it in Willingen in North Hesse,

um zu sehen, wie Absprung und Neustart gelingen.

Als Willingen heute aufwacht,

müssen die Menschen eigentlich traurig sein.

An der Schanze laufen letzte Vorbereitungen

fürs Weltcupspringen am Wochenende.

Tausende Zuschauer müssen aber wieder draußen bleiben.

Corona.

Wer an diesem Wintertag jedoch mit Willingern spricht,

spürt Aufbruch statt Resignation.

Sobald der Schnee geschmolzen ist, werden sie an der Schanze

die längste Hängebrücke der Welt übers Tal bauen.

Wir rechnen mit 100.000 Besuchern im Jahr.

Im Sommer etwas mehr, im Winter weniger.

Wir hoffen auf mehr Tagestouristen, aber auch mehr Übernachtungen.

Ein Blick zurück: Im April 2020 stand Willingen still.

6000 Einwohner, 10.000 Gäste-Betten, ohne Touristen.

Willingen spürte:

Wenn der Berg nicht mehr ruft, wird es still im Tal.

Vorbei - Willingen investiert.

Es kam die Grundidee, diese Brücke zu bauen.

Hier investiert kein Großinvestor.

Das sind örtliche Bürger und Unternehmer,

die ihr Geld zusammentun und investieren.

Das ist Risikokapital, aber es dient dem großen Ganzen.

Dass Touristen nach Willingen geholt werden,

dass die Gäste glücklich sind.

Ums Geldverdienen geht es erst an zweiter Stelle.

Gemeinsam für den Tourismus.

Mit den Liften am Ettelsberg ist es ähnlich.

Sie gehören 78 Gesellschaftern aus der Region.

Dieser Tage fahren nicht viele auf Willingen ab.

An Wochenenden ist mehr los.

Und dann kommt der Sommer, und die Mountainbiker.

Die Spezial-Sessel warten schon.

Wir haben an den Sesseln hinten Spangen. We have buckles on the back of the chairs.

Da kommen die Vorderräder der Bikes rein.

Der Radfahrer geht entspannt zum hinteren Sessel,

setzt sich rein, schaut seinem Rad hinterher.

Dann fährt er mit der zweiten Kabine hinterher

und kann oben in die 3 km Bike-Strecken starten.

Willingen und Nachbargemeinden planen weitere Mountainbike-Strecken.

Der Boom auf zwei Rädern

soll hier dauerhaft ein zu Hause finden.

Wir haben entschieden: Investieren Ja.

Aber: Wir brauchen den Sommer, das Ganzjahresgeschäft.

Dafür haben wir 15 Mio. investiert.

Da gehört der Sommer dazu, und das macht richtig Spaß.

In der nordwestlichen Ecke Hessens, im Sauerland,

schauen viele Menschen optimistisch in die Zukunft.

Auch die Gemeinde Willingen investiert

und baut für 31 Mio. Euro ein neues Hallenbad.

Baukräne wie Ausrufezeichen.

Corona? Es geht weiter!

Der letzte Sommer habe das gezeigt, erzählt der Tourismus-Chef.

Ab Juli waren wir deutlich über Vor-Corona-Niveau.

Das zeigt: Wir sind nachgefragt.

Familien, Wanderer, Aktivsportler, die Radler, die Mountainbiker:

Das sind Zielgruppen, die vermehrt Willingen wahrnehmen

und auch wiederkommen.

So der Plan.

In der Corona-Krise haben Menschen die Heimat entdeckt.

Sie sollen wiederkommen.

Willingen bereitet sich vor.

Und täglich grüßt das usselige Winterwetter. And the blustery winter weather greets us every day.

Claudia.

Ich würde gerne Sonne pur versprechen.

Ein bisschen Sonne wird dabei sein.

In den nächsten Tagen ist die Sonne dabei.

Morgen im Norden noch am ehesten.

Der Samstag wird für die meisten trüb.

Am Sonntag 4-6 Stunden Sonne.

Das Wetter mit Nebel und Hochnebel verschwindet jetzt,

es kommen Tiefs.

Auf dem Radar sehen Sie den Regen, der aus Norden kommen.

Oberhalb von 300 Metern ist Schnee dabei.

Der Regen kam weiter nach Süden und Südosten voran.

In der Nacht einzelne Gewitter.

Sonst Schneeregen und Regen.

An der Nordsee und Ostsee kräftige Windböen.

Zum Teil Sturmböen.

Morgen beruhigt sich das ein bisschen.

Danach kommt noch ein Schwall milder Luft.

Es wird stürmisch an der Küste und auf den Bergen.

Es kann orkanartige Böen geben.

Am Sonntag auch windig mit sonnigen Abschnitten.

Die Temperaturen gehen runter.

Vielen Dank, Claudia.

Hier macht Dieter Nuhr weiter.

Das nachtmagazin mit Anna Planken meldet sich um 0.05 Uhr.

Und wir uns morgen wieder. Bis dann.

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