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YouTube | Y-Kollektiv - kurze Videodokumentationen und Reportagen, Auf der Flucht vor der Impfung: Geschäftsmodell Querdenker-Exil Paraguay | Y-Kollektiv (1/2)

Auf der Flucht vor der Impfung: Geschäftsmodell Querdenker-Exil Paraguay | Y-Kollektiv (1)

Keine Angst vor Viren oder Krankheiten.

Keine Impfpflicht.

Freundliche Menschen.

Friede und Glücklichsein.

Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Deutsche Corona-Skeptiker ziehen nach Paraguay.

Genau, das ist unser Haus!

Aber Insider warnen vor sektenähnlichen Kolonien.

Ich treffe deutsche Migranten auf der Flucht vor der Impfung.

Das ist einfach so unsere Mentalität in Deutschland.

Dass man immer den anderen so belehren muss irgendwo.

Und lerne ein Geschäftsmodell kennen,

das mit einem seltsamen Verständnis von Freiheit wirbt:

Bestimmte Themen, über welche man in Deutschland derzeit schweigt, werden hier offen besprochen.

Hallo, gibt es in Paraguay Swingerclubs, die von Deutschen betrieben werden?

Drei Monate recherchiere ich zu Querdenker-Aussteigern.

In Paraguay, da kann man für 500 Euro einen Auftragskiller anheuern.

Und lerne Menschen kennen, die vor allem eins gemeinsam haben: große Angst.

Seit anderthalb Jahren berichte ich über Corona-Verschwörungsmythen.

In diesem Sommer erzählen mir Sektenberater von einem neuen Trend: Hunderte Querdenker

verlassen gerade das Land – und ziehen in sektenähnliche Kolonien nach Paraguay, ein

kleines Land mitten in Südamerika, und eines der ärmsten dort.

Ich will herausfinden, ob das stimmt.

Und tatsächlich: In Facebookgruppen mit Namen wie Auswandern Paraguay und teilweise mehr

als 3000 Mitgliedern diskutieren Menschen, Deutschland zu verlassen.

Häufiger Grund: die Corona-Maßnahmen.

Nach vielen Absagen finde ich jemanden, der bereit ist, sich mit mir zu treffen.

Es ist Ende August.

Wir sind auf dem Weg ins Allgäu, zu Angelo.

Angelo ist einer von hunderten Impfskeptikern, die gerade ihre Ausreise aus Deutschland planen.

Schon auf der Fahrt fällt mir auf: Angelo und seine Familie leben in einer der schönsten

Gegenden Deutschlands.

Warum will man hier weg?

Schau mal hier, wie idyllisch, der Finkenweg.

Mit Apfelbäumen und kleinen Einfamilienhäusern.

Also ich glaub, ich würde hier nicht so gern wegziehen wollen.

Ich habe übrigens eine Tüte Brezeln mitgebracht.

Schließlich darf ich hier beim Auszug stören.

Hallo!

Hi.

Freut mich.

Das ist Julian, mein Kollege und Kameramann.

Hallo!

Angelo, seine Frau und der Sohn begrüßen mich.

Tochter und Schwiegermutter wandern auch mit aus.

In zwei Tagen geht der Flug.

Ist halt Chaos, aber...

Ja, das hab ich mir schon gedacht!

Ich hab mal ein paar Butterbrezeln mitgebracht, falls ihr Hunger habt.

Ich kann mir vorstellen, ihr seid gerade mega im Stress, oder?

Mit 15 Koffern und fünf mal Handgepäck plus Hund.

Wann kommt ihr in Paraguay an und habt wieder ein Zuhause?

Wir gehen ein bisschen blauäugig nach Paraguay, sag ich jetzt mal.

Da wir aber noch nicht genau wissen, wo wir als erstes hingehen,

haben wir noch nichts gebucht.

Wir werden uns vor Ort einfach mal ein Auto mieten und dann gucken, wo wir übernachten.

Spanisch spricht niemand in der Familie.

Und auch in Paraguay war keiner je zuvor.

Nicht mal in Lateinamerika.

Für mich unfassbar.

Was für ein Schritt!

Ich würde mich das ehrlich gesagt nicht trauen.

Erst mal zeigt Angelo mir die leere Wohnung.

Dann haben wir hier unser ehemaliges Schlafzimmer, jetzt behelfsmäßig.

Die Möbel hat er schon vor einer Woche im Schiffscontainer losgeschickt.

Für die Kinder scheint das ein großes Abenteuer zu sein – aber Angelo wirkt nervös.

Wie dann noch mein Kollege, mein ehemaliger Schulkollege, sich dann noch bei mir gemeldet hat,

und gesagt hat: Hey, ich hab gehört, du willst auswandern?

Teilen wir uns 'nen Container?

War das nochmal so ein Ansporn.

Wo ich gesagt habe: Hey, da ist noch jemand, der genauso denkt wie du.

Und der geht auch da runter, war noch nie da und nimmt seine Familie mit.

Und das hat nochmal Sicherheit gegeben.

Weil ich gedacht habe: Wir sind nicht die einzigen, die so verrückt denken. (lacht)

Die Entscheidung ist krasserweise erst vor zwei Monaten gefallen.

Allein in Angelos Bekanntenkreis gibt es also schon mal zwei Familien, die den Traum vom

Neuanfang in Südamerika verwirklichen.

Im Gespräch merke ich, dass Angelo schon länger vom deutschen Rechtsstaat enttäuscht

ist – Auslöser: ein Sorgerechtsstreit mit seiner Exfrau.

Im Vorgespräch erzählt er mir von zwei weiteren Gründen für's Auswandern:

Die Flüchtlingskrise und Corona.

Ich hab gemerkt, dass dieser Druck, der immer mehr aufgebaut aufgebaut worden ist.

Ich hab ja immer so ein Team mit 15, 20 Mitarbeitern.

Und am Anfang hieß es immer so, nein, wir lassen uns nicht impfen, wir sind dagegen.

Und ich hab gemerkt, wie so einer nach dem anderen gefallen ist mit seiner Meinung.

Angelo hat als Elektrotechniker in einem Pharmaunternehmen gearbeitet.

Ich hab mich auch mit vielen Kollegen unterhalten, die 'nen Doktortitel haben oder in der Pharmazie

irgendwelche Studiengänge hatten.

Und hab gesagt, hey wie steht ihr eigentlich zum Thema Impfen?

Und ich hab fast durchweg immer gehört: Nee, jetzt noch nicht.

Das ist einfach noch zu neu.

Und wir schieben es einfach noch.

Wir warten einfach ab, wir wollen einfach mehr Informationen haben,

bis wir uns impfen lassen.

Das klassische Argument, mehr Informationen. Obwohl es längst massenhaft Daten und Studien

zur Impfung gibt.

Ein paar Horrorgeschichten aus dem Bekanntenkreis zählen für die Familie mehr.

Ende Juni ist auch eine Kollegin von mir gestorben.

– An Covid?

– Nein.

Nach der zweiten Impfung.

– Nach der zweiten Impfung?

– Ja.

– Wirklich?

Was ist der passiert?

– Das weiß man nicht genau.

Und darf man ja auch nicht wissen, wahrscheinlich.

Darf man nicht wissen.

Da scheint Angelos Frau deutlich radikaler zu denken als er. Okay.

Das übliche Geraune vom Staat, der Informationen zurückhält.

Klassisches Querdenker-Argument.

Oder reißt er sich nur zusammen, wenn er mit mir spricht?

Um in Ruhe weiterzureden, gehen wir spazieren.

Und ich merke, dass Angelo sich hier schon lange gegängelt fühlt.

Vielleicht ist es einfach nur dieser Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Dass man einfach gesagt hat, hey, die Regel und die Regel.

Und die Mentalität einfach auch.

Dass man immer den anderen so belehren muss, irgendwo.

Und dort unten ist das halt einfach ein bisschen lockerer.

Das ist einfach dieses südamerikanische Temperament und Feeling, was einfach...

wo die Leute sagen, hey, so geht's doch auch!

Ohne dass man wirklich viele Probleme hat.

Kennst du denn Paraguayer, persönlich?

Äh, nee. (lacht)

Ich war übrigens schon mal in Paraguay – und von grenzenloser Freiheit

hab ich da nicht so viel gemerkt.

Ich fühle mich in Berlin jedenfalls 100 mal freier.

Aber ich merke, dass es Angelo noch um etwas anderes geht.

Er sagt, er fühle sich in Deutschland nicht mehr sicher.

Ja, wir hatten jetzt erst wieder einen Messerstecher,

der dann auf verschiedene Menschen losgegangen ist.

Das war ja auch vor kurzem in den Medien.

– Ach so, das war hier in Ravensburg?

– Ja, hier in Ravensburg am Marienplatz.

Am helllichten Tag.

Das war übrigens 2018, und der Mann, ein Geflüchteter, war psychisch krank.

Also, die Kriminalitätsrate in Paraguay ist jetzt nicht sehr viel niedriger als in Deutschland.

– Ja, das stimmt, ja. (lacht) Natürlich.

Also wie gesagt, da muss man schon auch umso mehr aufpassen.

Die Mordrate ist dort laut UN und BKA 24 mal höher als hier.

In Paraguay will die Familie übrigens

ein Restaurant für deutsch-ungarische Küche aufmachen.

Mich verwirrt der Besuch bei Angelo: Dieser super negative Blick auf Deutschland – und

der übertrieben rosarote Blick auf Paraguay.

Die meisten Informationen hat er von Facebook und Youtube.

Ich recherchiere weiter in den Gruppen.

Und merke: Das Auswandern ist auch ein Business.

Die Deutschen die schon dort leben, versuchen immer so ein bisschen,

die Neuankömmlinge anzuködern.

Und dann ist zwischendurch einfach Werbung für irgendein Restaurant in Asunción,

der Hauptstadt Paraguays.

Oder hier fragt einer: Hallo, gibt es in Paraguay Swingerclubs,

die von Deutschen betrieben werden?

Abgesehen davon gibt es Dutzende Influencer auf Youtube und Instagram, die mit Steuervorteilen

um Aussteiger werben, wie er hier.

Herzlich willkommen zu unseren Investorenreisen.

Oder er hier:

Bestimmte Themen, über welche man in Deutschland derzeit schweigt, werden hier offen besprochen.

Was er meint, wird klar, wenn man mal In dieTelegram-Kanäle der Aussteiger-Bubble schaut.

Das ist zum Beispiel das Ergebnis, wenn man in einer der größten Gruppen

nach dem Begriff Merkel sucht.

Frau Merkel hat sich in Paraguay ein riesengroßes Grundstück gekauft für ihre Ruheresidenz.

Fakt ist, dass Merkel 2019 von ihrem Privatkonto in der Schweiz 400 Millionen Euro nach Paraguay

auf ein Privatkonto umbuchen hat lassen.

Kennt ihr deren Ziel?

Reduzierung der Menschheit auf 500 Millionen und der Rest wird zum Roboter gemacht.

Außerdem stoße ich auf jede Menge Warnungen vor Abzockern, vor allem vor deutschen Kolonien.

Auf Facebook, aber auch beim Auswärtigen Amt.

Also hier steht ganz klar: Kaufen Sie nichts, was Sie nicht zuvor besichtig haben.

Prüfen Sie die Eigentumsverhältnisse vor dem Kauf ausreichend.

Vor allem die Kolonien scheinen echte Geldgruben zu sein.

Ich komme in Kontakt mit einem, der das Phänomen seit Jahren beobachtet –

und große Angst hat, erkannt zu werden.

Die sagen, sie verkaufen denen Grundstücke.

Aber nach paraguayischem Recht wird das Eigentum gar nicht überschrieben.

Die bescheißen im Prinzip alle Leute.

Und kein Mensch schreibt öffentlich was drüber.

Die Infos, die ich bekomme, erzählen mir die Leute teilweise nur am Telefon.

Die Leute da unten sind wirklich gefährlich.

Das ist ein Dritte-Welt-Land, und wer gegen die mächtigen Leute da vorgeht, der kann

mit rechtlichen Maßnahmen rechnen. (lacht) Und in Paraguay, da kann man für 500 Euro

einen Auftragskiller anheuern.

Einer der Menschen, auf die ich immer wieder stoße, ist er hier: Erwin Annau.

Ehemaliger Scientologe, erklärter Querdenker – und Gründer einer großen Kolonie.

Und die machen richtig professionell Werbung für das Auswandern nach Paraguay.

Warum?

Weil Deutsche dort noch respektiert werden.

Im Unterschied zu Deutschland haben die Deutschen in Paraguay einen hohen Stellenwort.

Man muss sich das mal vorstellen: Bei uns ist es so, je mehr du Migrant bist,

desto mehr Stellenwert hast du.

Dort ist es so, dass der Deutsche angesehen ist.

Wenn das für euch keinen Sinn ergibt – ich check's auch nicht.

Jedenfalls klingt das für mich nach sehr rechtem Gedankengut.

Ach ja, eines müssen die neuen Siedler natürlich mitbringen: Geld.

5000 Euro musst du deponieren.

Die kriegst du aber nach drei Monaten zurück.

Und dann kaufen die Leute ein Stück Land bei uns.

Das fängt ungefähr bei 14.000-15.000 Euro an.

Auf meine Interviewanfragen antwortet er leider nicht.

Aber auf der Webseite wirkt es so, als würde sein Geschäft seit Corona richtig brummen.

Leben wie früher, steht da.

Kein Mundschutz.

Keine Angst vor Viren oder Krankheiten.

Kein soziales Distanzieren.

Keine Impfpflicht.

Natürliche Heilmittel.

Freundliche Menschen.

Friede und Glücklichsein.

Es sieht alles ganz nett aus, und ganz freundlich.

Aber wenn man dann hier mal draufklickt, (lacht), Krisenherd Europa.

Und da wird dann schon sehr klar, was die eigentlich in Wahrheit wollen.

Migrationskrise.

Schlachtfeld Deutschland.

Der Islam – Gefahr für Europa: Die volle Ladung rechtspopulistischer Angstmache.

Zu den Coronamaßnahmen äußert sich der Gründer so:

Und während die meisten Europäer heute immer noch so einen Sundschmutz oder wie auch immer

das heißt, Pappenwindel oder Gesichtslappen vor dem Gesicht haben:

Unsere Kinder dürfen hier Kinder sein und spielen.

Und hoffentlich kommen eure Kinder auch bald!

Übrigens gelten in Paraguay derzeit ähnlich strikte Maßnahmen wie hier –

im öffentlichen Raum herrscht zum Beispiel Maskenpflicht.

Aber offenbar trifft Erwin Annau mit seinem Versprechen vom Leben wie früher einen Nerv.

Ich will wissen, was Familien durchmachen, deren Angehörige solchen Rufen folgen.

Und treffe mich mit Thomas.

Das ist nicht sein echter Name, aber er möchte hier anonym bleiben.

Denn sein Bruder hat sich vor ein paar Wochen nach Paraguay abgesetzt.

Und zwar mit seiner ganzen Familie.

Und: ohne Tschüss zu sagen.

Zum Treffen bringt er seine Tochter mit, die auch überrascht war von der spontanen Flucht.

Sechs Wochen ist das her.

Sie wollen unerkannt bleiben, weil sie Angst vor den Reaktionen der Querdenker-Bubble haben.

Kannst du beschreiben, wie diese Entfremdung zwischen deinem Bruder und deinem Teil der

Familie entstanden ist und wie die sich entwickelt hat?

Ja, ich denke es gab eine sehr regelmäßige, ich nenn's mal Missionierung.

Eine Verteilung von Material, von Artikeln,

von Themen aus einem speziellen politischen Spektrum.

Der Selbstmord Europa.

Fast täglich schickte der Bruder Links zu coronaskeptischen Artikeln und

rassistische Memes an die Familie.

Darunter zum Beispiel ein Standardwerk der Reichsbürgerszene.

Wenn das die Deutschen wüssten.

Ich vermute mal, dass das in Richtung Reichsbürger geht.

Bis hierhin hab ich diese Geschichte schon dutzendmal gehört –


Auf der Flucht vor der Impfung: Geschäftsmodell Querdenker-Exil Paraguay | Y-Kollektiv (1) On the run from the vaccine: business model for lateral thinkers in exile in Paraguay | Y-Kollektiv (1/2)

Keine Angst vor Viren oder Krankheiten.

Keine Impfpflicht.

Freundliche Menschen.

Friede und Glücklichsein.

Es klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Deutsche Corona-Skeptiker ziehen nach Paraguay.

Genau, das ist unser Haus!

Aber Insider warnen vor sektenähnlichen Kolonien.

Ich treffe deutsche Migranten auf der Flucht vor der Impfung.

Das ist einfach so unsere Mentalität in Deutschland.

Dass man immer den anderen so belehren muss irgendwo.

Und lerne ein Geschäftsmodell kennen,

das mit einem seltsamen Verständnis von Freiheit wirbt:

Bestimmte Themen, über welche man in Deutschland derzeit schweigt, werden hier offen besprochen.

Hallo, gibt es in Paraguay Swingerclubs, die von Deutschen betrieben werden?

Drei Monate recherchiere ich zu Querdenker-Aussteigern.

In Paraguay, da kann man für 500 Euro einen Auftragskiller anheuern.

Und lerne Menschen kennen, die vor allem eins gemeinsam haben: große Angst.

Seit anderthalb Jahren berichte ich über Corona-Verschwörungsmythen.

In diesem Sommer erzählen mir Sektenberater von einem neuen Trend: Hunderte Querdenker

verlassen gerade das Land – und ziehen in sektenähnliche Kolonien nach Paraguay, ein

kleines Land mitten in Südamerika, und eines der ärmsten dort.

Ich will herausfinden, ob das stimmt.

Und tatsächlich: In Facebookgruppen mit Namen wie Auswandern Paraguay und teilweise mehr

als 3000 Mitgliedern diskutieren Menschen, Deutschland zu verlassen.

Häufiger Grund: die Corona-Maßnahmen.

Nach vielen Absagen finde ich jemanden, der bereit ist, sich mit mir zu treffen.

Es ist Ende August.

Wir sind auf dem Weg ins Allgäu, zu Angelo.

Angelo ist einer von hunderten Impfskeptikern, die gerade ihre Ausreise aus Deutschland planen.

Schon auf der Fahrt fällt mir auf: Angelo und seine Familie leben in einer der schönsten

Gegenden Deutschlands.

Warum will man hier weg?

Schau mal hier, wie idyllisch, der Finkenweg.

Mit Apfelbäumen und kleinen Einfamilienhäusern.

Also ich glaub, ich würde hier nicht so gern wegziehen wollen.

Ich habe übrigens eine Tüte Brezeln mitgebracht.

Schließlich darf ich hier beim Auszug stören.

Hallo!

Hi.

Freut mich.

Das ist Julian, mein Kollege und Kameramann.

Hallo!

Angelo, seine Frau und der Sohn begrüßen mich.

Tochter und Schwiegermutter wandern auch mit aus.

In zwei Tagen geht der Flug.

Ist halt Chaos, aber...

Ja, das hab ich mir schon gedacht!

Ich hab mal ein paar Butterbrezeln mitgebracht, falls ihr Hunger habt.

Ich kann mir vorstellen, ihr seid gerade mega im Stress, oder?

Mit 15 Koffern und fünf mal Handgepäck plus Hund.

Wann kommt ihr in Paraguay an und habt wieder ein Zuhause?

Wir gehen ein bisschen blauäugig nach Paraguay, sag ich jetzt mal.

Da wir aber noch nicht genau wissen, wo wir als erstes hingehen,

haben wir noch nichts gebucht.

Wir werden uns vor Ort einfach mal ein Auto mieten und dann gucken, wo wir übernachten.

Spanisch spricht niemand in der Familie.

Und auch in Paraguay war keiner je zuvor.

Nicht mal in Lateinamerika.

Für mich unfassbar.

Was für ein Schritt!

Ich würde mich das ehrlich gesagt nicht trauen.

Erst mal zeigt Angelo mir die leere Wohnung.

Dann haben wir hier unser ehemaliges Schlafzimmer, jetzt behelfsmäßig.

Die Möbel hat er schon vor einer Woche im Schiffscontainer losgeschickt.

Für die Kinder scheint das ein großes Abenteuer zu sein – aber Angelo wirkt nervös.

Wie dann noch mein Kollege, mein ehemaliger Schulkollege, sich dann noch bei mir gemeldet hat,

und gesagt hat: Hey, ich hab gehört, du willst auswandern?

Teilen wir uns 'nen Container?

War das nochmal so ein Ansporn.

Wo ich gesagt habe: Hey, da ist noch jemand, der genauso denkt wie du.

Und der geht auch da runter, war noch nie da und nimmt seine Familie mit.

Und das hat nochmal Sicherheit gegeben.

Weil ich gedacht habe: Wir sind nicht die einzigen, die so verrückt denken. (lacht)

Die Entscheidung ist krasserweise erst vor zwei Monaten gefallen.

Allein in Angelos Bekanntenkreis gibt es also schon mal zwei Familien, die den Traum vom

Neuanfang in Südamerika verwirklichen.

Im Gespräch merke ich, dass Angelo schon länger vom deutschen Rechtsstaat enttäuscht

ist – Auslöser: ein Sorgerechtsstreit mit seiner Exfrau.

Im Vorgespräch erzählt er mir von zwei weiteren Gründen für's Auswandern:

Die Flüchtlingskrise und Corona.

Ich hab gemerkt, dass dieser Druck, der immer mehr aufgebaut aufgebaut worden ist.

Ich hab ja immer so ein Team mit 15, 20 Mitarbeitern.

Und am Anfang hieß es immer so, nein, wir lassen uns nicht impfen, wir sind dagegen.

Und ich hab gemerkt, wie so einer nach dem anderen gefallen ist mit seiner Meinung.

Angelo hat als Elektrotechniker in einem Pharmaunternehmen gearbeitet.

Ich hab mich auch mit vielen Kollegen unterhalten, die 'nen Doktortitel haben oder in der Pharmazie

irgendwelche Studiengänge hatten.

Und hab gesagt, hey wie steht ihr eigentlich zum Thema Impfen?

Und ich hab fast durchweg immer gehört: Nee, jetzt noch nicht.

Das ist einfach noch zu neu.

Und wir schieben es einfach noch.

Wir warten einfach ab, wir wollen einfach mehr Informationen haben,

bis wir uns impfen lassen.

Das klassische Argument, mehr Informationen. Obwohl es längst massenhaft Daten und Studien

zur Impfung gibt.

Ein paar Horrorgeschichten aus dem Bekanntenkreis zählen für die Familie mehr.

Ende Juni ist auch eine Kollegin von mir gestorben.

– An Covid?

– Nein.

Nach der zweiten Impfung.

– Nach der zweiten Impfung?

– Ja.

– Wirklich?

Was ist der passiert?

– Das weiß man nicht genau.

Und darf man ja auch nicht wissen, wahrscheinlich.

Darf man nicht wissen.

Da scheint Angelos Frau deutlich radikaler zu denken als er. Okay.

Das übliche Geraune vom Staat, der Informationen zurückhält.

Klassisches Querdenker-Argument.

Oder reißt er sich nur zusammen, wenn er mit mir spricht?

Um in Ruhe weiterzureden, gehen wir spazieren.

Und ich merke, dass Angelo sich hier schon lange gegängelt fühlt.

Vielleicht ist es einfach nur dieser Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.

Dass man einfach gesagt hat, hey, die Regel und die Regel.

Und die Mentalität einfach auch.

Dass man immer den anderen so belehren muss, irgendwo.

Und dort unten ist das halt einfach ein bisschen lockerer.

Das ist einfach dieses südamerikanische Temperament und Feeling, was einfach...

wo die Leute sagen, hey, so geht's doch auch!

Ohne dass man wirklich viele Probleme hat.

Kennst du denn Paraguayer, persönlich?

Äh, nee. (lacht)

Ich war übrigens schon mal in Paraguay – und von grenzenloser Freiheit

hab ich da nicht so viel gemerkt.

Ich fühle mich in Berlin jedenfalls 100 mal freier.

Aber ich merke, dass es Angelo noch um etwas anderes geht.

Er sagt, er fühle sich in Deutschland nicht mehr sicher.

Ja, wir hatten jetzt erst wieder einen Messerstecher,

der dann auf verschiedene Menschen losgegangen ist.

Das war ja auch vor kurzem in den Medien.

– Ach so, das war hier in Ravensburg?

– Ja, hier in Ravensburg am Marienplatz.

Am helllichten Tag.

Das war übrigens 2018, und der Mann, ein Geflüchteter, war psychisch krank.

Also, die Kriminalitätsrate in Paraguay ist jetzt nicht sehr viel niedriger als in Deutschland.

– Ja, das stimmt, ja. (lacht) Natürlich.

Also wie gesagt, da muss man schon auch umso mehr aufpassen.

Die Mordrate ist dort laut UN und BKA 24 mal höher als hier.

In Paraguay will die Familie übrigens

ein Restaurant für deutsch-ungarische Küche aufmachen.

Mich verwirrt der Besuch bei Angelo: Dieser super negative Blick auf Deutschland – und

der übertrieben rosarote Blick auf Paraguay.

Die meisten Informationen hat er von Facebook und Youtube.

Ich recherchiere weiter in den Gruppen.

Und merke: Das Auswandern ist auch ein Business.

Die Deutschen die schon dort leben, versuchen immer so ein bisschen,

die Neuankömmlinge anzuködern.

Und dann ist zwischendurch einfach Werbung für irgendein Restaurant in Asunción,

der Hauptstadt Paraguays.

Oder hier fragt einer: Hallo, gibt es in Paraguay Swingerclubs,

die von Deutschen betrieben werden?

Abgesehen davon gibt es Dutzende Influencer auf Youtube und Instagram, die mit Steuervorteilen

um Aussteiger werben, wie er hier.

Herzlich willkommen zu unseren Investorenreisen.

Oder er hier:

Bestimmte Themen, über welche man in Deutschland derzeit schweigt, werden hier offen besprochen.

Was er meint, wird klar, wenn man mal In dieTelegram-Kanäle der Aussteiger-Bubble schaut.

Das ist zum Beispiel das Ergebnis, wenn man in einer der größten Gruppen

nach dem Begriff Merkel sucht.

Frau Merkel hat sich in Paraguay ein riesengroßes Grundstück gekauft für ihre Ruheresidenz.

Fakt ist, dass Merkel 2019 von ihrem Privatkonto in der Schweiz 400 Millionen Euro nach Paraguay

auf ein Privatkonto umbuchen hat lassen.

Kennt ihr deren Ziel?

Reduzierung der Menschheit auf 500 Millionen und der Rest wird zum Roboter gemacht.

Außerdem stoße ich auf jede Menge Warnungen vor Abzockern, vor allem vor deutschen Kolonien.

Auf Facebook, aber auch beim Auswärtigen Amt.

Also hier steht ganz klar: Kaufen Sie nichts, was Sie nicht zuvor besichtig haben.

Prüfen Sie die Eigentumsverhältnisse vor dem Kauf ausreichend.

Vor allem die Kolonien scheinen echte Geldgruben zu sein.

Ich komme in Kontakt mit einem, der das Phänomen seit Jahren beobachtet –

und große Angst hat, erkannt zu werden.

Die sagen, sie verkaufen denen Grundstücke.

Aber nach paraguayischem Recht wird das Eigentum gar nicht überschrieben.

Die bescheißen im Prinzip alle Leute.

Und kein Mensch schreibt öffentlich was drüber.

Die Infos, die ich bekomme, erzählen mir die Leute teilweise nur am Telefon.

Die Leute da unten sind wirklich gefährlich.

Das ist ein Dritte-Welt-Land, und wer gegen die mächtigen Leute da vorgeht, der kann

mit rechtlichen Maßnahmen rechnen. (lacht) Und in Paraguay, da kann man für 500 Euro

einen Auftragskiller anheuern.

Einer der Menschen, auf die ich immer wieder stoße, ist er hier: Erwin Annau.

Ehemaliger Scientologe, erklärter Querdenker – und Gründer einer großen Kolonie.

Und die machen richtig professionell Werbung für das Auswandern nach Paraguay.

Warum?

Weil Deutsche dort noch respektiert werden.

Im Unterschied zu Deutschland haben die Deutschen in Paraguay einen hohen Stellenwort.

Man muss sich das mal vorstellen: Bei uns ist es so, je mehr du Migrant bist,

desto mehr Stellenwert hast du.

Dort ist es so, dass der Deutsche angesehen ist.

Wenn das für euch keinen Sinn ergibt – ich check's auch nicht.

Jedenfalls klingt das für mich nach sehr rechtem Gedankengut.

Ach ja, eines müssen die neuen Siedler natürlich mitbringen: Geld.

5000 Euro musst du deponieren.

Die kriegst du aber nach drei Monaten zurück.

Und dann kaufen die Leute ein Stück Land bei uns.

Das fängt ungefähr bei 14.000-15.000 Euro an.

Auf meine Interviewanfragen antwortet er leider nicht.

Aber auf der Webseite wirkt es so, als würde sein Geschäft seit Corona richtig brummen.

Leben wie früher, steht da.

Kein Mundschutz.

Keine Angst vor Viren oder Krankheiten.

Kein soziales Distanzieren.

Keine Impfpflicht.

Natürliche Heilmittel.

Freundliche Menschen.

Friede und Glücklichsein.

Es sieht alles ganz nett aus, und ganz freundlich.

Aber wenn man dann hier mal draufklickt, (lacht), Krisenherd Europa.

Und da wird dann schon sehr klar, was die eigentlich in Wahrheit wollen.

Migrationskrise.

Schlachtfeld Deutschland.

Der Islam – Gefahr für Europa: Die volle Ladung rechtspopulistischer Angstmache.

Zu den Coronamaßnahmen äußert sich der Gründer so:

Und während die meisten Europäer heute immer noch so einen Sundschmutz oder wie auch immer

das heißt, Pappenwindel oder Gesichtslappen vor dem Gesicht haben:

Unsere Kinder dürfen hier Kinder sein und spielen.

Und hoffentlich kommen eure Kinder auch bald!

Übrigens gelten in Paraguay derzeit ähnlich strikte Maßnahmen wie hier –

im öffentlichen Raum herrscht zum Beispiel Maskenpflicht.

Aber offenbar trifft Erwin Annau mit seinem Versprechen vom Leben wie früher einen Nerv.

Ich will wissen, was Familien durchmachen, deren Angehörige solchen Rufen folgen.

Und treffe mich mit Thomas.

Das ist nicht sein echter Name, aber er möchte hier anonym bleiben.

Denn sein Bruder hat sich vor ein paar Wochen nach Paraguay abgesetzt.

Und zwar mit seiner ganzen Familie.

Und: ohne Tschüss zu sagen.

Zum Treffen bringt er seine Tochter mit, die auch überrascht war von der spontanen Flucht.

Sechs Wochen ist das her.

Sie wollen unerkannt bleiben, weil sie Angst vor den Reaktionen der Querdenker-Bubble haben.

Kannst du beschreiben, wie diese Entfremdung zwischen deinem Bruder und deinem Teil der

Familie entstanden ist und wie die sich entwickelt hat?

Ja, ich denke es gab eine sehr regelmäßige, ich nenn's mal Missionierung.

Eine Verteilung von Material, von Artikeln,

von Themen aus einem speziellen politischen Spektrum.

Der Selbstmord Europa.

Fast täglich schickte der Bruder Links zu coronaskeptischen Artikeln und

rassistische Memes an die Familie.

Darunter zum Beispiel ein Standardwerk der Reichsbürgerszene.

Wenn das die Deutschen wüssten.

Ich vermute mal, dass das in Richtung Reichsbürger geht.

Bis hierhin hab ich diese Geschichte schon dutzendmal gehört –