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YouTube | Y-Kollektiv - kurze Videodokumentationen und Reportagen, Antirassismus-Demo in Berlin - Was Du gegen Rassismus tun kannst.

Antirassismus-Demo in Berlin - Was Du gegen Rassismus tun kannst.

Nein, ihr müsst nicht lauter machen. Das hier sind 8 Minuten und 46 Sekunden Stille

für George Floyd.

Einfach Mund zu, beide Ohren weit öffnen. Und einfach zuhören.

Denn nicht nur in den USA – auch in unserer Gesellschaft ist Rassismus zuhause. Was muss

eigentlich passieren, bis die ganze Gesellschaft gegen Rassismus einsteht?

Wenn ein Kumpel mal irgendein Witz macht über Schwarze, dass er sagt: „Hey: Nein man! Die Zeit ist vorbei.“

Und was bringen Protesthashtags und schwarze Bilder in den Sozialen Medien?

Natürlich muss man nicht nur einen schwarzen Square posten, sondern danach auch was machen. Und

Das als Anfang nehmen, um Rassismus zu sehen und zu bekämpfen.

Über Rassismus sprechen, ist unbequem. Aber es muss sein - besonders jetzt – wie hier in Berlin.

Hier findet am Nachmittag eine Demonstration statt – gegen Rassismus und gegen strukturelle

Ungerechtigkeit. Und ich bin extrem gespannt, was mich erwartet.

Ich glaube es wird ein sehr emotionales Erlebnis

irgendwie so für viele Menschen, vielleicht auch für mich selbst.

Rassistische Polizeigewalt gegen Schwarze macht mich fertig. Besonders der Tod von George Floyd.

Wut, Trauer, Resignation.

Und während ich versuche, darauf klarzukommen... klingeln die ersten Redaktionen bei mir durch:

„Sag mal, gibt es in Deutschland auch Rassismus?“, „Welche Erfahrungen hast du gemacht?“

oder auch: „Kannst du für uns auf die Berliner Demo gehen?“ Klar, kein Problem.

Und da sind wir auch schon. „Silent Demo – Nein zu Rassismus“ auf dem Alexanderplatz in Berlin

Zu wem wollt ihr? Ich: Zu Gaspar. Von wo seid ihr? Ich: Y-Kollektiv.

Das ist alles abgesprochen mit ihm.

Okay, alles entspannt, wir haben Zeit.

Dass ich hier ein Interview bekomme, ist nicht so selbstverständlich.

Für uns macht der 22-Jährige Gaspar eine Ausnahme.

Die Frage: Wie können wir Rassismus stoppen, beschäftigt mich als Schwarzer Mann

in Deutschland, aber auch als Journalist. Und das ist manchmal gar nicht so einfach.

Innerhalb von fünf Tagen haben Gaspar und seine Freunde diese Demonstration

organisiert. In Solidarität mit George Floyd. Und der weltweiten Protestbewegung.

Aber warum engagieren sich nach diesem Fall plötzlich so viele Menschen?

Es ist wirklich alles unzensiert. Ein Mensch, von einem Menschen, um sein Leben bittet.

Und das war einfach, wo wir gesagt haben, das kann nicht sein. Kein Richter der Welt, kein

Polizist dieser Welt, kein Mensch dieser Welt kann entscheiden, ob du lebst oder nicht.

Und für uns war das ganz klar, für die ganze Welt war das klar: ey – jetzt reichts.

Nicht nur in den USA. Auch in Deutschland werden an diesem Tag viele Menschen auf die Straßen

gehen - zeitgleich in mehr als 20 anderen Städten. Für Gaspar, der auch als Künstler

arbeitet, ist es mit "Icantbreath" und "blacklivesmatter"-Schildern aber noch längst nicht getan.

Ich erwarte von denen wirklich aktiv, an ihren Arbeitsplätzen, in den Freundeskreisen, in den Familien

aktiv gegen Rassismus zu kämpfen. Ich wiederhole – in Abwesenheit von Schwarzen Menschen.

Wenn ein Kumpel mal irgendeinen Witz macht gegen Schwarze, dass man sagt „Hey, nein

man!“ Die Zeit ist vorbei.

Was mir sofort auffällt: Gaspar weiß, wer er ist. Als Schwarzer Mann in Deutschland.

Respekt! Ich hab das mit meiner afrikanischen Identität als noch

nicht so raus. Dazu kommt, dass schwarze Hautfarbe und Deutschsein für viele immer

noch ein Widerspruch ist. Aufgewachsen bin ich mit meiner weißen Mama und ausschließlich

weißem Freundeskreis. Deshalb interessiert mich, wie er groß geworden ist.

Ich hatte viele Freunde mit verschiedensten Hintergründen wir waren wirklich -

ich bin mit allen Menschen aufgewachsen und hatte natürlich sehr den Bezug zu meiner kongolesischen Community

sehr, meine Mutter ist eine ordinierte Pastorin, das heißt, ich bin in einer Kirche aufgewachsen.

Und das sind Dinge, die dazu beigetragen haben, dass ich schnell wusste, dass ich Kongolese bin.

Da ich die Sprache kenne...

Aber trotzdem: Wenn man dann in der Schule war, man wollte nicht stigmatisiert werden,

das wollte man nicht, deshalb bin ich in andere Rollen geschlüpft.

Aber ich habe irgendwann gemerkt, das tut mir nicht gut. Deshalb war es wichtig, dass ich sage:

„Hey, Gaspar, es wird Zeit dich zu finden.“

In Rollen zu schlüpfen und manchmal dieses Gefühl

zu haben, nicht richtig dazu zugehören - das kenne ich. Zum Beispiel hab ich mich lange

nicht getraut, selbst etwas gegen rassistische Witze im Freundeskreis zu sagen. Bis jetzt.

Eine persönliche Weiterentwicklung der letzten Jahre und Monate.

Ich finde, Gaspar ist mit seinen 22 Jahren in seiner Identitätsfindung schon deutlich

weiter als ich. Durch mehr Schwarze Freunde, die genau meine Struggle kennen, fühle ich

mich mittlerweile aber auch bestärkt. In gut einer Stunde solls losgehen mit der Demo.

Zeit genug, um mit anderen schwarzen Menschen wie Clementine über ihre Erfahrungen zu sprechen.

Als schwarze Person habe ich immer mit Rassismus zu tun gehabt. Und als ich mit meinen Freunden

darüber gesprochen habe, die nicht Schwarz waren, war das sehr oft schwierig, das zu

verstehen. Die konnten es kaum fassen, dass Menschen auf Grund der Hautfarbe diskriminiert

werden. Einfach banal auf dem Wohnungsmarkt oder, dass die vielleicht nicht in einen Club

kommen. Ich musste das immer beweisen und darüber reden, bevor mir geglaubt wurde.

An der Clubtür abgewiesen werden – als einziger – mit weißen Freunden? Das kenne

ich auch. Einige von euch sagen vielleicht: „Ich sehe gar keine Hautfarben – für

mich ist jeder Mensch gleich.“ Und genau da liegt das ist Problem. Wer keine Hautfarbe

sieht, sieht auch keinen Rassismus. Oder anders ausgedrückt: weigert sich, ihn anzuerkennen.

Viele Schwarze Menschen merken sehr wohl, dass ihre Hautfarbe im Alltag einen Unterschied

macht. Zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder bei Polizeikontrollen. Oder wenn man

ständig danach gefragt wird, wo man denn genau herkommt und das Gegenüber erst damit

aufhört, wenn man sagt, dass ein Elternteil aus Afrika stammt.

Die Hautfarbe prägt in unserer Gesellschaft den sozialen Status mit – immer.

Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig,

zu wissen, dass Rassismus einfach global ist und, dass Rassismus mit Gewalt verbunden ist.

Es heißt, es ist eie strukturelle Gewalt da. Denn Rassismus ist nur eine Methodik,

Lebenschancen zu verteilen auf Basis von Hautfarbe. Es ist unbequem das zu sehen, es ist unbequem

das anzusprechen. Aber es ist sehr wichtig, Schwarzen Menschen zuzuhören, wenn die sagen

"Hey, mir gehts nicht gut, heute ist mir was passiert.“ Anstatt in Selbstverteidigungsmodus

zu gehen. Nein. Einfach Mund zu. Beide Ohren weit öffnen und einfach zuhören.

In der Zwischenzeit steigt bei Gaspar die Aufregung vor seiner Rede: er und ein Freund sitzen

noch an letzten Textänderungen.

Wir haben ein Recht für diese Gefühle, aber wir sollten uns nicht von ihnen leiten lassen.

Wir müssen sie bündeln und sie nutzen, um uns gegenseitig neue Wege aufzuzeigen.

Was mich in den letzten Tagen beeindruckt hat:

Die große Solidarität in den Sozialen Medien: Mit schwarzen Kacheln gegen Rassismus.

Auf der einen Seite eine schöne Geste – auf der anderen aber für mich nicht mehr als

nur ein Trend, von dem ich im Alltag nicht viel habe. Journalistin und Moderatorin Aminata

sieht das etwas anders. Ich fand's sehr eindrücklich zu sehen, dass der komplette Screen Schwarz

war. Also erst war ich so, okay, es ist wieder nur ein Trend, es ist wieder wie „Je suis

Charlie“ , was soll das, das hilft nichts, ich kann das nicht mehr sehen. Aber die Umsetzung

war für mich tatsächlich sehr, sehr eindrucksvoll, hat mich zitternd da sitzen lassen und ich

war ganz glücklich, das Gefühl zu haben, dass Solidarität wirklich da ist und das

hat sich wie eine Online-Demo angefühlt. Ich habe Solidarität gesehen, auch wenn es

nur ein Foto war, aber für diesen Moment und für diesen Tag hats mir ganz ganz viel

gegeben. Aber natürlich muss man nicht nur einen schwarzen Square posten, sondern dann

auch was machen und es nicht als Trend verstehen „ Wir posten das heute mal“, sondern,

das als Anfang nehmen, wenn man nicht längst angefangen hat, Rasissmus zu verstehen und

zu bekämpfen.

Ich würde mich freuen, wenn solche Social Media Aktionen wirklich der

Anstoß für mehr Solidarität im Alltag wären. Aber ich bin da noch ein misstrauisch.

Für Gaspar wird's mittlerweile ernst. Er und seine Freunde haben die Demo für 1.500

Menschen angemeldet. Doch schon jetzt ist klar: Es kommen sehr viel mehr.

Die Berliner Polizei spricht später von rund 15.000 Teilnehmern. Nach Schätzungen von rbb-Reportern dürfte

die Zahl aber deutlich höher gewesen sein. Wer hätte gedacht, oder?

Wer hätte gedacht?

Soo viele Menschen– und das in Corona Zeiten. Hat auch im Nachhinein für ein bisschen Kritik gesorgt.

Aber mit so einem Zulauf hat niemand gerechnet.

Ich habe jetzt nochmal mit Gaspar geredet

und der ist halt völlig durch den Wind. Also verständlicherweise, der muss da gleich hoch

auf die Bühne und spricht da einfach zu tausenden Menschen. Ist einfach heftig.

Früher bin ich nie auf Demos gegangen – mittlerweile schon - gerade bei diesem Thema. Dass hier

so viele Menschen sind kann ich kaum glauben und berührt mich schon ein bisschen.

Guten Tag und herzlichen Wilkommen, meine lieben Schwestern und Brüder. Wir werden uns diesen

Nachmittag so traurig der Anlass auch sein mag, so gestalten, dass wir gemeinsam weinen,

dass wir gemeinsam schreien und dass wir vor allem gemeinsam heilen können.

Jetzt wird's ernst für Gaspar.

Es war eine aufreibende Woche für ihn, wie für uns alle. Tragt ihn hier auf die Bühne, herzlich Willkommen, Gaspar!

Es gibt mir Zuversicht, wenn ich so viele

Menschen mit verschiedensten Hintergründen hier sehe

und wir als Einheit gegen den selben Feind kämpfen, der sich Rassismus nennt.

Ich stehe heute hier wie jeder andere Redner*in auch als Repräsentant der Schwarzen

Gemeinschaft und als Repräsentant des Friedens.

Der Bürgerrechtler und einer meiner größten Vorbilder Fred Hampton sagte einst:

We dont think, you fight fire with fire best. We think, you fight fire with water best. We're going

to fight Racism not with racism. But we're going to fight with Solidarity.

Deswegen bitte, guckt nach links und nach rechts und hört gut zu, was dein Schwarzer Bruder oder Schwester

über Rassismus sagt. Es ist unsere fucking Realität.

Dankeschön, ciao.

Nicht nur hier, in ganz Deutschland liegen sich laut Polizeiangaben zu diesem Zeitpunkt zehntausende Menschen

im den Armen - und protestieren gegen Rassismus: Mehr als 20.000 in München, 14.000 in Hamburg,

10.000 in Köln und so weiter. Die größten Proteste für Schwarze Menschen in Deutschland.

Alle gemeinsam, 8 Minuten und 46 Sekunden in Gedenken an George Floyd leise sein.

Ich würde Euch dafür darum bitten. Euch hinzusetzten.

Genau 8 Minuten und 46 Sekunden - so lange drückte ein Polizist sein Knie auf den Nacken

von George Floyd. Kurz darauf starb er.

An diese Bilder werde ich mich noch lange erinnern.

Traurige Randnotiz: Nach der Demo kommt es Berichten zu Folge zu ziemlich unschönen Szenen:

Es gibt Auseinandersetzungen zwischen mehreren Demonstranten und der Polizei.

Diese Demo ist traurig und schön zu gleich. Ich glaube jeder hier hat verstanden: Das Problem

Rassismus lösen wir nur gemeinsam - mit offenen Ohren und vor allem einer Menge Solidarität

im Alltag. Dieser Tag gibt mir Hoffnung und Kraft - als Schwarzer Mann in Deutschland.

Und das ist auch sowieso der Key, das ganze voranzubringen. Dass wir uns gegenseitig bestärken

und dafür ist das hier ganz ganz wichtig. Ich glaube aber auch, dass diese Rassismusdebatte

in Deutschland eine andere Energie hat als sonst. Deshalb bin ich irgendwie positiv gestimmt,

dass das kein Trend ist und nicht nur wegen Corona ist und alle gerade Zeit haben, sondern,

dass es andauernd bleibt.

Ich kann das gar nicht in Wort fassen. Es ist jetzt wirklich an der Zeit, etwas zu machen.

Wer jetzt immer noch nichts macht und immer noch denkt, dass es

Rassismus nicht gibt, dann weiß ich nicht mehr was ich machen kann. Wir sind in Deutschland

und Deutschland hat da noch mega Nachholbedarf. Das schaffen wir nur zusammen.

Schwarz und weiß.

Vielen Dank, Dankeschön.

Und jetzt interessiert mich Eure Meinung: Wie begegnet Ihr Rassismus in unserer Gesellschaft?

Schreibts mir in die Kommentare und bitte bleibt freundlich zueinander.

Und wenn Ihr wissen möchtet, was in München abging, zur gleichen Zeit,

dann zieht Euch das Video von Ben Bode von Reporter rein.

Er war nämlich dort und über 20.000 Menschen auch.


Antirassismus-Demo in Berlin - Was Du gegen Rassismus tun kannst. Anti-racism demo in Berlin - What you can do against racism.

Nein, ihr müsst nicht lauter machen. Das hier sind 8 Minuten und 46 Sekunden Stille

für George Floyd.

Einfach Mund zu, beide Ohren weit öffnen. Und einfach zuhören.

Denn nicht nur in den USA – auch in unserer Gesellschaft ist Rassismus zuhause. Was muss

eigentlich passieren, bis die ganze Gesellschaft gegen Rassismus einsteht?

Wenn ein Kumpel mal irgendein Witz macht über Schwarze, dass er sagt: „Hey: Nein man! Die Zeit ist vorbei.“

Und was bringen Protesthashtags und schwarze Bilder in den Sozialen Medien?

Natürlich muss man nicht nur einen schwarzen Square posten, sondern danach auch was machen. Und

Das als Anfang nehmen, um Rassismus zu sehen und zu bekämpfen.

Über Rassismus sprechen, ist unbequem. Aber es muss sein - besonders jetzt – wie hier in Berlin.

Hier findet am Nachmittag eine Demonstration statt – gegen Rassismus und gegen strukturelle

Ungerechtigkeit. Und ich bin extrem gespannt, was mich erwartet.

Ich glaube es wird ein sehr emotionales Erlebnis

irgendwie so für viele Menschen, vielleicht auch für mich selbst.

Rassistische Polizeigewalt gegen Schwarze macht mich fertig. Besonders der Tod von George Floyd.

Wut, Trauer, Resignation.

Und während ich versuche, darauf klarzukommen... klingeln die ersten Redaktionen bei mir durch:

„Sag mal, gibt es in Deutschland auch Rassismus?“, „Welche Erfahrungen hast du gemacht?“

oder auch: „Kannst du für uns auf die Berliner Demo gehen?“ Klar, kein Problem.

Und da sind wir auch schon. „Silent Demo – Nein zu Rassismus“ auf dem Alexanderplatz in Berlin

Zu wem wollt ihr? Ich: Zu Gaspar. Von wo seid ihr? Ich: Y-Kollektiv.

Das ist alles abgesprochen mit ihm.

Okay, alles entspannt, wir haben Zeit.

Dass ich hier ein Interview bekomme, ist nicht so selbstverständlich.

Für uns macht der 22-Jährige Gaspar eine Ausnahme.

Die Frage: Wie können wir Rassismus stoppen, beschäftigt mich als Schwarzer Mann

in Deutschland, aber auch als Journalist. Und das ist manchmal gar nicht so einfach.

Innerhalb von fünf Tagen haben Gaspar und seine Freunde diese Demonstration

organisiert. In Solidarität mit George Floyd. Und der weltweiten Protestbewegung.

Aber warum engagieren sich nach diesem Fall plötzlich so viele Menschen?

Es ist wirklich alles unzensiert. Ein Mensch, von einem Menschen, um sein Leben bittet.

Und das war einfach, wo wir gesagt haben, das kann nicht sein. Kein Richter der Welt, kein

Polizist dieser Welt, kein Mensch dieser Welt kann entscheiden, ob du lebst oder nicht.

Und für uns war das ganz klar, für die ganze Welt war das klar: ey – jetzt reichts.

Nicht nur in den USA. Auch in Deutschland werden an diesem Tag viele Menschen auf die Straßen

gehen - zeitgleich in mehr als 20 anderen Städten. Für Gaspar, der auch als Künstler

arbeitet, ist es mit "Icantbreath" und "blacklivesmatter"-Schildern aber noch längst nicht getan.

Ich erwarte von denen wirklich aktiv, an ihren Arbeitsplätzen, in den Freundeskreisen, in den Familien

aktiv gegen Rassismus zu kämpfen. Ich wiederhole – in Abwesenheit von Schwarzen Menschen.

Wenn ein Kumpel mal irgendeinen Witz macht gegen Schwarze, dass man sagt „Hey, nein

man!“ Die Zeit ist vorbei.

Was mir sofort auffällt: Gaspar weiß, wer er ist. Als Schwarzer Mann in Deutschland.

Respekt! Ich hab das mit meiner afrikanischen Identität als noch

nicht so raus. Dazu kommt, dass schwarze Hautfarbe und Deutschsein für viele immer

noch ein Widerspruch ist. Aufgewachsen bin ich mit meiner weißen Mama und ausschließlich

weißem Freundeskreis. Deshalb interessiert mich, wie er groß geworden ist.

Ich hatte viele Freunde mit verschiedensten Hintergründen wir waren wirklich -

ich bin mit allen Menschen aufgewachsen und hatte natürlich sehr den Bezug zu meiner kongolesischen Community

sehr, meine Mutter ist eine ordinierte Pastorin, das heißt, ich bin in einer Kirche aufgewachsen.

Und das sind Dinge, die dazu beigetragen haben, dass ich schnell wusste, dass ich Kongolese bin.

Da ich die Sprache kenne...

Aber trotzdem: Wenn man dann in der Schule war, man wollte nicht stigmatisiert werden,

das wollte man nicht, deshalb bin ich in andere Rollen geschlüpft.

Aber ich habe irgendwann gemerkt, das tut mir nicht gut. Deshalb war es wichtig, dass ich sage:

„Hey, Gaspar, es wird Zeit dich zu finden.“

In Rollen zu schlüpfen und manchmal dieses Gefühl

zu haben, nicht richtig dazu zugehören - das kenne ich. Zum Beispiel hab ich mich lange

nicht getraut, selbst etwas gegen rassistische Witze im Freundeskreis zu sagen. Bis jetzt.

Eine persönliche Weiterentwicklung der letzten Jahre und Monate.

Ich finde, Gaspar ist mit seinen 22 Jahren in seiner Identitätsfindung schon deutlich

weiter als ich. Durch mehr Schwarze Freunde, die genau meine Struggle kennen, fühle ich

mich mittlerweile aber auch bestärkt. In gut einer Stunde solls losgehen mit der Demo.

Zeit genug, um mit anderen schwarzen Menschen wie Clementine über ihre Erfahrungen zu sprechen.

Als schwarze Person habe ich immer mit Rassismus zu tun gehabt. Und als ich mit meinen Freunden

darüber gesprochen habe, die nicht Schwarz waren, war das sehr oft schwierig, das zu

verstehen. Die konnten es kaum fassen, dass Menschen auf Grund der Hautfarbe diskriminiert

werden. Einfach banal auf dem Wohnungsmarkt oder, dass die vielleicht nicht in einen Club

kommen. Ich musste das immer beweisen und darüber reden, bevor mir geglaubt wurde.

An der Clubtür abgewiesen werden – als einziger – mit weißen Freunden? Das kenne

ich auch. Einige von euch sagen vielleicht: „Ich sehe gar keine Hautfarben – für

mich ist jeder Mensch gleich.“ Und genau da liegt das ist Problem. Wer keine Hautfarbe

sieht, sieht auch keinen Rassismus. Oder anders ausgedrückt: weigert sich, ihn anzuerkennen.

Viele Schwarze Menschen merken sehr wohl, dass ihre Hautfarbe im Alltag einen Unterschied

macht. Zum Beispiel bei der Wohnungssuche oder bei Polizeikontrollen. Oder wenn man

ständig danach gefragt wird, wo man denn genau herkommt und das Gegenüber erst damit

aufhört, wenn man sagt, dass ein Elternteil aus Afrika stammt.

Die Hautfarbe prägt in unserer Gesellschaft den sozialen Status mit – immer.

Ich glaube, es ist sehr, sehr wichtig,

zu wissen, dass Rassismus einfach global ist und, dass Rassismus mit Gewalt verbunden ist.

Es heißt, es ist eie strukturelle Gewalt da. Denn Rassismus ist nur eine Methodik,

Lebenschancen zu verteilen auf Basis von Hautfarbe. Es ist unbequem das zu sehen, es ist unbequem

das anzusprechen. Aber es ist sehr wichtig, Schwarzen Menschen zuzuhören, wenn die sagen

"Hey, mir gehts nicht gut, heute ist mir was passiert.“ Anstatt in Selbstverteidigungsmodus

zu gehen. Nein. Einfach Mund zu. Beide Ohren weit öffnen und einfach zuhören.

In der Zwischenzeit steigt bei Gaspar die Aufregung vor seiner Rede: er und ein Freund sitzen

noch an letzten Textänderungen.

Wir haben ein Recht für diese Gefühle, aber wir sollten uns nicht von ihnen leiten lassen.

Wir müssen sie bündeln und sie nutzen, um uns gegenseitig neue Wege aufzuzeigen.

Was mich in den letzten Tagen beeindruckt hat:

Die große Solidarität in den Sozialen Medien: Mit schwarzen Kacheln gegen Rassismus.

Auf der einen Seite eine schöne Geste – auf der anderen aber für mich nicht mehr als

nur ein Trend, von dem ich im Alltag nicht viel habe. Journalistin und Moderatorin Aminata

sieht das etwas anders. Ich fand's sehr eindrücklich zu sehen, dass der komplette Screen Schwarz

war. Also erst war ich so, okay, es ist wieder nur ein Trend, es ist wieder wie „Je suis

Charlie“ , was soll das, das hilft nichts, ich kann das nicht mehr sehen. Aber die Umsetzung

war für mich tatsächlich sehr, sehr eindrucksvoll, hat mich zitternd da sitzen lassen und ich

war ganz glücklich, das Gefühl zu haben, dass Solidarität wirklich da ist und das

hat sich wie eine Online-Demo angefühlt. Ich habe Solidarität gesehen, auch wenn es

nur ein Foto war, aber für diesen Moment und für diesen Tag hats mir ganz ganz viel

gegeben. Aber natürlich muss man nicht nur einen schwarzen Square posten, sondern dann

auch was machen und es nicht als Trend verstehen „ Wir posten das heute mal“, sondern,

das als Anfang nehmen, wenn man nicht längst angefangen hat, Rasissmus zu verstehen und

zu bekämpfen.

Ich würde mich freuen, wenn solche Social Media Aktionen wirklich der

Anstoß für mehr Solidarität im Alltag wären. Aber ich bin da noch ein misstrauisch.

Für Gaspar wird's mittlerweile ernst. Er und seine Freunde haben die Demo für 1.500

Menschen angemeldet. Doch schon jetzt ist klar: Es kommen sehr viel mehr.

Die Berliner Polizei spricht später von rund 15.000 Teilnehmern. Nach Schätzungen von rbb-Reportern dürfte

die Zahl aber deutlich höher gewesen sein. Wer hätte gedacht, oder?

Wer hätte gedacht?

Soo viele Menschen– und das in Corona Zeiten. Hat auch im Nachhinein für ein bisschen Kritik gesorgt.

Aber mit so einem Zulauf hat niemand gerechnet.

Ich habe jetzt nochmal mit Gaspar geredet

und der ist halt völlig durch den Wind. Also verständlicherweise, der muss da gleich hoch

auf die Bühne und spricht da einfach zu tausenden Menschen. Ist einfach heftig.

Früher bin ich nie auf Demos gegangen – mittlerweile schon - gerade bei diesem Thema. Dass hier

so viele Menschen sind kann ich kaum glauben und berührt mich schon ein bisschen.

Guten Tag und herzlichen Wilkommen, meine lieben Schwestern und Brüder. Wir werden uns diesen

Nachmittag so traurig der Anlass auch sein mag, so gestalten, dass wir gemeinsam weinen,

dass wir gemeinsam schreien und dass wir vor allem gemeinsam heilen können.

Jetzt wird's ernst für Gaspar.

Es war eine aufreibende Woche für ihn, wie für uns alle. Tragt ihn hier auf die Bühne, herzlich Willkommen, Gaspar!

Es gibt mir Zuversicht, wenn ich so viele

Menschen mit verschiedensten Hintergründen hier sehe

und wir als Einheit gegen den selben Feind kämpfen, der sich Rassismus nennt.

Ich stehe heute hier wie jeder andere Redner*in auch als Repräsentant der Schwarzen

Gemeinschaft und als Repräsentant des Friedens.

Der Bürgerrechtler und einer meiner größten Vorbilder Fred Hampton sagte einst:

We dont think, you fight fire with fire best. We think, you fight fire with water best. We're going

to fight Racism not with racism. But we're going to fight with Solidarity.

Deswegen bitte, guckt nach links und nach rechts und hört gut zu, was dein Schwarzer Bruder oder Schwester

über Rassismus sagt. Es ist unsere fucking Realität.

Dankeschön, ciao.

Nicht nur hier, in ganz Deutschland liegen sich laut Polizeiangaben zu diesem Zeitpunkt zehntausende Menschen

im den Armen - und protestieren gegen Rassismus: Mehr als 20.000 in München, 14.000 in Hamburg,

10.000 in Köln und so weiter. Die größten Proteste für Schwarze Menschen in Deutschland.

Alle gemeinsam, 8 Minuten und 46 Sekunden in Gedenken an George Floyd leise sein.

Ich würde Euch dafür darum bitten. Euch hinzusetzten.

Genau 8 Minuten und 46 Sekunden - so lange drückte ein Polizist sein Knie auf den Nacken

von George Floyd. Kurz darauf starb er.

An diese Bilder werde ich mich noch lange erinnern.

Traurige Randnotiz: Nach der Demo kommt es Berichten zu Folge zu ziemlich unschönen Szenen:

Es gibt Auseinandersetzungen zwischen mehreren Demonstranten und der Polizei.

Diese Demo ist traurig und schön zu gleich. Ich glaube jeder hier hat verstanden: Das Problem

Rassismus lösen wir nur gemeinsam - mit offenen Ohren und vor allem einer Menge Solidarität

im Alltag. Dieser Tag gibt mir Hoffnung und Kraft - als Schwarzer Mann in Deutschland.

Und das ist auch sowieso der Key, das ganze voranzubringen. Dass wir uns gegenseitig bestärken

und dafür ist das hier ganz ganz wichtig. Ich glaube aber auch, dass diese Rassismusdebatte

in Deutschland eine andere Energie hat als sonst. Deshalb bin ich irgendwie positiv gestimmt,

dass das kein Trend ist und nicht nur wegen Corona ist und alle gerade Zeit haben, sondern,

dass es andauernd bleibt.

Ich kann das gar nicht in Wort fassen. Es ist jetzt wirklich an der Zeit, etwas zu machen.

Wer jetzt immer noch nichts macht und immer noch denkt, dass es

Rassismus nicht gibt, dann weiß ich nicht mehr was ich machen kann. Wir sind in Deutschland

und Deutschland hat da noch mega Nachholbedarf. Das schaffen wir nur zusammen.

Schwarz und weiß.

Vielen Dank, Dankeschön.

Und jetzt interessiert mich Eure Meinung: Wie begegnet Ihr Rassismus in unserer Gesellschaft?

Schreibts mir in die Kommentare und bitte bleibt freundlich zueinander.

Und wenn Ihr wissen möchtet, was in München abging, zur gleichen Zeit,

dann zieht Euch das Video von Ben Bode von Reporter rein.

Er war nämlich dort und über 20.000 Menschen auch.