Was ist Krebs? - Krankheit verstehen | Leukämie Lotse Ep. 05
Herzlich willkommen beim Leukämie-Lotsen der Strube-Stiftung
In dieser fünften Folge kommen wir zu einem ganz zentralen Thema: Was ist Krebs? Warum spricht man von "bösen" Zellen
und sind sie das überhaupt?
In dieser Folge werden wir nicht die Leukämien im Fokus haben sondern uns ganz allgemein den Krebserkrankungen widmen.
Wir wollen ihnen helfen, besser zu verstehen, was es mit dieser Erkrankung auf sich hat und wie sie am besten mit ihr umgehen können.
Wie immer wollen wir ihnen die wichtigsten Informationen leicht verständlich und prägnant vermitteln. Denn ein gutes Verständnis für ihre Situation
ist die beste Grundlage
unnötigen Ängsten und Sorgen vorzubeugen.
Nun direkt zum Thema: Unser Körper ist aus einer unglaublich großen Zahl von unterschiedlichen Zellen zusammengesetzt.
Wenn wir zum Beispiel unsere Haut unter dem Mikroskop anschauen, dann sieht das aus wie eine Mauer aus Ziegelsteinen.
Nur sind die Hautzellen keine Ziegelsteine sondern lebende Einheiten, von denen jede einzelne einen ganzen Lebenszyklus durchläuft.
Bleiben wir bei dem Beispiel: Die Haut ist aus mehreren Schichten aufgebaut. Die oberste Schicht ist ständig einer sehr
herausfordernden Umwelt ausgesetzt und verbraucht sich daher sehr schnell.
Die abgestorbenen Zellen fallen von unserem Körper herunter und werden durch neue Zellen ersetzt. Die in den unteren Schichten durch Zellteilung
produziert wurden.
Zellen und Zellteilung sind fundamentale Elemente des Lebens.
Es ist eine unfassbare große Zahl von Zellen, die jeden einzelnen Tag von unserem Körper neu produziert werden, um alte und kaputte Zellen zu ersetzen.
Jeden Tag entstehen in jedem von uns mehr als 50 Milliarden neue Zellen durch Zellteilung.
Das kann man sich wirklich kaum vorstellen.
Leider ist dieser Vorgang, der unser Leben erst ermöglicht, auf fundamentalem Prozess der Krebsentstehung.
Um das zu verstehen noch einen zweiten Blick auf Zellen und Zellteilung im Allgemeinen.
Auch wenn unsere Lebensgeschichte mit einer einzelnen Zelle beginnt, so bestehen wir als erwachsene Menschen aus einer Unzahl von hoch spezialisierten Zellen.
Ein Team von ähnlich spezialisierten Zellen, das gemeinsam eine Aufgabe erfüllt, bezeichnet man als Gewebe.
Alle Teile unseres Körpers bestehen aus verschiedenen Geweben, die zusammenarbeiten.
Wenn wir Team hören, denken wir gleich an Fußball oder andere Mannschaftssportarten.
Dort ist es so, dass zwar das Team als Mannschaft sehr eng
zusammenarbeitet, dabei aber zum Beispiel in der Bundesliga das klare Ziel hat, gegen die anderen Teams zu gewinnen.
Ganz anders ist das in unserem Körper!
Die Teams dort arbeiten auch eng und hoch effizient zusammen, haben dabei aber immer ein Interesse,
dass die anderen Teams auch erfolgreich sein sollen.
Es soll uns als gesamten Menschen gut gehen.
Wenn dieses Zusammenspiel verloren geht, ist schon irgendetwas schief gegangen.
Krebszellen sind normale Zellen aus unserem Körper,
deren Erbgut in vielen Schritten kaputt gegangen ist.
Denn in dem Erbgut, auch als DNA bekannt, ist die Gesamtheit der vererbbaren Informationen einer Zelle gespeichert.
Diese DNA befindet sich im Kern einer jeden Zelle. Sie ist wie ein Programm, das genau beschreibt, was die Aufgabe jeder Zelle ist.
Zu welchem Spezialisten-Team sie gehört, welche Aufgabe sie dort übernimmt und wie alt sie werden soll.
Schlussendlich: Wann ihre Nachfolger aktiviert werden.
Bei jeder Zellteilung wird jedes Mal die DNA kopiert und somit verdoppelt.
Damit hat jede neue Zelle wieder ihre vollständige DNA.
Stellen wir uns das einmal vor:
Über 50 Milliarden Kopien an jedem einzelnen Tag.
Es würde ein Wunder grenzen, wenn da nicht auch Fehler passieren würden.
Die Wahrheit ist, da passieren ständig Fehler. Doch ergreift unser Körper eine Reihe von Gegenmaßnahmen,
die entstandenen Fehler wieder zu korrigieren,
um die Auswirkung von diesen Fehlern zu begrenzen.
Damit eine Krebszelle entstehen kann, muss einiges schief gehen.
Ein einzelner Fehler in der DNA hat keine solchen Konsequenzen.
Eine Krebszelle wird oftmals auch entartet genannt, da sich in ihrer DNA über Jahre, manchmal
Jahrzehnte hinweg immer mehr Fehler eingeschlichen haben.
Dies sind nicht irgendwelche, sondern ganz bestimmte Fehler.
So hat die entartete Zelle verlernt, sich selbst als kaputt zu erkennen und dementsprechend
entweder sich selbst aus dem Weg zu räumen oder wenigstens dem Immunsystem mitzuteilen, dass sie eliminiert werden sollte.
Wenn die Zellen sich selber wegräumen, wird das von den Medizinern Apoptose genannt. Ich mag diesen Begriff mal ausnahmsweise.
Als ob die Zelle "Ah" und
"Pop" macht und dann verschwindet sie.
Dies passiert, wenn die Zellen altersbedingt neuen Zellen Platz machen oder wenn sie erkennen, dass irgendetwas mit ihnen nicht stimmt.
Auch schaffen es diese entarteten Zellen, sich vor dem Immunsystem zu verstecken.
Das ist recht außergewöhnlich, da das Immunsystem eigentlich alle kranken Zellen erkennt und vernichtet.
Auch haben diese Zellen verlernt richtig zu reifen. Somit altern sie nicht.
Stattdessen vermehren sich diese unreifen,
ewig junggebliebenen Zellen immer weiter und weiter.
Und das, obwohl sie von keiner Seite her einen Auftrag bekommen haben das zu tun.
Weder ersetzen sie abgestorbene Zellen,
noch reparieren sie eine Wunde oder erfüllen sonst mit ihrer Vermehrung irgendeine sinnvolle Aufgabe.
Im Gegenteil, sie vermehren sich so lange bis sich irgendwo im Körper ein Knubbel oder Knoten bildet.
Dieser wird dann von den Ärzten "Tumor" oder auch "Neoplasie" genannt.
Diese entarteten Zellen machen sich nur noch für ihr eigenes Team stark. Dass sie dabei andere
"normale" Zellen verdrängen, stört sie nicht. Deswegen werden diese entarteten Zellen auch "bösartig" genannt.
Sie werden ihrem ursprünglichen Gewebe immer unähnlicher, so dass man kaum noch erkennen kann aus welchem Gewebe sie ursprünglich stammen.
Man nennt sie daher auch "undifferenziert".
Normale Zellen können nur in ihrem angestammten Team leben und funktionieren.
Demgegenüber
können die entarteten Zellen das Nachbargewebe infiltrieren und sich dort ausbreiten
Sie können sich sogar mit dem Blut oder der Lymphe ganz woanders hintragen lassen und dort einen neuen Knoten bilden.
Dieser wird dann Tochtergeschwulst oder auch Metastase genannt.
Deswegen ist diese Erkrankung so gefährlich für uns. Die Tumorzellen sind aus unserem eigenen Körper entstanden und werden von dem Immunsystem
nur schwer als "böse" erkannt. Sie benehmen sich, als ob sie gar kein Teil von uns wären sondern fast so,
als ob sie uns so fremd wie ein schlimmer Virus wären. Sie wollen sich ständig vermehren und sind nur auf ihr eigenes Wohl bedacht.
Sie spielen nur für ihr eigenes Team. Dass sie den Menschen als ganzes damit gefährden, ist ihnen vollkommen egal!
Leider sind diese
Egoisten-Zellen sehr gut darin, sich auf Kosten der anderen zu optimieren.
Wäre dies anders, könnten wir ihre Existenz ignorieren. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es auch sogenannte
"gutartige" Tumore gibt.
Diese wachsen zwar auch und verdrängen das umliegende Gewebe, aber sie infiltrieren dieses nicht und bilden auch keine Tochtergeschwülste.
Sie sind daher eine rein lokale Erscheinung und können meistens durch eine Operation entfernt werden.
Der Begriff "gutartig" ist natürlich nur relativ zu verstehen.
Die wirklich "guten" Zellen sind natürlich diejenigen,
die einfach ihren Job machen und die Nachbarn nah und fern nach Kräften unterstützen statt sie zu verdrängen oder
sonst wie zu stören! Seit vielen Jahrzehnten wird die medizinische Forschung zur Krebsbekämpfung mit Hochdruck betrieben.
Ihre positive Wirkung ist immer deutlicher zu erkennen.
Bei vielen Erkrankungen gelingt es immer besser eine Heilung zu erzielen.
Die Fortschritte der letzten 10 - 20 Jahren sind beeindruckend.
Auch gelingt es immer besser mit der Krankheit ein aktives Leben zu führen.
Menschen, die trotz eines Tumors, oder
vielleicht sogar Tochtergeschwülsten ein Leben führen können, das weitgehend normal ist. Und
vor allem ein Leben, an dem sie viel Freude haben und vielen Aktivitäten nachgehen können.
die therapeutischen Ansätze
sind zwar teilweise seit vielen Jahren unverändert, aber die Effizienz der Therapien und deren Einfluss auf das Wohlbefinden der Patienten sind heute
unvergleichbar besser, als sie es noch vor 10 oder 20 Jahren waren.
Bei soliden Tumoren,
also solche die einen Knoten gebildet haben, werden zur Heilung oder Eindämmung Operationen, Chemotherapien oder Bestrahlungen
eingesetzt. Bei Leukämien, die das Blut betreffen, werden Chemotherapien und teilweise
Stammzelltransplantation zur Heilung oder Eindämmung eingesetzt.
Neu hinzugekommen sind die Immuntherapien,
einige Medikamente oder die CAR-T-Zell Therapie.
In den kommenden Folgen wollen wir vertiefend auf die Frage eingehen, wie es überhaupt dazu kommt, dass man an Krebs erkrankt und
wie man am besten damit umgehen kann
Leider werden sie mit ziemlich vielen Fachwörtern konfrontiert, sobald sie im Krankenhaus sind.
Wir wollen ihnen helfen sich in dem Dschungel etwas besser zurecht zu finden.
Damit sind sie für ihr nächstes Arztgespräch besser gewappnet.
Und natürlich wollen wir ihnen auch einen guten und einfach verständlichen Einblick geben,
was in den Therapien auf sie zukommt. Also bleiben sie dran. Es lohnt sich!
Ach ja, bitte geben sie uns Feedback zu dieser Episode unten in den Kommentaren.
Wir möchten unsere Angebote immer besser machen. Wenn sie also konkrete Fragen haben und sie bestimmte Themen besonders interessieren,
lassen sie es uns unter dem Video oder per Mail wissen. Und übrigens abonnieren sie unseren Kanal, dann verpassen sie keine weitere Folge!