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Die Abenteuer Tom Sawyers, Die Abenteuer Tom Sawyers (5)(6)

Die Abenteuer Tom Sawyers (5)(6)

Fünftes Kapitel. Ungefähr um halb zehn Uhr begann die kleine Glocke der Kirche zu läuten, und sogleich begann das Volk zur Morgenpredigt herbeizuströmen. Die Sonntagsschulkinder zerstreuten sich durchs ganze Haus und nahmen Plätze bei ihren Eltern ein, um unter Aufsicht zu sein. Tante Polly kam, und Tom, Sid und Mary saßen bei ihr. Tom wurde zunächst der Kanzel plaziert, um so weit wie möglich vom offenen Fenster und dem Sommer draußen entfernt zu sein.

Das Volk füllte die Kirche. Der alte, gichtbrüchige Postmeister, der bessere Tage gesehen hatte, der Mayor und seine Frau — denn es gab einen Mayor, neben vielen anderen unnützen Dingen, — der Ortsrichter, die Witwe Douglas, zart, klein und lebhaft, eine edle, gutherzige Seele und immer obenauf (ihr Haus war das einzige steinerne im Dorf, und das gastfreieste und bei Festlichkeiten verschwenderischste, das St. Petersburg aufweisen konnte); Lawyer Riverson; dann die Schönheit des Dorfes, gefolgt von einem Haufen elegant gekleideter, mit allerhand Firlefanz behangener junger Herzensbrecher; dann all die jungen Ladendiener des Dorfes, alle gleichzeitig, denn sie hatten im Vestibül gestanden, Süßholz raspelnd — eine öltriefende, einfältige Schutztruppe — bis das letzte Mädchen Spießruten gelaufen war. Und zuletzt von allen kam der Musterknabe, Willie Mufferson, seine Mutter so sorgsam an der Hand führend, als wäre sie aus Glas. Er brachte seine Mutter stets zur Kirche und war der Liebling aller alten Damen. Das junge Volk haßte ihn — er war zu gut; und dann war er ihnen gar zu oft als Muster vorgehalten worden. Sein weißes Taschentuch hing ihm aus der Tasche — so war es damals am Sonntag Mode. Tom hatte kein Taschentuch und verachtete jeden Jungen, der eins hatte. Da die Versammlung jetzt so ziemlich vollzählig war, läutete die Glocke nochmals, zur Mahnung für Nachzügler und Müßige, und dann senkte sich eine große Stille auf die Kirche, nur unterbrochen durch das Kichern und Wispern auf dem Chor. Der Chor kicherte und wisperte immer und überall während des ganzen Gottesdienstes. Es hat einmal einen Kirchenchor gegeben, der nicht schlecht erzogen war, aber ich weiß nicht mehr wo. Es ist schon eine ganze Reihe von Jahren her, und ich kann mich wahrhaftig nicht mehr an die Einzelheiten erinnern — aber ich glaube, es war in einem fremden Lande.

Der Geistliche gab das Lied an und las es nach einer ganz besonderen, in dieser Gegend sehr beliebten Manier in singendem Ton herunter. Seine Stimme begann mit schwachem Flüstern, wuchs beständig an, bis sie einen Punkt erreichte, wo sie unter Herausstoßung des letzten Wortes plötzlich abbrach und wie ein Springbrunnen herunterplumpste.

Er galt als wundervoller Vorleser. Bei allen kirchlichen Versammlungen wurde er aufgefordert, Verse vorzutragen, und wenn er damit fertig war, hoben die Ladies ihre Hände und ließen sie wieder in den Schoß fallen und verdrehten die Augen und schüttelten die Köpfe, als wollten sie sagen: Worte können hier nichts sagen, es ist zu wundervoll, zu wundervoll für diese Erde!

Nach dem Liede begann der Reverend Mr. Sprague eine Art Tagesbericht, indem er sich über Nachrichten von Meetings und Versammlungen und tausenderlei Dinge verbreitete, bis alle Weltlust aus dem heiligen Hause gewichen zu sein schien — eine seltsame Mode, die überall in Amerika zu finden ist, sogar in den großen Städten und bis in unser Zeitalter des Zeitungs-Überflusses hinein.

Und jetzt kam die Predigt. Es war eine gute, leutselige Predigt und ging bis ins einzelne. Sie beschäftigte sich mit der Kirche und mit den Kindern der Kirche; mit den anderen Kirchen des Dorfes; mit dem Dorfe selbst; mit dem Lande; mit dem Staat; mit den Behörden der einzelnen Staaten; mit den Vereinigten Staaten; mit dem Kongreß; mit dem Präsidenten; mit den Staatsdienern; mit den armen, sturmumtosten Seefahrern; mit den unter dem Joch ihrer Monarchen seufzenden Millionen Europas und des Orients; mit den Glücklichen und Reichen, die nicht Augen haben, zu sehen und Ohren, zu hören; mit den armen Seelen auf fernen Inseln; und schloß mit der Bitte, daß seine Worte auf guten Boden fallen und dereinst hundertfältige Frucht tragen möchten. Amen.

Darauf folgte Kleiderrascheln, und die Versammlung setzte sich. Der Knabe, dessen Geschichte dieses Buch enthält, hatte keine Freude an dieser Predigt, er hörte sie einfach an — und vielleicht auch das nicht. Doch merkte er sich einzelne Details daraus, ganz unbewußt, denn, wie gesagt, er achtete kaum darauf, aber er kannte den Sermon des Geistlichen schon längst und bemerkte es sofort, wenn mal irgend ein neuer Passus eingeschoben war, und das empfand er dann unangenehm; er hielt Beisätze und Abweichungen von dem Althergebrachten für unnobel und unrecht.

Während der Predigt setzt sich eine Fliege auf den Sitz des Kirchenstuhls vor ihm und marterte ihn durch das fortwährende Aneinanderreiben ihrer Beine. Dann umarmte sie ihren eigenen Kopf und drückte ihn so stark, daß die Glieder am Kopfe angewachsen zu sein schienen, fesselte ihre Flügel mit den Hinterbeinen und preßte sie an den Körper, wie einen Überrock und verrichtete ihre ganze Toilette mit einer Ruhe, als fühle sie sich vollkommen sicher. Und so war es auch. Denn als sich Toms Hand ihr näherte, um sie zu erwischen, blieb sie ruhig sitzen. — Tom dachte, wenn sich ihm diese Beschäftigung bei Beginn der Predigt geboten hätte, würde es ein angenehmer Zeitvertreib für seinen Geist gewesen sein. — Aber beim Schlußsatz begann seine Hand sich zu krümmen und sich vorwärts zu bewegen; und im Augenblick, da das „Amen“ gesprochen wurde, war die Fliege eine Kriegsgefangene. Seine Tante sah es und veranlaßte ihre Befreiung.

Der Geistliche gab seinen Text an und behandelte den ersten Teil mit so gründlicher Langweile, daß manch ein Kopf zu nicken begann; ein anderer Teil wieder war so voll Feuer und Schwefel und setzte der Versammlung so zu, daß sie ganz geknickt und so klein und nichtig erschien, daß es kaum der Erwähnung wert ist.

Tom zählte die Seiten der Predigt, und nach dem Gottesdienst wußte er stets ganz genau, wie viel es gewesen waren, aber über die Predigt selbst wußte er selten etwas anzugeben. Diesmal indessen gab er doch für eine kleine Weile Obacht. Der Geistliche gab eine lange und rührende Schilderung vom Wiedersehen irdischer Schafe im Paradiese, wenn Löwe und Lamm beieinander liegen würden und ein kleines Kind sie am Gängelbande führen könnte. Aber Pathos, Eifer, Moral — alles war verloren an dem kleinen Burschen; er dachte bloß an die Herrlichkeit dieses Heldendarstellers unter den unsichtbaren Wesen; und er stellte sich vor, wie schön es sein müsse, dieses Kind darzustellen — wenn der Löwe ein zahmer Löwe sein würde.

Bei der Schlußbetrachtung geriet er dann wieder in tiefe Leiden. Er erinnerte sich plötzlich eines Schatzes, den er besaß und zog ihn hervor. Es war ein großes, schwarzes Ungeheuer, mit schrecklichen Kinnbacken — Kneifzangen, sagte Tom. Es befand sich in einer Zündholzschachtel. Das erste, was das Tier tat, war, ihn in den Finger zu beißen. Ein tüchtiger Nasenstüber folgte, und das Tier flog in einen Kirchenstuhl, wo es liegen blieb — der verwundete Finger wanderte in Toms Mund. Das Tier lag auf dem Rücken, hilflos mit den Beinen strampelnd, unfähig, aufzustehen. Tom sah es und griff danach, aber es befand sich außerhalb seines Bereiches. Irgend jemand wollte sich auf den Stuhl niederlassen, sah das Tier ebenfalls und warf es kurzerhand herunter.

Plötzlich kam ein herrenloser Pudel des Weges, trübselig, faul infolge der Sommerhitze, gelangweilt durch die Gefangenschaft, und sich nach einem Abenteuer umsehend. Er entdeckte das Tier. Sein Schwanz richtete sich empor und begann zu wedeln. Er betrachtete seinen Fund, ging um ihn herum, beschnüffelte ihn aus sicherer Entfernung, ging wieder im Kreis herum, kam näher und beschnüffelte ihn dreister, hob dann die Lefzen, schnappte nach ihm, ohne ihn zu fassen, wiederholte diese Prozedur mehrmals, begann zu spielen, legte sich, das Tier zwischen den Pfoten, und setzte seine Untersuchungen fort, wurde bald müde, gleichgültig und vergaß schließlich sein Spielzeug. Sein Kopf sank herab, und sein Kinn drückte immer mehr auf den Feind, welcher ihn plötzlich gepackt hielt. Es ertönte ein scharfes Geheul, des Pudels Kopf schnellte in die Höhe, und das Tier flog ein paar Meter weit fort und lag nun wieder hilflos auf dem Rücken. Die nächstsitzenden Zuschauer stießen sich mit geheimem Vergnügen an, einzelne Gesichter verschwanden hinter Fächern und Taschentüchern, und Tom war ganz glücklich. Der Hund machte ein böses Gesicht und war wohl auch so gestimmt. Er war im Herzen gekränkt und brütete Rache. So ging er wieder zu dem Tier und machte einen neuen, heftigen Angriff, indem er von verschiedenen Punkten eines Kreises aus, dessen Mittelpunkt sein Opfer bildete, auf dieses zusprang, mit den Vorderpfoten dicht vor seinen Augen fuchtelte, mit den Zähnen nach ihm schnappte und den Kopf dicht vor ihm schüttelte, daß die Ohren flogen. Nach einer Weile wurde es ihm wieder langweilig. Er begann ein Spiel mit einer Fliege, aber das bot keinen rechten Ersatz. Darauf lief er ein paarmal im Kreis herum, die Schnauze dicht an der Erde und bekam auch das satt. Er gähnte, seufzte, vergaß das Tier völlig und setzte sich gerade darauf. Wieder ein durchdringender Schrei, und der Pudel sprang hilfesuchend auf einen Stuhl. Das Geschrei dauerte fort, und der Pudel tanzte dicht vor dem Altar herum, lief einen Gang hinunter, sprang an der Tür in die Höhe und flehte um menschliche Hilfe. Seine Angst nahm fortwährend zu, bis er plötzlich wie ein behaarter Komet in seinem Weltenraum herumfuhr. Schließlich verließ der zum Wahnsinn getriebene Dulder seine Bahn und sprang auf den Schoß seines Herrn. Dieser warf ihn aus dem Fenster, und die Stimme des unglücklichen Geschöpfes entfernte sich und erstarb in der Ferne.

Inzwischen saß die ganze Versammlung, rot vor unterdrücktem Lachen, und die Predigt hatte völlig aufgehört. Jetzt wurde sie wieder aufgenommen, aber sie ging stockend und abgerissen vor sich, und mit der Aufmerksamkeit war es nichts mehr. Denn selbst die heiligste Andacht war beeinflußt durch schlecht unterdrückte höchst unheilige Heiterkeit, als wenn der arme Geistliche irgend einen schlechten Witz gemacht hätte. Es bedeutete eine wahre Erleichterung für die Versammlung, als der Gottesdienst zu Ende und der Segen gesprochen war.

Tom schlenderte höchst gemütlich heim und dachte bei sich, so ein Gottesdienst wäre doch ganz nett, wenn ein bißchen Abwechselung dabei sei. Nur ein Gedanke quälte ihn; er hatte allerdings die Absicht gehabt, den Hund mit seiner „Beißzange“ spielen zu lassen, aber er hätte sie nicht fortschleppen sollen.

Sechstes Kapitel. Der Montagmorgen fand Tom höchst übler Laune. Jeder Montagmorgen fand ihn so, denn er eröffnete eine neue Woche voll von Schul-Leiden und -Sorgen.

Stets wurde dieser Tag mit Seufzen begonnen; er hätte in diesem Augenblick gewünscht, daß es gar keine die Woche unterbrechenden Feiertage geben möge; denn doppelt schwer war es danach, sich in neue Sklaverei und Fronarbeit zu begeben.

Tom lag und dachte nach. Plötzlich kam ihm dann der Wunsch, krank zu sein, um zu Hause bleiben zu können. Das war ein Gedanke. Er überlegte sich die Sache. Aber er konnte keine Krankheit finden und grübelte und grübelte. Einmal glaubte er Anzeichen von Kolik zu entdecken und fing bereits an, sich trügerischen Hoffnungen hinzugeben. Aber bald wurden diese Symptome wieder schwächer, um endlich ganz zu verschwinden. Also mußte er weiter denken. Plötzlich entdeckte er etwas. Einer seiner Oberzähne war locker. Das war ein Glücksfall. Er war im Begriff, anzufangen zu stöhnen („Starter“ pflegte er eine solche Improvisation zu nennen), als ihm noch rechtzeitig einfiel, daß seine Tante, wenn er damit zutage trat, den Zahn ganz einfach ausziehen würde, und das würde weh tun. So nahm er sich vor, die Sache mit dem Zahn in Reserve zu halten und nach etwas anderem zu suchen. Während einiger Zeit wollte ihm nichts einfallen, dann aber entsann er sich, den Doktor von einem gewissen „Etwas“ reden gehört zu haben, das zwei oder drei Wochen auf einem Patienten gelastet und ihn beinahe einen Finger gekostet habe. So zog er seine wunde Zehe unter der Bettdecke hervor und unterzog sie einer genauen Untersuchung. Jetzt aber wußte er nicht, welches die nötigen Symptome seien. Immerhin schien sich hier eine Aussicht zu bieten, er fing also voll Geistesgegenwart an, zu stöhnen.

Aber Sid schlief felsenfest.

Tom stöhnte lauter und bildete sich ein, in seiner Zehe wirklich Schmerz zu empfinden.

Keine Wirkung auf Sid.

Tom fing an, vor Anstrengung Herzklopfen zu bekommen. Er machte einen letzten Versuch, sog sich voll Luft und stieß eine Reihe wundervoller Seufzer heraus.

Sid schnarchte weiter.

Tom wurde schlimm. „Sid, Sid,“ sagte er und stieß ihn an. Der Stoß wirkte, und Tom konnte wieder anfangen, zu stöhnen. Sid gähnte, streckte sich, richtete sich auf einem Ellbogen auf und begann Tom anzustarren. Tom stöhnte aus Leibeskräften.

Sid sagte: „Tom, du, Tom!“

Keine Antwort.

„So hör doch, Tom, Tom! Was hast du, Tom?“

Und er stieß ihn an und schaute ihm ängstlich ins Gesicht.

Tom mit kläglicher Stimme: „Tu‘s nicht, Sid. Stoß mich nicht!“

„Warum — was gibt‘s, Tom? Ich will Tante rufen.“

„Nein, nein! Es wird schon allmählich vorübergehen. Ruf niemand.“

„Aber, ich muß es tun! Stöhn‘ nicht so, Tom, es ist gräßlich! Wie lange dauert das schon?“

„Stundenlang! Au, au!! Stör‘ mich nicht, Sid, du wirst mich töten!“

„Tom, warum hast du mich nicht früher geweckt? Nicht, Tom, tu‘s nicht! Es geht mir durch und durch, das zu hören! — Sag, Tom! ?“

„Ich vergebe dir alles, Sid. (Stöhnen.) Alles, was du mir mal getan hast. Wenn ich tot bin —“

„Tom, du bist verrückt, glaub‘ ich! Du sollst nicht sterben — nicht, Tom?“

„Ich vergebe allen, Sid. (Stöhnen.) Sag‘s ihnen, Sid. — Und Sid, meine gelbe Türklinke und meine Katze — die mit dem einen Auge — sollst du dem neuen Mädchen geben, das gestern gekommen ist, und sag‘ ihr —“

Aber Sid war in seine Kleider gefahren und war fortgelaufen. Tom stöhnte jetzt wirklich, so lebhaft hatte er sich alles eingebildet; so hatte sein Stöhnen einen ganz natürlichen Ton bekommen.

Sid flog hinunter und schrie: „O, Tante Polly, komm, Tom stirbt!“

„Stirbt? !“

„Ja doch! Komm doch nur schnell!“

„Ach Unsinn! Ich glaub‘s nicht.“

Trotzdem rannte sie die Treppe hinauf, Sid und Mary hinter ihr drein. Ihr Gesicht war ganz weiß, und die Lippen bebten. Am Bett angekommen, stieß sie aus:

„Tom, Tom! Was ist das mit dir?“

„Ach, Tante, ich —“

„Was ist mit dir? Was ist mit dir, Kind?“

„Ach, Tante, meine wehe Zehe tut so schrecklich weh!“

Die alte Dame fiel in einen Stuhl, lachte ein wenig, weinte ein wenig, dann beides gleichzeitig. Das erleichterte sie, und sie sagte: „Tom, wie hast du mich erschreckt! Aber nun fertig mit dem Unsinn, aufstehen!“

Das Stöhnen hörte auf, und der Schmerz wich aus der Zehe. Tom kam sich ein bißchen töricht vor und sagte kleinlaut: „Tante Polly, es schien schrecklich und tat so weh, daß ich sogar meinen Zahn darüber vergessen hatte.“

„So, deinen Zahn! Was ist denn mit deinem Zahn?“

„Einer ist lose und tut ganz schrecklich weh!“

„Na, schon gut, schon gut! Fang nur nicht wieder an zu stöhnen! Mund auf! Ja, der Zahn ist lose, aber du wirst nicht dran sterben. Mary, gib mir ein Stück Faden und eine glühende Kohle aus dem Ofen!“

„Ach, bitte, bitte, Tante,“ bettelte Tom, „nicht ausziehen, ‘s tut gar nicht mehr weh! Ich will nicht mehr aufstehen können, wenn‘s noch weh tut! Bitte, tu‘s nicht, Tante! Ich will ja gar nicht mehr aus der Schule bleiben!“

„Wirklich nicht? Also all der Lärm, weil du aus der Schule bleiben wolltest und fischen gehen, wahrscheinlich? Tom, Tom, ich habe dich so lieb, und du scheinst keinen anderen Wunsch zu haben, als mein altes Herz zu brechen mit deinen Torheiten!“

Inzwischen waren die zahnärztlichen Marterwerkzeuge gekommen. Die alte Dame legte das eine Ende der Schnur um Toms Zahn, das andere um den Bettpfosten. Dann nahm sie die Kohle und hielt sie plötzlich dicht vor Toms Gesicht. Im nächsten Augenblick hing der Zahn am Bettpfosten.

Aber jedes Unglück hat sein Gutes. Als Tom nach dem Frühstück zur Schule bummelte, war er der Gegenstand des Neides bei allen Jungen, denn die Lücke in seiner Zahnreihe befähigte ihn, auf ganz neue und wunderbare Weise auszuspucken. Bald hatte er ein ganzes Gefolge, das seinen Vorführungen mit höchstem Interesse beiwohnte. Und einer mit einem geschnittenen Finger, der bisher der Mittelpunkt der Verehrung und Bewunderung gewesen war, sah sich auf einmal ohne Anhänger und seines Glanzes beraubt. Das Herz wurde ihm schwer und eine Verachtung heuchelnd, die er nicht fühlte, meinte er, es wäre wohl was Rechtes, ausspucken zu können wie Tom Sawyer. Aber die anderen riefen ihm zu: „Saure Trauben!“ und er ging davon — ein gestürzter Held.

Kurz darauf begegnete Tom dem jugendlichen Paria des Dorfes, Huckleberry Finn, dem Sohn des Dorf-Trunkenboldes. Huckleberry war riesig verhaßt und gefürchtet bei allen Müttern des Ortes, denn er war unerzogen, ruchlos, gemein und schlecht — und deswegen von allen Kindern so bewundert und seine Gesellschaft so gesucht und ihr Wunsch so heiß, zu sein wie er. Tom war, wie alle wohlerzogenen Knaben, neidisch auf Huckleberrys freies, ungehindertes Leben und hatte strengen Befehl, nicht mit ihm zu spielen. Natürlich spielte er darum erst recht mit ihm, wo sich‘s tun ließ.

Huckleberry war stets in abgelegte Kleider Erwachsener gekleidet, und diese Kleider mußten jahrelang aushalten und flogen in Fetzen um ihn herum.

Sein Hut war eine trostlose Ruine, mit großen Lücken in dem herunterhängenden Rande. Sein Rock — wenn er einen hatte — baumelte ihm fast bis auf die Hacken und hatte die hinteren Knöpfe in der Höhe des Knies. Ein Tragband hielt seine Hosen. Der Hosenboden hing sackartig hinunter — ein luftleerer Raum, sozusagen. Huckleberry kam und ging, wie er mochte. Er schlief auf Türschwellen bei schönem Wetter und in Regentonnen bei schlechtem; er brauchte weder zur Schule zu gehen, noch zur Kirche, keinen Herrn anzuerkennen und niemand zu gehorchen. Er konnte fischen und schwimmen, wann und wo er nur wollte, und sich dabei solange aufhalten, wie es ihm beliebte. Im Frühling war er stets der erste, der barfuß lief und der letzte, der im Herbst sich wieder in das dumme Leder bequemte. Er brauchte sich weder zu waschen, noch reine Kleider anzuziehen. Fluchen konnte er herrlich. Mit einem Worte — was das Leben kostbar machte — er hatte es. So dachten alle die wohlerzogenen, sittsamen, respektablen Buben in St. Petersburg.

Tom rief den romantischen Helden sofort an: „Holla, Huckleberry!“

„Holla, du, wie geht‘s dir?“

„Was hast du da?“

„Ne tote Katze.“

„Laß sehen, Huck. Donnerwetter, wie steif sie ist! Woher hast du die?“

„Von ‘nem Jungen gekauft.“

„Was hast du dafür gegeben?“

„Einen blauen Zettel und eine Schweinsblase aus dem Schlachthaus.“

„Und woher hattest du den blauen Zettel?“

„Vor zwei Wochen von Ben Rogers für einen Stock gekauft.“

„Sag — was machst du mit der toten Katze?“

„Was? Warzen heilen.“

„So. Wirklich? Ich weiß was Besseres.“

„Wird was sein! Was ist‘s denn?“

„Na — faules Wasser!“

„Faules Wasser! Geb dir keinen Heller für dein faules Wasser!“

„So, nicht? Hast du‘s vielleicht probiert?“

„Ich nicht, Bob Tanner.“

„Wer hat dir das gesagt?“

„Na, er hat‘s Jeff Thatcher gesagt, und Jeff hat‘s Johnny Baker gesagt, und Johnny dem Jim Hollis, und Jim Hollis dem Ben Rogers, und Ben sagte‘s ‘nem Neger, und der hat‘s mir gesagt. So, nun weißt du‘s!“

„Na, weißt du, die haben alle gelogen. Alle, bis auf den Neger, den kenn ich nicht. Aber ich hab‘ nie einen Neger gesehen, der nicht gelogen hätte. Aber sag‘ doch, wie macht‘s Bob Tanner denn, Huck?“

„Na, er nimmt seine Hand und taucht sie in einen verfaulten Baumstumpf, worin faules Wasser ist.“

„Am Tage?“

„Natürlich!“

„Mit dem Gesicht nach dem Baum?“

„Ja — das heißt, ich glaube.“

„Sagte er was?“

„Ich glaube nicht — aber ich weiß nicht.“

„Na — der will darüber sprechen, wie man Warzen heilt — so ein alter Schafskopf! Da hätt‘ er auch sonst was tun können! Also, du mußt mitten in den Wald gehen, wo du weißt, daß ein Baumstamm mit faulem Wasser ist, und gerade um Mitternacht mußt du das Gesicht gegen den Baum wenden und die Hand hineinstecken, und dann sagst du:

‚Ist das Wasser faul und dumpf — Frißt‘s die Warz‘ mit Stiel und Stumpf!‘

und dann trittst du langsam zurück, elf Schritt, mit geschlossenen Augen, und dann drehst du dich dreimal herum und gehst nach Hause, ohne mit jemand zu sprechen. Denn sonst hilft‘s nichts.“

„Ja, das kann sein; aber Bob Tanner hat‘s anders gesagt.“

„Na, weißt du, dann versteht er‘s halt nicht. Darum hat er auch am meisten Warzen von allen im Dorf, und er hätte nicht eine, wenn er das mit dem faulen Wasser wüßte, wie‘s ist. Ich hab‘ auf diese Weise tausend Warzen fortgekriegt, Huck. Ich bekomme so viel Frösche in die Hand, daß ich immer eine Masse Warzen habe. — Zuweilen mach‘ ich sie mit ‘ner Bohne ab.“

„Ja, Bohne ist gut, damit hab‘ ich‘s auch schon gemacht.“

„So? Wie machst du‘s denn?“

„Na, man nimmt die Bohne und schneidet sie durch, und dann schneidet man die Warze, bis Blut herauskommt, und dann läßt man das auf die eine Hälfte der Bohne tropfen, und dann nimmt man die und gräbt bei Vollmond am Kreuzweg ein Grab, und da tut man sie dann hinein. Dann, weißt du, zieht die eine Hälfte der Bohne, wo das Blut darauf ist, die andere Hälfte an, und so hilft das Blut, um die Warze fortzuziehen, so lang, bis sie fort ist.“

„Ja, Huck, das ist ganz richtig. Nur, wenn du sie begräbst und dazu sagst: ‚Bohne fort — komm nicht mehr an diesen Ort,‘ ist‘s noch besser. So macht‘s John Harper, und der ist schon mal bis Coonville und überall gewesen. Aber sag‘ — wie heilst du sie denn mit ‘ner toten Katze?“

„Weißt du, du nimmst die Katze und gehst auf den Kirchhof gegen Mitternacht, dahin, wo ein Gottloser begraben ist. Wenn‘s dann Mitternacht ist, kommt ein Teufel — oder auch zwei oder drei — du kannst ihn aber nicht sehen, sondern hörst nur so was wie den Wind, oder hörst ihn sprechen. Und wenn sie dann den Kerl fortschleppen, wirfst du die Katze hinterher und rufst:

‚Teufel hinterm Leichnam her, Katze hinterm Teufel her, Warze hinter der Katze her — Seh‘ euch alle drei nicht mehr!‘

Das heilt jede Warze.“

„Das läßt sich hören. Hast du‘s schon mal versucht, Huck?“

„Nein, aber die alte Hopkins hat‘s mir erzählt.“

„Ja, ich glaub‘, ‘s ist so, denn die sieht aus wie ‘ne Hexe.“

„Das glaub‘ ich! Weißt du, Tom, sie ist eine Hexe! Sie hat meinen Alten behext. Er hat‘s selbst gesagt. Er begegnete ihr mal ganz allein und sah, daß sie ihn behexen wollte, da hob er einen Stein auf, und wenn sie sich nicht gebückt hätte, hätt‘ er sie geworfen. Na, in der Nacht darauf fiel er von einem Schuppen, auf dem er besoffen gelegen hatte, und brach den Arm.“

„Das ist ja schrecklich! Woher wußte er, daß sie ihn behext hatte?“

„Gott, das weiß mein Alter halt. Er sagt, wenn die dich recht steif anschaut, behext sie dich, besonders wenn sie dabei murmelt. Dann spricht sie nämlich das Vaterunser rückwärts.“

„Sag, Huck, wann willst du das mit der Katze probieren?“

„Diese Nacht. Ich denke, sie werden diese Nacht den alten Hoss Williams holen.“

„Aber der ist doch am Samstag schon beerdigt, Huck. Haben sie ihn nicht schon Samstag nacht geholt?“

„Ach, Unsinn! Wie konnten sie‘s denn vor Mitternacht? Und dann war‘s Sonntag. Am Sonntag kommen doch die Teufel nicht herauf!“

„Daran hab‘ ich nicht gedacht. Dann ist‘s richtig. Darf ich mitgehen?“

„Meinetwegen — wenn du dich nicht fürchtest?“

„Fürchten? Das ist das wenigste. Willst du miauen?“

„Ja, und du mußt auch miauen, wenn du kommen kannst. Letztes Mal hast du mich so lange warten lassen, bis der alte Hays einen Stein nach mit warf und schrie: ‚Der Teufel hol‘ die Katz!‘ Da hab‘ ich ihm einen Stein ins Fenster geschmissen — aber sag‘s nicht weiter!“

„Bewahre! Damals konnte ich nicht miauen, weil mir meine Tante aufpaßte; aber diesmal werde ich bestimmt miauen. — Du, Huck, was ist das?“

„Das? Ach, nur ‘ne Baumwanze.“

„Woher hast du die?“

„Aus dem Wald mitgebracht“

„Was willst du dafür haben?“

„Ich — ich weiß nicht. Ich will sie gar nicht verkaufen.“

„Na ja, ‘s ist ja auch nur ‘ne lump‘ge Wanze.“

„Oho, nach so ‘ner Wanze kannst du lange laufen. Mir gefällt sie schon.“

„‘s gibt ‘ne Menge solcher Wanzen. Wenn ich wollte, könnt ich tausend solche haben.“

„So, warum willst du denn nicht? Weil du ganz gut weißt, daß du‘s nicht kannst! Dies ist eine ganz besondere Wanze. Es ist die erste, die ich dies Jahr gesehen hab‘.“

„Du, Huck, ich geb‘ dir meinen Zahn dafür.“

„Laß sehen.“

Tom holte ein Papier hervor und rollte es sorgfältig auf. Huckleberry untersuchte es genau. Dann sagte er:

„Ist er auch echt?“

Tom machte den Mund auf und zeigte seine Zahnlücke.

„Gut.“ sagte Huckleberry, „er ist echt.“

Tom verschloß die Wanze in der Schachtel, die vorher das Gefängnis der „Kneifzange“ gewesen war, und die beiden trennten sich, jeder höchlichst zufrieden mit seinem Tausch.

Als Tom das kleine, einsam gelegene Schulhaus erreicht hatte, ging er ganz lustig, wie einer, der sich möglichst beeilt hat, hinein. Er hängte seine Mütze auf und setzte sich mit geschäftiger Eile auf seinen Platz. Der Lehrer, auf einem großen Lehnstuhl thronend, hatte ein bißchen geschlafen und fuhr bei Toms Anstalten in die Höhe.

„Thomas Sawyer!“

Tom wußte, daß, wenn sein Name ganz gesprochen wurde, die Situation kritisch war.

„Herr!“

„Komm vor! Wo bist du denn wieder mal so lange gewesen?“

Tom wollte seine Zuflucht zu einer Lüge nehmen, als er zwei lange, helle Zöpfe einen Rücken herabhängen sah und sie infolge geheimer Sympathie erkannte. Und daneben, auf der Mädchen-Seite, war der einzigste Freiplatz! Sofort entgegnete er: „Ich mußte mit Huckleberry Finn etwas besprechen.“

Des Lehrers Pulse stockten, er starrte hilflos um sich. Alles Geräusch der Arbeitenden verstummte. Die Schüler glaubten, dieser kühne Bursche habe den Verstand verloren.

Der Lehrer fragte nochmals: „Du — du mußtest was?“

„Mit Huckleberry Finn sprechen.“

Ein Irrtum war nicht mehr denkbar.

„Thomas Sawyer, das ist die staunenerregendste Antwort, die ich je erhalten habe. Darauf kann nur die Rute antworten. Zieh die Jacke aus!“

Des Lehrers Arm arbeitete, bis er völlig ermattet und die Rute kaput war. Dann hieß es: „So, nun geh, und setz dich zu den Mädchen! Und laß dir das zur Warnung dienen!“

Das Kichern, welches jetzt durch das Schulzimmer ging, schien Tom in Verlegenheit zu bringen, in Wahrheit aber war es vielmehr die wundervolle Nähe seines unbekannten Idols und die mit Ehrfurcht gemischte Freude dieses Glücksfalls. Er ließ sich auf dem Ende der Bank nieder, und das Mädchen wandte sich ab, indem es ostentativ den Kopf drehte. Kichern, Flüstern und Tuscheln erfüllten das Zimmer, aber Tom saß mäuschenstill, die Arme auf das lange Pult vor sich gelegt, und schien eifrig zu lernen. Nach und nach legte sich die allgemeine Beschäftigung mit ihm, und das gewöhnliche Schulsummen füllte wieder die Luft. Sofort begann Tom verstohlen glänzende Blicke auf das Mädchen zu werfen. Dieses merkte es, schnitt ihm ‘ne Grimasse und drehte für die Zeit einer Minute den Kopf von ihm ab. Als sie vorsichtig wieder herumsah, lag ein Pfirsich vor ihr. Sie stieß ihn weg. Tom schob ihn ihr liebenswürdig wieder zu; sie schob ihn nochmals fort, aber weniger heftig. Tom legte ihn geduldig zum dritten Mal auf ihren Platz. „Bitte — nimm, ich hab‘ noch mehr!“ Das Mädchen lächelte bei dieser Anrede, machte aber sonst kein Zeichen des Einverständnisses. Nun begann der Bursche etwas auf seine Tafel zu zeichnen, wobei er sein Werk sorgfältig mit der Hand bedeckte. Eine Zeitlang tat das Mädel gleichgültig; aber ihre Neugier begann sich doch bald bemerkbar zu machen durch begehrliche Blicke. Tom arbeitete weiter, ohne eine Ahnung davon. Das Mädel bewerkstelligte eine Art Verrenkung, um einen Blick auf Toms Werk werfen zu können, der aber merkte noch immer nichts.

Schließlich gab sie nach und flüsterte zögernd: „Laß mich sehen!“

Tom enthüllte sofort eine klägliche Karikatur eines Hauses mit zwei schiefen Giebeln und korkzieherförmigem Rauch über dem Schornstein. Das Interesse der Kleinen an dem Werk wurde immer lebhafter, sie vergaß alles darüber. Als es beendet war, betrachtete sie es einen Moment und flüsterte dann: „Zu niedlich! Mach einen Mann!“

Der Künstler errichtete im Vordergrund einen Mann, einen wahren Mastbaum. Er hätte mit Leichtigkeit über das Haus wegsteigen können; aber die Kleine war nicht kritisch. Sie war zufrieden mit dem Monstrum.

„Ein wundervoller Mann — jetzt mach mich, wie ich daher komme!“

Tom malte so etwas wie ein Zifferblatt, darüber einen Vollmond auf einem Strohhalm von Hals, und Arme, in deren ausgespreizten Fingern ein mächtiger Fächer steckte. Das Mädchen sagte: „Reizend, Tom. Ich wollte, ich könnte auch zeichnen.“

„‘s ist ganz leicht,“ flüsterte Tom, „ich will‘s dich lehren.“

„Ja, willst du? Wann?“

„Am Mittag. Gehst du zum Essen nach Haus?“

„Wenn du bleibst, bleib ich auch.“

„Na, gut also. — Wie heißt du denn?“

„Becky Thatcher. — Und du? Ach, ich weiß: Thomas Sawyer.“

„So heiß ich, wenn ich was getan hab‘. Wenn ich brav bin, nennt man mich Tom. Du wirst mich Tom nennen, nicht wahr?“

„Ja.“

Nun begann Tom etwas auf die Tafel zu kritzeln, was das Mädchen wieder nicht sehen sollte. Aber sie ließ sich nicht mehr abweisen. Sie verlangte, es zu sehen.

„Es ist nichts,“ sagte Tom gleichgültig.

„Es ist doch was.“

„Nein, es ist nichts. Du brauchst‘s nicht zu sehen.“

„Doch, ich will‘s sehen. Ich will. — Laß mich sehen, bitte!“

„Ich will‘s dir sagen.“

„Nein, ich will nicht — ich will, ich will, ich will es sehen!“

„Aber du sagst es doch niemand? So lang du lebst?“

„Nein, ich sag‘s niemand. Jetzt laß mich sehen!“ Und sie legte ihre kleine Hand auf seine, und ein kleines Handgemenge folgte. Tom tat, als wehre er sich im Ernst, ließ aber doch seine Hand langsam abgleiten, bis die Worte sichtbar wurden:

„Ich liebe dich!“

„Garstiger Junge!“ Dabei gab sie ihm einen kleinen Klaps, schien aber doch nicht allzu böse zu sein.

Gerade in diesem schönen Moment fühlte Tom einen schweren Griff am Ohr und eine unwiderstehlich emporziehende Gewalt. So wurde er durch das Schulzimmer eskortiert und auf seinen eigenen Platz befördert, unter einem Kreuzfeuer von Spott und Gelächter der ganzen Schule. Dann blieb der Lehrer während eines schrecklichen Augenblickes neben ihm stehen und kehrte dann endlich auf seinen Thron zurück, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Aber obwohl Toms Ohr schmerzte, war sein Herz doch voll Jubel.

Als die Schule wieder beruhigt war, machte Tom einen sehr ehrenwerten Versuch, zu arbeiten, aber der Sturm in ihm war zu heftig. Dann sollte er lesen und brachte ein klägliches Gestümper zu Tage, in der Geographiestunde machte er Seen zu Bergen, Berge zu Flüssen, Flüsse zu Erdteilen, bis das Chaos wieder hereinbrach. Schließlich beim Buchstabieren wühlte er sich durch eine Menge einzelner Worte und Silben, bis er sich völlig festgerannt hatte und die Zinn-Medaille, die er vor Monaten als besondere Auszeichnung gewonnen hatte, wieder abgeben mußte.


Die Abenteuer Tom Sawyers (5)(6) The Adventures of Tom Sawyer (5)(6) Las aventuras de Tom Sawyer (5)(6) 톰 소여의 모험 (5)(6) As Aventuras de Tom Sawyer (5)(6) Приключения Тома Сойера (5)(6) Пригоди Тома Сойєра (5)(6)

Fünftes Kapitel. Fifth Chapter. Ungefähr um halb zehn Uhr begann die kleine Glocke der Kirche zu läuten, und sogleich begann das Volk zur Morgenpredigt herbeizuströmen. About nine-thirty the little bell of the church began to ring, and immediately the people began to flock to the morning sermon. Die Sonntagsschulkinder zerstreuten sich durchs ganze Haus und nahmen Plätze bei ihren Eltern ein, um unter Aufsicht zu sein. The Sunday School children scattered throughout the house and took places with their parents for supervision. Дети из воскресной школы разбрелись по дому и заняли места у родителей, чтобы быть под присмотром. Tante Polly kam, und Tom, Sid und Mary saßen bei ihr. Aunt Polly came, and Tom, Sid, and Mary sat with her. Tom wurde zunächst der Kanzel plaziert, um so weit wie möglich vom offenen Fenster und dem Sommer draußen entfernt zu sein. Tom was initially placed in the pulpit to be as far away as possible from the open window and the summer outside. Тома поставили перед кафедрой, чтобы он был как можно дальше от открытого окна и лета на улице.

Das Volk füllte die Kirche. The people filled the church. Der alte, gichtbrüchige Postmeister, der bessere Tage gesehen hatte, der Mayor und seine Frau — denn es gab einen Mayor, neben vielen anderen unnützen Dingen, — der Ortsrichter, die Witwe Douglas, zart, klein und lebhaft, eine edle, gutherzige Seele und immer obenauf (ihr Haus war das einzige steinerne im Dorf, und das gastfreieste und bei Festlichkeiten verschwenderischste, das St. The old, paralytic postmaster, who had seen better days, the mayor and his wife — for there was a mayor, among many other useless things — the magistrate, the widow Douglas, delicate, small, and lively, a noble, kind-hearted soul, and always on top (her house was the only stone one in the village, and the most hospitable and lavish on festivities, St. Старый, подагрический почтмейстер, видавший лучшие времена, мэр и его жена - ведь мэр был, помимо многих других бесполезных вещей - местный магистрат, вдова Дуглас, хрупкая, маленькая и живая, благородная, добросердечная душа, всегда на высоте (ее дом был единственным каменным в деревне и самым гостеприимным и пышным в празднествах, которые устраивал St. Petersburg aufweisen konnte); Lawyer Riverson; dann die Schönheit des Dorfes, gefolgt von einem Haufen elegant gekleideter, mit allerhand Firlefanz behangener junger Herzensbrecher; dann all die jungen Ladendiener des Dorfes, alle gleichzeitig, denn sie hatten im Vestibül gestanden, Süßholz raspelnd — eine öltriefende, einfältige Schutztruppe — bis das letzte Mädchen Spießruten gelaufen war. Petersburg); Lawyer Riverson; then the beauty of the village, followed by a bunch of smartly dressed young heartbreakers draped in all sorts of frills; then all the young shopkeepers in the village, all at the same time, because they had stood in the vestibule rasping licorice - an oil-dripping, simple-minded protection force - until the last girl had run the gauntlet. Петербург); адвокат Риверсон; затем красавица деревни, за которой следовала кучка элегантно одетых молодых сердцеедов со всевозможными безделушками; затем все молодые лавочники деревни, все одновременно, потому что они стояли в вестибюле и мило беседовали - простодушная охранительная сила, капающая маслом, - пока последняя девушка не пробежала перчатку. Und zuletzt von allen kam der Musterknabe, Willie Mufferson, seine Mutter so sorgsam an der Hand führend, als wäre sie aus Glas. And last of all came the paragon, Willie Mufferson, holding his mother's hand as carefully as if it were made of glass. И последним пришел мальчик с плаката, Вилли Мафферсон, который вел свою мать за руку так осторожно, словно она была сделана из стекла. Er brachte seine Mutter stets zur Kirche und war der Liebling aller alten Damen. He always took his mother to church and was the favorite of all the old ladies. Он всегда брал свою мать с собой в церковь и был любимцем всех старушек. Das junge Volk haßte ihn — er war zu gut; und dann war er ihnen gar zu oft als Muster vorgehalten worden. The young people hated him - he was too good; and then he had been held up to them as a pattern all too often. Молодые люди ненавидели его - он был слишком хорош собой, а потом его слишком часто ставили им в пример. Sein weißes Taschentuch hing ihm aus der Tasche — so war es damals am Sonntag Mode. His white handkerchief hung out of his pocket - that was the fashion on Sundays at that time. Tom hatte kein Taschentuch und verachtete jeden Jungen, der eins hatte. Tom had no handkerchief and despised every boy who had one. Da die Versammlung jetzt so ziemlich vollzählig war, läutete die Glocke nochmals, zur Mahnung für Nachzügler und Müßige, und dann senkte sich eine große Stille auf die Kirche, nur unterbrochen durch das Kichern und Wispern auf dem Chor. With the congregation now pretty much complete, the bell rang again, a warning to stragglers and the idle, and then a great silence fell on the church, broken only by the giggles and whispers of the choir. Теперь, когда прихожане были практически в сборе, снова зазвонил колокол, напоминая об опоздавших и уставших, а затем на церковь опустилась великая тишина, прерываемая лишь хихиканьем и шепотом в хоре. Der Chor kicherte und wisperte immer und überall während des ganzen Gottesdienstes. The choir giggled and whispered at all times throughout the service. Хор хихикал и перешептывался на протяжении всей службы. Es hat einmal einen Kirchenchor gegeben, der nicht schlecht erzogen war, aber ich weiß nicht mehr wo. There was once a church choir that was not badly behaved, but I don't remember where. Когда-то был церковный хор, который вел себя неплохо, но я не могу вспомнить, где именно. Es ist schon eine ganze Reihe von Jahren her, und ich kann mich wahrhaftig nicht mehr an die Einzelheiten erinnern — aber ich glaube, es war in einem fremden Lande. It was quite a few years ago, and I truly can't remember the details - but I think it was in a foreign country. Это было несколько лет назад, и я, честно говоря, не помню подробностей, но, по-моему, это было в другой стране.

Der Geistliche gab das Lied an und las es nach einer ganz besonderen, in dieser Gegend sehr beliebten Manier in singendem Ton herunter. The cleric introduced the song and read it down in a singing tone, in a very special manner very popular in this area. Священник объявил песню и зачитал ее певучим тоном в особой манере, которая очень популярна в этом регионе. Seine Stimme begann mit schwachem Flüstern, wuchs beständig an, bis sie einen Punkt erreichte, wo sie unter Herausstoßung des letzten Wortes plötzlich abbrach und wie ein Springbrunnen herunterplumpste. His voice began as a faint whisper, growing steadily until it reached a point where it suddenly broke off, choking out the last word, and plopped down like a fountain. Его голос начался со слабого шепота, постепенно нарастая, пока не оборвался, когда он вырвал последнее слово и обрушился вниз, как фонтан.

Er galt als wundervoller Vorleser. He was considered a wonderful reader. Bei allen kirchlichen Versammlungen wurde er aufgefordert, Verse vorzutragen, und wenn er damit fertig war, hoben die Ladies ihre Hände und ließen sie wieder in den Schoß fallen und verdrehten die Augen und schüttelten die Köpfe, als wollten sie sagen: Worte können hier nichts sagen, es ist zu wundervoll, zu wundervoll für diese Erde! At all church meetings he was asked to recite verses, and when he had finished the ladies would raise their hands and drop them back on their laps and roll their eyes and shake their heads as if to say Words can't say anything here , it's too wonderful, too wonderful for this earth! На всех церковных собраниях его просили прочесть стихи, и когда он заканчивал, дамы поднимали руки и опускали их обратно на колени, закатывали глаза и качали головами, словно говоря: "Словами здесь ничего не скажешь, это слишком прекрасно, слишком прекрасно для этой земли!

Nach dem Liede begann der Reverend Mr. Sprague eine Art Tagesbericht, indem er sich über Nachrichten von Meetings und Versammlungen und tausenderlei Dinge verbreitete, bis alle Weltlust aus dem heiligen Hause gewichen zu sein schien — eine seltsame Mode, die überall in Amerika zu finden ist, sogar in den großen Städten und bis in unser Zeitalter des Zeitungs-Überflusses hinein. After the song, the Reverend Mr. Sprague began a kind of daily report, spreading through news of meetings and gatherings and thousands of things until all the worldly lust seemed to have left the holy house - a strange fashion found all over America even in the big cities and into our age of newspaper abundance. После песни преподобный мистер Спрэг начал что-то вроде ежедневного отчета, бессвязно рассказывая о новостях с собраний и встреч и о тысяче вещей, пока вся мирская суета, казалось, не ушла из священного дома - странная мода, которую можно встретить повсюду в Америке, даже в больших городах, и даже в наш век обилия газет.

Und jetzt kam die Predigt. And now came the sermon. Es war eine gute, leutselige Predigt und ging bis ins einzelne. It was a good, affable sermon, and it went into detail. Sie beschäftigte sich mit der Kirche und mit den Kindern der Kirche; mit den anderen Kirchen des Dorfes; mit dem Dorfe selbst; mit dem Lande; mit dem Staat; mit den Behörden der einzelnen Staaten; mit den Vereinigten Staaten; mit dem Kongreß; mit dem Präsidenten; mit den Staatsdienern; mit den armen, sturmumtosten Seefahrern; mit den unter dem Joch ihrer Monarchen seufzenden Millionen Europas und des Orients; mit den Glücklichen und Reichen, die nicht Augen haben, zu sehen und Ohren, zu hören; mit den armen Seelen auf fernen Inseln; und schloß mit der Bitte, daß seine Worte auf guten Boden fallen und dereinst hundertfältige Frucht tragen möchten. She was involved with the Church and with the children of the Church; with the other churches of the village; with the village itself; with the country; with the state; with the authorities of the individual states; with the United States; with Congress; with the President; with the civil servants; with the poor storm-tossed seafarers; with the millions of Europe and the Orient groaning under the yoke of their monarchs; with the fortunate and rich who have not eyes to see and ears to hear; with the poor souls on distant islands; and concluded with the request that his words fall on good ground and may one day bear a hundredfold fruit. Amen.

Darauf folgte Kleiderrascheln, und die Versammlung setzte sich. This was followed by a rustle of clothes and the congregation sat down. Der Knabe, dessen Geschichte dieses Buch enthält, hatte keine Freude an dieser Predigt, er hörte sie einfach an — und vielleicht auch das nicht. The boy, whose story this book contains, did not enjoy this sermon, he just listened to it - and maybe not even that. Doch merkte er sich einzelne Details daraus, ganz unbewußt, denn, wie gesagt, er achtete kaum darauf, aber er kannte den Sermon des Geistlichen schon längst und bemerkte es sofort, wenn mal irgend ein neuer Passus eingeschoben war, und das empfand er dann unangenehm; er hielt Beisätze und Abweichungen von dem Althergebrachten für unnobel und unrecht. But he remembered individual details, quite unconsciously, because, as I said, he hardly paid any attention to them, but he had long been familiar with the sermons of the priest and noticed it immediately whenever a new passage was inserted, and he found that unpleasant ; he considered additions and deviations from the traditional to be ignoble and wrong.

Während der Predigt setzt sich eine Fliege auf den Sitz des Kirchenstuhls vor ihm und marterte ihn durch das fortwährende Aneinanderreiben ihrer Beine. During the sermon, a fly settled on the seat of the pew in front of him and tormented him with the constant rubbing of their legs. Dann umarmte sie ihren eigenen Kopf und drückte ihn so stark, daß die Glieder am Kopfe angewachsen zu sein schienen, fesselte ihre Flügel mit den Hinterbeinen und preßte sie an den Körper, wie einen Überrock und verrichtete ihre ganze Toilette mit einer Ruhe, als fühle sie sich vollkommen sicher. Then she embraced her own head and squeezed it so hard that the limbs on the head seemed to have grown together, tied her wings with her hind legs and pressed them to her body like an overskirt, and performed all her toiletry with a calmness as if she were feeling absolutely sure. Und so war es auch. Denn als sich Toms Hand ihr näherte, um sie zu erwischen, blieb sie ruhig sitzen. — Tom dachte, wenn sich ihm diese Beschäftigung bei Beginn der Predigt geboten hätte, würde es ein angenehmer Zeitvertreib für seinen Geist gewesen sein. - Tom thought that if this had been a preoccupation with him when the sermon began, it would have been a pleasant pastime for his mind. — Aber beim Schlußsatz begann seine Hand sich zu krümmen und sich vorwärts zu bewegen; und im Augenblick, da das „Amen“ gesprochen wurde, war die Fliege eine Kriegsgefangene. — But at the end his hand began to curl and move forward; and the moment the "Amen" was said, the fly was a prisoner of war. Seine Tante sah es und veranlaßte ihre Befreiung. His aunt saw it and arranged for her to be rescued.

Der Geistliche gab seinen Text an und behandelte den ersten Teil mit so gründlicher Langweile, daß manch ein Kopf zu nicken begann; ein anderer Teil wieder war so voll Feuer und Schwefel und setzte der Versammlung so zu, daß sie ganz geknickt und so klein und nichtig erschien, daß es kaum der Erwähnung wert ist. The cleric gave his text, and treated the first part with such thorough boredom that many a head began to nod; another part was so full of fire and brimstone, and so afflicted the assembly that it seemed quite broken and so small and insignificant that it is scarcely worth mentioning.

Tom zählte die Seiten der Predigt, und nach dem Gottesdienst wußte er stets ganz genau, wie viel es gewesen waren, aber über die Predigt selbst wußte er selten etwas anzugeben. Tom counted the pages of the sermon, and after the service he always knew exactly how many there had been, but he rarely knew anything about the sermon itself. Diesmal indessen gab er doch für eine kleine Weile Obacht. This time, however, he took care for a little while. Der Geistliche gab eine lange und rührende Schilderung vom Wiedersehen irdischer Schafe im Paradiese, wenn Löwe und Lamm beieinander liegen würden und ein kleines Kind sie am Gängelbande führen könnte. The clergyman gave a long and touching description of the reunion of earthly sheep in paradise, when a lion and lamb were lying together and a small child could lead them by a gang of tails. Aber Pathos, Eifer, Moral — alles war verloren an dem kleinen Burschen; er dachte bloß an die Herrlichkeit dieses Heldendarstellers unter den unsichtbaren Wesen; und er stellte sich vor, wie schön es sein müsse, dieses Kind darzustellen — wenn der Löwe ein zahmer Löwe sein würde. But pathos, zeal, morality—everything was lost in the little fellow; he thought only of the glory of this hero-actor among the invisible beings; and he imagined how beautiful it would be to represent this child—if the lion were a tame lion.

Bei der Schlußbetrachtung geriet er dann wieder in tiefe Leiden. At the conclusion he fell into deep suffering again. Er erinnerte sich plötzlich eines Schatzes, den er besaß und zog ihn hervor. He suddenly remembered a treasure he possessed and pulled it out. Es war ein großes, schwarzes Ungeheuer, mit schrecklichen Kinnbacken — Kneifzangen, sagte Tom. It was a great black monster, with terrible jaws—pincers, said Tom. Es befand sich in einer Zündholzschachtel. It was in a matchbox. Das erste, was das Tier tat, war, ihn in den Finger zu beißen. The first thing the animal did was to bite his finger. Ein tüchtiger Nasenstüber folgte, und das Tier flog in einen Kirchenstuhl, wo es liegen blieb — der verwundete Finger wanderte in Toms Mund. There was a good flick of the nose, and the animal flew into a pew, where it remained lying—the wounded finger went into Tom's mouth. Das Tier lag auf dem Rücken, hilflos mit den Beinen strampelnd, unfähig, aufzustehen. The animal lay on its back, kicking its legs helplessly, unable to get up. Tom sah es und griff danach, aber es befand sich außerhalb seines Bereiches. Tom saw it and reached for it, but it was outside his range. Irgend jemand wollte sich auf den Stuhl niederlassen, sah das Tier ebenfalls und warf es kurzerhand herunter. Someone wanted to sit down on the chair, saw the animal as well and threw it down without further ado.

Plötzlich kam ein herrenloser Pudel des Weges, trübselig, faul infolge der Sommerhitze, gelangweilt durch die Gefangenschaft, und sich nach einem Abenteuer umsehend. Suddenly a stray poodle came along the way, morose, lazy from the summer heat, bored with captivity, and looking for an adventure. Er entdeckte das Tier. He discovered the animal. Sein Schwanz richtete sich empor und begann zu wedeln. His tail straightened up and began to wag. Er betrachtete seinen Fund, ging um ihn herum, beschnüffelte ihn aus sicherer Entfernung, ging wieder im Kreis herum, kam näher und beschnüffelte ihn dreister, hob dann die Lefzen, schnappte nach ihm, ohne ihn zu fassen, wiederholte diese Prozedur mehrmals, begann zu spielen, legte sich, das Tier zwischen den Pfoten, und setzte seine Untersuchungen fort, wurde bald müde, gleichgültig und vergaß schließlich sein Spielzeug. He looked at his find, walked around it, sniffed it from a safe distance, circled again, came closer and sniffed it more brazenly, then raised its lips, snapped at it without catching it, repeated this procedure several times, began to play, lie down with the animal between his paws and continue his investigations, soon becoming tired, indifferent and finally forgetting his toys. Sein Kopf sank herab, und sein Kinn drückte immer mehr auf den Feind, welcher ihn plötzlich gepackt hielt. His head sank down and his chin pressed more and more on the enemy, who suddenly held him. Es ertönte ein scharfes Geheul, des Pudels Kopf schnellte in die Höhe, und das Tier flog ein paar Meter weit fort und lag nun wieder hilflos auf dem Rücken. There was a sharp howl, the poodle's head snapped up, and the animal flew a few yards away and lay helplessly on its back again. Die nächstsitzenden Zuschauer stießen sich mit geheimem Vergnügen an, einzelne Gesichter verschwanden hinter Fächern und Taschentüchern, und Tom war ganz glücklich. The nearest spectators nudged each other with secret amusement, individual faces disappeared behind fans and handkerchiefs, and Tom was quite happy. Der Hund machte ein böses Gesicht und war wohl auch so gestimmt. The dog made an angry face and was probably in the same mood. Er war im Herzen gekränkt und brütete Rache. His heart was broken and he plotted revenge. So ging er wieder zu dem Tier und machte einen neuen, heftigen Angriff, indem er von verschiedenen Punkten eines Kreises aus, dessen Mittelpunkt sein Opfer bildete, auf dieses zusprang, mit den Vorderpfoten dicht vor seinen Augen fuchtelte, mit den Zähnen nach ihm schnappte und den Kopf dicht vor ihm schüttelte, daß die Ohren flogen. So he went back to the beast and made a new, violent attack, jumping from different points of a circle, whose center was his victim, on this, with his forepaws pressed close to his eyes, with his teeth snapped at him and his head shook close to him, his ears flying. Nach einer Weile wurde es ihm wieder langweilig. After a while, he got bored again. Er begann ein Spiel mit einer Fliege, aber das bot keinen rechten Ersatz. He started a game with a fly, but that did not provide a right replacement. Darauf lief er ein paarmal im Kreis herum, die Schnauze dicht an der Erde und bekam auch das satt. He then ran around in circles a few times, snout close to the ground, and got his fill of that too. Er gähnte, seufzte, vergaß das Tier völlig und setzte sich gerade darauf. He yawned, sighed, completely forgot about the animal and sat straight on it. Wieder ein durchdringender Schrei, und der Pudel sprang hilfesuchend auf einen Stuhl. Another piercing scream and the poodle jumped onto a chair for help. Das Geschrei dauerte fort, und der Pudel tanzte dicht vor dem Altar herum, lief einen Gang hinunter, sprang an der Tür in die Höhe und flehte um menschliche Hilfe. The screaming continued, and the poodle danced around close to the altar, ran down an aisle, jumped up in the air at the door, and begged for human help. Seine Angst nahm fortwährend zu, bis er plötzlich wie ein behaarter Komet in seinem Weltenraum herumfuhr. His fear kept increasing until suddenly he was spinning around in his space like a hairy comet. Schließlich verließ der zum Wahnsinn getriebene Dulder seine Bahn und sprang auf den Schoß seines Herrn. Finally the maddened sufferer left his path and jumped onto his master's lap. Dieser warf ihn aus dem Fenster, und die Stimme des unglücklichen Geschöpfes entfernte sich und erstarb in der Ferne. He threw him out of the window, and the unfortunate creature's voice receded and died away in the distance.

Inzwischen saß die ganze Versammlung, rot vor unterdrücktem Lachen, und die Predigt hatte völlig aufgehört. By now the whole congregation was sitting, red with suppressed laughter, and the preaching had stopped completely. Jetzt wurde sie wieder aufgenommen, aber sie ging stockend und abgerissen vor sich, und mit der Aufmerksamkeit war es nichts mehr. Now it was taken up again, but it went on haltingly and torn off, and with the attention it was nothing more. Denn selbst die heiligste Andacht war beeinflußt durch schlecht unterdrückte höchst unheilige Heiterkeit, als wenn der arme Geistliche irgend einen schlechten Witz gemacht hätte. For even the most sacred devotion was affected by ill-suppressed most unholy merriment, as if the poor cleric had made some bad joke. Es bedeutete eine wahre Erleichterung für die Versammlung, als der Gottesdienst zu Ende und der Segen gesprochen war. It meant a real relief for the congregation when the service was over and the blessing said.

Tom schlenderte höchst gemütlich heim und dachte bei sich, so ein Gottesdienst wäre doch ganz nett, wenn ein bißchen Abwechselung dabei sei. Tom strolled home very comfortably, thinking to himself that a service like this would be nice if there was a bit of variety. Nur ein Gedanke quälte ihn; er hatte allerdings die Absicht gehabt, den Hund mit seiner „Beißzange“ spielen zu lassen, aber er hätte sie nicht fortschleppen sollen. Only one thought tormented him; he had intended to let the dog play with his "pincers," but he shouldn't have dragged them away.

Sechstes Kapitel. Chapter Six. Der Montagmorgen fand Tom höchst übler Laune. Monday morning found Tom in a most foul mood. Jeder Montagmorgen fand ihn so, denn er eröffnete eine neue Woche voll von Schul-Leiden und -Sorgen. Every Monday morning found him like this, as he opened a new week full of school woes and worries.

Stets wurde dieser Tag mit Seufzen begonnen; er hätte in diesem Augenblick gewünscht, daß es gar keine die Woche unterbrechenden Feiertage geben möge; denn doppelt schwer war es danach, sich in neue Sklaverei und Fronarbeit zu begeben. This day was always started with sighs; At that moment he would have wished that there shouldn't be any bank holidays interrupting the week; because afterwards it was doubly difficult to go into new slavery and slave labor.

Tom lag und dachte nach. Tom lay and thought. Plötzlich kam ihm dann der Wunsch, krank zu sein, um zu Hause bleiben zu können. Suddenly, he then felt the desire to be sick so that he could stay at home. Das war ein Gedanke. That was a thought. Er überlegte sich die Sache. He considered the matter. Aber er konnte keine Krankheit finden und grübelte und grübelte. But he could not find any disease and brooded and brooded. Einmal glaubte er Anzeichen von Kolik zu entdecken und fing bereits an, sich trügerischen Hoffnungen hinzugeben. At one point, he thought he detected signs of colic and was already beginning to entertain deluded hopes. Aber bald wurden diese Symptome wieder schwächer, um endlich ganz zu verschwinden. But soon these symptoms became weaker again, to finally disappear completely. Also mußte er weiter denken. So he had to think ahead. Plötzlich entdeckte er etwas. Suddenly he discovered something. Einer seiner Oberzähne war locker. One of his upper teeth was loose. Das war ein Glücksfall. That was a stroke of luck. Er war im Begriff, anzufangen zu stöhnen („Starter“ pflegte er eine solche Improvisation zu nennen), als ihm noch rechtzeitig einfiel, daß seine Tante, wenn er damit zutage trat, den Zahn ganz einfach ausziehen würde, und das würde weh tun. He was about to start moaning ("starter," he used to call such an improvisation) when it occurred to him in time that if he exposed it, his aunt would simply pull the tooth out, and that would hurt. So nahm er sich vor, die Sache mit dem Zahn in Reserve zu halten und nach etwas anderem zu suchen. So he took it upon himself to hold the tooth thing in reserve and look for something else. Während einiger Zeit wollte ihm nichts einfallen, dann aber entsann er sich, den Doktor von einem gewissen „Etwas“ reden gehört zu haben, das zwei oder drei Wochen auf einem Patienten gelastet und ihn beinahe einen Finger gekostet habe. For a while he couldn't think of anything, but then he remembered hearing the doctor talk about a certain "something" that had weighed on a patient for two or three weeks and almost cost him a finger. So zog er seine wunde Zehe unter der Bettdecke hervor und unterzog sie einer genauen Untersuchung. So he pulled his sore toe out from under the covers and examined it closely. Jetzt aber wußte er nicht, welches die nötigen Symptome seien. But now he did not know what the necessary symptoms were. Immerhin schien sich hier eine Aussicht zu bieten, er fing also voll Geistesgegenwart an, zu stöhnen. At least there seemed to be a view here, so he started moaning full of presence of mind.

Aber Sid schlief felsenfest. But Sid was fast asleep.

Tom stöhnte lauter und bildete sich ein, in seiner Zehe wirklich Schmerz zu empfinden. Tom moaned louder and fancied he actually felt pain in his toe.

Keine Wirkung auf Sid. No effect on Sid.

Tom fing an, vor Anstrengung Herzklopfen zu bekommen. Tom was starting to get palpitations from the exertion. Er machte einen letzten Versuch, sog sich voll Luft und stieß eine Reihe wundervoller Seufzer heraus. He made one last attempt, sucked in a full breath, and let out a series of wonderful sighs.

Sid schnarchte weiter. Sid continued to snore.

Tom wurde schlimm. Tom got bad. „Sid, Sid,“ sagte er und stieß ihn an. "Sid, Sid," he said, nudging him. Der Stoß wirkte, und Tom konnte wieder anfangen, zu stöhnen. The push worked and Tom could start moaning again. Sid gähnte, streckte sich, richtete sich auf einem Ellbogen auf und begann Tom anzustarren. Sid yawned, stretched, straightened on one elbow, and began to stare at Tom. Tom stöhnte aus Leibeskräften. Tom moaned at the top of his lungs.

Sid sagte: „Tom, du, Tom!“ Sid said, "Tom, you, Tom!"

Keine Antwort. No answer.

„So hör doch, Tom, Tom! "So listen, Tom, Tom! Was hast du, Tom?“

Und er stieß ihn an und schaute ihm ängstlich ins Gesicht. And he nudged him and looked fearfully into his face.

Tom mit kläglicher Stimme: „Tu‘s nicht, Sid. Tom in a piteous voice: "Don't do it, Sid. Stoß mich nicht!“

„Warum — was gibt‘s, Tom? "Why - what's up, Tom? Ich will Tante rufen.“ I want to call Auntie."

„Nein, nein! Es wird schon allmählich vorübergehen. It will already pass gradually. Ruf niemand.“ Call no one."

„Aber, ich muß es tun! "But, I have to do it! Stöhn‘ nicht so, Tom, es ist gräßlich! Don't moan like that, Tom, it's horrible! Wie lange dauert das schon?“ How long has this been going on?"

„Stundenlang! "For hours! Au, au!! Ow, ow!! Stör‘ mich nicht, Sid, du wirst mich töten!“ Don't bother me Sid, you'll kill me!"

„Tom, warum hast du mich nicht früher geweckt? "Tom, why didn't you wake me up earlier? Nicht, Tom, tu‘s nicht! Don't, Tom, don't! Es geht mir durch und durch, das zu hören! It goes right through me to hear that! — Sag, Tom! ?“ ?"

„Ich vergebe dir alles, Sid. "I forgive you for everything, Sid. (Stöhnen.) Alles, was du mir mal getan hast. Everything you once did to me. Wenn ich tot bin —“

„Tom, du bist verrückt, glaub‘ ich! "Tom, you're crazy, I think! Du sollst nicht sterben — nicht, Tom?“ You're not supposed to die - are you, Tom?"

„Ich vergebe allen, Sid. "I forgive everyone, Sid. (Stöhnen.) Sag‘s ihnen, Sid. Tell them Sid. — Und Sid, meine gelbe Türklinke und meine Katze — die mit dem einen Auge — sollst du dem neuen Mädchen geben, das gestern gekommen ist, und sag‘ ihr —“ - And Sid, my yellow doorknob and my cat - the one with the one eye - I want you to give it to the new girl who came yesterday, and tell her -"

Aber Sid war in seine Kleider gefahren und war fortgelaufen. But Sid had gotten into his clothes and had run away. Tom stöhnte jetzt wirklich, so lebhaft hatte er sich alles eingebildet; so hatte sein Stöhnen einen ganz natürlichen Ton bekommen. Tom was really moaning now, so vividly had he imagined it all; so his moans had taken on a very natural tone.

Sid flog hinunter und schrie: „O, Tante Polly, komm, Tom stirbt!“ Sid flew down and yelled, "Oh, Aunt Polly, come on, Tom's dying!"

„Stirbt? "¿Muere? !“

„Ja doch! "¡Sí, pero! Komm doch nur schnell!“ Just come quickly!"

„Ach Unsinn! "Oh nonsense! Ich glaub‘s nicht.“ I don't believe it."

Trotzdem rannte sie die Treppe hinauf, Sid und Mary hinter ihr drein. Still, she ran up the stairs, Sid and Mary behind her. Aun así, subió corriendo las escaleras, Sid y Mary detrás de ella. Ihr Gesicht war ganz weiß, und die Lippen bebten. Her face was all white, and her lips quivered. Am Bett angekommen, stieß sie aus: When she got to bed she uttered:

„Tom, Tom! "Tom, Tom! Was ist das mit dir?“ What is it with you?"

„Ach, Tante, ich —“ "Oh, Auntie, I -"

„Was ist mit dir? Was ist mit dir, Kind?“ What about you, child?"

„Ach, Tante, meine wehe Zehe tut so schrecklich weh!“ "Oh, aunt, my sore toe hurts so badly!"

Die alte Dame fiel in einen Stuhl, lachte ein wenig, weinte ein wenig, dann beides gleichzeitig. The old lady fell into a chair, laughed a little, cried a little, then both at the same time. Das erleichterte sie, und sie sagte: „Tom, wie hast du mich erschreckt! This relieved her and she said, "Tom, how you scared me! Aber nun fertig mit dem Unsinn, aufstehen!“ But now finish with the nonsense, get up!"

Das Stöhnen hörte auf, und der Schmerz wich aus der Zehe. The moaning stopped and the pain went away from the toe. Tom kam sich ein bißchen töricht vor und sagte kleinlaut: „Tante Polly, es schien schrecklich und tat so weh, daß ich sogar meinen Zahn darüber vergessen hatte.“ Tom felt a bit foolish and said meekly: "Aunt Polly, it seemed terrible and it hurt so much that I even forgot my tooth about it."

„So, deinen Zahn! "So, your tooth! Was ist denn mit deinem Zahn?“ What's wrong with your tooth?"

„Einer ist lose und tut ganz schrecklich weh!“ "One is loose and hurts really bad!"

„Na, schon gut, schon gut! Fang nur nicht wieder an zu stöhnen! Just don't start moaning again! Mund auf! Open your mouth! ¡abre la boca! Ja, der Zahn ist lose, aber du wirst nicht dran sterben. Yes, the tooth is loose, but you won't die from it. Mary, gib mir ein Stück Faden und eine glühende Kohle aus dem Ofen!“ Mary, give me a piece of thread and some glowing coal from the stove! "

„Ach, bitte, bitte, Tante,“ bettelte Tom, „nicht ausziehen, ‘s tut gar nicht mehr weh! "Oh, please, please, Auntie," Tom begged, "don't take it off, 'tisn't hurting any more! Ich will nicht mehr aufstehen können, wenn‘s noch weh tut! I don't want to be able to get up when it still hurts! Bitte, tu‘s nicht, Tante! Please, don't do it, auntie! Ich will ja gar nicht mehr aus der Schule bleiben!“ I don't even want to stay out of school anymore!"

„Wirklich nicht? "Really not? Also all der Lärm, weil du aus der Schule bleiben wolltest und fischen gehen, wahrscheinlich? So all that noise because you wanted to stay out of school and go fishing, probably? Tom, Tom, ich habe dich so lieb, und du scheinst keinen anderen Wunsch zu haben, als mein altes Herz zu brechen mit deinen Torheiten!“ Tom, Tom, I love you so, and you seem to have no other desire than to break my old heart with your follies!"

Inzwischen waren die zahnärztlichen Marterwerkzeuge gekommen. In the meantime the instruments of dental torture had arrived. Die alte Dame legte das eine Ende der Schnur um Toms Zahn, das andere um den Bettpfosten. The old lady tied one end of the string around Tom's tooth and the other around the bedpost. Dann nahm sie die Kohle und hielt sie plötzlich dicht vor Toms Gesicht. Then she took the coal and suddenly held it close to Tom's face. Im nächsten Augenblick hing der Zahn am Bettpfosten. The next moment, the tooth was hanging on the bedpost.

Aber jedes Unglück hat sein Gutes. But every misfortune has its good. Als Tom nach dem Frühstück zur Schule bummelte, war er der Gegenstand des Neides bei allen Jungen, denn die Lücke in seiner Zahnreihe befähigte ihn, auf ganz neue und wunderbare Weise auszuspucken. Strolling to school after breakfast, Tom was the object of the envy of all the boys, for the gap in his row of teeth enabled him to spit in a whole new and wonderful way. Bald hatte er ein ganzes Gefolge, das seinen Vorführungen mit höchstem Interesse beiwohnte. He soon had a whole entourage who attended his performances with the greatest interest. Und einer mit einem geschnittenen Finger, der bisher der Mittelpunkt der Verehrung und Bewunderung gewesen war, sah sich auf einmal ohne Anhänger und seines Glanzes beraubt. And one with a cut finger, who had hitherto been the focus of admiration and admiration, suddenly saw himself without a follower and robbed of his shine. Das Herz wurde ihm schwer und eine Verachtung heuchelnd, die er nicht fühlte, meinte er, es wäre wohl was Rechtes, ausspucken zu können wie Tom Sawyer. His heart grew heavy and feigning a contempt that he did not feel, he said it would be right to be able to spit like Tom Sawyer. Aber die anderen riefen ihm zu: „Saure Trauben!“ und er ging davon — ein gestürzter Held. But the others called out to him, "Sour grapes!" and he walked away—a fallen hero.

Kurz darauf begegnete Tom dem jugendlichen Paria des Dorfes, Huckleberry Finn, dem Sohn des Dorf-Trunkenboldes. Shortly thereafter, Tom met the village's youthful pariah, Huckleberry Finn, son of the village drunkard. Huckleberry war riesig verhaßt und gefürchtet bei allen Müttern des Ortes, denn er war unerzogen, ruchlos, gemein und schlecht — und deswegen von allen Kindern so bewundert und seine Gesellschaft so gesucht und ihr Wunsch so heiß, zu sein wie er. Huckleberry was immensely hated and feared by all the mothers of the place, for he was rude, nefarious, mean, and wicked—and therefore so admired by all the children, and so sought after his company, and so keen on their desire to be like him. Tom war, wie alle wohlerzogenen Knaben, neidisch auf Huckleberrys freies, ungehindertes Leben und hatte strengen Befehl, nicht mit ihm zu spielen. Tom, like all well-bred boys, was envious of Huckleberry's free life and had strict orders not to play with him. Natürlich spielte er darum erst recht mit ihm, wo sich‘s tun ließ. Of course, that's why he played with him wherever he could.

Huckleberry war stets in abgelegte Kleider Erwachsener gekleidet, und diese Kleider mußten jahrelang aushalten und flogen in Fetzen um ihn herum. Huckleberry was always dressed in adult discarded clothes, and those clothes had to endure for years, flying in tatters around him.

Sein Hut war eine trostlose Ruine, mit großen Lücken in dem herunterhängenden Rande. His hat was a desolate ruin, with large gaps in the drooping brim. Sein Rock — wenn er einen hatte — baumelte ihm fast bis auf die Hacken und hatte die hinteren Knöpfe in der Höhe des Knies. His skirt - if he had one - dangled almost to his heels and had the buttons in the back at knee level. Ein Tragband hielt seine Hosen. A tie held his pants. Der Hosenboden hing sackartig hinunter — ein luftleerer Raum, sozusagen. The bottom of the pants hung down like a sack - a vacuum, so to speak. Huckleberry kam und ging, wie er mochte. Huckleberry came and went as he liked. Er schlief auf Türschwellen bei schönem Wetter und in Regentonnen bei schlechtem; er brauchte weder zur Schule zu gehen, noch zur Kirche, keinen Herrn anzuerkennen und niemand zu gehorchen. He slept on doorsteps when the weather was nice and in rain barrels when it was bad; he had no need to go to school, no church, no master to acknowledge, and no one to obey. Er konnte fischen und schwimmen, wann und wo er nur wollte, und sich dabei solange aufhalten, wie es ihm beliebte. He could fish and swim whenever and wherever he wanted, staying as long as he pleased. Im Frühling war er stets der erste, der barfuß lief und der letzte, der im Herbst sich wieder in das dumme Leder bequemte. In spring he was always the first to walk barefoot and the last to relax in the stupid leather again in autumn. Er brauchte sich weder zu waschen, noch reine Kleider anzuziehen. He did not need to wash or put on clean clothes. Fluchen konnte er herrlich. He could swear wonderfully. Mit einem Worte — was das Leben kostbar machte — er hatte es. In a word - what made life precious - he had it. So dachten alle die wohlerzogenen, sittsamen, respektablen Buben in St. So thought all the well-mannered, demure, respectable boys in St. Petersburg. Petersburg.

Tom rief den romantischen Helden sofort an: „Holla, Huckleberry!“ Tom immediately called the romantic hero, "Holla, Huckleberry!"

„Holla, du, wie geht‘s dir?“ "Holla, you, how are you?"

„Was hast du da?“ "What do you have there?"

„Ne tote Katze.“ "A dead cat."

„Laß sehen, Huck. "Let's see, Huck. Donnerwetter, wie steif sie ist! Gosh, how stiff she is! Woher hast du die?“ Where did you get those?"

„Von ‘nem Jungen gekauft.“ "Bought from a boy."

„Was hast du dafür gegeben?“ "What did you give for it?"

„Einen blauen Zettel und eine Schweinsblase aus dem Schlachthaus.“ "A blue slip and a pig's bladder from the slaughterhouse."

„Und woher hattest du den blauen Zettel?“ "And where did you get the blue note from?"

„Vor zwei Wochen von Ben Rogers für einen Stock gekauft.“ "Bought two weeks ago from Ben Rogers for a stick."

„Sag — was machst du mit der toten Katze?“ "Say - what are you doing with the dead cat?"

„Was? "What? Warzen heilen.“ Cure Warts."

„So. "So. Wirklich? Really? Ich weiß was Besseres.“ I know better than that."

„Wird was sein! "Will be something! Was ist‘s denn?“ What is it?"

„Na — faules Wasser!“ "Well - rotten water!"

„Faules Wasser! "Rotten water! Geb dir keinen Heller für dein faules Wasser!“ Don't give you a penny for your rotten water! "

„So, nicht? "Like that, right? Hast du‘s vielleicht probiert?“ Have you maybe tried it?"

„Ich nicht, Bob Tanner.“ "Not me, Bob Tanner."

„Wer hat dir das gesagt?“ "Who told you that?"

„Na, er hat‘s Jeff Thatcher gesagt, und Jeff hat‘s Johnny Baker gesagt, und Johnny dem Jim Hollis, und Jim Hollis dem Ben Rogers, und Ben sagte‘s ‘nem Neger, und der hat‘s mir gesagt. "Well, he told Jeff Thatcher, and Jeff told Johnny Baker, and Johnny told Jim Hollis, and Jim Hollis told Ben Rogers, and Ben told a Negro, and he told me. So, nun weißt du‘s!“ So, now you know!"

„Na, weißt du, die haben alle gelogen. "Well, you know, they were all lying. "Bueno, ya sabes, todos mintieron. Alle, bis auf den Neger, den kenn ich nicht. I don't know all of them, except for the negro. Aber ich hab‘ nie einen Neger gesehen, der nicht gelogen hätte. But I never saw a Negro who didn't lie. Aber sag‘ doch, wie macht‘s Bob Tanner denn, Huck?“ But tell me, how's Bob Tanner doing, Huck?"

„Na, er nimmt seine Hand und taucht sie in einen verfaulten Baumstumpf, worin faules Wasser ist.“ "Well, he takes his hand and dips it in a rotten stump that has putrid water in it."

„Am Tage?“ "During the day?"

„Natürlich!“ "Of course!"

„Mit dem Gesicht nach dem Baum?“ "Facing the tree?"

„Ja — das heißt, ich glaube.“

„Sagte er was?“ "Did he say anything?"

„Ich glaube nicht — aber ich weiß nicht.“ "I don't think so - but I don't know."

„Na — der will darüber sprechen, wie man Warzen heilt — so ein alter Schafskopf! “Well - he wants to talk about how to cure warts - what an old sheep's head! Da hätt‘ er auch sonst was tun können! He could have done something else! Also, du mußt mitten in den Wald gehen, wo du weißt, daß ein Baumstamm mit faulem Wasser ist, und gerade um Mitternacht mußt du das Gesicht gegen den Baum wenden und die Hand hineinstecken, und dann sagst du: So, you have to go into the middle of the forest where you know there is a log with rotten water, and just at midnight you have to turn your face against the tree and put your hand in, and then you say:

‚Ist das Wasser faul und dumpf — Frißt‘s die Warz‘ mit Stiel und Stumpf!‘ 'If the water is lazy and dull - the wart will eat it with stem and stump!'

und dann trittst du langsam zurück, elf Schritt, mit geschlossenen Augen, und dann drehst du dich dreimal herum und gehst nach Hause, ohne mit jemand zu sprechen. and then you step back slowly, eleven steps, with your eyes closed, and then you turn around three times and go home without talking to anyone. Denn sonst hilft‘s nichts.“ Because if you don't, it's not going to help."

„Ja, das kann sein; aber Bob Tanner hat‘s anders gesagt.“ "Yes, that may be; but Bob Tanner said otherwise."

„Na, weißt du, dann versteht er‘s halt nicht. "Well, you know, then he just doesn't get it. Darum hat er auch am meisten Warzen von allen im Dorf, und er hätte nicht eine, wenn er das mit dem faulen Wasser wüßte, wie‘s ist. That's why he has the most warts of anyone in the village, and he wouldn't have one if he knew what it was like with the rotten water. Ich hab‘ auf diese Weise tausend Warzen fortgekriegt, Huck. I got rid of a thousand warts that way, Huck. Ich bekomme so viel Frösche in die Hand, daß ich immer eine Masse Warzen habe. I get my hands on so many frogs that I always have a mass of warts. — Zuweilen mach‘ ich sie mit ‘ner Bohne ab.“ - Sometimes I take them down with a bean. "

„Ja, Bohne ist gut, damit hab‘ ich‘s auch schon gemacht.“ "Yeah, bean is good, I've done it with that too."

„So? Wie machst du‘s denn?“ How do you do it?"

„Na, man nimmt die Bohne und schneidet sie durch, und dann schneidet man die Warze, bis Blut herauskommt, und dann läßt man das auf die eine Hälfte der Bohne tropfen, und dann nimmt man die und gräbt bei Vollmond am Kreuzweg ein Grab, und da tut man sie dann hinein. "Well, you take the bean and you cut it, and then you cut the wart until blood comes out, and then you let that drip onto one half of the bean, and then you take that and dig a grave at the crossroads under the full moon, and then you put them in there. Dann, weißt du, zieht die eine Hälfte der Bohne, wo das Blut darauf ist, die andere Hälfte an, und so hilft das Blut, um die Warze fortzuziehen, so lang, bis sie fort ist.“ Then, you know, half of the bean where the blood is on attracts the other half, and so the blood helps to pull the wart away until it's gone."

„Ja, Huck, das ist ganz richtig. "Yes, Huck, that is quite true. Nur, wenn du sie begräbst und dazu sagst: ‚Bohne fort — komm nicht mehr an diesen Ort,‘ ist‘s noch besser. Only if you bury her and say: 'Bean gone — don't come back to this place,' is even better. So macht‘s John Harper, und der ist schon mal bis Coonville und überall gewesen. That's how John Harper does it, and he's been to Coonville and everywhere. Aber sag‘ — wie heilst du sie denn mit ‘ner toten Katze?“ But tell me - how do you heal her with a dead cat?"

„Weißt du, du nimmst die Katze und gehst auf den Kirchhof gegen Mitternacht, dahin, wo ein Gottloser begraben ist. "You know, you take the cat and go to the churchyard around midnight, where an ungodly man is buried. Wenn‘s dann Mitternacht ist, kommt ein Teufel — oder auch zwei oder drei — du kannst ihn aber nicht sehen, sondern hörst nur so was wie den Wind, oder hörst ihn sprechen. Then, when it's midnight, a devil comes - or two or three - but you can't see him, you just hear something like the wind, or hear him talking. Und wenn sie dann den Kerl fortschleppen, wirfst du die Katze hinterher und rufst: And then when they drag the guy away, you throw the cat after him and call out:

‚Teufel hinterm Leichnam her, Katze hinterm Teufel her, Warze hinter der Katze her — Seh‘ euch alle drei nicht mehr!‘ 'Devil after corpse, cat after devil, wart after cat - See you all three no more!'

Das heilt jede Warze.“ It will cure any wart."

„Das läßt sich hören. "That's worth listening to. Hast du‘s schon mal versucht, Huck?“ Have you ever tried it, Huck?"

„Nein, aber die alte Hopkins hat‘s mir erzählt.“ "No, but old lady Hopkins told me."

„Ja, ich glaub‘, ‘s ist so, denn die sieht aus wie ‘ne Hexe.“ "Yes, I think 'tis so, for she looks like a witch."

„Das glaub‘ ich! "I believe that! Weißt du, Tom, sie ist eine Hexe! You know, Tom, she's a witch! Sie hat meinen Alten behext. She bewitched my old man. Er hat‘s selbst gesagt. He said it himself. Er begegnete ihr mal ganz allein und sah, daß sie ihn behexen wollte, da hob er einen Stein auf, und wenn sie sich nicht gebückt hätte, hätt‘ er sie geworfen. Once he met her all alone and saw that she wanted to bewitch him, so he picked up a stone, and if she had not bent down, he would have thrown it. Na, in der Nacht darauf fiel er von einem Schuppen, auf dem er besoffen gelegen hatte, und brach den Arm.“ Well, the next night he fell off a shed where he had been lying drunk and broke his arm."

„Das ist ja schrecklich! "That's terrible! Woher wußte er, daß sie ihn behext hatte?“ How did he know she had bewitched him?"

„Gott, das weiß mein Alter halt. "God, my old man just knows that. Er sagt, wenn die dich recht steif anschaut, behext sie dich, besonders wenn sie dabei murmelt. He says that when she looks at you quite stiffly, she bewitches you, especially when she mumbles while doing so. Dann spricht sie nämlich das Vaterunser rückwärts.“ Because then she says the Lord's Prayer backwards."

„Sag, Huck, wann willst du das mit der Katze probieren?“ "Say, Huck, when are you going to try that cat thing?"

„Diese Nacht. "That night. Ich denke, sie werden diese Nacht den alten Hoss Williams holen.“ I think they're going to get old Hoss Williams that night."

„Aber der ist doch am Samstag schon beerdigt, Huck. "But he's already buried on Saturday, Huck. Haben sie ihn nicht schon Samstag nacht geholt?“ Did not you get him on Saturday night? "

„Ach, Unsinn! "Oh, nonsense! Wie konnten sie‘s denn vor Mitternacht? How could they do it before midnight? Und dann war‘s Sonntag. And then it was Sunday. Am Sonntag kommen doch die Teufel nicht herauf!“ Surely the devils don't come up on Sunday!"

„Daran hab‘ ich nicht gedacht. "I didn't think of that. Dann ist‘s richtig. Then it's right. Darf ich mitgehen?“ Can I go with you?"

„Meinetwegen — wenn du dich nicht fürchtest?“ "All right - if you're not afraid?"

„Fürchten? "Fear? Das ist das wenigste. That's the least of it. Willst du miauen?“ Do you want to meow?"

„Ja, und du mußt auch miauen, wenn du kommen kannst. "Yes, and you must also meow when you can come. Letztes Mal hast du mich so lange warten lassen, bis der alte Hays einen Stein nach mit warf und schrie: ‚Der Teufel hol‘ die Katz!‘ Da hab‘ ich ihm einen Stein ins Fenster geschmissen — aber sag‘s nicht weiter!“ Last time you kept me waiting so long that old Hays threw a stone at me and shouted, 'The devil take the cat!' So I threw a stone at his window - but don't tell anyone!"

„Bewahre! "Preserve! Damals konnte ich nicht miauen, weil mir meine Tante aufpaßte; aber diesmal werde ich bestimmt miauen. I couldn't meow then because my aunt was watching me; but this time I will definitely meow. — Du, Huck, was ist das?“

„Das? Ach, nur ‘ne Baumwanze.“ Oh, just a stink bug.”

„Woher hast du die?“ "Where did you get those?"

„Aus dem Wald mitgebracht“ "Brought from the forest"

„Was willst du dafür haben?“ "What do you want for it?"

„Ich — ich weiß nicht. Ich will sie gar nicht verkaufen.“ I don't want to sell them at all."

„Na ja, ‘s ist ja auch nur ‘ne lump‘ge Wanze.“ "Well, it's just a lousy bug."

„Oho, nach so ‘ner Wanze kannst du lange laufen. "Oh, you can walk a long time after a bug like that. Mir gefällt sie schon.“ I like it already."

„‘s gibt ‘ne Menge solcher Wanzen. "'There's a lot of bugs like that. Wenn ich wollte, könnt ich tausend solche haben.“ If I wanted to, I could have a thousand like it."

„So, warum willst du denn nicht? "So, why don't you want to? Weil du ganz gut weißt, daß du‘s nicht kannst! Because you know quite well that you can't! Dies ist eine ganz besondere Wanze. This is a very special bug. Es ist die erste, die ich dies Jahr gesehen hab‘.“ It's the first one I've seen this year."

„Du, Huck, ich geb‘ dir meinen Zahn dafür.“ "You, Huck, I'll give you my tooth for that."

„Laß sehen.“ "Let's see."

Tom holte ein Papier hervor und rollte es sorgfältig auf. Tom took out a paper and rolled it up carefully. Huckleberry untersuchte es genau. Huckleberry examined it closely. Dann sagte er: Then he said:

„Ist er auch echt?“ "Is he real, too?"

Tom machte den Mund auf und zeigte seine Zahnlücke. Tom opened his mouth and showed his gap in his teeth.

„Gut.“ sagte Huckleberry, „er ist echt.“ "Good." said Huckleberry, "he's real."

Tom verschloß die Wanze in der Schachtel, die vorher das Gefängnis der „Kneifzange“ gewesen war, und die beiden trennten sich, jeder höchlichst zufrieden mit seinem Tausch. Tom locked the bug in the box that had previously been the "pincer's" prison, and the two parted, each thoroughly pleased with their trade.

Als Tom das kleine, einsam gelegene Schulhaus erreicht hatte, ging er ganz lustig, wie einer, der sich möglichst beeilt hat, hinein. When Tom had reached the small, lonely schoolhouse, he went in with great fun, like someone who had hurried as quickly as possible. Er hängte seine Mütze auf und setzte sich mit geschäftiger Eile auf seinen Platz. He hung up his cap and sat down in his seat with busy haste. Der Lehrer, auf einem großen Lehnstuhl thronend, hatte ein bißchen geschlafen und fuhr bei Toms Anstalten in die Höhe. The teacher, enthroned on a large armchair, had slept a little and went up at Tom's institute.

„Thomas Sawyer!“ "Thomas Sawyer!"

Tom wußte, daß, wenn sein Name ganz gesprochen wurde, die Situation kritisch war. Tom knew that if his name was spoken in full, the situation would be critical.

„Herr!“

„Komm vor! Wo bist du denn wieder mal so lange gewesen?“ Where have you been for so long again?"

Tom wollte seine Zuflucht zu einer Lüge nehmen, als er zwei lange, helle Zöpfe einen Rücken herabhängen sah und sie infolge geheimer Sympathie erkannte. Tom was about to take refuge in a lie, when he saw two long bright braids hanging down one back and recognized them as a result of secret sympathy. Und daneben, auf der Mädchen-Seite, war der einzigste Freiplatz! And next to it, on the girls side, was the only free space! Sofort entgegnete er: „Ich mußte mit Huckleberry Finn etwas besprechen.“ Immediately he replied, "I had to discuss something with Huckleberry Finn."

Des Lehrers Pulse stockten, er starrte hilflos um sich. The teacher's pulse stopped, he stared helplessly around him. Alles Geräusch der Arbeitenden verstummte. All the noise of the workers fell silent. Die Schüler glaubten, dieser kühne Bursche habe den Verstand verloren. The students thought that this bold fellow had lost his mind.

Der Lehrer fragte nochmals: „Du — du mußtest was?“ The teacher asked again: "You - you had to what?"

„Mit Huckleberry Finn sprechen.“ "Talking to Huckleberry Finn."

Ein Irrtum war nicht mehr denkbar. A mistake was no longer conceivable.

„Thomas Sawyer, das ist die staunenerregendste Antwort, die ich je erhalten habe. "Thomas Sawyer, that is the most amazing answer I have ever received. Darauf kann nur die Rute antworten. Only the rod can respond to this. Zieh die Jacke aus!“ Take off your jacket!"

Des Lehrers Arm arbeitete, bis er völlig ermattet und die Rute kaput war. The teacher's arm worked until he was completely exhausted and the tail was broken. Dann hieß es: „So, nun geh, und setz dich zu den Mädchen! Then they said, "So, now go and sit with the girls! Und laß dir das zur Warnung dienen!“ And let that serve as a warning to you!"

Das Kichern, welches jetzt durch das Schulzimmer ging, schien Tom in Verlegenheit zu bringen, in Wahrheit aber war es vielmehr die wundervolle Nähe seines unbekannten Idols und die mit Ehrfurcht gemischte Freude dieses Glücksfalls. The giggles now rippling through the classroom seemed to embarrass Tom, but in truth it was more the wonderful closeness of his unknown idol and the awe-mixed joy of this stroke of luck. Er ließ sich auf dem Ende der Bank nieder, und das Mädchen wandte sich ab, indem es ostentativ den Kopf drehte. He settled on the end of the bench, and the girl turned away, ostentatiously turning her head. Kichern, Flüstern und Tuscheln erfüllten das Zimmer, aber Tom saß mäuschenstill, die Arme auf das lange Pult vor sich gelegt, und schien eifrig zu lernen. Giggles, whispers, and whispers filled the room, but Tom sat as quiet as a mouse, arms resting on the long desk in front of him, seeming eager to learn. Nach und nach legte sich die allgemeine Beschäftigung mit ihm, und das gewöhnliche Schulsummen füllte wieder die Luft. Little by little, the general preoccupation with him subsided, and the usual school buzz filled the air again. Sofort begann Tom verstohlen glänzende Blicke auf das Mädchen zu werfen. Immediately Tom began to stealthily cast shining glances at the girl. Dieses merkte es, schnitt ihm ‘ne Grimasse und drehte für die Zeit einer Minute den Kopf von ihm ab. This noticed it, cut him 'ne Grimasse and turned for the time of a minute the head from him. Als sie vorsichtig wieder herumsah, lag ein Pfirsich vor ihr. When she looked around carefully again, there was a peach in front of her. Sie stieß ihn weg. She pushed him away. Tom schob ihn ihr liebenswürdig wieder zu; sie schob ihn nochmals fort, aber weniger heftig. Tom graciously pushed it back toward her; she pushed it away again, but less forcefully. Tom legte ihn geduldig zum dritten Mal auf ihren Platz. Tom patiently put him in her place for the third time. „Bitte — nimm, ich hab‘ noch mehr!“ Das Mädchen lächelte bei dieser Anrede, machte aber sonst kein Zeichen des Einverständnisses. "Please - take it, I've got more!" The girl smiled at this address, but made no other sign of agreement. Nun begann der Bursche etwas auf seine Tafel zu zeichnen, wobei er sein Werk sorgfältig mit der Hand bedeckte. Now the lad began to draw something on his blackboard, carefully covering his work with his hand. Eine Zeitlang tat das Mädel gleichgültig; aber ihre Neugier begann sich doch bald bemerkbar zu machen durch begehrliche Blicke. For a while the girl acted indifferent; but her curiosity soon began to make itself felt through lustful glances. Tom arbeitete weiter, ohne eine Ahnung davon. Tom continued to work without a clue. Das Mädel bewerkstelligte eine Art Verrenkung, um einen Blick auf Toms Werk werfen zu können, der aber merkte noch immer nichts. The girl did a kind of contortion to catch a glimpse of Tom's work, but he still did not notice.

Schließlich gab sie nach und flüsterte zögernd: „Laß mich sehen!“ Finally she gave in and hesitantly whispered: "Let me see!"

Tom enthüllte sofort eine klägliche Karikatur eines Hauses mit zwei schiefen Giebeln und korkzieherförmigem Rauch über dem Schornstein. Tom immediately revealed a pathetic caricature of a house with two crooked gables and corkscrew smoke rising from the chimney. Das Interesse der Kleinen an dem Werk wurde immer lebhafter, sie vergaß alles darüber. The little ones' interest in the work became more and more lively, they forgot all about it. Als es beendet war, betrachtete sie es einen Moment und flüsterte dann: „Zu niedlich! When it was finished, she looked at it for a moment and then whispered, "Too cute! Mach einen Mann!“ Make a man!"

Der Künstler errichtete im Vordergrund einen Mann, einen wahren Mastbaum. The artist erected a man in the foreground, a real mast tree. Er hätte mit Leichtigkeit über das Haus wegsteigen können; aber die Kleine war nicht kritisch. He could have stepped over the house with ease; but the little one was not critical. Sie war zufrieden mit dem Monstrum. She was pleased with the monster.

„Ein wundervoller Mann — jetzt mach mich, wie ich daher komme!“ "A wonderful man - now make me as I come!"

Tom malte so etwas wie ein Zifferblatt, darüber einen Vollmond auf einem Strohhalm von Hals, und Arme, in deren ausgespreizten Fingern ein mächtiger Fächer steckte. Tom painted something like a clock face, over it a full moon on a straw from the neck, and arms with a huge fan in their outspread fingers. Das Mädchen sagte: „Reizend, Tom. Ich wollte, ich könnte auch zeichnen.“ I wish I could draw, too."

„‘s ist ganz leicht,“ flüsterte Tom, „ich will‘s dich lehren.“ "'Tis quite easy," whispered Tom, "I will teach you."

„Ja, willst du? "Yes, do you? Wann?“

„Am Mittag. Gehst du zum Essen nach Haus?“ Are you going home for dinner?"

„Wenn du bleibst, bleib ich auch.“ "If you stay, I stay."

„Na, gut also. — Wie heißt du denn?“ - What's your name?"

„Becky Thatcher. — Und du? Ach, ich weiß: Thomas Sawyer.“

„So heiß ich, wenn ich was getan hab‘. "That's my name when I've done something. Wenn ich brav bin, nennt man mich Tom. When I'm good, they call me Tom. Du wirst mich Tom nennen, nicht wahr?“

„Ja.“

Nun begann Tom etwas auf die Tafel zu kritzeln, was das Mädchen wieder nicht sehen sollte. Now Tom began to scribble something on the blackboard, which again the girl should not see. Aber sie ließ sich nicht mehr abweisen. But she could no longer be turned away. Sie verlangte, es zu sehen. She demanded to see it.

„Es ist nichts,“ sagte Tom gleichgültig. "It's nothing," said Tom indifferently.

„Es ist doch was.“ "It's something."

„Nein, es ist nichts. "No, it's nothing. Du brauchst‘s nicht zu sehen.“ You don't need to see it."

„Doch, ich will‘s sehen. "Yes, I want to see it. Ich will. I do. — Laß mich sehen, bitte!“

„Ich will‘s dir sagen.“ "I want to tell you."

„Nein, ich will nicht — ich will, ich will, ich will es sehen!“ "No, I don't - I want to, I want to, I want to see it!"

„Aber du sagst es doch niemand? "But you won't tell anyone? So lang du lebst?“ As long as you live?"

„Nein, ich sag‘s niemand. Jetzt laß mich sehen!“ Und sie legte ihre kleine Hand auf seine, und ein kleines Handgemenge folgte. Now let me see!" And she put her little hand on his, and a little scuffle followed. Tom tat, als wehre er sich im Ernst, ließ aber doch seine Hand langsam abgleiten, bis die Worte sichtbar wurden: Tom pretended to resist in earnest, but let his hand slip slowly until the words became visible:

„Ich liebe dich!“ "I love you!"

„Garstiger Junge!“ Dabei gab sie ihm einen kleinen Klaps, schien aber doch nicht allzu böse zu sein. "Nasty boy!" With that, she gave him a little slap, but didn't seem too angry after all.

Gerade in diesem schönen Moment fühlte Tom einen schweren Griff am Ohr und eine unwiderstehlich emporziehende Gewalt. Just at that beautiful moment, Tom felt a heavy grip on his ear and an irresistible uplifting force. So wurde er durch das Schulzimmer eskortiert und auf seinen eigenen Platz befördert, unter einem Kreuzfeuer von Spott und Gelächter der ganzen Schule. So he was escorted through the classroom and transported to his own place, under a crossfire of ridicule and laughter from the whole school. Dann blieb der Lehrer während eines schrecklichen Augenblickes neben ihm stehen und kehrte dann endlich auf seinen Thron zurück, ohne ein Wort gesprochen zu haben. Then the teacher stood beside him for a terrible moment and then at last returned to his throne without having spoken a word. Aber obwohl Toms Ohr schmerzte, war sein Herz doch voll Jubel. But even though Tom's ear hurt, his heart was filled with joy.

Als die Schule wieder beruhigt war, machte Tom einen sehr ehrenwerten Versuch, zu arbeiten, aber der Sturm in ihm war zu heftig. When the school was quiet again, Tom made a very honorable attempt to work, but the tempest in him was too great. Dann sollte er lesen und brachte ein klägliches Gestümper zu Tage, in der Geographiestunde machte er Seen zu Bergen, Berge zu Flüssen, Flüsse zu Erdteilen, bis das Chaos wieder hereinbrach. Then he was supposed to read and brought up a pathetic bungling, in geography class he turned lakes into mountains, mountains into rivers, rivers into continents, until chaos broke out again. Schließlich beim Buchstabieren wühlte er sich durch eine Menge einzelner Worte und Silben, bis er sich völlig festgerannt hatte und die Zinn-Medaille, die er vor Monaten als besondere Auszeichnung gewonnen hatte, wieder abgeben mußte. Finally, while spelling, he rummaged through a multitude of individual words and syllables until he got stuck and had to surrender the pewter medal that he had won months ago as a special honor.