×

Wir verwenden Cookies, um LingQ zu verbessern. Mit dem Besuch der Seite erklärst du dich einverstanden mit unseren Cookie-Richtlinien.


image

Friedrich Nietzsche. Also Sprach Zarathustra. Zweiter Teil, Auf den glückseligen Inseln

Auf den glückseligen Inseln

Die Feigen fallen von den Bäumen, sie sind gut und süss; und indem sie fallen, reisst ihnen die rothe Haut. Ein Nordwind bin ich reifen Feigen.

Also, gleich Feigen, fallen euch diese Lehren zu, meine Freunde: nun trinkt ihren Saft und ihr süsses Fleisch! Herbst ist es umher und reiner Himmel und Nachmittag.

Seht, welche Fülle ist um uns! Und aus dem Überflusse heraus ist es schön hinaus zu blicken auf ferne Meere.

Einst sagte man Gott, wenn man auf ferne Meere blickte; nun aber lehrte ich euch sagen: Übermensch.

Gott ist eine Muthmaassung; aber ich will, dass euer Muthmaassen nicht weiter reiche, als euer schaffender Wille.

Könntet ihr einen Gott schaffen? - So schweigt mir doch von allen Göttern! Wohl aber könntet ihr den Übermenschen schaffen.

Nicht ihr vielleicht selber, meine Brüder! Aber zu Vätern und Vorfahren könntet ihr euch umschaffen des Übermenschen: und Diess sei euer bestes Schaffen! - Gott ist eine Muthmaassung: aber ich will, dass euer Muthmaassen begrenzt sei in der Denkbarkeit. Könntet ihr einen Gott denken? - Aber diess bedeute euch Wille zur Wahrheit, dass Alles verwandelt werde in Menschen - Denkbares, Menschen - Sichtbares, Menschen - Fühlbares! Eure eignen Sinne sollt ihr zu Ende denken!

Und was ihr Welt nanntet, das soll erst von euch geschaffen werden: eure Vernunft, euer Bild, euer Wille, eure Liebe soll es selber werden! Und wahrlich, zu eurer Seligkeit, ihr Erkennenden!

Und wie wolltet ihr das Leben ertragen ohne diese Hoffnung, ihr Erkennenden? Weder in's Unbegreifliche dürftet ihr eingeboren sein, noch in's Unvernünftige.

Aber dass ich euch ganz mein Herz offenbare, ihr Freunde: wenn es Götter gäbe, wie hielte ich's aus, kein Gott zu sein! Also giebt es keine Götter.

Wohl zog ich den Schluss; nun aber zieht er mich. - Gott ist eine Muthmaassung: aber wer tränke alle Qual dieser Muthmaassung, ohne zu sterben? Soll dem Schaffenden sein Glaube genommen sein und dem Adler sein Schweben in Adler-Fernen?

Gott ist ein Gedanke, der macht alles Gerade krumm und Alles, was steht, drehend. Wie? Die Zeit wäre hinweg, und alles Vergängliche nur Lüge?

Diess zu denken ist Wirbel und Schwindel menschlichen Gebeinen und noch dem Magen ein Erbrechen: wahrlich, die drehende Krankheit heisse ich's, Solches zu muthmaassen.

Böse heisse ich's und menschenfeindlich: all diess Lehren vom Einen und Vollen und Unbewegten und Satten und Unvergänglichen!

Alles Unvergängliche - das ist nur ein Gleichniss! Und die Dichter lügen zuviel. - Aber von Zeit und Werden sollen die besten Gleichnisse reden: ein Lob sollen sie sein und eine Rechtfertigung aller Vergänglichkeit! Schaffen - das ist die grosse Erlösung vom Leiden, und des Lebens Leichtwerden. Aber dass der Schaffende sei, dazu selber thut Leid noth und viel Verwandelung.

Ja, viel bitteres Sterben muss in eurem Leben sein, ihr Schaffenden! Also seid ihr Fürsprecher und Rechtfertiger aller Vergänglichkeit.

Dass der Schaffende selber das Kind sei, das neu geboren werde, dazu muss er auch die Gebärerin sein wollen und der Schmerz der Gebärerin.

Wahrlich, durch hundert Seelen gieng ich meinen Weg und durch hundert Wiegen und Geburtswehen. Manchen Abschied nahm ich schon, ich kenne die herzbrechenden letzten Stunden.

Aber so will's mein schaffender Wille, mein Schicksal. Oder, dass ich's euch redlicher sage: solches Schicksal gerade - will mein Wille.

Alles Fühlende leidet an mir und ist in Gefängnissen: aber mein Wollen kommt mir stets als mein Befreier und Freudebringer.

Wollen befreit: das ist die wahre Lehre von Wille und Freiheit - so lehrt sie euch Zarathustra.

Nicht-mehr-wollen und Nicht-mehr-schätzen und Nicht-mehr-schaffen! ach, dass diese grosse Müdigkeit mir stets ferne bleibe!

Auch im Erkennen fühle ich nur meines Willens Zeuge- und Werde-Lust; und wenn Unschuld in meiner Erkenntniss ist, so geschieht diess, weil Wille zur Zeugung in ihr ist.

Hinweg von Gott und Göttem lockte mich dieser Wille; was wäre denn zu schaffen, wenn Götter - da wären!

Aber zum Menschen treibt er mich stets von Neuem, mein inbrünstiger Schaffens-Wille; so treibt's den Hammer hin zum Steine.

Ach, ihr Menschen, im Steine schläft mir ein Bild, das Bild meiner Bilder! Ach, dass es im härtesten, hässlichsten Steine schlafen muss!

Nun wüthet mein Hammer grausam gegen sein Gefängniss. Vom Steine stäuben Stücke: was schiert mich das?

Vollenden will ich's: denn ein Schatten kam zu mir - aller Dinge Stillstes und Leichtestes kam einst zu mir!

Des Übermenschen Schönheit kam zu mir als Schatten. Ach, meine Brüder! Was gehen mich noch - die Götter an! - Also sprach Zarathustra.


Auf den glückseligen Inseln On the blissful islands Nas ilhas paradisíacas

Die Feigen fallen von den Bäumen, sie sind gut und süss; und indem sie fallen, reisst ihnen die rothe Haut. Fiken faller fra trærne, de er gode og søte; og når de faller, rives den røde huden. Ein Nordwind bin ich reifen Feigen. En nordavind jeg er moden fiken.

Also, gleich Feigen, fallen euch diese Lehren zu, meine Freunde: nun trinkt ihren Saft und ihr süsses Fleisch! Så som fiken, kommer disse leksjonene til deg, vennene mine: drikk nå juice og søtt kjøtt! Herbst ist es umher und reiner Himmel und Nachmittag. Det er høst rundt, og klar himmel og ettermiddag.

Seht, welche Fülle ist um uns! Se hvilken overflod er rundt oss! Und aus dem Überflusse heraus ist es schön hinaus zu blicken auf ferne Meere. Og ut av overflod er det hyggelig å se på fjerne hav.

Einst sagte man Gott, wenn man auf ferne Meere blickte; nun aber lehrte ich euch sagen: Übermensch. En gang sa du Gud når du så på fjerne hav; men nå har jeg lært deg å si: Superman.

Gott ist eine Muthmaassung; aber ich will, dass euer Muthmaassen nicht weiter reiche, als euer schaffender Wille. Gud er en antagelse; men jeg vil at gjetningen din ikke skal gå lenger enn din kreative vilje.

Könntet ihr einen Gott schaffen? Kan du lage en gud? - So schweigt mir doch von allen Göttern! - Så vær stille om alle guder! Wohl aber könntet ihr den Übermenschen schaffen. Men du kan skape supermannen.

Nicht ihr vielleicht selber, meine Brüder! Kanskje ikke du, mine brødre! Aber zu Vätern und Vorfahren könntet ihr euch umschaffen des Übermenschen: und Diess sei euer bestes Schaffen! Men du kan forvandle deg til fedre og forfedre til supermannen: og la dette være ditt beste arbeid! - Gott ist eine Muthmaassung: aber ich will, dass euer Muthmaassen begrenzt sei in der Denkbarkeit. Könntet ihr einen Gott denken? - Aber diess bedeute euch Wille zur Wahrheit, dass Alles verwandelt werde in Menschen - Denkbares, Menschen - Sichtbares, Menschen - Fühlbares! - Men dette betyr at du vil til sannhet, at alt vil bli forvandlet til mennesker - tenkelige, mennesker - synlige, mennesker - håndgripelige! Eure eignen Sinne sollt ihr zu Ende denken! Du bør tenke på dine egne sanser til slutt!

Und was ihr Welt nanntet, das soll erst von euch geschaffen werden: eure Vernunft, euer Bild, euer Wille, eure Liebe soll es selber werden! Og det du kalte verden, som først skulle bli skapt av deg: det skulle bli din fornuft, ditt bilde, din vilje, din kjærlighet i seg selv! Und wahrlich, zu eurer Seligkeit, ihr Erkennenden! Og sant, til din lykke, du som vet!

Und wie wolltet ihr das Leben ertragen ohne diese Hoffnung, ihr Erkennenden? Og hvordan ønsket du å tåle livet uten dette håpet, du som vet? Weder in’s Unbegreifliche dürftet ihr eingeboren sein, noch in’s Unvernünftige. Du har ikke lov til å være medfødt i det uforståelige, og heller ikke på det urimelige.

Aber dass ich euch ganz mein Herz offenbare, ihr Freunde: wenn es Götter gäbe, wie hielte ich’s aus, kein Gott zu sein! Men at jeg fullt ut kan avsløre hjertet mitt for dere, venner: hvis det var guder, hvordan kunne jeg ikke stå å være en gud! Also giebt es keine Götter.

Wohl zog ich den Schluss; nun aber zieht er mich. Jeg trakk konklusjonen; men nå trekker han meg. - Gott ist eine Muthmaassung: aber wer tränke alle Qual dieser Muthmaassung, ohne zu sterben? - Gud er en formodning: men hvem vil drikke all kvalen av denne formodningen uten å dø? Soll dem Schaffenden sein Glaube genommen sein und dem Adler sein Schweben in Adler-Fernen? Bør skaperen fjernes fra sin tro og ørnen som svever i ørneavstand?

Gott ist ein Gedanke, der macht alles Gerade krumm und Alles, was steht, drehend. Gud er en tanke som gjør alt rett skjevt og alt som står, snur. Wie? Die Zeit wäre hinweg, und alles Vergängliche nur Lüge? Tiden ville være over og alt som er flyktig ville være en løgn?

Diess zu denken ist Wirbel und Schwindel menschlichen Gebeinen und noch dem Magen ein Erbrechen: wahrlich, die drehende Krankheit heisse ich’s, Solches zu muthmaassen. Å tenke på dette er svimmelhet og svimmelhet hos menneskelige bein og til og med oppkast i magen: sannelig, jeg kaller det snu sykdommen, for å anta noe slikt.

Böse heisse ich’s und menschenfeindlich: all diess Lehren vom Einen und Vollen und Unbewegten und Satten und Unvergänglichen! Jeg kaller det ondt og misantropisk: alle disse læresetningene om en og full og urørt og full og udødelig!

Alles Unvergängliche - das ist nur ein Gleichniss! Alt uforgjengelig - det er bare en likhet! Und die Dichter lügen zuviel. Og dikterne lyver for mye. - Aber von Zeit und Werden sollen die besten Gleichnisse reden: ein Lob sollen sie sein und eine Rechtfertigung aller Vergänglichkeit! - Men de beste lignelsene skal snakke om tid og blir: de skal være ros og en rettferdiggjørelse av all forgjengelighet! Schaffen - das ist die grosse Erlösung vom Leiden, und des Lebens Leichtwerden. Aber dass der Schaffende sei, dazu selber thut Leid noth und viel Verwandelung. Men for at skaperen skal være seg selv, krever det sorg og mye endring.

Ja, viel bitteres Sterben muss in eurem Leben sein, ihr Schaffenden! Ja, det må være mye bitter død i livet ditt, dere skapere! Also seid ihr Fürsprecher und Rechtfertiger aller Vergänglichkeit. Så du er talsmenn for og rettferdiggjørere all uformellhet.

Dass der Schaffende selber das Kind sei, das neu geboren werde, dazu muss er auch die Gebärerin sein wollen und der Schmerz der Gebärerin. At skaperen selv er barnet som blir født på nytt, for dette må han også være bæreren og smerten til bæreren.

Wahrlich, durch hundert Seelen gieng ich meinen Weg und durch hundert Wiegen und Geburtswehen. Sannelig, gjennom hundre sjeler gikk jeg min vei og gjennom hundre vugger og fødselssmerter. Manchen Abschied nahm ich schon, ich kenne die herzbrechenden letzten Stunden.

Aber so will’s mein schaffender Wille, mein Schicksal. Men det vil også min kreative vilje, min skjebne. Oder, dass ich’s euch redlicher sage: solches Schicksal gerade - will mein Wille. Eller at jeg sier deg mer ærlig: En slik skjebne - min vilje vil.

Alles Fühlende leidet an mir und ist in Gefängnissen: aber mein Wollen kommt mir stets als mein Befreier und Freudebringer. Alt som føles, lider i meg og er i fengsler: men min vilje kommer alltid til meg som min frigjører og bringer glede.

Wollen befreit: das ist die wahre Lehre von Wille und Freiheit - so lehrt sie euch Zarathustra.

Nicht-mehr-wollen und Nicht-mehr-schätzen und Nicht-mehr-schaffen! ach, dass diese grosse Müdigkeit mir stets ferne bleibe! å, at denne store trettheten alltid er langt fra meg!

Auch im Erkennen fühle ich nur meines Willens Zeuge- und Werde-Lust; und wenn Unschuld in meiner Erkenntniss ist, so geschieht diess, weil Wille zur Zeugung in ihr ist.

Hinweg von Gott und Göttem lockte mich dieser Wille; was wäre denn zu schaffen, wenn Götter - da wären! Dette vil lokke meg bort fra Gud og Gud; hva kan man gjøre hvis guder - var der!

Aber zum Menschen treibt er mich stets von Neuem, mein inbrünstiger Schaffens-Wille; so treibt’s den Hammer hin zum Steine. Men han kjører meg alltid til folk på nytt, min inderlige kreative vilje; så den driver hammeren til steinen.

Ach, ihr Menschen, im Steine schläft mir ein Bild, das Bild meiner Bilder! Å, folk, i steinen sover et bilde for meg, bildet av bildene mine! Ach, dass es im härtesten, hässlichsten Steine schlafen muss! Å, at den må sove i den hardeste, styggeste steinen!

Nun wüthet mein Hammer grausam gegen sein Gefängniss. Vom Steine stäuben Stücke: was schiert mich das? Stykker av steinstøv: hva bryr jeg meg?

Vollenden will ich’s: denn ein Schatten kam zu mir - aller Dinge Stillstes und Leichtestes kam einst zu mir! Jeg vil fullføre det: for en skygge kom til meg - den stille og letteste av alle ting en gang kom til meg!

Des Übermenschen Schönheit kam zu mir als Schatten. Supermannens skjønnhet kom til meg som en skygge. Ach, meine Brüder! Was gehen mich noch - die Götter an! Hva annet berører jeg - gudene! - Also sprach Zarathustra.