×

Wir verwenden Cookies, um LingQ zu verbessern. Mit dem Besuch der Seite erklärst du dich einverstanden mit unseren Cookie-Richtlinien.


image

Terra X History, (3)Kolonialismus: Wie Deutschland zur Imperial-Macht wurde.

(3)Kolonialismus: Wie Deutschland zur Imperial-Macht wurde.

Er löst mit seinem Kolonialrunden die Insel Samoa.

Er löst mit seinem Kolonialroman förmlich einen Südsee-Hype im deutschen Kaiserreich aus.

Die harte Wirklichkeit ist in Samoa, Nauru oder dem Bismarck-Archipel allerdings kaum anders als in den anderen deutschen Kolonien.

Am Anfang sind es meist kleine Handelsplätze.

Deutsche Kaufleute lassen sich auf Nauru, Palau oder anderen Inseln der Südsee nieder.

Einige Regionen, wie das Bismarck-Archipel oder Kaiser Wilhelms Land auf Neuginea, erhalten sogar deutsche Namen.

Die Händler kaufen den Einheimischen billig ihr Land ab.

Darauf legen sie vor allem Kokosplantagen an.

Auf den Plantagen werden Einheimische zur Arbeit gezwungen.

Auch Chinesen aus dem sogenannten deutschen Schutzgebiet in Tsingtao müssen hier arbeiten.

Aber bei der Kolonie in Samoa gibt es eine Besonderheit.

Die Einwohner der Inselgruppe gelten als edle Wilde.

Die Deutschen einigen sich 1889 auf der Samoa-Konferenz mit Großbritannien und den USA über die Aufteilung der Inseln.

Nicht dabei sind natürlich die Samoaner.

Allerdings dürfen sie ihre Kolonie zumindest selbst verwalten.

Es ist schon sehr bizarr, welche Unterschiede die Deutschen in ihren Kolonien gemacht haben.

Ulrika hat es ja vorhin auch schon gesagt.

Die Menschen in der Südsee galten als zivilisierter im Vergleich zu den Menschen in den afrikanischen Kolonien.

Und noch etwas ist außergewöhnlich, was den deutschen Kolonialismus anbelangt.

Er hat sich nämlich für das deutsche Reich volkswirtschaftlich überhaupt nicht gelohnt.

Die Kriege gegen die Einheimischen und die Verwaltung, die haben so viel Geld gekostet, dass die Kolonien letztlich nichts eingebracht haben.

Es gab nur eine einzige deutsche Kolonie, die sich volkswirtschaftlich wirklich gelohnt hat.

Und das war die kleinste deutsche Kolonie Togo zwischen Ghana und Benin in Westafrika gelegen.

Togo galt als sogenannte Musterkolonie.

Für die etwa eine Million Menschen, die 1884 auf dem Gebiet lebten, sah der Alltag allerdings alles andere als mustergültig aus.

Von Deutschen haben wir von vielen Seiten gehört, dass alle, ob jung oder alt, welche sich etwas zur Schulden kommen lassen und dafür vor Gericht gestellt werden,

nach erfolgtem Verhör zuerst durchgepeitscht und dann noch mit Gefängnis bestraft werden.

Das schreibt Isa Aquazo 1894 in einen Brief über die deutsche Kolonialherrschaft in Togo.

Warum aber galt Togo trotzdem als Musterkolonie und wird bis heute selbst von den Menschen in Togo oft positiv wahrgenommen?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich Koku Asamede. Er ist Historiker und arbeitet an der Universität Lomé in Togo.

Es geht um diese wirtschaftliche Stabilität der Kolonie damals und deswegen wurde sie als Musterkolonie genommen, sogar als Modell, als Vorbild für andere Kolonien.

Musterkolonie, das hieß, die Einheimischen wurden ausgebeutet und mussten zum Beispiel auf den Baumwollplantagen schuften.

Das brachte den wirtschaftlichen Erfolg. In Togo gab es zwar kein deutsches Militär, dafür gingen die Kolonialbeamten umso brutaler vor.

Die Prügelstrafe war nur ein Beispiel.

Und die meisten Petitionen und irgendwie Beschwerden wurden in so einer Zeit zwischengeschrieben nur von Einheimischen, die natürlich sehr kritisch gegenüber der Kolonialregierung waren.

Es gibt sehr viele Quellen, also von der Perspektive der Einheimischen, die ganz klar und offensichtlich diese Kolonialherrschaft bekämpften.

Über diese Kritik an der Kolonialherrschaft ist im Kaiserreich in Zeitungen und anderen Medien nur wenig geschrieben worden.

Die Warenzustände in den Kolonien wurden von der deutschen Bevölkerung kaum wahrgenommen.

Stattdessen gab es viele politisch motivierte Fotografien, die man als Postkarten kaufen konnte oder die in Zeitungen abgedruckt wurden.

Die Kolonialfotografie besteht aus Fotografien in den Kolonien, die nicht nur von Kolonialbeamten, sondern auch von Kaufleuten, als auch von Missionaren gemacht wurden.

Je nachdem, was die Leute zeigen wollten, um ihre Aktivitäten zu rechtfertigen, wurden Bilder gezeigt.

Und diese Bilder standen alle unter einer Ideologie. Das war die Ideologie der Herrschaft und die Ideologie des Rassismus.

Sie wollten dadurch zeigen, zumindest rechtfertigen, dass diese Menschen, diese sogenannten primitiven Menschen eine Zivilisierung brauchen.

Und genau dieses Bild hat sich bis heute gehalten. Seltsamerweise haben die meisten Menschen in Togo heute die deutsche Kolonialzeit positiv in Erinnerung.

Eine Erklärung dafür ist, 1914, mit Beginn des Ersten Weltkriegs, verlor das deutsche Kaiserreich seine Kolonie Togo an Frankreich.

Und es ist der jahrzehntelange und erbitterte Kampf bis 1960 um die Unabhängigkeit von Frankreich,

der den Menschen in Togo stärker im Gedächtnis geblieben ist, als die deutsche Kolonialherrschaft, die viel länger zurückliegt.

Wenn man davon ausgeht, dass die Kolonialzeit keine positive Tatsache war, dann konnte man langsam der Geschichte gegenüber kritisch werden.

Ich glaube, das ist auch ein Prozess. Ist gar nicht selbstverständlich.

In Kamerun ist die Erinnerung an die deutsche Kolonialmacht übrigens ähnlich positiv eingefärbt. Auch hier hatten die Franzosen die Kolonie übernommen.

Kuckoo hat gerade schon von den Kolonialfotografien erzählt, die ein ganz bestimmtes rassistisches Bild über die Menschen in den Kolonien zeigen sollten.

Es gab noch eine andere Möglichkeit, durch die die deutsche Bevölkerung etwas über ihre Kolonien erfahren konnte.

Nämlich beim Besuch im Menschenzoo. Ja, habt ihr richtig gehört.

Kolonialbeamte und findige Unternehmer wie der Hamburger Karl Hagenbeck kamen auf diese menschenverachtende Idee.

Sie organisierten Völkerschauen und lockten Besucher an mit Werbesprüchen wie

die letzten Kannibalen der Südsee oder Ausstellung anthropologisch-zoologischer Prachtgruppen in Hamburg noch nie gesehen.

Zoos mit exotischen Tieren waren damals so beliebt, dass Karl Hagenbeck auf die Idee kam, dort auch Menschen auszustellen,

die in der rassistischen Sichtweise als exotisch galten.

Völkerschauen gab es auch schon in der frühen Neuzeit, aber Hagenbeck perfektionierte die Inszenierung auf eine perfide Art und Weise.

Indigene aus Neuginea oder aus Afrika mussten zwischen Garzellen und Zebras rituelle Tänze aufführen

und sperrig begleitet mit Wurfsperren herumfuchteln. Die Zuschauer sollten sich fühlen wie auf einer Weltreise.

Einigen Indigenen wurden sogar die Zähne abgefeilt, damit man ihnen den Kannibalismus abnahm.

Die Menschen, die wie Tiere im Zoo ausgestellt wurden, haben das meistens nicht freiwillig gemacht.

Sie wurden mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und landeten unversehens in den Gehegen.

Oder sie waren als Sklaven an die Zoos verkauft worden und hatten sowieso keine Wahl.

Mit diesen Völkerschauen machte Zoobesitzer Karl Hagenbeck übrigens ziemlich gute Geschäfte.

So gute Geschäfte, dass er 1907 einen neuen Tierpark eröffnen konnte.

Jemand, der sich mit der Aufarbeitung dieser Kolonialgeschichte beschäftigt und mit den Fragen rund um die Erinnerungskultur zum deutschen Kolonialismus sehr gut auskennt, ist Jürgen Zimmerer.

Jürgen ist Professor für Globalgeschichte an der Universität Hamburg.

Er ist einer der Kritiker des Humboldt-Forums in Berlin.

Den Macherinnen und Machern wirft er unter anderem vor, die deutsche Kolonialgeschichte bei der Ausstellungskonzeption fast vollständig ausgeblendet zu haben.

Jürgen, schön, dass du da bist. Hallo.

Hallo.

Du sprichst im Zusammenhang mit der deutschen Kolonialgeschichte auch von kolonialer Amnesie.

Das heißt also, dass man einen Großteil vergessen hat, dass wir als Gesellschaft vieles einfach nicht mehr wissen oder auch nicht wahrhaben wollen.

Allerdings sagst du auch, es gibt in diesen 30 Jahren deutsche Kolonialgeschichte auch Ereignisse, Persönlichkeiten und Begriffe aus dieser Zeit, die Eingang in das kollektive Gedächtnis der Deutschen gefunden haben.

Das scheint erstmal ein Widerspruch zu sein, ist es aber gar nicht, oder?

Nein, es ist kein Widerspruch, sondern es ist eigentlich die Feststellung des Kolonialismus, die deutsche Geschichte wie auch die europäische Geschichte insgesamt doch erheblich prägte.

Übrigens nicht nur die 30 Jahre formalen deutschen Kolonialreichs von 1884 bis 1918, sondern eigentlich auch die Zeit vorher und nachher, wo auch immer Menschen, die wir heute als Deutsch bezeichnen würden, im Grunde beteiligt waren in den kolonialen Unternehmungen anderer Länder.

Das ist das eine. Es ist ein wesentlicher Teil unserer Geschichte. Gleichzeitig, bis vor ein paar Jahren, haben die meisten offenbar nicht aktiv gewusst, dass Deutschland ein Kolonialreich hatte, das viertgrößte seiner Zeit und über 30 Jahre lang eben in zahlreichen Ländern Afrikas, aber auch in Asien herrschte.

Und dort eben, und das ist eigentlich der Punkt der Debatte, eben auch Kriegsverbrechen begangen hat oder im Beispiel des heutigen Namibias auch den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts.

Wir stellen fest, da tut sich gerade einiges. Du hast es beschrieben. Es gibt eine Aufarbeitung und es werden plötzlich auch Begriffe in Frage gestellt, die aus der Zeit des deutschen Kolonialismus stammen.

Kannst du da vielleicht mal so ein paar Beispiele nennen? Was benutzen wir vielleicht heute ganz selbstverständlich? Ist aber vielleicht dann doch nicht mehr so en vogue?

Naja, also selbstverständlich benutzen wir es ja eben nicht mehr, aber man kann sich ja die Debatte anschauen um das N-Wort oder um das M-Wort, um die M-Straße in Berlin.

Die Debatten um Black Facing im Karneval ist ja auf Kritik gestoßen, weil man sich eben auch ganz anders mit den Fragen des Rassismus auseinandersetzt.

Und die Frage des Rassismus in Deutschland natürlich auch wieder sehr stark auf den Kolonialismus verweist, weil im Grunde ist dieser Rassismus heute eben in wesentlichen Teilen eben auch in diesem Kolonialrassismus mit entstanden und geprägt worden.

Das heißt, das geht jetzt ineinander und Menschen möchten das nicht mehr, die fühlen sich rassistisch beleidigt. Es gibt Debatten, es gibt Debatten Black Life Matters vor zwei Jahren, das in Europa dann diskutiert wurde, führte dazu, dass man zum Beispiel in Hamburg, wo ich jetzt bin, diese riesige Bismarck-Statuenfrage stellte und sagte, ist Bismarck nicht auch ein Kolonialdenkmal?

Selbstverständlich ist er eins. Bismarck zeichnet verantwortlich für die Kolonialreichsgründung. Er ist mitverantwortlich und der geistige Vater der Aufteilung Afrikas in der Afrika-Konferenz, die bis heute nachwirkt.

Wir hören dann in den Nachrichten irgendwelche Grenzkonflikte oder Minderheitenkonflikte oder was auch immer und denken gar nicht dran, dass das auf Berlin, auf die Afrika-Konferenz und auf Bismarck mit zurückgeht.

Viele Probleme wurzeln ja auch daran, dass man die deutsche Kolonialzeit bis heute nicht richtig aufgearbeitet hat.

Deutschland hat als Kolonialmacht im damaligen Deutsch Südwestafrika 1904 den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts begangen, nämlich an den Herero und Nama.

Anerkannt ist dieser Völkermord von der Bundesregierung allerdings nur im historischen, nicht aber im völkerrechtlichen Sinne.

Unter anderem dagegen haben Vertreterinnen und Vertreter der Herero und Nama protestiert. Kannst du vielleicht noch mal darlegen, wogegen sich der Protest noch gerichtet hat?

Also man muss einfach klarstellen, es gibt eine Anerkennung dahingehend, dass es bis vor einigen Jahren hoch problematisch war.

Man bekam Probleme, wenn man von Genozid sprach im Zusammenhang mit Herero und Nama. Das ist jetzt aufgegeben worden.

Deutschland verhandelte mit Namibia sechs Jahre lang über eine Anerkennung und Formen der finanziellen Hilfe, Kompensation, Wiedergutmachung.

Es gibt jetzt eigentlich ein Abkommen, das im Grunde paraffiert ist. Das heißt, es wurde von den Unterhändlern unterzeichnet.

Aber es wurde im Grunde noch nicht formal angenommen, auch nicht von der namibischen Seite. Und zwar vor allem deshalb, weil ein Großteil der Herero und Nama sich in diesem Verhandlungsprozess nicht wiedergefunden hat.

Sie fühlten sich ausgeschlossen. Sie sagten, wir waren nicht beteiligt. Und es kann keine Entschuldigung, kein Abkommen über unsere Geschichte geben, an der wir nicht durch die von uns selbst gewählten Vertreter und Vertreterinnen beteiligt sind.

Das heißt, es ist nicht nur Kritik jetzt an der Anerkennung nur im historischen Sinne und nicht im völkerrechtlichen Sinne, sondern generell an diesem Verhandeln über die Köpfe der Menschen hinweg.

Dieser Hinweis auf das völkerrechtliche anerkennen, der hat einen anderen Grund. Man fürchtete von Anfang an, dass man im Grunde, wenn man praktisch historisch eine Zahlungsverpflichtung gegenüber den Herero und Nama eingeht, einen Präzedenzfall schafft, der eben dann auch gegenüber Italien, gegenüber Griechenland, gegenüber Polen und anderen Staaten und Opfern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs eigentlich kommt.

Ja, man hat dann so eine Lösung gefunden, dass man sagt, wir investieren da jetzt in Infrastruktur und bauen Dinge im Land auf und versuchen damit dann Dinge gut zu machen. Aber wie du schon sagst, es ist natürlich noch was anderes, als sich offiziell zu entschuldigen, was definitiv nicht passiert ist.

Also man hat im Grunde gesagt, wir haben keine Pflicht etwas zu tun, aber wir einigen uns jetzt, dass wir freiwillig etwas geben. Das ist diese juristische Fiktion und die eben auch bei den Herero und Nama deshalb, glaube ich, auch so übel angesehen wird, weil man die Leute von den Verhandlungen ausgeschlossen hat, die die moralische Autorität gehabt hätten, das zu akzeptieren.

Das heißt, es ist auch ein ganz schwerer, handwerklicher, politischer Fehler der Bundesrepublik gewesen, zu sagen, wir wollen ein Deal machen, wir wollen ein Abkommen machen, aber wir schließen die aus, die eigentlich sagen können, ja, jetzt reicht es.


(3)Kolonialismus: Wie Deutschland zur Imperial-Macht wurde. (3)Colonialism: How Germany Became an Imperial Power. (3)Colonialismo: cómo Alemania se convirtió en una potencia imperial. (3)Colonialisme : comment l'Allemagne est devenue une puissance impériale. (3) Kolonialisme: hoe Duitsland een keizerlijke macht werd. (3) Kolonializm: Jak Niemcy stały się potęgą imperialną. (3)Colonialismo: como a Alemanha se tornou uma potência imperial. (3) Колониализм: как Германия стала имперской державой. (3) Колоніалізм: як Німеччина стала імперською державою. (3)殖民主义:德国如何成为帝国主义列强。

Er löst mit seinem Kolonialrunden die Insel Samoa. He solves with his colonial round the island of Samoa. Resuelve la isla de Samoa con su ronda colonial.

Er löst mit seinem Kolonialroman förmlich einen Südsee-Hype im deutschen Kaiserreich aus. With his colonial novel, he literally triggered a South Sea hype in the German Empire. Con su novela colonial, desencadena literalmente un alboroto en los mares del Sur del Imperio Alemán. Своим колониальным романом он буквально спровоцировал шумиху в Южных морях Германской империи.

Die harte Wirklichkeit ist in Samoa, Nauru oder dem Bismarck-Archipel allerdings kaum anders als in den anderen deutschen Kolonien. However, the harsh reality in Samoa, Nauru or the Bismarck Archipelago is hardly different from that in the other German colonies.

Am Anfang sind es meist kleine Handelsplätze. In the beginning, they are mostly small trading places.

Deutsche Kaufleute lassen sich auf Nauru, Palau oder anderen Inseln der Südsee nieder. Los comerciantes alemanes se instalan en Nauru, Palaos u otras islas de los Mares del Sur. Немецкие купцы поселяются на Науру, Палау и других островах в южной части Тихого океана.

Einige Regionen, wie das Bismarck-Archipel oder Kaiser Wilhelms Land auf Neuginea, erhalten sogar deutsche Namen.

Die Händler kaufen den Einheimischen billig ihr Land ab. The traders buy the locals' land cheaply. Торговцы покупают землю по дешевке у местных жителей.

Darauf legen sie vor allem Kokosplantagen an.

Auf den Plantagen werden Einheimische zur Arbeit gezwungen.

Auch Chinesen aus dem sogenannten deutschen Schutzgebiet in Tsingtao müssen hier arbeiten.

Aber bei der Kolonie in Samoa gibt es eine Besonderheit.

Die Einwohner der Inselgruppe gelten als edle Wilde. The inhabitants of the archipelago are considered noble savages.

Die Deutschen einigen sich 1889 auf der Samoa-Konferenz mit Großbritannien und den USA über die Aufteilung der Inseln.

Nicht dabei sind natürlich die Samoaner.

Allerdings dürfen sie ihre Kolonie zumindest selbst verwalten. However, they are at least allowed to manage their colony themselves.

Es ist schon sehr bizarr, welche Unterschiede die Deutschen in ihren Kolonien gemacht haben.

Ulrika hat es ja vorhin auch schon gesagt.

Die Menschen in der Südsee galten als zivilisierter im Vergleich zu den Menschen in den afrikanischen Kolonien.

Und noch etwas ist außergewöhnlich, was den deutschen Kolonialismus anbelangt.

Er hat sich nämlich für das deutsche Reich volkswirtschaftlich überhaupt nicht gelohnt.

Die Kriege gegen die Einheimischen und die Verwaltung, die haben so viel Geld gekostet, dass die Kolonien letztlich nichts eingebracht haben. The wars against the natives and the administration, they cost so much money that the colonies ultimately brought in nothing.

Es gab nur eine einzige deutsche Kolonie, die sich volkswirtschaftlich wirklich gelohnt hat.

Und das war die kleinste deutsche Kolonie Togo zwischen Ghana und Benin in Westafrika gelegen.

Togo galt als sogenannte Musterkolonie.

Für die etwa eine Million Menschen, die 1884 auf dem Gebiet lebten, sah der Alltag allerdings alles andere als mustergültig aus.

Von Deutschen haben wir von vielen Seiten gehört, dass alle, ob jung oder alt, welche sich etwas zur Schulden kommen lassen und dafür vor Gericht gestellt werden, Hemos oído decir a alemanes de muchos sectores que cualquier persona, joven o mayor, que sea culpable de algo y sea llevada a juicio por ello,

nach erfolgtem Verhör zuerst durchgepeitscht und dann noch mit Gefängnis bestraft werden. after being interrogated, are first whipped through and then punished with imprisonment. después del interrogatorio, primero ser azotado y luego castigado con la cárcel.

Das schreibt Isa Aquazo 1894 in einen Brief über die deutsche Kolonialherrschaft in Togo.

Warum aber galt Togo trotzdem als Musterkolonie und wird bis heute selbst von den Menschen in Togo oft positiv wahrgenommen?

Mit diesen Fragen beschäftigt sich Koku Asamede. Er ist Historiker und arbeitet an der Universität Lomé in Togo.

Es geht um diese wirtschaftliche Stabilität der Kolonie damals und deswegen wurde sie als Musterkolonie genommen, sogar als Modell, als Vorbild für andere Kolonien. It's about this economic stability of the colony at that time and that's why it was taken as a model colony, even a model, a model for other colonies.

Musterkolonie, das hieß, die Einheimischen wurden ausgebeutet und mussten zum Beispiel auf den Baumwollplantagen schuften. Model colony, which meant that the natives were exploited and had to slave on the cotton plantations, for example.

Das brachte den wirtschaftlichen Erfolg. In Togo gab es zwar kein deutsches Militär, dafür gingen die Kolonialbeamten umso brutaler vor.

Die Prügelstrafe war nur ein Beispiel.

Und die meisten Petitionen und irgendwie Beschwerden wurden in so einer Zeit zwischengeschrieben nur von Einheimischen, die natürlich sehr kritisch gegenüber der Kolonialregierung waren. And most of the petitions and somehow complaints were interwritten in such a time only by locals, who of course were very critical of the colonial government. Y la mayoría de las peticiones y, de alguna manera, quejas fueron escritas en esa época sólo por lugareños que, por supuesto, eran muy críticos con el gobierno colonial.

Es gibt sehr viele Quellen, also von der Perspektive der Einheimischen, die ganz klar und offensichtlich diese Kolonialherrschaft bekämpften. There are very many sources, that is, from the perspective of the natives, who were clearly and obviously fighting this colonial rule.

Über diese Kritik an der Kolonialherrschaft ist im Kaiserreich in Zeitungen und anderen Medien nur wenig geschrieben worden.

Die Warenzustände in den Kolonien wurden von der deutschen Bevölkerung kaum wahrgenommen. The condition of goods in the colonies was hardly noticed by the German population. Условия поставок товаров в колонии почти не замечались немецким населением.

Stattdessen gab es viele politisch motivierte Fotografien, die man als Postkarten kaufen konnte oder die in Zeitungen abgedruckt wurden. Instead, there were many politically motivated photographs that could be bought as postcards or printed in newspapers.

Die Kolonialfotografie besteht aus Fotografien in den Kolonien, die nicht nur von Kolonialbeamten, sondern auch von Kaufleuten, als auch von Missionaren gemacht wurden. Colonial photography consists of photographs taken in the colonies not only by colonial officials, but also by merchants, as well as missionaries.

Je nachdem, was die Leute zeigen wollten, um ihre Aktivitäten zu rechtfertigen, wurden Bilder gezeigt.

Und diese Bilder standen alle unter einer Ideologie. Das war die Ideologie der Herrschaft und die Ideologie des Rassismus.

Sie wollten dadurch zeigen, zumindest rechtfertigen, dass diese Menschen, diese sogenannten primitiven Menschen eine Zivilisierung brauchen.

Und genau dieses Bild hat sich bis heute gehalten. Seltsamerweise haben die meisten Menschen in Togo heute die deutsche Kolonialzeit positiv in Erinnerung.

Eine Erklärung dafür ist, 1914, mit Beginn des Ersten Weltkriegs, verlor das deutsche Kaiserreich seine Kolonie Togo an Frankreich. One explanation is, in 1914, with the beginning of World War I, the German Empire lost its colony of Togo to France.

Und es ist der jahrzehntelange und erbitterte Kampf bis 1960 um die Unabhängigkeit von Frankreich, And it is the decades-long and bitter struggle until 1960 for independence from France,

der den Menschen in Togo stärker im Gedächtnis geblieben ist, als die deutsche Kolonialherrschaft, die viel länger zurückliegt.

Wenn man davon ausgeht, dass die Kolonialzeit keine positive Tatsache war, dann konnte man langsam der Geschichte gegenüber kritisch werden.

Ich glaube, das ist auch ein Prozess. Ist gar nicht selbstverständlich.

In Kamerun ist die Erinnerung an die deutsche Kolonialmacht übrigens ähnlich positiv eingefärbt. Auch hier hatten die Franzosen die Kolonie übernommen.

Kuckoo hat gerade schon von den Kolonialfotografien erzählt, die ein ganz bestimmtes rassistisches Bild über die Menschen in den Kolonien zeigen sollten. Kuckoo has just already told about the colonial photographs that were meant to show a very specific racist image about the people in the colonies.

Es gab noch eine andere Möglichkeit, durch die die deutsche Bevölkerung etwas über ihre Kolonien erfahren konnte. There was another way through which the German population could learn about their colonies.

Nämlich beim Besuch im Menschenzoo. Ja, habt ihr richtig gehört.

Kolonialbeamte und findige Unternehmer wie der Hamburger Karl Hagenbeck kamen auf diese menschenverachtende Idee.

Sie organisierten Völkerschauen und lockten Besucher an mit Werbesprüchen wie They organized folk shows and attracted visitors with advertising slogans such as.

die letzten Kannibalen der Südsee oder Ausstellung anthropologisch-zoologischer Prachtgruppen in Hamburg noch nie gesehen. the last cannibals of the South Seas or exhibition of anthropological-zoological splendor groups in Hamburg never seen.

Zoos mit exotischen Tieren waren damals so beliebt, dass Karl Hagenbeck auf die Idee kam, dort auch Menschen auszustellen,

die in der rassistischen Sichtweise als exotisch galten.

Völkerschauen gab es auch schon in der frühen Neuzeit, aber Hagenbeck perfektionierte die Inszenierung auf eine perfide Art und Weise.

Indigene aus Neuginea oder aus Afrika mussten zwischen Garzellen und Zebras rituelle Tänze aufführen Коренные жители Новой Гвинеи или Африки должны были исполнять ритуальные танцы между гарцеллами и зебрами.

und sperrig begleitet mit Wurfsperren herumfuchteln. and bulky accompanied waving around with throwing barriers. и громоздкие, сопровождаемые метательными барьерами. Die Zuschauer sollten sich fühlen wie auf einer Weltreise.

Einigen Indigenen wurden sogar die Zähne abgefeilt, damit man ihnen den Kannibalismus abnahm.

Die Menschen, die wie Tiere im Zoo ausgestellt wurden, haben das meistens nicht freiwillig gemacht.

Sie wurden mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt und landeten unversehens in den Gehegen.

Oder sie waren als Sklaven an die Zoos verkauft worden und hatten sowieso keine Wahl.

Mit diesen Völkerschauen machte Zoobesitzer Karl Hagenbeck übrigens ziemlich gute Geschäfte.

So gute Geschäfte, dass er 1907 einen neuen Tierpark eröffnen konnte.

Jemand, der sich mit der Aufarbeitung dieser Kolonialgeschichte beschäftigt und mit den Fragen rund um die Erinnerungskultur zum deutschen Kolonialismus sehr gut auskennt, ist Jürgen Zimmerer.

Jürgen ist Professor für Globalgeschichte an der Universität Hamburg.

Er ist einer der Kritiker des Humboldt-Forums in Berlin. He is one of the critics of the Humboldt Forum in Berlin.

Den Macherinnen und Machern wirft er unter anderem vor, die deutsche Kolonialgeschichte bei der Ausstellungskonzeption fast vollständig ausgeblendet zu haben. Among other things, he accuses the makers of having almost completely ignored German colonial history in the exhibition concept. Среди прочего, он обвиняет организаторов в том, что при создании выставки они практически полностью проигнорировали колониальную историю Германии.

Jürgen, schön, dass du da bist. Hallo.

Hallo.

Du sprichst im Zusammenhang mit der deutschen Kolonialgeschichte auch von kolonialer Amnesie.

Das heißt also, dass man einen Großteil vergessen hat, dass wir als Gesellschaft vieles einfach nicht mehr wissen oder auch nicht wahrhaben wollen.

Allerdings sagst du auch, es gibt in diesen 30 Jahren deutsche Kolonialgeschichte auch Ereignisse, Persönlichkeiten und Begriffe aus dieser Zeit, die Eingang in das kollektive Gedächtnis der Deutschen gefunden haben. However, you also say that in these 30 years of German colonial history, there are also events, personalities and concepts from that time that have found their way into the collective memory of the Germans. Однако вы также говорите, что за эти 30 лет колониальной истории Германии есть события, личности и концепции этого периода, которые вошли в коллективную память немцев.

Das scheint erstmal ein Widerspruch zu sein, ist es aber gar nicht, oder?

Nein, es ist kein Widerspruch, sondern es ist eigentlich die Feststellung des Kolonialismus, die deutsche Geschichte wie auch die europäische Geschichte insgesamt doch erheblich prägte. No, it is not a contradiction, but it is actually the finding of colonialism, which shaped German history as well as European history as a whole nevertheless considerably.

Übrigens nicht nur die 30 Jahre formalen deutschen Kolonialreichs von 1884 bis 1918, sondern eigentlich auch die Zeit vorher und nachher, wo auch immer Menschen, die wir heute als Deutsch bezeichnen würden, im Grunde beteiligt waren in den kolonialen Unternehmungen anderer Länder. By the way, not only the 30 years of formal German colonial empire from 1884 to 1918, but actually also the time before and after, wherever people we would call German today were basically involved in the colonial ventures of other countries. Кстати, не только 30 лет формальной германской колониальной империи с 1884 по 1918 год, но и время до и после, когда люди, которых мы сегодня называем немцами, в основном участвовали в колониальных начинаниях других стран.

Das ist das eine. Es ist ein wesentlicher Teil unserer Geschichte. Gleichzeitig, bis vor ein paar Jahren, haben die meisten offenbar nicht aktiv gewusst, dass Deutschland ein Kolonialreich hatte, das viertgrößte seiner Zeit und über 30 Jahre lang eben in zahlreichen Ländern Afrikas, aber auch in Asien herrschte.

Und dort eben, und das ist eigentlich der Punkt der Debatte, eben auch Kriegsverbrechen begangen hat oder im Beispiel des heutigen Namibias auch den ersten Völkermord des 20. And there, and this is actually the point of the debate, also committed war crimes or, in the example of today's Namibia, also the first genocide of the 20th century. И там, и в этом, собственно, и заключается суть дебатов, она также совершала военные преступления или, в примере сегодняшней Намибии, первый геноцид 20-го века. Jahrhunderts.

Wir stellen fest, da tut sich gerade einiges. Мы понимаем, что сейчас многое происходит. Du hast es beschrieben. Es gibt eine Aufarbeitung und es werden plötzlich auch Begriffe in Frage gestellt, die aus der Zeit des deutschen Kolonialismus stammen. There is a reappraisal and suddenly even terms are questioned that originate from the time of German colonialism. Происходит переоценка и неожиданно ставятся под сомнение термины, возникшие еще во времена немецкого колониализма.

Kannst du da vielleicht mal so ein paar Beispiele nennen? Was benutzen wir vielleicht heute ganz selbstverständlich? Ist aber vielleicht dann doch nicht mehr so en vogue?

Naja, also selbstverständlich benutzen wir es ja eben nicht mehr, aber man kann sich ja die Debatte anschauen um das N-Wort oder um das M-Wort, um die M-Straße in Berlin. Well, of course we don't use it anymore, but you can look at the debate about the N-word or the M-word, about the M-street in Berlin. Конечно, мы больше не используем это слово, но вы можете посмотреть на дебаты о слове на букву "Н" или слове на букву "М", о М-стрит в Берлине.

Die Debatten um Black Facing im Karneval ist ja auf Kritik gestoßen, weil man sich eben auch ganz anders mit den Fragen des Rassismus auseinandersetzt. The debates about Black Facing in carnival have met with criticism, because people deal with the issues of racism in a completely different way. Дебаты о "черных лицах" на карнавале подвергаются критике, потому что вопросы расизма рассматриваются совершенно по-другому.

Und die Frage des Rassismus in Deutschland natürlich auch wieder sehr stark auf den Kolonialismus verweist, weil im Grunde ist dieser Rassismus heute eben in wesentlichen Teilen eben auch in diesem Kolonialrassismus mit entstanden und geprägt worden. И вопрос расизма в Германии, конечно, также очень сильно связан с колониализмом, потому что, по сути, сегодняшний расизм также был в значительной степени создан и сформирован колониальным расизмом.

Das heißt, das geht jetzt ineinander und Menschen möchten das nicht mehr, die fühlen sich rassistisch beleidigt. Это означает, что теперь они сливаются, и люди больше не хотят этого, они чувствуют себя оскорбленными по расовому признаку. Es gibt Debatten, es gibt Debatten Black Life Matters vor zwei Jahren, das in Europa dann diskutiert wurde, führte dazu, dass man zum Beispiel in Hamburg, wo ich jetzt bin, diese riesige Bismarck-Statuenfrage stellte und sagte, ist Bismarck nicht auch ein Kolonialdenkmal?

Selbstverständlich ist er eins. Bismarck zeichnet verantwortlich für die Kolonialreichsgründung. Бисмарк ответственен за создание колониальной империи. Er ist mitverantwortlich und der geistige Vater der Aufteilung Afrikas in der Afrika-Konferenz, die bis heute nachwirkt.

Wir hören dann in den Nachrichten irgendwelche Grenzkonflikte oder Minderheitenkonflikte oder was auch immer und denken gar nicht dran, dass das auf Berlin, auf die Afrika-Konferenz und auf Bismarck mit zurückgeht.

Viele Probleme wurzeln ja auch daran, dass man die deutsche Kolonialzeit bis heute nicht richtig aufgearbeitet hat.

Deutschland hat als Kolonialmacht im damaligen Deutsch Südwestafrika 1904 den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts begangen, nämlich an den Herero und Nama.

Anerkannt ist dieser Völkermord von der Bundesregierung allerdings nur im historischen, nicht aber im völkerrechtlichen Sinne. However, this genocide is recognized by the federal government only in the historical sense, but not in the sense of international law. Однако этот геноцид признан немецким правительством только в историческом смысле, но не в смысле международного права.

Unter anderem dagegen haben Vertreterinnen und Vertreter der Herero und Nama protestiert. Among others, representatives of the Herero and Nama protested against this. Kannst du vielleicht noch mal darlegen, wogegen sich der Protest noch gerichtet hat?

Also man muss einfach klarstellen, es gibt eine Anerkennung dahingehend, dass es bis vor einigen Jahren hoch problematisch war. So you just have to clarify, there is a recognition to the fact that it was highly problematic until a few years ago.

Man bekam Probleme, wenn man von Genozid sprach im Zusammenhang mit Herero und Nama. Das ist jetzt aufgegeben worden. That has now been abandoned. Теперь от этого отказались.

Deutschland verhandelte mit Namibia sechs Jahre lang über eine Anerkennung und Formen der finanziellen Hilfe, Kompensation, Wiedergutmachung.

Es gibt jetzt eigentlich ein Abkommen, das im Grunde paraffiert ist. There is actually an agreement now that is basically paraffined. Das heißt, es wurde von den Unterhändlern unterzeichnet.

Aber es wurde im Grunde noch nicht formal angenommen, auch nicht von der namibischen Seite. But it basically has not been formally adopted yet, not even by the Namibian side. Und zwar vor allem deshalb, weil ein Großteil der Herero und Nama sich in diesem Verhandlungsprozess nicht wiedergefunden hat. Основная причина этого заключается в том, что большинство гереро и нама не признали себя участниками этого переговорного процесса.

Sie fühlten sich ausgeschlossen. Sie sagten, wir waren nicht beteiligt. Und es kann keine Entschuldigung, kein Abkommen über unsere Geschichte geben, an der wir nicht durch die von uns selbst gewählten Vertreter und Vertreterinnen beteiligt sind. И не может быть никаких извинений, никаких соглашений по поводу нашей истории, в которой мы не участвуем через представителей, которых мы сами избрали.

Das heißt, es ist nicht nur Kritik jetzt an der Anerkennung nur im historischen Sinne und nicht im völkerrechtlichen Sinne, sondern generell an diesem Verhandeln über die Köpfe der Menschen hinweg. Иными словами, это не просто критика признания в историческом смысле и не в смысле международного права, а вообще всех этих переговоров над головами людей.

Dieser Hinweis auf das völkerrechtliche anerkennen, der hat einen anderen Grund. Man fürchtete von Anfang an, dass man im Grunde, wenn man praktisch historisch eine Zahlungsverpflichtung gegenüber den Herero und Nama eingeht, einen Präzedenzfall schafft, der eben dann auch gegenüber Italien, gegenüber Griechenland, gegenüber Polen und anderen Staaten und Opfern aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs eigentlich kommt. From the very beginning, it was feared that, basically, if one enters into a payment obligation to the Herero and Nama in practical historical terms, one will create a precedent that will actually then also come to Italy, to Greece, to Poland and other states and victims from the time of the Second World War.

Ja, man hat dann so eine Lösung gefunden, dass man sagt, wir investieren da jetzt in Infrastruktur und bauen Dinge im Land auf und versuchen damit dann Dinge gut zu machen. Aber wie du schon sagst, es ist natürlich noch was anderes, als sich offiziell zu entschuldigen, was definitiv nicht passiert ist.

Also man hat im Grunde gesagt, wir haben keine Pflicht etwas zu tun, aber wir einigen uns jetzt, dass wir freiwillig etwas geben. So they basically said we don't have a duty to do anything, but we now agree to give voluntarily. Das ist diese juristische Fiktion und die eben auch bei den Herero und Nama deshalb, glaube ich, auch so übel angesehen wird, weil man die Leute von den Verhandlungen ausgeschlossen hat, die die moralische Autorität gehabt hätten, das zu akzeptieren. That's this legal fiction, and that's why it's viewed so badly, I think, by the Herero and Nama people, because people were excluded from the negotiations who would have had the moral authority to accept that.

Das heißt, es ist auch ein ganz schwerer, handwerklicher, politischer Fehler der Bundesrepublik gewesen, zu sagen, wir wollen ein Deal machen, wir wollen ein Abkommen machen, aber wir schließen die aus, die eigentlich sagen können, ja, jetzt reicht es. That means that it was also a very serious, technical, political mistake on the part of the Federal Republic to say that we want to make a deal, we want to make an agreement, but we exclude those who can actually say, yes, that's enough.