Dialekte Hotline: Plattdeutsch
Hallo und herzlich willkommen bei der Dialekte-Hotline.
Mit welchem Dialekt kann ich Ihnen heute helfen?
Mit Plattdeutsch bitte.
Gerne. Einen Moment, ich verbinde Sie.
Ja, moin! Ik bin Markus Jänen. Ik ben sevenviertig Joar olt,
und ik komm ut Emsland.
Und ik proot Platt!
Ja, moin Markus! - Ja, moin!
Kannst du das Ganze noch mal auf Hochdeutsch sagen?
Also, ich heiße Markus Jänen, ich bin 47 Jahre alt
und komme aus einem schönen Dorf im Emsland, Wesuwe heißt das.
Und du sprichst Plattdeutsch?
Ja, genau. Also, ein Dialekt ist es nicht, das Plattdeutsche.
Es ist eine eigene Sprache, die auch geschützt ist nach der EU-Minderheitensprachen-Charta.
Und innerhalb des Plattdeutschen gibt es wieder Dialekte.
Und wo wird diese eigenständige Sprache überall gesprochen?
In Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachen,
bis hin zur holländischen Grenze, wo ich eben auch selbst herkomme.
Markus, hast du vielleicht einen Satz, der mir auch im Alltag weiterhilft?
Sprich doch mal nach:
Laot us man een verpusten und tausehn, dat wi wat reddiget tau eten kriet.
Laot us man een verpusten und tausehn, dat wi wat reddiget tau eten kriet.
Wunderbar! - Wie, echt?? - Ja!
Also, damit kannst du dich überall verständigen.
Was heißt das denn?
Lass uns mal eben 'ne Pause machen und zusehen, dass wir was Anständiges zu essen bekommen.
Was, würdest du sagen, ist das Besondere an der Aussprache beim Plattdeutschen?
Das Plattdeutsche hat die zweite Lautverschiebung damals nicht mitgemacht,
8. Jahrhundert nach Christus, wo dann einzelne Buchstaben im Plattdeutschen geblieben sind,
die sich dann im Hochdeutschen verändert haben, wie beispielsweise:
Das „f“ ist bei einem „p“ oder „pf“ ist ist bei einem „p“ geblieben.
„Pferd“, zum Beispiel, heißt „Peerd“, oder „Appel“ für „Apfel“.
Ihr habt einfach die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht?
Ja! Da haben wir uns renitent gegen gewehrt.
Wie konnte das denn passieren?
Markus, ich bräuchte so ein paar Vokabeln, die mir auch irgendwie weiterhelfen.
Wie würde ich denn fragen „Wie geht's Dir?“ - „Wo ist mit di?“
Wie? Ich wollte wissen, wie es Dir geht!
Ich muss es echt sagen: Ihr habt nicht nur die zweite Lautverschiebung nicht mitgemacht, ne?
Spaß.
Wenn ich jemandem ein Kompliment machen möchte, was würde ich denn da sagen?
Hunnert.
Hunnert?
Hunnert.
Für: „100 Prozent“
Aaaah! - „Sehr gut“.
Hunnert!
Kann man in allen Lebenslagen verwenden.
Also: Wenn jemand was gut gemacht hat, wenn es jemandem gut geht,
wenn's einfach läuft wie geschmiert, dann sagt man: „Hunnert“.
Wenn mir im Club oder in der Bar jemand was über die Hose schüttet,
und ich mich wirklich ärgere: Was würde ich denn da sagen?
Häs du't noch wall gaud?
Häs du't noch wall gaud?
Genau! Soll so viel heißen wie: Bist du noch ganz zurechnungsfähig?
Wenn ich jetzt in einer Bar oder im Club bin und ich habe nichts mehr zu trinken:
Wie würde ich etwas nachbestellen?
Meister, konns du mir dor mal even di Luft rutlaoten?
Meister, konns du mir dor mal even di Luft rutlaoten?
Ja, das war gar nicht verkehrt. Weißt du denn, was das heißt?
Meister, kannst du mich einmal in die Luft heben?
Meister, kannst du da mal die Luft rauslassen?
Soll so viel heißen wie: Lässt du mir mal bitte aus dem Glas, was vor mir steht, wo nichts mehr drin ist,
die Luft raus, und füllst das wieder auf mit dem frischen Getränk?
So bestell ich ein Getränk? - Ja.
Und wie würden wir uns jetzt voneinander verabschieden?
„Gaud gahn“ heißt so viel wie „gut gehen“, „lass es dir gut gehen“.
„Gaud gahn“ - „Gaud gahn“
Oder: „Hol di fuchtig“. - „Hol di fuchtig“?
„Hol di fuchtig“ - Was heißt das?
„Halt dich aufrecht“.
Das finde ich irgendwie süß.
Hast du ein Lieblingswort auf Plattdeutsch?
Ja, das habe ich. Isenbahnbohmupendaledreiher.
Isenbahnbohmupda...
„Isenbahnbohmupendaledreiher“ heißt so viel wie: „Schlagbaumwärter“.
Schlagbaumwärter?
Genau. Und im Wort steckt drin: „Isenbahn“ = „Eisenbahn“,
„bohm“ ist der „Baum“, also der Schlagbaum,
„opendaledreiher“ ist derjenige, der die Schranke hoch und runter fährt.
Also „Isenbahnbohmupendaledreiher“.
Markus, würdest du denn sagen, das Plattdeutsche spiegelt auch
die Mentalität der Norddeutschen wider? - Ja, man hat relativ wenige Worte
für „Gefühlsduseleien“, so will ich es mal ausdrücken.
Man hält sich eher knapp und bedeckt.
Also, man ist eher zurückhaltend, aber auch nachdenklich.
Aber im Herzen natürlich trotzdem freundlich.
Markus, es gibt ja in jedem Dialekt Wörter, wo man nicht drauf kommen würde.
Hast du da auch sowas im Plattdeutschen?
Ja, der „Huulbessen“.
Wie?
Der „Huulbessen“.
„Huulbessen“? - Ja. - Wie schreibt man das?
H - U - U - L - B - E - S - S - E - N
„Huulbessen“? - „Huulbessen“.
Besen? - Ja. Und „huul“?
Ist ein Geräusch? Heulen?
Heulbesen? - Was könnte das sein?
Eine Heulsuse? - Nein.
Haushaltsgerät... Was macht Geräusche?
Ein Staubsauger! - Aha! Sehr gut.
Also, ich habe ja jetzt schon ein paar Sachen gelernt, habe ein bisschen Gefühl für das Plattdeutsche.
Ich bin jetzt bereit für die Dialekte-Challenge.
Hast du einen Satz, den ich lernen sollte?
Ja. „De nix wäit, wäit nich, dat he nicht wäit, dat he nix wäit.“
„De nix wäit, wäit nich, dat he nicht wäit, dat he nix wäit.“
Ja! Prima!
Der nichts weiß, weiß nicht, dass er nichts weiß ... dass er nicht weiß, was er ...
Jaa ...
Der nichts weiß, weiß nicht, dass er nicht weiß, dass er nichts weiß.
Ich würd sagen: Richtig.
Markus, ganz ehrlich, ne? - Ja? - Wie habe ich mich geschlagen?
Also ich würde sagen, das war allererste Sahne, da ist ein großes Talent.
Danke.
Hol di fuchtig.
Hol di fuchtig.
Das war die Dialekte-Hotline mit Plattdeutsch.
Und mich würde noch interessieren, welches euer Lieblingswort auf Plattdeutsch ist.
Schreibt es unten in die Kommentare.
So! Noh luss wat äten gahn.