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Andrea erzählt (D), Wipkingen

Wipkingen

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zur Sendung «Andrea erzählt» vom 2. Dezember 2016. Es freut mich sehr, sind Sie wieder mit dabei. Und noch etwas freut mich: Heute erzählt Alessandra ihren hundertsten italienischen Podcast «Al dente». Liebe Alessandra, ich gratuliere dir herzlich!

Jeder hat es schon erlebt: Städte verändern sich ständig. Das Zürich meiner Kindheit [1] ist heute ganz anders – und trotzdem in vielem gleich. Darum möchte ich Ihnen von dem Quartier [2] erzählen, in dem ich aufgewachsen bin. Es hat sich ebenfalls sehr verändert. Es heisst Wipkingen. Viel Vergnügen!

*

Hinter dem Hauptbahnhof fliessen die beiden Flüsse Sihl und Limmat zusammen. Sie sind nun ein einziger Fluss und heissen Limmat. Am rechten Ufer [3] dieser breiten Limmat liegt Wipkingen. Es ist ein Quartier von Zürich. Wie die meisten Quartiere, war es früher mal ein Dorf, das so lange grösser geworden ist, bis es mit der Stadt zusammengewachsen ist. Seit 1893 gehört es fest zu Zürich.

Hier habe ich als Kind gewohnt. Lange Zeit hatte ich geglaubt, dass Wipkingen Wikingen heisse. Einmal fragte ich meine Lehrerin: «Warum sehen wir so anders aus als die Wikinger [4] auf den Bildern? Die Männer hier haben ja gar keine Helme [5] und keine langen Haare.» Meine Lehrerin verstand zuerst gar nicht, wovon ich sprach. Dann musste sie lächeln und sagte: «Aber wir wohnen doch nicht in Wikingen, sondern in Wipkingen.» Ich konnte das fast nicht glauben. Und lustigerweise ist der falsche Name noch heute irgendwie in meinem Kopf.

Als ich ein Kind war, war Wipkingen ein sehr ruhiges Quartier. Familien lebten hier und viele alte Leute. Irgendwie fand ich es immer ein bisschen langweilig. Bis ich Eva kennenlernte. Das war in der ersten Klasse.

Eines Tages sah ich sie auf dem Pausenplatz [6] stehen. Sie hatte lange braune Haare und hellblaue [7] Augen. Sie trug ein gestricktes [8] Kleid mit einer Katze darauf. Ich dachte sofort: «Ich möchte ihre Freundin werden.» Also ging ich zu ihr und sprach mit ihr. Und schon bald waren wir die ganze Zeit zusammen. Ich sagte zu ihr: «Seit ich dich kenne, Eva, ist mir nie mehr langweilig.»

Wir hatten so viele Ideen und machten dumme Dinge, es war wunderbar!

Eva wohnte in einem Haus an der Limmat. Es hatte zwei Terrassen [9]. Eine war vorne und eine hinten an ihrer langen, schmalen Wohnung. Wenn ich sie besuchte, kletterte ich immer auf die eine Terrasse beim Treppenhaus und ging in der Küche durch das Fenster. Ich fand das sehr spannend — wie in einem Krimi [10]. Ihre Mutter fand es auch lustig. Sie nannte mich nur das Mädchen mit den Gummistiefeln [11]. Denn ich trug immer Gummistiefel und dazu Röcke. Wenn ich von draussen an das Küchenfenster klopfte, rief sie: «He, meine Kleine, schön bist du da! Komm herein.» Sie nennt mich übrigens noch heute «meine Kleine».

Evas Eltern hatten eine Bäckerei und ein Kaffee. Ich fand das toll. Ab und zu sagte Eva zu mir: «Komm, wir schleichen [12] in die Backstube [13] und stehlen Zigerkrapfenfüllung.» Dann war ich glücklich. Ich liebe Zigerkrapfen. Das ist ein Gebäck, das im Öl gebacken wird. Es ist mit Quark und Rosinen gefüllt. Das erste Mal fragte ich Eva: «Aber wir können doch einfach fragen, ob wir etwas haben dürfen. Die Bäckerei gehört doch deinen Eltern.» Eva schüttelte den Kopf und sagte: «Klar. Aber so ist es doch viel lustiger.»

*

Das war längst nicht das einzige Abenteuer, das wir zusammen erlebten. Einmal fanden wir einen alten Bunker [14] aus dem zweiten Weltkrieg. Er stand am Ufer der Limmat, versteckt zwischen ein paar Büschen. Ich sagte: «Schau mal, das wird unser geheimes Haus!»

Wir waren ganz aufgeregt. Wir putzten drei Tage lang und mussten viele alte Blätter und Spinnweben [15] herausholen. Es war eklig [16]! Aber als wir es endlich geschafft hatten, waren wir sehr stolz. Eva sagte: «Ich habe in einem Garten ein Gartenhaus gesehen. Komm, wir gehen mal dahin und schauen, ob es dort Farben und Pinsel gibt.»

Also warteten wir, bis es dunkel war. Dann stiegen wir ganz leise aus dem Fenster und gingen zum Nachbarn hinüber. Wir hatten Glück: Die Türe des Gartenhauses war offen. Und wir fanden sogar einen Topf mit dunkelgrüner Farbe und harte, alte Pinsel. Am nächsten Tag krochen [17] wir in unseren Bunker und strichen die Wände damit. Was wir nicht wussten: Die Farbe war Ölfarbe [18]. Und unsere Haare waren voll davon.

Evas Mama schimpfte am Abend mit uns. Sie war nicht wirklich böse, aber sie sagte: «Ihr seid dumme Hühner. Bindet euch das nächste Mal ein Tuch um den Kopf. Das hier geht nur mit Pinselreiniger [19] raus.»

Leider fanden schon bald ein paar Jungs unseren Bunker und vertrieben [20] uns. Das war schade, aber wir hatten auch so immer etwas Lustiges zu tun. Ich liebte Eva und ihre Mutter über alles. Einmal fragte ich meine eigene Mutter: «Darf ich zu Eva ziehen?» Sie war schockiert und sehr traurig. Ich war ja erst neun Jahre alt. Heute tut es mir leid, dass ich ihr mit dieser Frage so wehgetan habe. Damals habe ich es gar nicht gemerkt. Ich dachte sogar, sie wäre vielleicht froh.

Auch unser Lehrer hatte es nicht einfach mit uns. Als ich ihn später mal in der Stadt antraf, sagte er: «Ich fand euch beide schrecklich. Ihr habt immer gemacht, was ihr wolltet und ihr wart so frech [21].» Das fand ich sehr schade. Denn eigentlich hatten wir ihn wirklich gern gemocht. Aber er war einfach viel zu nett.

Einmal fragten wir ihn zum Beispiel, ob wir das Klavier im Schulzimmer bemalen dürften. Er war einverstanden. Dann sagten wir: «Es ist das Schulklavier. Also müssten wir es während der Schulstunden machen.» Er sagte auch da «ja». Aber nach der Hälfte hatten wir plötzlich keine Lust mehr und hörten einfach auf. Unser Lehrer sagte: «Das könnt ihr nicht machen!» Doch er liess uns dann doch in Ruhe. Ich habe mich seither oft gefragt, ob in jener Schule noch immer ein altes Klavier steht, das nur halb mit Blumen bemalt ist.

Ein anderes unserer Spiele war gefährlicher. Wir schlichen in der Nacht aus unserem Zimmer und gingen nach draussen. Dann trafen wir uns im Dunkeln und gingen zu Häusern mit einem Baugerüst [22]. Dort kletterten wir hinauf und schauten den Leuten in die Wohnungen. Das war unheimlich, aber auch sehr aufregend. Heute als Mutter finde ich es nur noch schlimm. Ich will gar nicht daran denken, dass meine Kinder auch so etwas tun könnten. Ich glaube, ich würde sterben vor Angst um sie!

Als wir später nach Uster zogen, fehlten mir Eva und ihre Mutter sehr. Aber wir treffen uns bis heute ab und zu.

*

Später hatte ich übrigens einen Freund in Wipkingen. Das war seltsam für mich. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr dort gewesen, denn auch Eva war bald nach mir weggezogen. Ihn zu besuchen, war wie eine Reise in die Vergangenheit. Ich fand es immer noch so langweilig hier.

Aber seither sind nochmals zwanzig Jahre vergangen und heute ist Wipkingen eines der beliebten Quartiere der Stadt. Es leben sehr viele junge Familien hier und es gibt viel Kultur. Aus dem alten Restaurant auf der Brücke ist eine schöne Bar geworden. Und das Grossmutter-Kaffee ist heute ein gutes Restaurant.

Dort wo früher der Zug hindurchfuhr, gibt es heute einen Tunnel und darüber ist eine Wiese mit neuen Häusern darauf. Ich verstehe sehr gut, dass viele Leute hier leben wollen.

Trotzdem: Ich selbst könnte es nicht. Es riecht zu sehr wie früher und ich erkenne zu viele Häuser. Es ist so, als wäre ich ein Kind im Körper einer mittelalten Frau. Das passt irgendwie einfach nicht zusammen in meinem Kopf.

*

Jetzt freue ich mich sehr, wenn Sie bei Instagram unter #PodClubAndrea und #andreaerzaehlt vorbeischauen und am 16. Dezember wieder auf podclub.ch oder über unsere App mit dem Vokabeltrainer mit dabei sind, wenn es heisst «Andrea erzählt». Dann werde ich Ihnen vom «Atzmännig» erzählen. Auf Wiederhören!

Glossaire: Andrea erzählt (D) [1] die Kindheit: die Jahre, in denen man ein Kind ist

[2] das Quartier: Stadtviertel, Stadtteil

[3] das Ufer: der Rand eines Sees oder eines Flusses

[4] die Wikinger: ein früheres Volk aus dem Norden Europas

[5] der Helm: eine Kopfbedeckung aus hartem Material, zum Beispiel aus Metall. Er soll den Kopf vor Verletzung schützen

[6] der Pausenplatz: Schulhof

[7] hellblau: in sehr leichtem, hellem Blau

[8] gestrickt: aus Wolle oder Garn, entweder von Hand mit zwei langen Nadeln gemacht oder mit einer Maschine

[9] die Terrasse: ein sehr grosser Balkon

[10] der Krimi: Roman oder Film über einen Kriminalfall, ein Verbrechen

[11] der Gummistiefel: Stiefel aus Kautschuk oder Kunststoff, den man bei Regen trägt

[12] schleichen: heimlich und leise gehen

[13] die Backstube: Raum in einer Bäckerei, in welchem die Öfen stehen und Teig gemacht wird

[14] der Bunker: ein geschütztes, blockartiges Gebäude, in dem man sich in Sicherheit bringen kann, wenn Krieg ist

[15] die Spinnwebe: Geflecht aus feinen Fäden, die von Spinnen gemacht werden

[16] eklig: abstossend, Ekel erregend

[17] kriechen: sehr nah am Boden gehen, meist auf Händen und Knien

[18] die Ölfarbe: Farbe auf Ölbasis

[19] der Pinselreiniger: eine Flüssigkeit, mit der man bestimmte Farben auswaschen kann, die man nicht mit Wasser oder Seife lösen kann

[20] vertreiben: wegschicken, in die Flucht treiben

[21] frech: keck, nicht brav

[22] das Baugerüst: eine Konstruktion aus Stangen und Brettern, die man um ein Haus herum baut, um es z.B. neu zu streichen


Wipkingen Wipkingen

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, herzlich willkommen zur Sendung «Andrea erzählt» vom 2. Dear listeners, welcome to the program “Andrea tells” from the 2nd Dezember 2016. Es freut mich sehr, sind Sie wieder mit dabei. I am very happy to have you back. Und noch etwas freut mich: Heute erzählt Alessandra ihren hundertsten italienischen Podcast «Al dente». And one more thing makes me happy: Today Alessandra tells her hundredth Italian podcast «Al dente». Liebe Alessandra, ich gratuliere dir herzlich! Dear Alessandra, I congratulate you warmly!

Jeder hat es schon erlebt: Städte verändern sich ständig. Everyone has already experienced it: cities are constantly changing. Todo el mundo ya lo ha experimentado: las ciudades están en constante cambio. Das Zürich meiner Kindheit [1] ist heute ganz anders – und trotzdem in vielem gleich. The Zurich of my childhood [1] is very different today - and still the same in many ways. El Zúrich de mi infancia [1] es muy diferente hoy en día y, sin embargo, es el mismo en muchos aspectos. Darum möchte ich Ihnen von dem Quartier [2] erzählen, in dem ich aufgewachsen bin. So I want to tell you about the neighborhood [2] where I grew up. Por eso quiero hablarles del barrio [2] donde crecí. Es hat sich ebenfalls sehr verändert. It has also changed a lot. Es heisst Wipkingen. Viel Vergnügen! Have fun!

***

Hinter dem Hauptbahnhof fliessen die beiden Flüsse Sihl und Limmat zusammen. The two rivers Sihl and Limmat flow together behind the main station. Sie sind nun ein einziger Fluss und heissen Limmat. They are now one river and are called Limmat. Am rechten Ufer [3] dieser breiten Limmat liegt Wipkingen. Wipkingen lies on the right bank of this broad Limmat. Es ist ein Quartier von Zürich. It is a district of Zurich. Wie die meisten Quartiere, war es früher mal ein Dorf, das so lange grösser geworden ist, bis es mit der Stadt zusammengewachsen ist. Like most quarters, it used to be a village that grew bigger until it grew together with the city. Seit 1893 gehört es fest zu Zürich. It has been part of Zurich since 1893. Ha sido parte de Zúrich desde 1893.

Hier habe ich als Kind gewohnt. I lived here as a child. Lange Zeit hatte ich geglaubt, dass Wipkingen Wikingen heisse. For a long time I had believed that Wipkingen was called Wikingen. Einmal fragte ich meine Lehrerin: «Warum sehen wir so anders aus als die Wikinger [4] auf den Bildern? Once I asked my teacher: «Why do we look so different from the Vikings [4] in the pictures? Una vez le pregunté a mi profesor: «¿Por qué nos vemos tan diferentes a los vikingos [4] en las fotos? Die Männer hier haben ja gar keine Helme [5] und keine langen Haare.» Meine Lehrerin verstand zuerst gar nicht, wovon ich sprach. The men here have no helmets [5] and no long hair. » At first my teacher didn't understand what I was talking about. Dann musste sie lächeln und sagte: «Aber wir wohnen doch nicht in Wikingen, sondern in Wipkingen.» Ich konnte das fast nicht glauben. Then she had to smile and said: "But we don't live in Wikingen, but in Wipkingen." I almost couldn't believe it. Und lustigerweise ist der falsche Name noch heute irgendwie in meinem Kopf. And funnily enough, the wrong name is still somehow in my head.

Als ich ein Kind war, war Wipkingen ein sehr ruhiges Quartier. When I was a child, Wipkingen was a very quiet area. Familien lebten hier und viele alte Leute. Families lived here and a lot of old people. Irgendwie fand ich es immer ein bisschen langweilig. Somehow I always found it a bit boring. Bis ich Eva kennenlernte. Until I met Eva. Das war in der ersten Klasse. That was in first grade.

Eines Tages sah ich sie auf dem Pausenplatz [6] stehen. One day I saw her standing in the break area [6]. Sie hatte lange braune Haare und hellblaue [7] Augen. She had long brown hair and light blue eyes. Sie trug ein gestricktes [8] Kleid mit einer Katze darauf. She was wearing a knitted dress [8] with a cat on it. Ich dachte sofort: «Ich möchte ihre Freundin werden.» Also ging ich zu ihr und sprach mit ihr. I immediately thought: "I want to be your friend." So I went to her and talked to her. Und schon bald waren wir die ganze Zeit zusammen. And soon we were together all the time. Ich sagte zu ihr: «Seit ich dich kenne, Eva, ist mir nie mehr langweilig.» I said to her: «Since I've known you, Eva, I've never been bored.»

Wir hatten so viele Ideen und machten dumme Dinge, es war wunderbar! We had so many ideas and did stupid things, it was wonderful!

Eva wohnte in einem Haus an der Limmat. Eva lived in a house on the Limmat. Es hatte zwei Terrassen [9]. It had two terraces [9]. Eine war vorne und eine hinten an ihrer langen, schmalen Wohnung. One was in the front and one in the back of her long, narrow apartment. Wenn ich sie besuchte, kletterte ich immer auf die eine Terrasse beim Treppenhaus und ging in der Küche durch das Fenster. When I visited her, I always climbed onto the terrace by the stairwell and went through the window in the kitchen. Ich fand das sehr spannend — wie in einem Krimi [10]. I found it very exciting - like in a thriller [10]. Ihre Mutter fand es auch lustig. Her mother thought it was funny too. Sie nannte mich nur das Mädchen mit den Gummistiefeln [11]. She only called me the girl with the rubber boots [11]. Denn ich trug immer Gummistiefel und dazu Röcke. Because I always wore rubber boots and skirts. Wenn ich von draussen an das Küchenfenster klopfte, rief sie: «He, meine Kleine, schön bist du da! When I knocked on the kitchen window from outside, she shouted: «Hey, little one, you are beautiful! Komm herein.» Sie nennt mich übrigens noch heute «meine Kleine». Come in." By the way, she still calls me "my little one".

Evas Eltern hatten eine Bäckerei und ein Kaffee. Eva's parents had a bakery and coffee. Ich fand das toll. I thought that was great. Ab und zu sagte Eva zu mir: «Komm, wir schleichen [12] in die Backstube [13] und stehlen Zigerkrapfenfüllung.» Dann war ich glücklich. From time to time Eva said to me: "Come on, we sneak into the bakery [13] and steal the fillings of cig donuts." Then I was happy. De vez en cuando Eva me decía: "Ven, vamos a colarnos [12] en la panadería [13] y robar el relleno de Zigerkrapfen". Entonces yo era feliz. Ich liebe Zigerkrapfen. I love donut. Das ist ein Gebäck, das im Öl gebacken wird. This is a pastry that is baked in oil. Es ist mit Quark und Rosinen gefüllt. It is filled with curd cheese and raisins. Das erste Mal fragte ich Eva: «Aber wir können doch einfach fragen, ob wir etwas haben dürfen. The first time I asked Eva: «But we can just ask if we can have something. Die Bäckerei gehört doch deinen Eltern.» Eva schüttelte den Kopf und sagte: «Klar. The bakery belongs to your parents. » Eva shook her head and said: «Sure. Aber so ist es doch viel lustiger.» But it's much funnier that way. »

***

Das war längst nicht das einzige Abenteuer, das wir zusammen erlebten. It was far from the only adventure we had together. Einmal fanden wir einen alten Bunker [14] aus dem zweiten Weltkrieg. Once we found an old bunker [14] from World War II. Er stand am Ufer der Limmat, versteckt zwischen ein paar Büschen. He was standing on the banks of the Limmat, hidden between a few bushes. Ich sagte: «Schau mal, das wird unser geheimes Haus!» I said, "Look, this is going to be our secret house!"

Wir waren ganz aufgeregt. We were very excited. Wir putzten drei Tage lang und mussten viele alte Blätter und Spinnweben [15] herausholen. We cleaned for three days and had to take out a lot of old leaves and cobwebs [15]. Es war eklig [16]! It was gross [16]! Aber als wir es endlich geschafft hatten, waren wir sehr stolz. But when we finally did it, we were very proud. Eva sagte: «Ich habe in einem Garten ein Gartenhaus gesehen. Eva said: «I saw a garden shed in a garden. Komm, wir gehen mal dahin und schauen, ob es dort Farben und Pinsel gibt.» Come on, let's go there and see if there are paints and brushes there. »

Also warteten wir, bis es dunkel war. So we waited until it was dark. Dann stiegen wir ganz leise aus dem Fenster und gingen zum Nachbarn hinüber. Then we quietly climbed out of the window and walked over to the neighbor. Wir hatten Glück: Die Türe des Gartenhauses war offen. We were lucky: the door of the garden house was open. Und wir fanden sogar einen Topf mit dunkelgrüner Farbe und harte, alte Pinsel. And we even found a pot of dark green color and hard, old brushes. Am nächsten Tag krochen [17] wir in unseren Bunker und strichen die Wände damit. The next day we crawled [17] into our bunker and painted the walls with it. Al día siguiente [17] nos metimos en nuestro búnker y pintamos las paredes con él. Was wir nicht wussten: Die Farbe war Ölfarbe [18]. What we didn't know: The color was oil paint [18]. Und unsere Haare waren voll davon. And our hair was full of it. Y nuestro cabello estaba lleno de eso.

Evas Mama schimpfte am Abend mit uns. Eva's mom scolded us in the evening. La mamá de Eva nos regañó por la noche. Sie war nicht wirklich böse, aber sie sagte: «Ihr seid dumme Hühner. She wasn't really angry, but she said, "You're stupid chickens. Ella no estaba realmente enojada, pero dijo: 'Ustedes son unos pollos estúpidos. Bindet euch das nächste Mal ein Tuch um den Kopf. Next time, tie a scarf around your head. La próxima vez, átate un pañuelo alrededor de la cabeza. Das hier geht nur mit Pinselreiniger [19] raus.» This can only be done with a brush cleaner [19]. » Esto solo se puede quitar con un limpiador de cepillos [19].»

Leider fanden schon bald ein paar Jungs unseren Bunker und vertrieben [20] uns. Unfortunately, a few boys soon found our bunker and drove us out. Desafortunadamente, un par de tipos pronto encontraron nuestro búnker y [20] nos ahuyentaron. Das war schade, aber wir hatten auch so immer etwas Lustiges zu tun. That was a shame, but we always had something funny to do. Ich liebte Eva und ihre Mutter über alles. I loved Eva and her mother more than anything. Einmal fragte ich meine eigene Mutter: «Darf ich zu Eva ziehen?» Sie war schockiert und sehr traurig. Once I asked my own mother: "May I move to Eve?" She was shocked and very sad. Una vez le pregunté a mi propia madre: "¿Puedo mudarme con Eva?" Estaba sorprendida y muy triste. Ich war ja erst neun Jahre alt. I was only nine years old. Heute tut es mir leid, dass ich ihr mit dieser Frage so wehgetan habe. I'm sorry today that I hurt her so much with this question. Hoy lamento haberla lastimado tanto con esta pregunta. Damals habe ich es gar nicht gemerkt. I didn't notice it at the time. Ni siquiera me di cuenta en ese momento. Ich dachte sogar, sie wäre vielleicht froh. I even thought she might be happy. Incluso pensé que ella podría ser feliz.

Auch unser Lehrer hatte es nicht einfach mit uns. Our teacher didn't have an easy time with us either. Als ich ihn später mal in der Stadt antraf, sagte er: «Ich fand euch beide schrecklich. When I met him later in the city, he said: «I thought both of you were terrible. Más tarde, cuando lo encontré en la ciudad, dijo: "Pensé que ustedes dos eran terribles. Ihr habt immer gemacht, was ihr wolltet und ihr wart so frech [21].» Das fand ich sehr schade. You always did what you wanted and you were so cheeky [21]. » I thought that was a shame. Siempre hacías lo que querías y eras tan descarado [21]». Lo encontré muy desafortunado. Denn eigentlich hatten wir ihn wirklich gern gemocht. Because actually we really liked him. Porque en realidad nos gustaba mucho. Aber er war einfach viel zu nett. But he was just too nice. Pero él era demasiado agradable.

Einmal fragten wir ihn zum Beispiel, ob wir das Klavier im Schulzimmer bemalen dürften. For example, once we asked him if we could paint the piano in the classroom. Por ejemplo, una vez le preguntamos si podíamos pintar el piano en el salón de clases. Er war einverstanden. He agreed. El acepto. Dann sagten wir: «Es ist das Schulklavier. Then we said: «It's the school piano. Also müssten wir es während der Schulstunden machen.» Er sagte auch da «ja». So we would have to do it during school hours. » He said "yes" there too. Así que tendríamos que hacerlo durante el horario escolar". Dijo "sí" allí también. Aber nach der Hälfte hatten wir plötzlich keine Lust mehr und hörten einfach auf. But after half of it we suddenly didn't feel like it and just stopped. Pero después de la mitad, de repente ya no teníamos ganas y simplemente nos detuvimos. Unser Lehrer sagte: «Das könnt ihr nicht machen!» Doch er liess uns dann doch in Ruhe. Our teacher said: "You can't do that!" But then he left us alone. Nuestro maestro dijo: "¡No puedes hacer eso!" Pero luego nos dejó solos. Ich habe mich seither oft gefragt, ob in jener Schule noch immer ein altes Klavier steht, das nur halb mit Blumen bemalt ist. Since then I have often asked myself whether there is still an old piano in that school that is only half painted with flowers.

Ein anderes unserer Spiele war gefährlicher. Another of our games was more dangerous. Wir schlichen in der Nacht aus unserem Zimmer und gingen nach draussen. We sneaked out of our room at night and went outside. Salimos a escondidas de nuestra habitación por la noche y salimos. Dann trafen wir uns im Dunkeln und gingen zu Häusern mit einem Baugerüst [22]. Then we met in the dark and went to houses with scaffolding [22]. Luego nos reunimos en la oscuridad y fuimos a casas con andamios [22]. Dort kletterten wir hinauf und schauten den Leuten in die Wohnungen. We climbed up there and looked at the people in the apartments. Das war unheimlich, aber auch sehr aufregend. It was scary, but also very exciting. Heute als Mutter finde ich es nur noch schlimm. Today, as a mother, I think it's only bad. Hoy, como madre, creo que es simplemente malo. Ich will gar nicht daran denken, dass meine Kinder auch so etwas tun könnten. I don't want to think that my children could do something like that. No quiero ni pensar que mis hijos puedan hacer algo así. Ich glaube, ich würde sterben vor Angst um sie! I think I would die of fear for her! ¡Creo que me moriría de miedo por ella!

Als wir später nach Uster zogen, fehlten mir Eva und ihre Mutter sehr. When we later moved to Uster, I missed Eva and her mother very much. Cuando más tarde nos mudamos a Uster, extrañé mucho a Eva ya su madre. Aber wir treffen uns bis heute ab und zu. But we still meet every now and then.

***

Später hatte ich übrigens einen Freund in Wipkingen. By the way, I later had a friend in Wipkingen. Das war seltsam für mich. It was strange for me. Ich war seit meiner Kindheit nicht mehr dort gewesen, denn auch Eva war bald nach mir weggezogen. I hadn't been there since childhood, because Eva had also moved away soon after me. Ihn zu besuchen, war wie eine Reise in die Vergangenheit. Visiting him was like going back in time. Visitarlo fue como retroceder en el tiempo. Ich fand es immer noch so langweilig hier. I still found it so boring here.

Aber seither sind nochmals zwanzig Jahre vergangen und heute ist Wipkingen eines der beliebten Quartiere der Stadt. But twenty years have passed since then and today Wipkingen is one of the city's popular quarters. Es leben sehr viele junge Familien hier und es gibt viel Kultur. A lot of young families live here and there is a lot of culture. Aus dem alten Restaurant auf der Brücke ist eine schöne Bar geworden. The old restaurant on the bridge has become a nice bar. Und das Grossmutter-Kaffee ist heute ein gutes Restaurant. And grandmother coffee is a good restaurant today.

Dort wo früher der Zug hindurchfuhr, gibt es heute einen Tunnel und darüber ist eine Wiese mit neuen Häusern darauf. Where the train used to go, there is now a tunnel and above it is a meadow with new houses on it. Ich verstehe sehr gut, dass viele Leute hier leben wollen. I understand very well that many people want to live here.

Trotzdem: Ich selbst könnte es nicht. Still: I couldn't do it myself. Es riecht zu sehr wie früher und ich erkenne zu viele Häuser. It smells too much like before and I recognize too many houses. Es ist so, als wäre ich ein Kind im Körper einer mittelalten Frau. It's like being a child in the body of a middle-aged woman. Das passt irgendwie einfach nicht zusammen in meinem Kopf. It just doesn't fit together in my head.

***

Jetzt freue ich mich sehr, wenn Sie bei Instagram unter #PodClubAndrea und #andreaerzaehlt vorbeischauen und am 16. Now I'm very happy if you drop by on Instagram under #PodClubAndrea and #andreaerzaehlt and on the 16th Dezember wieder auf podclub.ch oder über unsere App mit dem Vokabeltrainer mit dabei sind, wenn es heisst «Andrea erzählt». Dann werde ich Ihnen vom «Atzmännig» erzählen. Auf Wiederhören!

Glossaire: Andrea erzählt (D) [1] die Kindheit: die Jahre, in denen man ein Kind ist

[2] das Quartier: Stadtviertel, Stadtteil

[3] das Ufer: der Rand eines Sees oder eines Flusses

[4] die Wikinger: ein früheres Volk aus dem Norden Europas

[5] der Helm: eine Kopfbedeckung aus hartem Material, zum Beispiel aus Metall. Er soll den Kopf vor Verletzung schützen

[6] der Pausenplatz: Schulhof

[7] hellblau: in sehr leichtem, hellem Blau

[8] gestrickt: aus Wolle oder Garn, entweder von Hand mit zwei langen Nadeln gemacht oder mit einer Maschine

[9] die Terrasse: ein sehr grosser Balkon

[10] der Krimi: Roman oder Film über einen Kriminalfall, ein Verbrechen

[11] der Gummistiefel: Stiefel aus Kautschuk oder Kunststoff, den man bei Regen trägt

[12] schleichen: heimlich und leise gehen

[13] die Backstube: Raum in einer Bäckerei, in welchem die Öfen stehen und Teig gemacht wird

[14] der Bunker: ein geschütztes, blockartiges Gebäude, in dem man sich in Sicherheit bringen kann, wenn Krieg ist

[15] die Spinnwebe: Geflecht aus feinen Fäden, die von Spinnen gemacht werden

[16] eklig: abstossend, Ekel erregend

[17] kriechen: sehr nah am Boden gehen, meist auf Händen und Knien

[18] die Ölfarbe: Farbe auf Ölbasis

[19] der Pinselreiniger: eine Flüssigkeit, mit der man bestimmte Farben auswaschen kann, die man nicht mit Wasser oder Seife lösen kann

[20] vertreiben: wegschicken, in die Flucht treiben

[21] frech: keck, nicht brav

[22] das Baugerüst: eine Konstruktion aus Stangen und Brettern, die man um ein Haus herum baut, um es z.B. neu zu streichen