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www.deutschland.de, FOKUS AFRIKA POLITIK IM UMBRUCH

FOKUS AFRIKA POLITIK IM UMBRUCH

Afrika rückt immer mehr in den Blickpunkt der deutschen Aussenpolitik. Daraus ergeben sich neue Chancen für den gesamten Kontinent. Auf dem G8-Gipfel unter deutschen Vorsitz in Heiligendamm im Juni dieses Jahres war Afrika eines der grossen Themen. Allein für die Bekämpfung von Infektionskrankeheiten wie HIV, Malaria und Tuberkulose wollen die führenden Industrienationen und Russland in den nächsten Jahren 60 Milliarden Dollar (44,5 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen. Vor allem ausländische Beobachter wollten daraus, dass Deutschland Afrika so zentral auf die G8-Tagesordnung gesetzt hatte, eine Priorisierung des Kontinents in der deutschen Aussenpolitk ablesen. Tatsächlich spielt Afrika darin eine immer grössere Rolle. Bis Ende der 90er-Jahre galt die Sichtweise, Deutschland habe keine wirtschaftlichen und strategischen Interessen in Afrika und engagiere sich dort vor allem aufgrund moralischer und altruistischer Motive. Die Afrikapolitk wurde weitgehend im Feld der Entwicklungspolitik verortet. Fünf Gründe sind es vor allem, die in den vergangenen Jahren zu einer Neubewertung der Rolle Afrikas geführt haben. Zwei davon haben allerdings eher indiriket mit dem Kontinent selbst zu tun: erstens der Ausbau der Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik (Gasp) sowie der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitk (ESVP) der Europäischen Union sowie zweitens die Entwicklung eines neuen Rollenverständnisses Deutschlands in der internationalen Politik. Deutschland hat sich seit je für eine Stärkung sowohl der GASP als auch der ESVP ausgesprochen – und Frankreich und Grossbritannien, aber auch Portugal und Reihe weiterer Länder der Europäischen Union betrachten Afrika als primäre Region für eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik. Neben historischen Bindungen spiel hier auch eine Rolle, das die EU-Staaten in ihrer Afrikapolitik leicht eine Konsens finden. Verstärkend kommt das sich herausbildende neue Rollenverständnis deutscher Aussenpolitik hinzu.

Die Gestaltung globaler Ordnung und Prozesse wird immer mehr als eine iher primären Aufgaben erachtet. Neben diesen beiden mittelbaren Gründen gibt es drei unmittelbare, durch die der Kontinent immer mehr in den Fokus der deutschen Politik rückt. Erstens hat der Migrationsdruck aus der Region deutlich zugenommen und damit das Interesse der Innenpolitiker an der Afrikapolitk deutlich erhöht. Zweitens wirft das verstärkte Engagement Chinas in Afrika auch Fragen für die deutshce Aussenwirtschatspolitik auf. Drittens haben die Terroranschläge vom 11. September 2001 Sicherheitspolitikern bewusst gemacht, dass die Sicherheit Deutschlands auch durch Entwicklungen in weiter entfernt gelegenen Regionen bedroht werden kann. Diese Veränderungen in der Wahrnehmung Afrikas und auch der Rolle Deutschlands und der EU in der internationalen Politk haben in der deutschen Afrikapolitk ihre Spuren hinterlassen. Die Debatte über Afrika wird heute breiter geführt, ihr Teilnehmerkries hat sich deutlich vergrössert. Bis vor wenigen Jahren beschäftigen sich überwiegend Entwicklungspolitker und die Afrikaexperten im Auswärtigen Amt und im Bundestag mit dem Kontinent, heute sind an der Diskussion über die richtige Politk gegenüber der Region auch Entscheidungsträger der Aussen-, Sicherheits-, Innen-, Europa-, und Ausserwirtschaftspolitik beteiligt. Damit ist eine Debatte über Prioritätensetzung und die Wahl der richtigen Instrumente in Gang gekommen. Am deutlichsten lässt sich dies am Thema Frieden und Sicherheit illustrieren. Afrikaexperten beschäftigt seit eineiger Zeit die Frage, ob Entwicklung die Voraussetzung für Frieden und Sicherheit ist – oder ob ohne Frieden und Sicherheit Entwicklung nicht zu gewährleisten sei. Es gibt einen Mittelweg zwischen beiden Positionen, auf dem sich wohl die Mehrheit der Afrikapositiker verorten lässt: Langfristiger und stabiler Frieden bedarf einer sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung, aber ohne die Beendigung von gewaltsamen sinnlos. Entsprechend gross ist die Zahl der Entwicklungspolitiker, die eine Beteiligung der Bundeswehr an Friedensmissionen in Afrika befürworten. Wir erfolgreich diese sein kann, zeigt die Führung der EU-Mission EUFOR RD Congo in der Demokratischen Republik Kongo durch die Bundeswehr. Fast 800 deutsche Soldatinnen und Soldaten sicherten dort 2006 die ersten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seit mehr als 40 Jahren. Zwar wird auch in Zukunft der Einsatz militärischer Elemente nicht zum Standardwerkzeug deutscher Afrikapolitk gehören, aber er wird auch nicht ausgeschlossen sein. Schlüssiges konzept für Afrika Die deutsche Afrikapolitik steht nun vor der Aufgabe, die Veränderungen in der Wahrnehmung Afrikas und in der Debatte über die deutsche Politik gegenüber der Region in ein schlüssiges afrikapolitisches Konzept zu überführen. Die Eckepunkte dafür setzt die Ende 2005 verabschiedete Afrikastrategie der EU. Sie betont noch vor der Aufgabe der sozialen und wirtschaflichen Entwicklung den Beitrag der Europäischen Union zur Schaffung von Frieden und Sicherheit, zur Förderung guter Regierungsführung und zum Ausbau von Handel, Investitionen und regionaler Integration in Afrika. Diese Prioritätensetzung schlug sich bereits in der Afrika-Agenda des G8-Gipfels von Heiligendamm nieder. Nun ist es für die deutsche Aussenpolitik wichtig, unter den afrikanischen Staaten weitere Partner für die gemeinsame Politik-Gestaltung zu finden. Mit über 50 Staaten besitz Afrika als Kontinent in den meisten internationalen Organisationen und Gremien ein relativ hohes Gewicht, das bislang aber kaum konstruktiv genutzt wurde. Eine deutsche Aussenpolitk, die sich stärker in der Gestaltung der globalen Ordnung engagiert, kann einen Beitrag dazu leisten, das internationalen Potenzial Afrikas zu erschliessen.

Auch wenn Afrika in der deutschen Politik eine immer grössere Bedeutung erfährt, ist es unabdingbar, in der Zusammenarbeit Schwerpunkte zu setzen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat bereits drei Felder identifiziert, auf die es sein Engagement in der Kooperation mit den afrikanischen Staaten südlich der Sahara konzentrieren will: Good Governance, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Wasserversorgung. Zudem bekennt sich das Ministerium zu einer länderbezogenen Fokussierung seiner Entwicklungszusammenarbeit. Künftig werden in der deutschen Afrikapolitk sicher auch die Themen zivile Krisenprävention und Demokratieförderung eine immer wichtigere Rolle spielen. Grosse Staaten Integrieren Nicht ganz einfach ist die Frage der regionalen Schwerpunktsetzung des politsichen Engagements. Kein Land kann zu allen Staaten Afrikas das gleiche Mass an bilateralen Beziehungen pflegen. Wichtig für eine erfolgreiche Afrikapolitik ist die Zusammenarbeit nicht nur mit kleineren Ländern, sondern vor allem auch mit grossen afrikanischen Staaten. Je nachdem, ob sie sich gerade in einem Bürgerkrieg befinden, autorität oder demokatrisch regiert werden, variieren allerdings die Instrumente bei der Gestaltung der Beziehungen zu diesen Staaten. Die deutsche Bundesregierung hat mit dem diesjährigen G8-Gipfel die Möglichkeiten genutzt, die politische und öffentliche Aufmerksamkeit auf Afrika zu richten – eine weitere Chance bietet der wohl Ende dieses Jahres stattfindende EU-AfrikaGipfel in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Davon werden beide Seiten profitieren: die deutsche Afrikapolitik und die Länder des Kontinents.


FOKUS AFRIKA POLITIK IM UMBRUCH FOCUS ON AFRICA POLITICS IN TRANSITION FOCUS SULLA POLITICA AFRICANA IN TRANSIZIONE 移行期のアフリカ政治に注目 FOCO NA POLÍTICA AFRICANA EM TRANSIÇÃO ВНИМАНИЕ НА АФРИКАНСКУЮ ПОЛИТИКУ В ПЕРЕХОДНЫЙ ПЕРИОД GEÇİŞ SÜRECİNDEKİ AFRİKA SİYASETİNE ODAKLANIN

Afrika rückt immer mehr in den Blickpunkt der deutschen Aussenpolitik. L'Afrique est de plus en plus au centre de la politique étrangère allemande. A África está a tornar-se cada vez mais o foco da política externa alemã. Daraus ergeben sich neue Chancen für den gesamten Kontinent. Cela ouvre de nouvelles opportunités pour tout le continent. Isto cria novas oportunidades para todo o continente. Auf dem G8-Gipfel unter deutschen Vorsitz in Heiligendamm im Juni dieses Jahres war Afrika eines der grossen Themen. Allein für die Bekämpfung von Infektionskrankeheiten wie HIV, Malaria und Tuberkulose wollen die führenden Industrienationen und Russland in den nächsten Jahren 60 Milliarden Dollar (44,5 Milliarden Euro) zur Verfügung stellen. Só para a luta contra doenças infecciosas como o VIH, a malária e a tuberculose, os principais países industrializados e a Rússia pretendem disponibilizar 60 mil milhões de dólares (44,5 mil milhões de euros) nos próximos anos. Vor allem ausländische Beobachter wollten daraus, dass Deutschland Afrika so zentral auf die G8-Tagesordnung gesetzt hatte, eine Priorisierung des Kontinents in der deutschen Aussenpolitk ablesen. Tatsächlich spielt Afrika darin eine immer grössere Rolle. Bis Ende der 90er-Jahre galt die Sichtweise, Deutschland habe keine wirtschaftlichen und strategischen Interessen in Afrika und engagiere sich dort vor allem aufgrund moralischer und altruistischer Motive. Die Afrikapolitk wurde weitgehend im Feld der Entwicklungspolitik verortet. La politique africaine se situait largement dans le domaine de la politique de développement. Fünf Gründe sind es vor allem, die in den vergangenen Jahren zu einer Neubewertung der Rolle Afrikas geführt haben. Zwei davon haben allerdings eher indiriket mit dem Kontinent selbst zu tun: erstens der Ausbau der Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik (Gasp) sowie der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitk (ESVP) der Europäischen Union sowie zweitens die Entwicklung eines neuen Rollenverständnisses Deutschlands in der internationalen Politik. Deutschland hat sich seit je für eine Stärkung sowohl der GASP als auch der ESVP ausgesprochen – und Frankreich und Grossbritannien, aber auch Portugal und Reihe weiterer Länder der Europäischen Union betrachten Afrika als primäre Region für eine gemeinsame Aussen- und Sicherheitspolitik. Neben historischen Bindungen spiel hier auch eine Rolle, das die EU-Staaten in ihrer Afrikapolitik leicht eine Konsens finden. Verstärkend kommt das sich herausbildende neue Rollenverständnis deutscher Aussenpolitik hinzu.

Die Gestaltung globaler Ordnung und Prozesse wird immer mehr als eine iher primären Aufgaben erachtet. Neben diesen beiden mittelbaren Gründen gibt es drei unmittelbare, durch die der Kontinent immer mehr in den Fokus der deutschen Politik rückt. Erstens hat der Migrationsdruck aus der Region deutlich zugenommen und damit das Interesse der Innenpolitiker an der Afrikapolitk deutlich erhöht. Zweitens wirft das verstärkte Engagement Chinas in Afrika auch Fragen für die deutshce Aussenwirtschatspolitik auf. Drittens haben die Terroranschläge vom 11. September 2001 Sicherheitspolitikern bewusst gemacht, dass die Sicherheit Deutschlands auch durch Entwicklungen in weiter entfernt gelegenen Regionen bedroht werden kann. Diese Veränderungen in der Wahrnehmung Afrikas und auch der Rolle Deutschlands und der EU in der internationalen Politk haben in der deutschen Afrikapolitk ihre Spuren hinterlassen. Die Debatte über Afrika wird heute breiter geführt, ihr Teilnehmerkries hat sich deutlich vergrössert. Bis vor wenigen Jahren beschäftigen sich überwiegend Entwicklungspolitker und die Afrikaexperten im Auswärtigen Amt und im Bundestag mit dem Kontinent, heute sind an der Diskussion über die richtige Politk gegenüber der Region auch Entscheidungsträger der Aussen-, Sicherheits-, Innen-, Europa-, und Ausserwirtschaftspolitik beteiligt. Damit ist eine Debatte über Prioritätensetzung und die Wahl der richtigen Instrumente in Gang gekommen. Am deutlichsten lässt sich dies am Thema Frieden und Sicherheit illustrieren. Afrikaexperten beschäftigt seit eineiger Zeit die Frage, ob Entwicklung die Voraussetzung für Frieden und Sicherheit ist – oder ob ohne Frieden und Sicherheit Entwicklung nicht zu gewährleisten sei. Es gibt einen Mittelweg zwischen beiden Positionen, auf dem sich wohl die Mehrheit der Afrikapositiker verorten lässt: Langfristiger und stabiler Frieden bedarf einer sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung, aber ohne die Beendigung von gewaltsamen sinnlos. Entsprechend gross ist die Zahl der Entwicklungspolitiker, die eine Beteiligung der Bundeswehr an Friedensmissionen in Afrika befürworten. Wir erfolgreich diese sein kann, zeigt die Führung der EU-Mission EUFOR RD Congo in der Demokratischen Republik Kongo durch die Bundeswehr. Fast 800 deutsche Soldatinnen und Soldaten sicherten dort 2006 die ersten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen seit mehr als 40 Jahren. Zwar wird auch in Zukunft der Einsatz militärischer Elemente nicht zum Standardwerkzeug deutscher Afrikapolitk gehören, aber er wird auch nicht ausgeschlossen sein. Schlüssiges konzept für Afrika Die deutsche Afrikapolitik steht nun vor der Aufgabe, die Veränderungen in der Wahrnehmung Afrikas und in der Debatte über die deutsche Politik gegenüber der Region in ein schlüssiges afrikapolitisches Konzept zu überführen. Die Eckepunkte dafür setzt die Ende 2005 verabschiedete Afrikastrategie der EU. Sie betont noch vor der Aufgabe der sozialen und wirtschaflichen Entwicklung den Beitrag der Europäischen Union zur Schaffung von Frieden und Sicherheit, zur Förderung guter Regierungsführung und zum Ausbau von Handel, Investitionen und regionaler Integration in Afrika. Diese Prioritätensetzung schlug sich bereits in der Afrika-Agenda des G8-Gipfels von Heiligendamm nieder. Nun ist es für die deutsche Aussenpolitik wichtig, unter den afrikanischen Staaten weitere Partner für die gemeinsame Politik-Gestaltung zu finden. Mit über 50 Staaten besitz Afrika als Kontinent in den meisten internationalen Organisationen und Gremien ein relativ hohes Gewicht, das bislang aber kaum konstruktiv genutzt wurde. Eine deutsche Aussenpolitk, die sich stärker in der Gestaltung der globalen Ordnung engagiert, kann einen Beitrag dazu leisten, das internationalen Potenzial Afrikas zu erschliessen.

Auch wenn Afrika in der deutschen Politik eine immer grössere Bedeutung erfährt, ist es unabdingbar, in der Zusammenarbeit Schwerpunkte zu setzen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat bereits drei Felder identifiziert, auf die es sein Engagement in der Kooperation mit den afrikanischen Staaten südlich der Sahara konzentrieren will: Good Governance, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Wasserversorgung. Zudem bekennt sich das Ministerium zu einer länderbezogenen Fokussierung seiner Entwicklungszusammenarbeit. Künftig werden in der deutschen Afrikapolitk sicher auch die Themen zivile Krisenprävention und Demokratieförderung eine immer wichtigere Rolle spielen. Grosse Staaten Integrieren Nicht ganz einfach ist die Frage der regionalen Schwerpunktsetzung des politsichen Engagements. Kein Land kann zu allen Staaten Afrikas das gleiche Mass an bilateralen Beziehungen pflegen. Wichtig für eine erfolgreiche Afrikapolitik ist die Zusammenarbeit nicht nur mit kleineren Ländern, sondern vor allem auch mit grossen afrikanischen Staaten. Je nachdem, ob sie sich gerade in einem Bürgerkrieg befinden, autorität oder demokatrisch regiert werden, variieren allerdings die Instrumente bei der Gestaltung der Beziehungen zu diesen Staaten. Die deutsche Bundesregierung hat mit dem diesjährigen G8-Gipfel die Möglichkeiten genutzt, die politische und öffentliche Aufmerksamkeit auf Afrika zu richten – eine weitere Chance bietet der wohl Ende dieses Jahres stattfindende EU-AfrikaGipfel in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Davon werden beide Seiten profitieren: die deutsche Afrikapolitik und die Länder des Kontinents.