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Der Bessere Weg (AudioBook), 11. Das Gebet als Gnadengabe (1)

11. Das Gebet als Gnadengabe (1)

Gott redet zu uns durch die Natur, durch die Offenbarung seines Wortes, durch seine Vorsehung wie durch das Walten seines Geistes. Dies genügt jedoch nicht; wir müssen ihm auch unsere Herzen auftun. Um rechtes geistliches Leben zu besitzen, müssen wir in tatsächlicher Verbindung mit unserm himmlischen Vater stehen. Mag auch unser Innerstes sich zu ihm hingezogen fühlen, mögen wir auch seine Werke, seine Barmherzigkeit und seine Segnungen vor Augen haben und bewundern, so heißt das doch nicht im vollsten Sinne des Wortes, mit ihm in enger Gemeinschaft zu stehen. Wenn wir das wollen, müssen wir ihn in den Angelegenheiten unseres täglichen Lebens zu Rate ziehen. {WZC 67.1} Im Gebet öffnen wir uns Gott wie einem Freunde, nicht, als wäre es notwendig, ihm zu sagen, was wir sind und wessen wir bedürfen, sondern um ihn in unsere Herzen aufzunehmen. Das Gebet bringt Gott nicht zu uns, vielmehr uns zu Ihm. {WZC 67.2} Als Christus auf Erden wandelte, lehrte er seine Jünger, wie man recht beten müsse. Er unterwies sie, täglich ihr Anliegen vor Gott zu bringen und alle ihre Sorgen auf ihn zu werfen. Die Verheißung, daß er ihre Bitten und Gebete erhören wollte, gilt auch für uns. {WZC 67.3} Jesus selbst betete oft, während er unter den Menschen wandelte. Der Heiland nahm unsere Not und unsere Schwächen auf sich und erflehte inbrünstig für seine Lebensaufgabe von seinem himmlischen Vater Beistand und Hilfe. Er ist in allem ein Vorbild, er wurde uns ein Bruder in unsern Schwachheiten, „der versucht ist allenthalben gleichwie wir“ (Hebräer 4,15); als der Sündlose schreckte er jedoch zurück vom Bösen und erduldete Pein und Seelenschmerz in der sündhaften Welt. Da er wahrhaftiger Mensch war, brauchte er das Gebet und schätzte es hoch ein. Im Umgang mit seinem Vater fand er Trost und Freude. Wenn der Erlöser der Menschheit, der Sohn Gottes, die Unentbehrlichkeit des Gebets empfand, wieviel mehr sollten wir schwachen, sündigen Menschen erkennen, daß wir innig und beständig zu Gott beten müssen! {WZC 67.4} Unser himmlischer Vater wartet darauf, die Fülle seiner Segnungen über uns auszugießen. Dank seiner Gnadenerweisung können wir unaufhörlich aus dem Brunnen unbegrenzter Liebe trinken. Ist es nicht fast ein Wunder, daß wir so wenig beten? Gott ist immer willens, das aufrichtige Flehen seiner geringsten Kinder zu erhören; dennoch offenbaren wir so viel Abneigung, ihm unsere Bedürfnisse vorzutragen. Was mögen die Engel des Himmels beim Anblick der armen, hilflosen, der Versuchung unterworfenen Wesen denken, wenn Gottes Herz in seiner unendlichen Liebe nach ihnen sucht, stets bereit, ihnen über Bitten und Verstehen zu geben? Trotzdem beten wir so wenig und haben so wenig Glauben. Es ist die Freude der Engel, dem Allwaltenden zu dienen, in seiner Nähe zu weilen. Innige Gemeinschaft mit Gott ist ihre höchste Wonne; aber die Kinder dieser Welt, die der göttlichen Hilfe so sehr bedürfen, scheinen ohne das Licht seines Geistes, ohne Gemeinschaft mit ihm zufrieden zu sein. {WZC 68.1} Finsternis des Bösen umgibt die Gläubigen, die das Gebet vernachlässigen. Die Einflüsterungen des Feindes verleiten sie nur deshalb zur Sünde, weil sie die Gnadengabe nicht beanspruchen, die Gott ihnen mit der göttlichen Einrichtung des Gebets gegeben hat. Dürften die Kinder Gottes so mit ihrem Gebet zurückhalten? Das Gebet ist der Schlüssel in der Hand des Glaubens, der uns die Kammern des Himmels öffnet, in denen unermeßliche Schätze der Allmacht aufbewahrt liegen! Ohne ununterbrochenes Flehen und eifriges Wachen setzen wir uns der Gefahr aus, nachlässig zu werden und vom rechten Pfade abzuweichen. Unser Widersacher sucht uns fortwährend den Weg zum Gnadenthron zu versperren, damit wir nicht durch inniges Gebet und ernsten Glauben die Kraft der Gnade erhalten, der Versuchung zu widerstehen. {WZC 68.2} Unter gewissen Bedingungen dürfen wir erwarten, daß Gott unsere Gebete erhört. Die erste ist, daß wir die Notwendigkeit seiner Hilfe fühlen. Er hat ja verheißen: „Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre.“ Jesaja 44,3. Die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit und ein inniges Verlangen nach Gott haben, dürfen fest davon überzeugt sein, daß er ihr Sehnen stillt. Das Herz muß aber zuerst für den Einfluß des Heiligen Geistes geöffnet sein, ehe es die Segnungen Gottes empfangen kann. {WZC 69.1} Unsere große Not ist selbst der beredteste Beweis. Der Herr wünscht jedoch, daß wir ihm unsere Anliegen im Gebet vorlegen. Er sagt: „Bittet, so wird euch gegeben.“ Matthäus 7,7. Und er, der „auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken“? Römer 8,32. {WZC 69.2} Wenn wir Ungerechtigkeit im Innern dulden und irgendeiner bewußten Sünde nachhängen, wird der Herr uns nicht erhören; nur das Gebet eines reuigen und zerschlagenen Herzens wird stets von ihm angenommen. Wenn alles erkannte Unrecht gutgemacht ist, schenkt er sicherlich unsern Bitten Gehör. Unser eigener Verdienst wird uns nie der Gnade Gottes empfehlen; nur Jesu Würdigkeit und Gerechtigkeit werden uns erlösen; sein Blut wird uns reinigen. Doch müssen wir solchen Bedingungen der Annahme als Kinder Gottes nachkommen. {WZC 69.3} Eine andere Eigenschaft des ernsten Gebets ist der Glaube. „Wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er sei und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde.“ Hebräer 11,6. Jesus sprach zu den Jüngern: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr‘s empfangen werdet, so wird‘s euch werden.“ Markus 11,24. Nehmen wir ihn aber bei seinem Wort? {WZC 69.4} Seine Versicherung ist unbeschränkt, und der die Verheißung gegeben hat, ist getreu. Empfangen wir auch nicht sofort das, worum wir bitten, so sollen wir doch glauben, daß der Herr uns hört und unsere Bitten beantwortet. Wir sind so im Irrtum befangen und so kurzsichtig, daß wir oft unnütze Dinge erbitten. Liebevoll geht unser himmlischer Vater auf unsere Gebete ein und gibt uns jeweils gerade das, wonach wir selbst von Herzen verlangten, wenn wir durch göttliche Erleuchtung die wahre Sachlage richtig erkennen könnten. Findet auch unser Flehen anscheinend keine Antwort, sollten wir trotzdem an der Verheißung festhalten. Die Zeit der Erhörung wird sicherlich kommen, und wir werden die Segnungen empfangen, die uns am meisten nottun. Es ist jedoch Vermessenheit, wenn wir mit Gebetserhörung so rechnen, auch was die einzelnen Dinge betrifft, wie wir es wünschen. Gott ist zu weise, als daß er einen Irrtum beginge; zu gut, als daß er den Aufrichtigen das vorenthielte, was zu ihrem Besten dient. Deshalb vertraut ihm getrost, obschon eure Gebete nicht sofort erhört werden. Verlaßt euch felsenfest auf seine Verheißung: „Bittet, so wird euch gegeben.“ Matthäus 7,7. {WZC 69.5} Wenn wir unsere Befürchtungen und Zweifel zu Rate ziehen oder alle Geheimnisse zu durchdringen versuchen, noch ehe wir den rechten Glauben haben, dann werden unsere Schwierigkeiten immer größer werden. Kommen wir aber im Gefühl unserer Hilflosigkeit und Schwäche, gerade wie wir sind, zu Gott, vertrauen wir ihm, der alle Dinge am besten weiß, der alle seine Geschöpfe kennt und der durch sein Wort und seinen Willen alles lenkt, demütig und gläubig alles an, was unsere Herzen bedrückt, dann kann und wird er auf unsern Notschrei achten und unsere Sinne erleuchten. Ein aufrichtiges Gebet versetzt uns in innige Gemeinschaft mit dem Herzen des Unendlichen. Wenn wir auch im Augenblick keinen merkbaren Beweis dafür haben, daß der Heiland und Erlöser sich in Liebe und Mitgefühl zu uns neigt es ist doch so. Wir mögen seine Nähe vielleicht nicht sofort verspüren, dennoch ruht seine Hand in Liebe und zartfühlendem Mitleid auf uns. {WZC 70.1} Erflehen wir Gnade und Segen von Gott, dann müssen auch unsere Herzen vom Geist der Liebe und Vergebung durchdrungen sein. Wie können wir beten: „Vergib uns unsere Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben“ und doch der Unversöhnlichkeit Raum geben? Matthäus 6,12. Hoffen wir auf Erhörung unserer Gebete, so müssen wir in gleicher Art und in gleichem Maße andern vergeben, wie wir Vergebung unserer Sünden erwarten. {WZC 70.2} Ausdauer im Gebet ist eine weitere Bedingung der Erhörung. Wir müssen täglich beten, wollen wir im Glauben wachsen und an Erfahrung zunehmen. Wir müssen anhalten am Gebet und darin wachsen mit Danksagung. Petrus spricht zu den Gläubigen: „So seid nun mäßig und nüchtern zum Gebet.“ 1.Petrus 4,8; vgl. Römer 12,12; Kolosser 4,2. Der Apostel Paulus ermahnt: „In allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.“ Philipper 4,6. Im Brief des Judas heißt es: „Ihr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist und betet, und erhaltet euch in der Liebe Gottes.“ Judas 20,21. Anhaltendes Gebet ist ununterbrochene Gemeinschaft mit Gott; das von Gott ausgehende Leben ergießt sich in das unsrige, während von unserem Reinheit und Heiligkeit zu Gott zurückströmen. {WZC 71.1} Weiter sind Fleiß und Beharrlichkeit im Gebet nötig! Laßt euch durch nichts daran behindern, sondern haltet mit allen euren Kräften die Verbindung zwischen Jesus und euch aufrecht. Sucht jede Gelegenheit zum Gebet, wo sie sich auch darbietet. Wer in Wahrheit nach Gemeinschaft mit Gott verlangt, wird die Gebetsversammlungen regelmäßig besuchen, treulich seine Pflicht erfüllen und mit ernstem Eifer alle nur möglichen Segnungen für sich einernten. Er wird jede Gelegenheit benutzen, sich von den Strahlen des himmlischen Lichtes bescheinen zu lassen. {WZC 71.2} Wir sollten auch im häuslichen Kreise beten, aber vor allen Dingen das Gebet im Kämmerlein nicht vernachlässigen; denn diese Art der Verbindung mit Gott verleiht uns besonderes Leben. Unser innerer Mensch kann unmöglich wachsen und gedeihen, wenn wir das Gebet vernachlässigen. Das Gebet im häuslichen Kreise und in den Versammlungen genügt nicht. In der Einsamkeit bringe dein Herz vor das alles durchforschende Auge Gottes. Das Gebet in der Einsamkeit soll allein zu dem Ohr dessen dringen, der Gebete erhört. Kein neugieriges Ohr soll solche Bitten vernehmen. Im stillen Gebet fühlt man sich frei von umgebenden Einflüssen und von Aufregung. Ruhig, jedoch inbrünstig soll dein Gebet zu Gott dringen. Heilend und fortdauernd wird der Einfluß dessen sein, der in das Verborgene sieht, dessen Ohr stets den Bitten derer geöffnet ist, die von Herzensgrund beten. Durch ruhigen, einfachen Glauben erhält man die Gemeinschaft mit Gott und empfängt Strahlen des göttlichen Lichts, die Kraft und Ausdauer im Kampf gegen Satan verleihen. Gott ist unsere Stärke! {WZC 71.3} Betet im Kämmerlein; erhebt eure Herzen bei eurer täglichen Arbeit oft zum Herrn. So wandelte Henoch mit Gott. Gleich einem kostbaren Rauchopfer steigen diese Gebete zum Thron der Gnade auf. Satan kann den nicht überwinden, der auf Gott vertraut. {WZC 72.1} Keine Zeit, kein Ort ist ungeeignet, zu Gott zu beten. Nichts vermag uns davon abzuhalten, unsere Herzen im Geiste inbrünstigen Gebets zu Gott zu wenden. Im Gedränge der Straßen, inmitten unserer täglichen Geschäfte können wir zu ihm beten und um seinen göttlichen Beistand flehen, wie es Nehemia tat, als er seine Bitte vor den König Artaxerxes brachte. Innige Gemeinschaft mit Gott können wir allenthalben pflegen. Wir sollten unsere Herzenstür stets offenhalten und Jesus mit diesen Worten einladen: Komm, wohne als himmlischer Gast in meinem Herzen! {WZC 72.2} Mag unsere Umwelt noch so verderbt sein, so brauchen wir deshalb ihr Gift doch nicht in uns aufzunehmen. Wir können in der reinen Welt des Himmels leben, können unreinen Begierden und unheiligen Gedanken jeden Zugang fest verschließen, wenn wir unsern Sinn in innigem Gebet zum Allwaltenden emporheben. Die ihre Herzen der Hilfe und dem Segen Gottes geöffnet halten, werden in einer heiligeren Luft als der irdischen wandeln; sie werden in steter inniger Verbindung mit dem Himmel stehen. {WZC 72.3} Wir müssen einen klaren Begriff von Jesus, ein volles Verständnis für den Wert der ewigen Wahrheit haben. Seine heilige Schönheit muß die Kinder Gottes erfüllen, und zu diesem Zweck müssen wir um göttliche Enthüllung himmlischer Dinge beten. {WZC 72.4} Richten wir unsern Sinn aufwärts, damit Gott uns einen Hauch des himmlischen Lebens zuteil werden lasse! Wir können uns so nahe zu Gott halten, daß unsere Gedanken sich ihm in jeder unerwarteten Prüfung so natürlich zuwenden wie die Blume dem Licht der Sonne. {WZC 72.5} Bringt eure Sorgen, eure Freuden, eure Anliegen, eure Befürchtungen, alles, was euch drückt und quält, vor Gott. Eure Lasten können ihm nie beschwerlich sein; ihr werdet ihn nie ermüden. Er, der die Haare auf eurem Haupt gezählt, ist nicht gleichgültig gegen die Bedürfnisse seiner Kinder. „Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.“ Jakobus 5,11. Sein Herz wird gerührt von unserm Elend, von unserm Notschrei. Alles, was eure Gemüter belastet, bringt vor ihn. Nichts ist so schwer, daß er es nicht tragen könnte; denn er trägt alle Welten und herrscht über alle Dinge des Weltalls. Nichts, was zu unserm Frieden gereicht, ist zu unbedeutend, als daß er es nicht beachtete. Kein Abschnitt in unserer Lebenserfahrung ist zu dunkel, als daß er ihn nicht lesen, keine Lage, in die wir geraten sind, zu schwierig, als daß er sie nicht meistern könnte. Kein Schaden kann die geringsten seiner Kinder befallen, keine Sorge das Herz quälen, keine Freude uns ergötzen, kein aufrichtiges Gebet von unsern Lippen kommen, die unser himmlischer Vater nicht beobachtete und an denen er nicht unmittelbar Anteil nähme. „Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Schmerzen.“ Psalm 147,3. Das Verhältnis zwischen Gott und jedem Gläubigen ist von solcher Zartheit und Innigkeit, als habe er nur für diesen einen seinen geliebten Sohn in den Tod gegeben. {WZC 73.


11. Das Gebet als Gnadengabe (1)

Gott redet zu uns durch die Natur, durch die Offenbarung seines Wortes, durch seine Vorsehung wie durch das Walten seines Geistes. Dies genügt jedoch nicht; wir müssen ihm auch unsere Herzen auftun. Um rechtes geistliches Leben zu besitzen, müssen wir in tatsächlicher Verbindung mit unserm himmlischen Vater stehen. Mag auch unser Innerstes sich zu ihm hingezogen fühlen, mögen wir auch seine Werke, seine Barmherzigkeit und seine Segnungen vor Augen haben und bewundern, so heißt das doch nicht im vollsten Sinne des Wortes, mit ihm in enger Gemeinschaft zu stehen. Wenn wir das wollen, müssen wir ihn in den Angelegenheiten unseres täglichen Lebens zu Rate ziehen. {WZC 67.1} Im Gebet öffnen wir uns Gott wie einem Freunde, nicht, als wäre es notwendig, ihm zu sagen, was wir sind und wessen wir bedürfen, sondern um ihn in unsere Herzen aufzunehmen. Das Gebet bringt Gott nicht zu uns, vielmehr uns zu Ihm. {WZC 67.2} Als Christus auf Erden wandelte, lehrte er seine Jünger, wie man recht beten müsse. Er unterwies sie, täglich ihr Anliegen vor Gott zu bringen und alle ihre Sorgen auf ihn zu werfen. Die Verheißung, daß er ihre Bitten und Gebete erhören wollte, gilt auch für uns. {WZC 67.3} Jesus selbst betete oft, während er unter den Menschen wandelte. Der Heiland nahm unsere Not und unsere Schwächen auf sich und erflehte inbrünstig für seine Lebensaufgabe von seinem himmlischen Vater Beistand und Hilfe. Er ist in allem ein Vorbild, er wurde uns ein Bruder in unsern Schwachheiten, „der versucht ist allenthalben gleichwie wir“ (Hebräer 4,15); als der Sündlose schreckte er jedoch zurück vom Bösen und erduldete Pein und Seelenschmerz in der sündhaften Welt. Da er wahrhaftiger Mensch war, brauchte er das Gebet und schätzte es hoch ein. Im Umgang mit seinem Vater fand er Trost und Freude. Wenn der Erlöser der Menschheit, der Sohn Gottes, die Unentbehrlichkeit des Gebets empfand, wieviel mehr sollten wir schwachen, sündigen Menschen erkennen, daß wir innig und beständig zu Gott beten müssen! {WZC 67.4} Unser himmlischer Vater wartet darauf, die Fülle seiner Segnungen über uns auszugießen. Dank seiner Gnadenerweisung können wir unaufhörlich aus dem Brunnen unbegrenzter Liebe trinken. Ist es nicht fast ein Wunder, daß wir so wenig beten? Gott ist immer willens, das aufrichtige Flehen seiner geringsten Kinder zu erhören; dennoch offenbaren wir so viel Abneigung, ihm unsere Bedürfnisse vorzutragen. Was mögen die Engel des Himmels beim Anblick der armen, hilflosen, der Versuchung unterworfenen Wesen denken, wenn Gottes Herz in seiner unendlichen Liebe nach ihnen sucht, stets bereit, ihnen über Bitten und Verstehen zu geben? Trotzdem beten wir so wenig und haben so wenig Glauben. Es ist die Freude der Engel, dem Allwaltenden zu dienen, in seiner Nähe zu weilen. Innige Gemeinschaft mit Gott ist ihre höchste Wonne; aber die Kinder dieser Welt, die der göttlichen Hilfe so sehr bedürfen, scheinen ohne das Licht seines Geistes, ohne Gemeinschaft mit ihm zufrieden zu sein. {WZC 68.1} Finsternis des Bösen umgibt die Gläubigen, die das Gebet vernachlässigen. Die Einflüsterungen des Feindes verleiten sie nur deshalb zur Sünde, weil sie die Gnadengabe nicht beanspruchen, die Gott ihnen mit der göttlichen Einrichtung des Gebets gegeben hat. Dürften die Kinder Gottes so mit ihrem Gebet zurückhalten? Das Gebet ist der Schlüssel in der Hand des Glaubens, der uns die Kammern des Himmels öffnet, in denen unermeßliche Schätze der Allmacht aufbewahrt liegen! Ohne ununterbrochenes Flehen und eifriges Wachen setzen wir uns der Gefahr aus, nachlässig zu werden und vom rechten Pfade abzuweichen. Unser Widersacher sucht uns fortwährend den Weg zum Gnadenthron zu versperren, damit wir nicht durch inniges Gebet und ernsten Glauben die Kraft der Gnade erhalten, der Versuchung zu widerstehen. {WZC 68.2} Unter gewissen Bedingungen dürfen wir erwarten, daß Gott unsere Gebete erhört. Die erste ist, daß wir die Notwendigkeit seiner Hilfe fühlen. Er hat ja verheißen: „Ich will Wasser gießen auf das Durstige und Ströme auf das Dürre.“ Jesaja 44,3. Die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit und ein inniges Verlangen nach Gott haben, dürfen fest davon überzeugt sein, daß er ihr Sehnen stillt. Das Herz muß aber zuerst für den Einfluß des Heiligen Geistes geöffnet sein, ehe es die Segnungen Gottes empfangen kann. {WZC 69.1} Unsere große Not ist selbst der beredteste Beweis. Der Herr wünscht jedoch, daß wir ihm unsere Anliegen im Gebet vorlegen. Er sagt: „Bittet, so wird euch gegeben.“ Matthäus 7,7. Und er, der „auch seines eigenen Sohnes nicht hat verschont, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben; wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken“? Römer 8,32. {WZC 69.2} Wenn wir Ungerechtigkeit im Innern dulden und irgendeiner bewußten Sünde nachhängen, wird der Herr uns nicht erhören; nur das Gebet eines reuigen und zerschlagenen Herzens wird stets von ihm angenommen. Wenn alles erkannte Unrecht gutgemacht ist, schenkt er sicherlich unsern Bitten Gehör. Unser eigener Verdienst wird uns nie der Gnade Gottes empfehlen; nur Jesu Würdigkeit und Gerechtigkeit werden uns erlösen; sein Blut wird uns reinigen. Doch müssen wir solchen Bedingungen der Annahme als Kinder Gottes nachkommen. {WZC 69.3} Eine andere Eigenschaft des ernsten Gebets ist der Glaube. „Wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß er sei und denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde.“ Hebräer 11,6. Jesus sprach zu den Jüngern: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr‘s empfangen werdet, so wird‘s euch werden.“ Markus 11,24. Nehmen wir ihn aber bei seinem Wort? {WZC 69.4} Seine Versicherung ist unbeschränkt, und der die Verheißung gegeben hat, ist getreu. Empfangen wir auch nicht sofort das, worum wir bitten, so sollen wir doch glauben, daß der Herr uns hört und unsere Bitten beantwortet. Wir sind so im Irrtum befangen und so kurzsichtig, daß wir oft unnütze Dinge erbitten. Liebevoll geht unser himmlischer Vater auf unsere Gebete ein und gibt uns jeweils gerade das, wonach wir selbst von Herzen verlangten, wenn wir durch göttliche Erleuchtung die wahre Sachlage richtig erkennen könnten. Findet auch unser Flehen anscheinend keine Antwort, sollten wir trotzdem an der Verheißung festhalten. Die Zeit der Erhörung wird sicherlich kommen, und wir werden die Segnungen empfangen, die uns am meisten nottun. Es ist jedoch Vermessenheit, wenn wir mit Gebetserhörung so rechnen, auch was die einzelnen Dinge betrifft, wie wir es wünschen. Gott ist zu weise, als daß er einen Irrtum beginge; zu gut, als daß er den Aufrichtigen das vorenthielte, was zu ihrem Besten dient. Deshalb vertraut ihm getrost, obschon eure Gebete nicht sofort erhört werden. Verlaßt euch felsenfest auf seine Verheißung: „Bittet, so wird euch gegeben.“ Matthäus 7,7. {WZC 69.5} Wenn wir unsere Befürchtungen und Zweifel zu Rate ziehen oder alle Geheimnisse zu durchdringen versuchen, noch ehe wir den rechten Glauben haben, dann werden unsere Schwierigkeiten immer größer werden. Kommen wir aber im Gefühl unserer Hilflosigkeit und Schwäche, gerade wie wir sind, zu Gott, vertrauen wir ihm, der alle Dinge am besten weiß, der alle seine Geschöpfe kennt und der durch sein Wort und seinen Willen alles lenkt, demütig und gläubig alles an, was unsere Herzen bedrückt, dann kann und wird er auf unsern Notschrei achten und unsere Sinne erleuchten. Ein aufrichtiges Gebet versetzt uns in innige Gemeinschaft mit dem Herzen des Unendlichen. Wenn wir auch im Augenblick keinen merkbaren Beweis dafür haben, daß der Heiland und Erlöser sich in Liebe und Mitgefühl zu uns neigt es ist doch so. Wir mögen seine Nähe vielleicht nicht sofort verspüren, dennoch ruht seine Hand in Liebe und zartfühlendem Mitleid auf uns. {WZC 70.1} Erflehen wir Gnade und Segen von Gott, dann müssen auch unsere Herzen vom Geist der Liebe und Vergebung durchdrungen sein. Wie können wir beten: „Vergib uns unsere Schulden, wie wir unsern Schuldigern vergeben“ und doch der Unversöhnlichkeit Raum geben? Matthäus 6,12. Hoffen wir auf Erhörung unserer Gebete, so müssen wir in gleicher Art und in gleichem Maße andern vergeben, wie wir Vergebung unserer Sünden erwarten. {WZC 70.2} Ausdauer im Gebet ist eine weitere Bedingung der Erhörung. Wir müssen täglich beten, wollen wir im Glauben wachsen und an Erfahrung zunehmen. Wir müssen anhalten am Gebet und darin wachsen mit Danksagung. Petrus spricht zu den Gläubigen: „So seid nun mäßig und nüchtern zum Gebet.“ 1.Petrus 4,8; vgl. Römer 12,12; Kolosser 4,2. Der Apostel Paulus ermahnt: „In allen Dingen lasset eure Bitten im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Gott kund werden.“ Philipper 4,6. Im Brief des Judas heißt es: „Ihr aber, meine Lieben, erbauet euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist und betet, und erhaltet euch in der Liebe Gottes.“ Judas 20,21. Anhaltendes Gebet ist ununterbrochene Gemeinschaft mit Gott; das von Gott ausgehende Leben ergießt sich in das unsrige, während von unserem Reinheit und Heiligkeit zu Gott zurückströmen. {WZC 71.1} Weiter sind Fleiß und Beharrlichkeit im Gebet nötig! Laßt euch durch nichts daran behindern, sondern haltet mit allen euren Kräften die Verbindung zwischen Jesus und euch aufrecht. Sucht jede Gelegenheit zum Gebet, wo sie sich auch darbietet. Wer in Wahrheit nach Gemeinschaft mit Gott verlangt, wird die Gebetsversammlungen regelmäßig besuchen, treulich seine Pflicht erfüllen und mit ernstem Eifer alle nur möglichen Segnungen für sich einernten. Er wird jede Gelegenheit benutzen, sich von den Strahlen des himmlischen Lichtes bescheinen zu lassen. {WZC 71.2} Wir sollten auch im häuslichen Kreise beten, aber vor allen Dingen das Gebet im Kämmerlein nicht vernachlässigen; denn diese Art der Verbindung mit Gott verleiht uns besonderes Leben. Unser innerer Mensch kann unmöglich wachsen und gedeihen, wenn wir das Gebet vernachlässigen. Das Gebet im häuslichen Kreise und in den Versammlungen genügt nicht. In der Einsamkeit bringe dein Herz vor das alles durchforschende Auge Gottes. Das Gebet in der Einsamkeit soll allein zu dem Ohr dessen dringen, der Gebete erhört. Kein neugieriges Ohr soll solche Bitten vernehmen. Im stillen Gebet fühlt man sich frei von umgebenden Einflüssen und von Aufregung. Ruhig, jedoch inbrünstig soll dein Gebet zu Gott dringen. Heilend und fortdauernd wird der Einfluß dessen sein, der in das Verborgene sieht, dessen Ohr stets den Bitten derer geöffnet ist, die von Herzensgrund beten. Durch ruhigen, einfachen Glauben erhält man die Gemeinschaft mit Gott und empfängt Strahlen des göttlichen Lichts, die Kraft und Ausdauer im Kampf gegen Satan verleihen. Gott ist unsere Stärke! {WZC 71.3} Betet im Kämmerlein; erhebt eure Herzen bei eurer täglichen Arbeit oft zum Herrn. So wandelte Henoch mit Gott. Gleich einem kostbaren Rauchopfer steigen diese Gebete zum Thron der Gnade auf. Satan kann den nicht überwinden, der auf Gott vertraut. {WZC 72.1} Keine Zeit, kein Ort ist ungeeignet, zu Gott zu beten. Nichts vermag uns davon abzuhalten, unsere Herzen im Geiste inbrünstigen Gebets zu Gott zu wenden. Im Gedränge der Straßen, inmitten unserer täglichen Geschäfte können wir zu ihm beten und um seinen göttlichen Beistand flehen, wie es Nehemia tat, als er seine Bitte vor den König Artaxerxes brachte. Innige Gemeinschaft mit Gott können wir allenthalben pflegen. Wir sollten unsere Herzenstür stets offenhalten und Jesus mit diesen Worten einladen: Komm, wohne als himmlischer Gast in meinem Herzen! {WZC 72.2} Mag unsere Umwelt noch so verderbt sein, so brauchen wir deshalb ihr Gift doch nicht in uns aufzunehmen. Wir können in der reinen Welt des Himmels leben, können unreinen Begierden und unheiligen Gedanken jeden Zugang fest verschließen, wenn wir unsern Sinn in innigem Gebet zum Allwaltenden emporheben. Die ihre Herzen der Hilfe und dem Segen Gottes geöffnet halten, werden in einer heiligeren Luft als der irdischen wandeln; sie werden in steter inniger Verbindung mit dem Himmel stehen. {WZC 72.3} Wir müssen einen klaren Begriff von Jesus, ein volles Verständnis für den Wert der ewigen Wahrheit haben. Seine heilige Schönheit muß die Kinder Gottes erfüllen, und zu diesem Zweck müssen wir um göttliche Enthüllung himmlischer Dinge beten. {WZC 72.4} Richten wir unsern Sinn aufwärts, damit Gott uns einen Hauch des himmlischen Lebens zuteil werden lasse! Wir können uns so nahe zu Gott halten, daß unsere Gedanken sich ihm in jeder unerwarteten Prüfung so natürlich zuwenden wie die Blume dem Licht der Sonne. {WZC 72.5} Bringt eure Sorgen, eure Freuden, eure Anliegen, eure Befürchtungen, alles, was euch drückt und quält, vor Gott. Eure Lasten können ihm nie beschwerlich sein; ihr werdet ihn nie ermüden. Er, der die Haare auf eurem Haupt gezählt, ist nicht gleichgültig gegen die Bedürfnisse seiner Kinder. „Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer.“ Jakobus 5,11. Sein Herz wird gerührt von unserm Elend, von unserm Notschrei. Alles, was eure Gemüter belastet, bringt vor ihn. Nichts ist so schwer, daß er es nicht tragen könnte; denn er trägt alle Welten und herrscht über alle Dinge des Weltalls. Nichts, was zu unserm Frieden gereicht, ist zu unbedeutend, als daß er es nicht beachtete. Kein Abschnitt in unserer Lebenserfahrung ist zu dunkel, als daß er ihn nicht lesen, keine Lage, in die wir geraten sind, zu schwierig, als daß er sie nicht meistern könnte. Kein Schaden kann die geringsten seiner Kinder befallen, keine Sorge das Herz quälen, keine Freude uns ergötzen, kein aufrichtiges Gebet von unsern Lippen kommen, die unser himmlischer Vater nicht beobachtete und an denen er nicht unmittelbar Anteil nähme. „Er heilt, die zerbrochenen Herzens sind, und verbindet ihre Schmerzen.“ Psalm 147,3. Das Verhältnis zwischen Gott und jedem Gläubigen ist von solcher Zartheit und Innigkeit, als habe er nur für diesen einen seinen geliebten Sohn in den Tod gegeben. {WZC 73.