Regisseur Fatih Akin: "Der Xatar-Film war total wichtig für (1)
Regisseur Fatih Akin: "Der Xatar-Film war total wichtig für mich"
Ich bin ein Erzähler.
Ich bin Unterhalter.
Das ist meine Bestimmung.
Weißt du? Ich bin kein politischer Botschafter oder so was.
Und ich bin auch kein Vorbild und nichts.
Ich bin ein Filmemacher und mehr oder weniger trivial.
Egal wie du es nennst, was du so, Arthouse Unterhaltungsfilm.
Ich trenne das gar nicht.
Es gibt gute und schlechte Filme.
So, oder es gibt so Filme, die funktionieren und es gibt Filme, die nicht funktionieren.
Sagen wir es mal so das sind die Kategorien, in denen ich denke.
Ich heiße Fatih Akin, oder Akin eingedeutscht.
Ich bin in Hamburg geboren, im August 1973, und seitdem lebe ich auch in Hamburg.
Und ich bin Filmemacher, Regisseur, Drehbuchautor und Produzent.
Meine Eltern sind aus der Türkei gekommen, mein Vater 1966 aus der Stadt Zonguldak am Schwarzen Meer.
Und meine Mutter 1968 aus Istanbul.
Und es sind Türken.
Und es waren classic Gastarbeiter.
Also mein Vater war Fischer und er wollte Geld sparen für einen Motor.
Und er dachte sich, wenn er zwei Jahre in so einer deutschen Fabrik arbeitet, die ihn seine Schwester connected hatte, den Arbeitsplatz, hat er so safe das Geld für den Motor.
Er wollte auch unbedingt nach Hamburg, weil er selber Seemann war.
Und er wollte eine Hafenstadt.
Meine Mutter war eigentlich ganz unglücklich,
weil sie war in der Türkei eine Lehrerin, eine Grundschullehrerin.
Und dann kam sie halt hierher und sie war eine Hausfrau und sie kannte die Sprache nicht.
Und sie war dann nur Mutter und sie wollte Deutsch lernen.
Und dann war sie halt auch so Packerin und so bei Montblanc.
Und es hat sie halt gemacht bis Deutschland, also Hamburg,
als erstes Bundesland türkische Lehrkräfte eingestellt hat.
Für Schulkinder, die straight nach Deutschland kamen.
Es war ja so, dass Gastarbeiter ihre Kinder oft hinterher gebracht haben und dann waren die schon so sechs, sieben, acht, neun Jahre alt in der Türkei.
Und als sie hierher kamen, damit sie nicht so völlig lost sind, hat Hamburg, so der Hamburger Senat, hat als erstes so ein Übergangssystem geschaffen, dass sie so halbtags Türkisch noch lernen, dass sie nicht so lost sind mit so Schulunterricht und halbtags eben denselben Stoff auf Deutsch, so altersgerecht.
Das ist die ehemalige Schule meiner Mutter.
Also das war so quasi da, wo sie gesagt hat:
Ich bin jetzt angekommen in Deutschland.
Das war, als sie hier 1980 angefangen hat zu arbeiten.
Dieses Gebäude, so eine kleine, ruhige Schule.
Das war so ihr Ding.
Und sie war immer an einer Schule.
Sie hat nicht gewechselt.
Sie war bis zur Rente hier.
Es war halt immer streng.
Meine Mutter kam mittags von der Schule, nachmittags. Deswegen waren wir Schlüsselkinder.
Und ich kam von der Schule und dann hat sie erst mal gepennt.
Immer so straight, sie war immer fix und fertig.
Dann hat sie so Mittagsschlaf gemacht.
Ich selbst war selten hier.
Aber, die war halt so jeden Tag hier und hat Führerschein gemacht.
Das war auch eine große Nummer.
Hatte sie so einen weißen VW Käfer.
Und dann weiß ich manchmal, weil ich hing hier so rum, ich hatte einen Kumpel, der hat hier das hier gewohnt.
Nach der Schule ging ich immer vorbei und immer wenn ich hier einen weißen Käfer gesehen hab, wusste ich, sie ist noch bei der Arbeit.
Ich war schon immer bekannt.
Ich war schon bekannt in der Nachbarschaft, bevor ich Filme gemacht habe.
Wegen meiner Mutter.
Also, noch heute kommen Leute zu mir, so in meinem Alter und sagen: Hey, deine Mutter war meine Lehrerin, die hat mein Ohr gezogen und so was.
Ich bin in Altona aufgewachsen, und zwar aber auch in Altona Nord.
Und da in so einem sozialen Brennpunkt, also mit sieben sind wir in so ein oder sechs, weiß ich gar nicht mehr, so 80, auf jeden Fall sind wir in so ein Hochhaussiedlung gezogen und das war dann halt so schon eine Gegend in den 80er Jahren in Hamburg mit teilweise der höchsten Kriminalitätsrate, so Eckernförderstraße.
Und einerseits war so draußen auf der Straße so Gang-Land.
Weißt du? Und dann war in der Schule aber so halt so Abitur, Bildung, was weiß ich.
Es war so ein bisschen so ein Doppelleben, obwohl das Gymnasium, wo ich war, auch so ein Kanak-Gymnasium war.
Das war nicht so, das war nicht so ein reines alman Gymnasium, wo nur so Whities abhängen.
Mein Bruder war auf so einer Schule und ich glaube, der hat auch ein bisschen darunter gelitten.
Mein Vater hat mein Bruder und mich ins Kino mitgenommen, immer als wir noch Kinder waren.
Also ich glaube, das erste, was ich geguckt habe, war "Bernhard und Bianca" oder "Das Dschungelbuch" immer so Disney Zeug.
Also immer wenn so ein neuer Zeichentrickfilm von Disney kam, hat mein Vater uns mitgenommen.
Bei mir gab es immer noch mal, so ein besonderes Event war, ich habe einen Cousin und der hat als Kind einen Autounfall gehabt, weißt du, und war deswegen so ein bisschen eingeschränkt in seiner Lebensqualität, sag ich mal und eine Weile halt viel zu Hause.
Und seine Eltern, also meine Mutter ist die Schwester von meinem Vater.
Wir haben ihnen dann, da gab es noch keine VHS Player und so Internet und so gab es ja so gar nicht.
Die haben ihnen einen Super 8 Projektor geschenkt mit den dazugehörigen Super 8 Filmen.
Also wirklich so Filmspulen, die du so einlegst und dann so projiziert an die Wand.
Aber du musst dafür alles so dunkel machen.
Du musst so ein kleines Kino zu Hause machen, weißt du.
Und die Filme, die es so damals gab, an Bruce Lee.
Und das war eigentlich für mich so, die eine sehr frühe und eine sehr intensive Begegnung mit dem Medium.
Und das hat so den Samen gegeben.
Damit hat das angefangen.
Ja, Bruce Lee.
muss ich echt so sagen.
Also ich war so früh in dem Medium.
Also, ich hab früh angefangen, Geld zu verdienen als Schauspieler.
Ich habe mich da natürlich, weil ich mich für Filme interessiert habe, wollte ich erst Schauspieler werden und dann vielleicht irgendwann Filmemacher, dachte ich.
Und da hatte ich so fünf Drehtage für so eine ARD Serie im Studio Hamburg und so in Hamburg und habe dafür auch so eine echt so eine Klassenreise ausfallen lassen, weil es fiel genau auf diese Klassenreise, diese fünf Drehtage, da habe ich das gemacht.
Und dann passierte so was in meiner Nachbarschaft, so ein in meinem inneren Freundeskreis.
Und das hat mich dazu inspiriert, "Kurz und schmerzlos" zu schreiben.
Da war ich 18 oder 19.
Seit ich mich kenne, habe ich Probleme, alter.
Früher kleine, heute große.
Chapo. Hey!
Das glaube ich ja nicht.
Okay, gut.
Das hier ist ein Hof.
So ein typischer Ort, so ein Hinterhof, wo ich meinen ersten Film gedreht habe.
Den Schuss von meinem ersten Film von "Kurz und schmerzlos".
Dieses vordere Tor war früher nicht da und hier hinter diesem Tor, ist dieser Club, Magic Hintereingang, wo Mehmet zusammengeschlagen wird.
Das haben wir alles hier gedreht 1997, im November, in einer Nacht.
Aber heute ist es alles sehr gentrifiziert und so Holzwerkstatt, Kampfschulen, Tontechniker, Ateliers und so was.
Früher war das alles ein bisschen abgerockter.
Der Stadtteil, der früher ein bisschen verpönt war, ist jetzt heute so gentrifiziert.
Weil du hast halt diese Hinterhofskultur.
Ich bin dann zur Wüste Film gekommen mit dem Drehbuch.
Das war damals noch so gelbe Seiten mäßig.
Man macht die Gelben Seiten auf Filmproduktion und ich wusste Wüste Film hatte "Schattenboxer" gemacht von Lars Becker mit Hussi Kutlukan unter anderem und dachte okay, gut, da macht auch ein Kanake mit.
So, und das ist irgendwie doch so ein Streetfilm, vielleicht die.
Dann sind wir zu Wüste Film.
Und die haben das Drehbuch dann gefeiert.
Und dann haben mir dann einen Vertrag angeboten.
Und da war ich 19.
Und der Lars Becker eben, der so ein bisschen so ein bisschen meine erste Mentorfigur war bei Wüste Film, der hatte eben an der HFBK visuelle Kommunikation studiert und ich dachte, bevor ich nach Berlin gehe, versuche ich es an der HFBK.
Ich habe einen Kurzfilm gemacht.
Den fanden die gut und dann haben die mich genommen für das Studium.
Also ich glaube, dass es überall auf der Welt eine Faszination für Dunkelheit gibt.
Das ist überall auf der Welt.
Es ist jetzt nicht so, dieses Ding: Ah, das verkauft sich, also mach ich's.
Das ist so ein schöner Nebeneffekt.
Aber es interessiert mich auch selbst.
Also, ich habe so eine Faszination für diese Menschen.
Und mich interessiert jetzt auch mal so ein ganz anthropologische Ansatz, der dahinter steht.
Was macht andere Menschen aus?
Was bringt andere Menschen dazu, Gewalt einzusetzen.
Ey, hör auf du Hurensohn.
Lass ihn los. Bist du bescheuert?
Ey, du Wixxer.
Hallo?
Hilft jemand mal?
Bitte! Was macht...
Shirin, ich wusste gar nicht, dass du hier arbeitest.
Ich kenne Xatar gar nicht so lange.
Und ich bin auch nicht so richtig in diesem deutschen Rap-Game gewesen.
Ich habe das so mitgekriegt.
So hier und da, aber ich hatte das Gefühl, ich bin aus dem Rap-Game draußen,
obwohl ich mit Hip Hop sozialisiert worden bin.
Also das amerikanische Hip Hop aus einer anderen Zeit.
Und irgendwann, als es so Gangster, Gangster, Gangster wurde, habe ich es nicht mehr verstanden und bin ausgestiegen.
Und ich glaube, es war Moritz Bleibtreu, der uns irgendwie zusammengebracht hat, dass Moritz kannte G.
Und Moritz hat immer von ihm erzählt, weißt du. Man hat mich dann so ein bisschen neugierig gemacht, als Moritz mir ein bisschen die Lebensgeschichte von ihm erzählt hat.
Und da habe ich mir die Biografie besorgt und war geplättet.
Und dann haben wir uns so gegenseitig so Props geschickt über Instagram.
Da habe ich ihn gefragt: Ey Bruder, gibt es eigentlich schon jemand, der dein Leben verfilmt und er so: Ey, noch nicht und so.
Da hab ich mir die Rechte gesichert, wusste aber nicht, ob ich es machen werde oder nicht.
Und irgendwann, als mir so was weggebrochen war, dachte ich: Ey ich mach das jetzt und ich kann das.
Und Gangster, Gangster und Kanaks und so.
Das so meine Welt.
Und ich hab das voll unterschätzt.
Ich dachte, es wird so der nächste Film.
Aber ich habe es voll unterschätzt, wie groß und wie episch und wie viel das ist.
Und ich habe aber auch unterschätzt, was das mit mir gemacht hat.
Für mich war das ganze Projekt dann auf einmal so ein back to the Roots.
Back to the essentials.
Ey, wer bin ich, wo komme ich her und so eigentlich.
Das hatte ich total unterschätzt, wie viel das mit mir so emotional dann doch gemacht hat und zurückgeholt.
Es war eben doch nicht ein Plan B Film, sondern das war halt irgendwie so total wichtig!
Ich bin ganz dankbar, den Film gemacht zu haben.
Wir sind jetzt nicht nur irgendwie im Sport oder in den Medien oder in der Politik angekommen oder in der Mitte
der Gesellschaft angekommen.
Was nicht heißt, dass es keinen Rassismus gibt.
So, vielleicht gibt es den deswegen auch viel mehr.
Keine Ahnung.
So, das weiß ich nicht genau.
Wir sind halt auch in der Mythologie angekommen.
Das fand ich das Reizvolle an diesem Projekt.
So was so zu 'New German Mythology'. was aber nicht da ist.
Der Film ist unterhaltsam, der Film ist lustig, der Film ist dramatisch, der Film ist Xatar.
Man musste jetzt nicht viel pitchen, wenn du sagst Xatar, Fatih Akin, XXX.
Das waren so die Keys, die bei so was wie Warner gleich funktioniert haben.
Wir mussten viel mehr pitchen bei diesen ganzen Kultureinrichtungen, also Filmförderung, BKM.
Also es gab so eine große Skepsis dem Projekt gegenüber.
Was ist das für ein Vorbild, oder?
Was ist das denn für eine deutsche Geschichte?
Das interessiert doch niemanden.
Dann müsste man viel Texte schreiben und Überzeugungsarbeit leisten und so das, dass es eigentlich um Deutschland geht und ein Porträt von Deutschland ist.