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Youtube Deutsch, Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn (1)

Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn (1)

Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn zählt | Team UPWARD

Unser Arzt, der hat auch nur geschrieben am Computer oder so.

Der war mehr am Computer gewesen bei der Visite, als dass er mit uns gesprochen hat.

Alle wissen um das Problem eigentlich.

Dieser Assistenzarzt will auf ein fettes Problem aufmerksam machen:

Im Krankenhaus geht es oft nicht um die Patienten, sondern um Geld.

Schuld daran ist auch er: Karl Lauterbach.

Viele Ärztinnen und Ärzte sind schon nach ein paar Jahren ausgebrannt und wollen den Job hinschmeißen.

Aber der müde Arzt, da muss man doch ehrlich sein, das ist doch die Ausnahme in der deutschen Klink. Das dürfte er heute anders sehen. Macht das Gesundheitssystem Ärztinnen und Ärzte kaputt? Um das herauszufinden treffe ich Johannes Knierer.

Er ist Kinderarzt in der Notaufnahme und hat heute Nachtschicht, wie die ganze Woche.

Wann ist dein Dienstbeginn?

Unter der Woche jetzt 23.30 Uhr.

Ah ja ok, bist du ja noch pünktlich.

Es ist kurz vor Mitternacht.

In zehn Minuten geht's los.

Er weiß noch nicht, was ihn erwartet.

Was ist so der Worst Case, sag ich mal, was passieren könnte?

Der Worst Case: Wir sind natürlich in reduzierter Besetzung nachts.

Also pediatrisch ein Nachtdienst, chirurgisch ein Nachtdienst und auf der Intensiv ein Nachtdienst.

Und wenn jetzt irgendwie zwei Krampfanfälle auf einmal kommen oder auf Station einem Kind schlecht ist und unten in der Notaufnahme ein Kind akut Hilfe bedarf, dann wird's manchmal natürlich knapp.

Mehr als 30 Krankenhäuser wollten nicht, dass wir ihre Ärztinnen und Ärzte begleiten.

Nirgends wollte man, dass wir zeigen, was wir hier gleich vielleicht erleben könnten.

Seit Jahren schlagen Ärzte und Ärztinnen in Deutschland Alarm.

Ich mache jeden Tag Überstunden.

Ganz klar.

Ich habe mehrere Überstunden gemacht inzwischen.

Es ist wahnsinnig stressig.

Das geht halt nicht.

Irgendwann stößt man da auch an seine Grenzen.

Und wenn Sie ärztliche Kollegen nach einem 24-Stunden-Dienst schon mal erlebt haben, dann sind Sie sicherlich froh, wenn Sie von den in dem Moment nicht behandelt werden müssen.

Wenn alle Zimmer besetzt sind, können sie hier keine Kinder mehr aufnehmen.

Für Johannes heißt das: Er kann vielleicht nicht mehr allen Kindern helfen, die heute

Nacht ins Krankenhaus kommen.

Das weißt du, haben wir noch Platz?

Auf der fünf haben wir keinen Platz, da habe ich nämlich gerade ein Kind noch aufgenommen und dann ist die voll.

Auf der 6 und der 7 müsste noch Platz sein.

Das ist doch auch mal schön zur Abwechslung, oder?

Ja, sehr schön.

15 Minuten nach Dienstbeginn der erste Fall.

In der eins ist ein Säugling, sieben Wochen alt, Covid-positiv.

Das weiß die Mama aber noch nicht, ich hab hier einfach schon einen (Test) gemacht, weil er fieberte wohl und er ist total marmoriert gewesen.

Das heißt: Dann wir uns ein bisschen vor, weil wir uns jetzt gleich verkleiden müssen.

Das Umziehen dauert.

Zeit, die Johannes später für die kleine Julia im Nebenzimmer nicht hat.

Ich bin Herr Knierer von den Kinderärzten.

Ich bin jetzt etwas mehr verkleidet als Sie das erwartet hätten, weil der Covid-Schnelltest, den die Schwester schon gemacht hatte, positiv ist.

Noch ist nicht klar, ob Baby Malea einen Platz auf der Station braucht.

Kurz nach Mitternacht: Johannes muss sich konzentrieren, damit er nichts übersieht.

Malea hat Fieber.

Die Entscheidung, ob sie im Krankenhaus bleibt, will Johannes nicht alleine treffen.

Wie ist Ihr Gefühl?

Ich bin kein Krankenhaus-Fan, aber wer ist das schon?

Also, ich würde schon gerne nach Hause, aber ich weiß noch nicht, wie es weitergeht.

Ja ok, dann bleibe ich lieber hier.

Kein Problem.

Müssen wir mal gucken, ob wir noch ein freies Plätzchen haben.

Ach gar nichts mehr zu machen?

Alles klar.

Dann muss ich mal auf der sechs nachfragen.

Nach ein paar Anrufen findet er endlich einen Platz für Mutter und Kind.

Kommt es öfter vor, dass auch mal Kinder nicht aufgenommen werden können?

Dass Kinder nicht aufgenommen werden?

Ja, tatsächlich ist das leider manchmal so.

Dass wir die Kinder dann in andere Kliniken verlegen müssen.

Oder auch über die Ländergrenzen hinaus, in andere Bundesländer verlegt haben.

Das ist auch Teil seiner Arbeit, weil überall Personal fehlt.

Hast du Zeit Malea anzulegen?

Keine Zeit für Pause.

Damit ist er nicht alleine: 57 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in Kliniken arbeiten mindestens 49 Stunden pro Woche.

26 Prozent bekommen die Überstunden nicht ausgeglichen.

66 Prozent beurteilen die personelle Besetzung im ärztlichen Dienst ihrer Einrichtung als eher schlecht oder schlecht.

Johannes muss wieder an den Rechner: Jede Behandlung muss er genauestens erfassen.

Auch hier darf er keine Fehler machen.

Das ist jetzt die Bürokratie, die wir noch zu erledigen haben.

Johannes' Dienst dauert achteinhalb Stunden, gut die Hälfte verbringt er mit Dokumentation.

So geht es auch anderen Ärzten im Krankenhaus.

57 Prozent geben an, dass sie mehr als drei Stunden täglich für reine Verwaltungstätigkeiten, also Datenerfassung und Dokumentation, einrechnen müssen.

Denn die ist wichtig für die Abrechnung.

Kliniken müssen Geld verdienen.

Und das bekommen sie nicht dafür, dass sie Menschen so lange pflegen, bis sie wieder gesund sind.

Sondern für Behandlungen, die abgerechnet werden können.

Pro abgerechneter Leistung gibt es eine sogenannte Fallpauschale.

Je mehr Behandlungen, desto mehr Geld bekommt das Krankenhaus von den Krankenkassen.

Viele Patienten in kurzer Zeit: So geht die Rechnung auf, damit ein Krankenhaus rentabel ist.

Das ist schon so, dass wir halt die Patienten auch nicht zu lange stationär behalten dürfen.

Und wir dann natürlich auch so ein bisschen gezwungen sind, Patienten vorzeitig zu entlassen.

Das System wurde schrittweise eingeführt.

Verpflichtend für alle Krankenhäuser wurde diese Profitorientierung 2004 – unter einer sozialdemokratischen Gesundheitsministerin: Ulla Schmidt.

Ihr engster Berater damals: Karl Lauterbach, der jetzt Gesundheitsminister ist.

Den ökonomischen Druck spüren viele Ärztinnen und Ärzte.

Kaum jemand wollte offen mit mir darüber sprechen.

Aber zwei erzählen mir von extremen Erlebnissen, die sie an ihre Grenzen gebracht haben.

Hier hat mir eine junge Ärztin geschrieben, die gerade erst auf einer Intensivstation angefangen hatte.

Sprachnachricht: Und während wir im Kreißsaal uns um diesen sterbenden kleinen Jungen gekümmert haben, hat eines der beatmeten Kinder auf der Intensivstation eine Komplikation gehabt.

Sprachnachricht: ...ist es eigentlich pures Glück, dass dieses Kind nicht auch noch gestorben ist in dieser Nacht.

Total heftig.

Und ich habe noch eine Sprachnachricht bekommen von einem Assistenzarzt, und der hat nach dem Erlebnis, dass er hier beschreibt die Klink gewechselt.

Was für krasse Erfahrungen habt ihr in Krankenhäusern gemacht?

Schreibt's uns in die Kommentare!

In Berlin treffe ich einen Assistenzarzt, der zusammen mit anderen Ärztinnen und Pflegern etwas an diesen Zuständen ändern will.

Dafür will er mit Leuten ins Gespräch kommen – und hofft, dass sie ihm zuhören.

Wir sind eine Initiative aus dem Gesundheitssystem und versuchen uns für ein menschlicheres Gesundheitssystem einzusetzen.

Würden Sie gern mehr mit den Ärzten und Ärztinnen sprechen können?

Unser Arzt hat auch nur geschrieben am Computer.

Der war mehr am Computer gewesen bei der Visite als dass er mit uns gesprochen hat.

Ich glaube, die haben teilweise keine Zeit dafür.

Das ist genau ein Problem, das wir versuchen anzuprangern, dass wir einen extrem hohen Dokumentationsaufwand haben.

Ihr wichtigstes Ziel: ein neues Finanzierungsmodell für Kliniken, bei denen Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen.

Die Fallpauschalen sind falsch, sagt ihr?

Unserer Meinung sind Fallpauschalen auch nicht reformierbar.

Sie wurden 2003 eingeführt, seitdem wird ständig reformiert und verändert und darüber gesprochen, was besser wird.

Aber dabei wird alles schlechter.

Wenn du Herrn Lauterbach treffen würdest, was würdest du ihn gerne fragen?

Ich würde ihn gerne fragen, ob er in so einem System noch gerne arbeiten würde, ob er als Patient im Krankenhaus behandelt werden wollen würde.

Weil ich nicht glaube, dass er es möchte.

Ich weiß nicht, ob er sich bewusst ist, wie die Situation in den Krankenhäusern ist.

Aber ich glaube nicht, dass wenn er da tatsächlich reinkäme, dass er es immer noch so gut findet.

Wir haben mehrfach versucht, einen Termin mit Herrn Lauterbach zu bekommen.

Aber statt Interview haben wir nur eine Antwort vom Ministerium bekommen, die total kompliziert war, in der es im Kern darum ging, dass sie die Fallpauschalen nicht komplett abschaffen wollen.

Aber meine Kollegin Nadia hat ein Gespräch mit einer anderen SPD-Gesundheitspolitikerin geführt.

Wer sich diesem Thema heute aber stellen möchte, ist Tina Rudolph.

Sie gehört dem Gesundheitsausschuss des Bundestags an und ist Mitglied der SPD, also jener Partei, die vor Jahren die Fallpauschalen eingeführt hat.

Guten Tag, Frau Rudolph.

Guten Tag, Frau Kailouli, ich grüße Sie.

Immer wieder gibt es ja Appelle von Ärztinnen und Ärzten, die Fallpauschalen abzuschaffen.

Und auch Wissenschaftler empfehlen das.

Warum werden diese nicht gehört?

Also wir sind ja bereits dabei.

Der Gesundheitsminister hat eine Kommission Krankenhaus, also eine Regierungskommission, eingesetzt, die sich gerade sowohl mit den Strukturfragen im Krankenhauswesen, aber eben natürlich auch mit den Finanzierungsfragen beschäftigt.

Genauso wie es erklärtes Ziel in dieser Legislatur ist, schonmal die Fallpauschalen im Bereich der Geburtshilfe und im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin zu reformieren.

Also wir sind an dem Thema durchaus dran.

Und die Kritik, die es da in den letzten Jahren berechtigterweise gab, die wurde auch gehört.

Okay, jetzt gucken wir mal auf die aktuelle Umfrage des Marburger Bundes, die vor wenigen

Stunden veröffentlicht wurde.

Sie zeigt ja die Unzufriedenheit vieler Mediziner in den Krankenhäusern.

Vor allem sind viele unzufrieden, weil sie immer mehr dokumentieren müssen.

Und das frisst ja vor allem Zeit, die dann bei den Patienten fehlt.

Jetzt, wo die SPD den Kanzler und den Gesundheitsminister stellt, welche Pläne haben Sie denn, damit das endlich besser wird?

Also es ist natürlich was, wo man keine singuläre Lösung anbieten kann.

Aber ein paar Ansätze gibt es natürlich.

Also, dass man Arbeitszeitverdichtungen und vor allem Verwaltungstätigkeiten zurückschrauben möchte.

Das ist, glaube ich, schon seit langem ein sehr berechtigtes Anliegen.

Und die Instrumente, die uns dafür zur Verfügung stehen, sind ja unter anderem die Digitalisierung, die sehr gut laufen müsste und die besser funktionieren muss.

Ich weiß, dass es da noch einige Hürden gibt, dass die elektronische Patientenakte immer noch nicht so flächendeckend eingeführt ist, wie sie das momentan sein sollte.

Dass wir momentan über das elektronische Rezept über die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reden.

Aber wenn diese Sachen funktionieren, dann werden die eine enorme Arbeitszeiterleichterung bieten.

Jeder vierte Arzt im Krankenhaus überlegt, den Beruf aufzugeben.

Schon junge Ärzte sind komplett erschöpft.

Und da ist natürlich die Frage.

Sie sehen Handlungsbedarf, aber wann soll das konkret passieren?

Und reicht das, was Sie gerade vorgeschlagen haben, überhaupt aus?

Also es sind total beunruhigende Zahlen.

Ich glaube, beim letzten Mal, 2019, waren es noch 21 Prozent, also auch leicht gestiegen.

Die Zahl der Leute, die nachher tatsächlich den Beruf verlassen, ich glaube, die changiert schon seit Jahren so bei ungefähr zehn Prozent im Laufe des ärztlichen Berufslebens.

Und das ist natürlich schade, diese Menschen zu verlieren.

Und wir müssen es für diejenigen, die dann vor allem im Beruf bleiben und noch mehr Arbeitszeitverdichtung auf sich zukommen sehen, für diejenigen müssen wir das einfach leichter machen.

Und ich habe ja schon viele Dinge skizziert, die auch tatsächlich jetzt laufen.

Also Digitalisierung läuft, auch Projekte, wie zum Beispiel über Delegationsfähigkeit

zu reden, also andere Gesundheitsberufe zu stärken und damit Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten wegzunehmen sowie andere Länder das schon sehr, sehr gut skizzieren.

57 Prozent der 600 größten Kliniken in Deutschland planen, bei Personalkosten sogar weiter einzusparen.

Konkret könnte das Stellenabbau bedeuten.

Steuern wir also auf eine weitere Verschlechterung der Personalsituation zu?

Also Stellenabbau im ärztlichen Bereich kann ich mir ehrlich gesagt da nicht so richtig vorstellen.

Auch in der Pflege wäre das ein sehr schlechtes Signal.

Und wir haben ja in den letzten Jahren gesehen, dass gerade Einsparungen im Personalbereich eben nicht das erreichten, wofür die mal gedacht waren.

Also wenn das überhaupt je eine gute Idee war.

Und zwar sehen wir, dass das eben genau dazu führt, dass wir uns einer Arbeitszeitverdichtung gegenübersehen und dass uns jetzt einfach auch die Leute fehlen, weil die Bedingungen so unattraktiv geworden sind, und weil man sich natürlich auch noch fehlenden Wertschätzung gegenübersieht.

Und das müssen wir auf jeden Fall ändern.

Und da kann es eben nicht sein, dass weiter Stellen abgebaut werden, sondern wir müssen eher dafür sorgen, dass wir diejenigen, die gerade in den Gesundheitsberufen arbeiten, wirklich entlasten.


Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn (1) Doctors over the limit: When only profit is left in the hospital (1)

**Ärzte überm Limit: Wenn im Krankenhaus nur noch der Gewinn zählt | Team UPWARD** Doctors beyond the limit: When only profit counts in the hospital | Team UPWARD Médicos além do limite: quando só o lucro conta no hospital | Equipe PARA CIMA

Unser Arzt, der hat auch nur geschrieben am Computer oder so. Nosso médico só escreveu no computador ou algo assim.

Der war mehr am Computer gewesen bei der Visite, als dass er mit uns gesprochen hat.

Alle wissen um das Problem eigentlich.

Dieser Assistenzarzt will auf ein fettes Problem aufmerksam machen:

Im Krankenhaus geht es oft nicht um die Patienten, sondern um Geld.

Schuld daran ist auch er: Karl Lauterbach.

Viele Ärztinnen und Ärzte sind schon nach ein paar Jahren ausgebrannt und wollen den Job hinschmeißen. Many doctors burn out after just a few years and want to quit their job.

Aber der müde Arzt, da muss man doch ehrlich sein, das ist doch die Ausnahme in der deutschen Klink. But the tired doctor, you have to be honest, that's the exception in the German clinic. Das dürfte er heute anders sehen. Macht das Gesundheitssystem Ärztinnen und Ärzte kaputt? Um das herauszufinden treffe ich Johannes Knierer.

Er ist Kinderarzt in der Notaufnahme und hat heute Nachtschicht, wie die ganze Woche. He's a pediatrician in the ER and he's on the night shift tonight, like he's been all week.

Wann ist dein Dienstbeginn?

Unter der Woche jetzt 23.30 Uhr.

Ah ja ok, bist du ja noch pünktlich.

Es ist kurz vor Mitternacht.

In zehn Minuten geht's los.

Er weiß noch nicht, was ihn erwartet.

Was ist so der Worst Case, sag ich mal, was passieren könnte?

Der Worst Case: Wir sind natürlich in reduzierter Besetzung nachts. The worst case: Of course we have a reduced cast at night.

Also pediatrisch ein Nachtdienst, chirurgisch ein Nachtdienst und auf der Intensiv ein Nachtdienst. So pediatric night duty, surgical night duty and intensive care night duty.

Und wenn jetzt irgendwie zwei Krampfanfälle auf einmal kommen oder auf Station einem Kind schlecht ist und unten in der Notaufnahme ein Kind akut Hilfe bedarf, dann wird's manchmal natürlich knapp.

Mehr als 30 Krankenhäuser wollten nicht, dass wir ihre Ärztinnen und Ärzte begleiten.

Nirgends wollte man, dass wir zeigen, was wir hier gleich vielleicht erleben könnten. Nowhere did they want us to show what we might be able to experience here in a moment.

Seit Jahren schlagen Ärzte und Ärztinnen in Deutschland Alarm. Doctors in Germany have been sounding the alarm for years.

Ich mache jeden Tag Überstunden.

Ganz klar.

Ich habe mehrere Überstunden gemacht inzwischen.

Es ist wahnsinnig stressig.

Das geht halt nicht.

Irgendwann stößt man da auch an seine Grenzen. At some point you will reach your limits.

Und wenn Sie ärztliche Kollegen nach einem 24-Stunden-Dienst schon mal erlebt haben, dann sind Sie sicherlich froh, wenn Sie von den in dem Moment nicht behandelt werden müssen. And if you have ever experienced medical colleagues working 24 hours a day, then you will certainly be happy if you do not have to be treated by them at that moment.

Wenn alle Zimmer besetzt sind, können sie hier keine Kinder mehr aufnehmen. If all the rooms are occupied, they can no longer accommodate children here.

Für Johannes heißt das: Er kann vielleicht nicht mehr allen Kindern helfen, die heute

Nacht ins Krankenhaus kommen.

Das weißt du, haben wir noch Platz?

Auf der fünf haben wir keinen Platz, da habe ich nämlich gerade ein Kind noch aufgenommen und dann ist die voll. We don't have room on the fifth, because I just took in a child and then it's full.

Auf der 6 und der 7 müsste noch Platz sein.

Das ist doch auch mal schön zur Abwechslung, oder?

Ja, sehr schön.

15 Minuten nach Dienstbeginn der erste Fall. 15 minutes after the start of duty the first case.

In der eins ist ein Säugling, sieben Wochen alt, Covid-positiv. In the one is an infant, seven weeks old, Covid positive.

Das weiß die Mama aber noch nicht, ich hab hier einfach schon einen (Test) gemacht, weil er fieberte wohl und er ist total marmoriert gewesen. But mom doesn't know that yet, I just did a (test) here because he must have had a fever and he was totally marbled.

Das heißt: Dann wir uns ein bisschen vor, weil wir uns jetzt gleich verkleiden müssen.

Das Umziehen dauert. Changing takes time.

Zeit, die Johannes später für die kleine Julia im Nebenzimmer nicht hat. Time that Johannes later doesn't have for little Julia in the next room.

Ich bin Herr Knierer von den Kinderärzten.

Ich bin jetzt etwas mehr verkleidet als Sie das erwartet hätten, weil der Covid-Schnelltest, den die Schwester schon gemacht hatte, positiv ist.

Noch ist nicht klar, ob Baby Malea einen Platz auf der Station braucht.

Kurz nach Mitternacht: Johannes muss sich konzentrieren, damit er nichts übersieht.

Malea hat Fieber.

Die Entscheidung, ob sie im Krankenhaus bleibt, will Johannes nicht alleine treffen. Johannes doesn't want to make the decision to stay in the hospital alone.

Wie ist Ihr Gefühl? How are you feeling?

Ich bin kein Krankenhaus-Fan, aber wer ist das schon? I'm not a hospital fan, but who is?

Also, ich würde schon gerne nach Hause, aber ich weiß noch nicht, wie es weitergeht. Well, I'd like to go home, but I don't know how to proceed.

Ja ok, dann bleibe ich lieber hier.

Kein Problem.

Müssen wir mal gucken, ob wir noch ein freies Plätzchen haben.

Ach gar nichts mehr zu machen?

Alles klar.

Dann muss ich mal auf der sechs nachfragen. Then I have to ask on the six.

Nach ein paar Anrufen findet er endlich einen Platz für Mutter und Kind.

Kommt es öfter vor, dass auch mal Kinder nicht aufgenommen werden können? Does it often happen that sometimes children cannot be accepted?

Dass Kinder nicht aufgenommen werden?

Ja, tatsächlich ist das leider manchmal so.

Dass wir die Kinder dann in andere Kliniken verlegen müssen.

Oder auch über die Ländergrenzen hinaus, in andere Bundesländer verlegt haben.

Das ist auch Teil seiner Arbeit, weil überall Personal fehlt.

Hast du Zeit Malea anzulegen? Do you have time to put on Malea?

Keine Zeit für Pause.

Damit ist er nicht alleine: 57 Prozent der Ärztinnen und Ärzte in Kliniken arbeiten mindestens 49 Stunden pro Woche.

26 Prozent bekommen die Überstunden nicht ausgeglichen. 26 percent do not get compensated for the overtime.

66 Prozent beurteilen die personelle Besetzung im ärztlichen Dienst ihrer Einrichtung als eher schlecht oder schlecht. 66 percent judge the staffing in the medical service of their institution as rather bad or bad.

Johannes muss wieder an den Rechner: Jede Behandlung muss er genauestens erfassen. Johannes has to go back to the computer: he has to record every treatment in detail.

Auch hier darf er keine Fehler machen.

Das ist jetzt die Bürokratie, die wir noch zu erledigen haben. That's the bureaucracy we still have to do.

Johannes' Dienst dauert achteinhalb Stunden, gut die Hälfte verbringt er mit Dokumentation.

So geht es auch anderen Ärzten im Krankenhaus.

57 Prozent geben an, dass sie mehr als drei Stunden täglich für reine Verwaltungstätigkeiten, also Datenerfassung und Dokumentation, einrechnen müssen. 57 percent state that they have to calculate more than three hours a day for purely administrative activities, i.e. data collection and documentation.

Denn die ist wichtig für die Abrechnung. Because it is important for billing.

Kliniken müssen Geld verdienen.

Und das bekommen sie nicht dafür, dass sie Menschen so lange pflegen, bis sie wieder gesund sind. And they don't get that for caring for people until they're well.

Sondern für Behandlungen, die abgerechnet werden können. But for treatments that can be billed.

Pro abgerechneter Leistung gibt es eine sogenannte Fallpauschale. There is a so-called flat rate per case for each service billed.

Je mehr Behandlungen, desto mehr Geld bekommt das Krankenhaus von den Krankenkassen.

Viele Patienten in kurzer Zeit: So geht die Rechnung auf, damit ein Krankenhaus rentabel ist. Many patients in a short time: This is how the calculation works out for a hospital to be profitable.

Das ist schon so, dass wir halt die Patienten auch nicht zu lange stationär behalten dürfen. The fact is that we are not allowed to keep the patients in the hospital for too long.

Und wir dann natürlich auch so ein bisschen gezwungen sind, Patienten vorzeitig zu entlassen. And then of course we are a bit forced to release patients early.

Das System wurde schrittweise eingeführt. The system was introduced gradually.

Verpflichtend für alle Krankenhäuser wurde diese Profitorientierung 2004 – unter einer sozialdemokratischen Gesundheitsministerin: Ulla Schmidt. This profit orientation became obligatory for all hospitals in 2004 – under a social democratic Minister of Health: Ulla Schmidt.

Ihr engster Berater damals: Karl Lauterbach, der jetzt Gesundheitsminister ist.

Den ökonomischen Druck spüren viele Ärztinnen und Ärzte. Many doctors feel the economic pressure.

Kaum jemand wollte offen mit mir darüber sprechen. Hardly anyone wanted to talk openly with me about it.

Aber zwei erzählen mir von extremen Erlebnissen, die sie an ihre Grenzen gebracht haben. But two tell me about extreme experiences that have pushed them to their limits.

Hier hat mir eine junge Ärztin geschrieben, die gerade erst auf einer Intensivstation angefangen hatte.

Sprachnachricht: Und während wir im Kreißsaal uns um diesen sterbenden kleinen Jungen gekümmert haben, hat eines der beatmeten Kinder auf der Intensivstation eine Komplikation gehabt.

Sprachnachricht: ...ist es eigentlich pures Glück, dass dieses Kind nicht auch noch gestorben ist in dieser Nacht.

Total heftig.

Und ich habe noch eine Sprachnachricht bekommen von einem Assistenzarzt, und der hat nach dem Erlebnis, dass er hier beschreibt die Klink gewechselt. And I got a voice message from an assistant doctor, and he switched clinics after the experience he describes here.

Was für krasse Erfahrungen habt ihr in Krankenhäusern gemacht? What kind of crass experiences have you had in hospitals?

Schreibt's uns in die Kommentare!

In Berlin treffe ich einen Assistenzarzt, der zusammen mit anderen Ärztinnen und Pflegern etwas an diesen Zuständen ändern will.

Dafür will er mit Leuten ins Gespräch kommen – und hofft, dass sie ihm zuhören.

Wir sind eine Initiative aus dem Gesundheitssystem und versuchen uns für ein menschlicheres Gesundheitssystem einzusetzen. We are an initiative from the health system and try to work for a more humane health system.

Würden Sie gern mehr mit den Ärzten und Ärztinnen sprechen können?

Unser Arzt hat auch nur geschrieben am Computer. Our doctor only wrote on the computer.

Der war mehr am Computer gewesen bei der Visite als dass er mit uns gesprochen hat. He was more at the computer during the rounds than he talked to us.

Ich glaube, die haben teilweise keine Zeit dafür. I think they sometimes don't have time for it.

Das ist genau ein Problem, das wir versuchen anzuprangern, dass wir einen extrem hohen Dokumentationsaufwand haben. That's exactly a problem we're trying to denounce, that we have an extremely high documentation effort.

Ihr wichtigstes Ziel: ein neues Finanzierungsmodell für Kliniken, bei denen Patientinnen und Patienten im Mittelpunkt stehen. Their most important goal: a new financing model for clinics that focuses on patients.

Die Fallpauschalen sind falsch, sagt ihr?

Unserer Meinung sind Fallpauschalen auch nicht reformierbar. In our opinion, flat rates per case cannot be reformed.

Sie wurden 2003 eingeführt, seitdem wird ständig reformiert und verändert und darüber gesprochen, was besser wird. They were introduced in 2003 and since then there has been constant reform and change and talk about what is going to be better.

Aber dabei wird alles schlechter.

Wenn du Herrn Lauterbach treffen würdest, was würdest du ihn gerne fragen?

Ich würde ihn gerne fragen, ob er in so einem System noch gerne arbeiten würde, ob er als Patient im Krankenhaus behandelt werden wollen würde.

Weil ich nicht glaube, dass er es möchte.

Ich weiß nicht, ob er sich bewusst ist, wie die Situation in den Krankenhäusern ist.

Aber ich glaube nicht, dass wenn er da tatsächlich reinkäme, dass er es immer noch so gut findet. But I don't think if he actually got in there that he would still think it was that good.

Wir haben mehrfach versucht, einen Termin mit Herrn Lauterbach zu bekommen.

Aber statt Interview haben wir nur eine Antwort vom Ministerium bekommen, die total kompliziert war, in der es im Kern darum ging, dass sie die Fallpauschalen nicht komplett abschaffen wollen. But instead of an interview, we only got an answer from the ministry, which was totally complicated and basically said that they didn't want to completely abolish the case flat rates.

Aber meine Kollegin Nadia hat ein Gespräch mit einer anderen SPD-Gesundheitspolitikerin geführt.

Wer sich diesem Thema heute aber stellen möchte, ist Tina Rudolph. But the one who wants to face this topic today is Tina Rudolph.

Sie gehört dem Gesundheitsausschuss des Bundestags an und ist Mitglied der SPD, also jener Partei, die vor Jahren die Fallpauschalen eingeführt hat.

Guten Tag, Frau Rudolph.

Guten Tag, Frau Kailouli, ich grüße Sie.

Immer wieder gibt es ja Appelle von Ärztinnen und Ärzten, die Fallpauschalen abzuschaffen. Again and again there are appeals from doctors to abolish the flat rate per case.

Und auch Wissenschaftler empfehlen das. And scientists recommend it too.

Warum werden diese nicht gehört? Why are these not heard?

Also wir sind ja bereits dabei.

Der Gesundheitsminister hat eine Kommission Krankenhaus, also eine Regierungskommission, eingesetzt, die sich gerade sowohl mit den Strukturfragen im Krankenhauswesen, aber eben natürlich auch mit den Finanzierungsfragen beschäftigt. The Minister of Health has set up a hospital commission, i.e. a government commission, which is currently dealing with structural issues in the hospital system, but of course also with financing issues.

Genauso wie es erklärtes Ziel in dieser Legislatur ist, schonmal die Fallpauschalen im Bereich der Geburtshilfe und im Bereich der Kinder- und Jugendmedizin zu reformieren. Just as it is the declared aim of this legislature to reform the case-based flat rates in the field of obstetrics and in the field of pediatric and youth medicine.

Also wir sind an dem Thema durchaus dran.

Und die Kritik, die es da in den letzten Jahren berechtigterweise gab, die wurde auch gehört. And the criticism that has justifiably been there in recent years has also been heard.

Okay, jetzt gucken wir mal auf die aktuelle Umfrage des Marburger Bundes, die vor wenigen Okay, now let's take a look at the current survey by the Marburg Association, which was carried out a few years ago

Stunden veröffentlicht wurde.

Sie zeigt ja die Unzufriedenheit vieler Mediziner in den Krankenhäusern.

Vor allem sind viele unzufrieden, weil sie immer mehr dokumentieren müssen.

Und das frisst ja vor allem Zeit, die dann bei den Patienten fehlt.

Jetzt, wo die SPD den Kanzler und den Gesundheitsminister stellt, welche Pläne haben Sie denn, damit das endlich besser wird? Now that the SPD is providing the chancellor and the health minister, what are your plans for things to finally get better?

Also es ist natürlich was, wo man keine singuläre Lösung anbieten kann. So of course it's something where you can't offer a single solution.

Aber ein paar Ansätze gibt es natürlich. But of course there are a few approaches.

Also, dass man Arbeitszeitverdichtungen und vor allem Verwaltungstätigkeiten zurückschrauben möchte. In other words, that you want to scale back the compression of working hours and, above all, administrative activities.

Das ist, glaube ich, schon seit langem ein sehr berechtigtes Anliegen. I believe this has been a very valid concern for a long time.

Und die Instrumente, die uns dafür zur Verfügung stehen, sind ja unter anderem die Digitalisierung, die sehr gut laufen müsste und die besser funktionieren muss. And the instruments that are available to us for this include digitization, which should work very well and work better.

Ich weiß, dass es da noch einige Hürden gibt, dass die elektronische Patientenakte immer noch nicht so flächendeckend eingeführt ist, wie sie das momentan sein sollte. I know that there are still a few hurdles, that the electronic patient file has still not been introduced as comprehensively as it should be at the moment.

Dass wir momentan über das elektronische Rezept über die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung reden. That we are currently talking about the electronic prescription, the electronic certificate of incapacity for work.

Aber wenn diese Sachen funktionieren, dann werden die eine enorme Arbeitszeiterleichterung bieten. But if these things work, they will offer enormous savings in working hours.

Jeder vierte Arzt im Krankenhaus überlegt, den Beruf aufzugeben. Every fourth doctor in the hospital is considering giving up the profession.

Schon junge Ärzte sind komplett erschöpft.

Und da ist natürlich die Frage.

Sie sehen Handlungsbedarf, aber wann soll das konkret passieren? You see a need for action, but when should that happen specifically?

Und reicht das, was Sie gerade vorgeschlagen haben, überhaupt aus? And is what you just suggested even enough?

Also es sind total beunruhigende Zahlen.

Ich glaube, beim letzten Mal, 2019, waren es noch 21 Prozent, also auch leicht gestiegen. I think the last time, in 2019, it was 21 percent, so it was slightly up.

Die Zahl der Leute, die nachher tatsächlich den Beruf verlassen, ich glaube, die changiert schon seit Jahren so bei ungefähr zehn Prozent im Laufe des ärztlichen Berufslebens. The number of people who actually leave the profession afterwards, I believe, has been fluctuating for years at around ten percent over the course of a doctor's professional life.

Und das ist natürlich schade, diese Menschen zu verlieren.

Und wir müssen es für diejenigen, die dann vor allem im Beruf bleiben und noch mehr Arbeitszeitverdichtung auf sich zukommen sehen, für diejenigen müssen wir das einfach leichter machen. And we have to make it easier for those who will mainly remain in their jobs and see even more working hours coming up, we simply have to make it easier for them.

Und ich habe ja schon viele Dinge skizziert, die auch tatsächlich jetzt laufen. And I have already outlined many things that are actually running now.

Also Digitalisierung läuft, auch Projekte, wie zum Beispiel über Delegationsfähigkeit So digitization is running, including projects, such as the ability to delegate

zu reden, also andere Gesundheitsberufe zu stärken und damit Aufgaben von Ärztinnen und Ärzten wegzunehmen sowie andere Länder das schon sehr, sehr gut skizzieren. to talk, i.e. to strengthen other health professions and thus take away tasks from doctors, and other countries are already outlining this very, very well.

57 Prozent der 600 größten Kliniken in Deutschland planen, bei Personalkosten sogar weiter einzusparen. 57 percent of the 600 largest clinics in Germany are planning to cut personnel costs even further.

Konkret könnte das Stellenabbau bedeuten. In concrete terms, this could mean job cuts.

Steuern wir also auf eine weitere Verschlechterung der Personalsituation zu?

Also Stellenabbau im ärztlichen Bereich kann ich mir ehrlich gesagt da nicht so richtig vorstellen. To be honest, I can't really imagine job cuts in the medical field.

Auch in der Pflege wäre das ein sehr schlechtes Signal. That would also send a very bad signal in nursing.

Und wir haben ja in den letzten Jahren gesehen, dass gerade Einsparungen im Personalbereich eben nicht das erreichten, wofür die mal gedacht waren. And we have seen in recent years that cuts in human resources in particular have not achieved what they were originally intended for.

Also wenn das überhaupt je eine gute Idee war. So if that was ever a good idea.

Und zwar sehen wir, dass das eben genau dazu führt, dass wir uns einer Arbeitszeitverdichtung gegenübersehen und dass uns jetzt einfach auch die Leute fehlen, weil die Bedingungen so unattraktiv geworden sind, und weil man sich natürlich auch noch fehlenden Wertschätzung gegenübersieht. And we see that this means that we are faced with an increase in working hours and that we simply lack the people because the conditions have become so unattractive and because of course there is still a lack of appreciation.

Und das müssen wir auf jeden Fall ändern.

Und da kann es eben nicht sein, dass weiter Stellen abgebaut werden, sondern wir müssen eher dafür sorgen, dass wir diejenigen, die gerade in den Gesundheitsberufen arbeiten, wirklich entlasten. And it cannot be the case that further jobs are being cut, but rather we have to ensure that we really relieve those who are currently working in the health professions.