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Meine Methode Chinesisch zu lernen (vier Monate seit Beginn)

 

Vorweg stelle ich fest, jeder entwickelt seine eigene Methode, muss seine eigene Methode entwickeln, wenn er erfolgreich sein will. Wer zuerst sein Hörverständnis verbessern will kann Lektionen hören, fernsehen und Filme ansehen. Wer lesen will, muss wohl oder übel die Schrift erlernen. Ich meine, dass das eine das andere nicht ausschließt. Ob die Fortschritte schneller erfolgen, wenn man sich spezialisiert, kann ich nicht sagen. Ich plädiere eher für eine Kombination verschiedener Wege.

Im September begann ich ganz langsam ein paar kurze Lektionen des CSLPod bei LingQ zu erarbeiten. Die ersten Lektionen sind sehr kurz und daher kann man die Vokabeln noch relativ rasch lernen und die Zeichen wiedererkennen, aber bald werden die Wörter zu viele, um sie noch leicht unterscheiden zu können. Das Gehirn braucht Zeit, um sich an den Klang, den Rhythmus, die Töne zu gewöhnen.

Zu diesem Zeitpunkt war keine Rede von Schreiben. Die einfachen Gegensatzpaare „links-rechts“, „vorne-hinten“, „oben-unten“ blieben unterschiedlich schnell hängen, die Konstruktion für „innerhalb“ und „außerhalb“ mutete exotisch an und die Verben waren nicht immer gleich als solche zu erkennen oder brauchten irgendwelche Zusätze, die etwas an der Bedeutung änderten, wie Modalverben oder Aspekte.

So kann auch nur ein Anfänger reden! Warum schaut er nicht in eine Grammatik? Ja, ich habe wohl in ein Lehrbuch geschaut, aber da findet man alles auf einmal und das ist zu viel. Und viele Beispielsätze kann ich nicht studieren, weil ich das Vokabular nicht zur Verfügung habe. Also bin ich den Weg gegangen, einfach Vokabeln zu sammeln, zu wiederholen, die kurzen Texte immer wieder anzuhören und ganz langsam stieg die Zahl der „bekannten Wörter“, von 100 auf 200 (nun sind es schon 380). Mit CSLPod hatte ich nicht die Probleme, die ich mit „Who Is She?“ bei einem früheren Versuch hatte, dass nämlich viele verschiedene Satzmuster vorkommen, die man am Anfang mangels Vokabelkenntnissen nicht durchschaut. Ich hob mir diese Serie also für später auf.

Die 30 Lektionen waren schwer genug, weil immer neues Material dazukam (bei „Who Is She?“ wiederholt sich vieles immer wieder), aber ich bekam allmählich ein Gefühl für den Klang und den Rhythmus der Sprache. Ich konnte und wollte nur einige kurze Ausdrücke selber sprechen, und das Hören blieb meine Haupttätigkeit.

Auf den Lernkarten (flashcards) kombiniere ich Vokabeln in Schriftzeichen mit pinyin Umschrift und der Beutung auf der Hinweis-Seite. Das heißt ich versuche von Anfang an die Schriftzeichen zu lesen, was am Anfang viele Wiederholungen braucht. Allmählich beginnt man, die Teile der zusammengesetzten Zeichen zu registrieren und das hilft beim Merken. Man kommt auf irgendwelche Assoziationen, sei es vom Bild her oder vom Klang her (qing1/qing3/jing1/jing4 usw.).

Ganz am Anfang hatte ich ein Erlebnis in Wien, als ich an einem chinesischen Restaurant vorbeikam, das Tsing Tao heißt (Qingdao, nach dem ehemaligen deutschen Kolonial-Handelsstützpunkt) und ich das erste Zeichen   wiedererkannte (grün), das ich im Namen Lin Qing kennengelernt hatte. Es ging mir wie einem Erstklassler, der plötzlich entdeckt, dass die Welt voller Wörter ist, die er lesen kann, oder können wird.

Anfang Dezember kaufte ich mir ein Buch mit ca. 2000 Lernkarten (Chinesische Lernkarten für HSK, Morgenstern-Verlag, Beijing), auf denen auf der Vorderseite ein Zeichen in groß mit nummerierter Strichfolge und die pinyin Umschrift und auf der Rückseite die Bedeutung und einige Kombinationen mit anderen Zeichen zu finden ist. Die Zeichen sind alphabetisch und nach Tönen und Strichzahl geordnet. Die Karten kann man heraustrennen. Ich begann sofort die leichtesten Zeichen zu suchen, die ich mir schon gemerkt hatte. Wie sollte ich sie aber schreiben?

Nach einigen Versuchen entschied ich mich dafür, zwei Hefte zu verwenden: das erste, um die pinyin Umschrift eines Zeichens und eine oder zwei Grundbedeutungen hineinzuschreiben –  das zweite, um von der Umschrift ausgehend die Schreibung zu üben. Zuerst schrieb ich die Zeichen von der jeweiligen Karte mehrmals ab. Das nächste Mal nahm ich die pinyin Liste her und versuchte, die Zeichen auswendig zu schreiben. Wenn ich es nicht schaffte schrieb ich es wieder mehrmals von der Karte ab. Ganz langsam wurden es mehr Karten und ich teilte sie in zwei Stöße: gelernt oder fast gelernt und neu oder noch ziemlich neu. Diese Schreibübungen mache ich unabhängig von der Lernkartei bei LingQ, wo ich das Lesen übe. Ich suche zunächst solche Zeichen aus, um sie zu schreiben, die ich schon wiedererkenne, solche, die ein Paar bilden, Wörter, die mir schon oft genug aufgefallen sind und ein paar Wörter, deren Klang mir zufällig einfällt, die ich aber noch nicht lesen kann. Auf diese Weise bin ich jetzt bei ungefähr 120 Zeichen, die ich schreiben kann und weitere 100 übe ich. Das Lesen ist dem Schreiben immer ein wenig voraus, aber ich merke wie das Schreiben das Leseverständnis verstärkt.

Nun arbeite ich an „Who Is She?“ Es geht noch sehr langsam (bin bei Lektion 13), aber immer mehr bekannte Wörter machen das Verstehen etwas leichter. Wenn ich einen Satz nicht durchschaue, vergleiche ich ihn mit der englischen Version. Manchmal erinnere ich mich an die Bedeutung, weil ich die Serie schon auf Schwedisch und Spanisch gelesen habe. Und nunmehr speichere ich auch mehr und mehr Satzteile ab, was mein Grammatikverständnis fördern soll.

Vielleicht gehe ich die Sache noch immer sehr dilettantisch an, aber es macht Spaß. Die DeFrancis-Bände (Intermediate and Advanced Readers), die ich antiquarisch gekauft habe sind zwar in traditioneller Schreibweise, es gibt aber auch einen in Kurzformen geschriebenen Abschnitt, wo ich meine Lesefertigkeit testen kann.Eine neue Herausforderung ist das Schreiben von eigenen Sätzen und kleinen Texten, die ich zur Korrektur einreiche. Aus den Korrekturen und Kommentaren lerne ich wiederum neue Ausdrucksweisen und Redewendungen. Mit der Grammatik hapert es noch, aber ich probiere gerne etwas aus.

1 Comment

  • Stefan
    August 25, 2010 at 8:28 am

    Hi Reinhard,interessanter Bericht, wie du Chinesisch gelernt hast… Mir ist es so anfänglich so ähnlich gegangen. Vor allem das Schriftzeichen lernen hat mir grob zu schaffen gemacht. Nach einiger Recherche habe ich aber herausgefunden, dass diese nach einem System aufgebaut sind, und, besser noch, dass es eine einfache Merkmethode für die Zeichen gibt. Ich habe einen Blog aufgesetzt, in dem ich die Technik (und anderes) sukzessive beschreiben werde. Ich bin mir sicher, dass sich andere Chinesisch-lerner mit dieser Info leichter tun werden, lg Stefan

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